Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

vom 11. November 2008 (Drucksache 17/611)

Wir verbinden hiermit:

Gesetz zur Gründung einer Anstalt für Immobilienaufgaben

Mitteilung des Senats vom 24. Juni 2008 (Drucksache 17/459) 2. Lesung

u n d

Mitteilung des Senats vom 11. November 2008

(Drucksache 17/607)

s o w i e

Gesetz zur Gründung einer Anstalt für Immobilienaufgaben

Bericht und Antrag des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses vom 10. November 2008 (Drucksache 17/604)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Lühr und Herr Staatsrat Mützelburg.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer 26. Sitzung am 3. Juli 2008 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss, federführend, und die staatliche Deputation für Bau und Verkehr überwiesen. Der staatliche Haushalts- und Finanzausschuss legt nunmehr seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Kummer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eigentlich wäre es üblich gewesen, dass der Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses über die Beratungen des überwiesenen Gesetzentwurfes berichtet. Es gab allerdings in der Tat nichts Skandalöses zu berichten, insofern verweise ich Sie auf den vorgelegten schriftlichen Bericht. So viel möchte ich aus den Beratungen aber trotzdem berichten, dass der Haushalts- und Finanzausschuss ohne Gegenstimmen empfohlen hat, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung zu beschließen. Die FDP hat sich enthalten. Ich denke, dies ist eine gute Grundlage für die Arbeit der Anstalt ab dem nächsten Jahr, wenn sich auch die Opposition dem in größter Zahl anschließt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich möchte mich insofern auch für die konstruktive Beratung im Ausschuss und mit den Baudeputierten ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

bedanken. Es sind nunmehr die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen worden, um die Ziele, die wir uns mit der Neuorganisation des Liegenschaftswesens gesetzt haben, zu erreichen: Kunden- und Nutzerfreundlichkeit, Effizienz und Transparenz, last, but not least die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Es liegt nun auch an uns, ob und wie wir diese Ziele auch tatsächlich erreichen. Ich möchte Ihnen dies an zwei Beispielen verdeutlichen: Wir haben im Haushaltsausschuss gemeinsam mit dem vorliegenden Gesetzespaket neue Richtlinien beziehungsweise geänderte Richtlinien zum Verkauf von bremischen Grundstücken beschlossen. Häufig gab oder gibt es Aufruhr bei Grundstücksverkäufen, allein schon deswegen, weil wir von der Gesellschaft für Bremer Immobilien die Quadratur des Kreises erwarten: Erlöserwartungen – schließlich sollen mit den Einnahmen unsere Schulen saniert werden – sollen ebenso berücksichtigt werden wie die Erwartungen des Stadtteils, des Beirats, des Käufers, der Umwelt, der Nachbarn und so weiter. Wir haben am Freitag im Haushaltsausschuss nun die geänderte Richtlinie zum Verkauf bremischer Grundstücke beschlossen. Damit soll versucht werden, den stadtentwicklungspolitischen Gesichtspunkten mehr Rechnung zu tragen. Natürlich wird ein Grundstück immer noch zum vollen Verkehrswert veräußert, nun kann dies aber nicht mehr nur zum Höchstgebot, sondern auch über Festpreise in Verbindung mit städtebaulichen Kriterien geschehen. Es macht ja am Ende keinen Sinn, wenn das Höchstgebot ein Billigdiscounter abgibt, wir verkaufen das Grundstück an diesen und müssen dann am Ende viel Geld für die Reparatur des Umfeldes ausgeben. Ich denke, dass wir mit diesen geänderten Richtlinien bessere Rahmenbedingungen haben, um etwas mehr Ruhe und Verlässlichkeit in das Verkaufsgeschehen zu bringen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weiterhin legen die Regierungsfraktionen einen Antrag zu den Perspektiven der Reinigungsdienste vor. Ich habe es schon anlässlich der ersten Lesung gesagt: Uns war und ist es ganz besonders wichtig, dass wir durch die Zusammenlegung der Reinigungskräfte in der neuen Anstalt diesen Beschäftigten bessere Arbeitsbedingungen verschaffen. Das sind die Leute, die für vergleichsweise wenig Geld reinigen und damit auch dem Werterhalt der Gebäude dienen. Diese Frauen verdienen meines Erachtens unsere besondere Beachtung.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/ Die Grünen und bei der LINKEN)

Wir haben als rot-grüne Regierungsfraktion diesen Antrag gestellt, weil wir meinen, dass die Zusam

menführung der Stellenbudgets allein – der Senat legt Ihnen in der Anlage ja noch die Stellenüberführung im Einzelnen vor – natürlich nicht ausreicht. Wir erwarten vom Senat, dass er uns ein Konzept vorlegt, das die Arbeitsfähigkeit dieses dann größten Teils der neuen Anstalt, der Reinigungsdienste, sicherstellt.

DIE LINKE fordert in ihrem Änderungsantrag einen Anschlusszwang für die Reinigungsdienste der Anstalt. Nein, das wollen wir eben nicht! Einerseits ist es eine Unterstellung in ihrer Begründung, dass in den Gebäuden der öffentlichen Hand Schwarzarbeiterinnen tätig sein werden. Der aktuelle Tarifvertrag zur Eigenreinigung schreibt vor, dass bei der Fremdreinigung auch Sozialstandards und tarifliche Regelungen eingehalten werden wie bei der Eigenreinigung. Seit März 2007 ist auch das Gebäudereinigungshandwerk in das Entsendegesetz aufgenommen, hier gilt also schon länger der Mindestlohn von 7,87 Euro pro Stunde. Andererseits glaube ich nicht, dass wir um unsere Beschäftigten einen strikten Schutzwall errichten müssen. Sie leisten gute Arbeit, und gute Arbeit hat einen guten Preis, den wir in den Haushaltsberatungen zu berücksichtigen haben.

(Beifall bei der SPD)

Aber es geht ja nicht nur um den reinen Stundenlohn, sondern auch die weiteren Rahmenbedingungen, wofür wir ja das Konzept einfordern. Stichworte: Flächen, die zu reinigen sind, Ausstattungen, verwendete Reinigungsmittel oder Altersdurchmischung der Beschäftigten. Das muss so ein Preisvergleich auch hergeben, dann kann man nämlich auch sparen, und sparen meine ich hier im negativen Sinn. Diese Budgets der Reinigung dürfen nicht wieder zum Steinbruch für Einsparmaßnahmen werden, das haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort einfach nicht verdient. Das wird es mit der rot-grünen Koalition nicht mehr geben!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die öffentliche Hand muss ein Vorbild sein, wenn es um gute Arbeitsplätze, faire Arbeitsbedingungen und existenzsichernde Einkünfte geht. Ich rede jetzt nicht über die Beschäftigten, die über den IG-BauTarif abgesichert sind, sondern über die vielen Einzelkämpferinnen in Haushalten, Büros und Betrieben, die häufig auch deshalb putzen gehen müssen, weil sie oder ihre Familien mit einem einzelnen Job nicht genug Geld verdienen. Hier müssen wir Vorbild sein!

In diesem Sinne hoffe ich auch bei unserem Antrag auf Unterstützung aus dem übrigen Hause. Im Übrigen bitte ich – wie es der Bericht des Haushaltsund Finanzausschusses auch sagt – um Beschlussfas

sung über das Gesetz in zweiter Lesung. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Troedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Wir sind mit der Begründung des Dringlichkeitsantrages, Perspektiven der Reinigungskräfte, sehr einverstanden! Es handelt sich mehrheitlich um Frauen, wie bereits gesagt wurde und ich heute Vormittag im Zusammenhang mit 90 Jahre Wahlrecht auch ausführte. Im Reinigungsdienst sollen faire Arbeitsbedingungen und existenzsichernde Einkünfte erzielt werden. Mit den getroffenen Regeln will die öffentliche Hand in ihrer Rolle als Arbeitgeber eine Vorbildfunktion wahrnehmen, das finden wir gut!

Wie der Antrag der rot-grünen Regierungskoalition zu Recht betont, ist dies gerade im Reinigungsbereich besonders bedeutsam. Hier sind private Firmen tätig, die ihre Angestellten zu Niedriglöhnen beschäftigen, die häufig unter Mindestlohnniveau liegen. Insofern ist es positiv zu werten, dass die Reinigungskräfte in der neu zu gründenden Anstalt für Immobilienaufgaben nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt werden und dass die Rechte des Personalrats erhalten bleiben oder sogar gestärkt werden. Auch die Vereinbarung, dass die fortan zentral Beschäftigten im Wesentlichen an ihrem angestammten Arbeitsplatz stationiert bleiben sollen, ist wichtig.

Noch einmal zur Erinnerung: Gerade im Zusammenhang mit den Callcenter-Beschäftigten, mehrheitlich Frauen, haben wir hier die langen Anfahrtswege diskutiert, und wir haben es kritisiert, dass es ohne Bezahlung von der Zeit der Frauen abgeht. Es ist zu hoffen, dass sie auch eingehalten wird. Lange Wege zwischen verschiedenen Einsatzorten ist eine der Arbeitsverschlechterungen, die wir als Ergebnis der Zentralisierung befürchten, denn irgendwoher müssen die Synergieeffekte kommen, die uns mit der neuen Großanstalt versprochen werden. Außerdem ist Tariflohn nur die eine Seite der Gleichung.

Zu einem fairen Arbeitsplatz gehört auch eine Arbeitsanforderung, die in der eingeplanten Arbeitszeit zu schaffen ist. Wie Sie wissen, zeichnen sich gerade private Anbieter von Reinigungsdiensten dadurch aus, dass ihre Angestellten häufig nach Quadratmeterleistung bezahlt werden, deren Kalkulation völlig aberwitzig und in der eingeplanten Zeit unmöglich zu schaffen ist. Auch in diesen beiden Punkten sollte Bremen als öffentlicher Arbeitgeber ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

voranschreiten, um wirklich faire Arbeitsbedingungen zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu diesem Zweck haben wir unseren ersten Änderungsvorschlag eingebracht. In diesem wird die Vermeidung oder zumindest die korrekte Anrechnung von Arbeitswegen sowie eine angemessene und realistische Arbeitszuweisung explizit als Eigenschaft fairer Arbeitsbedingungen aufgeführt. Ganz im Sinne des zugrunde liegenden Antrages bitten wir Sie daher um Ihre Zustimmung für diese klärenden Ergänzungen.

Der zweite Punkt des Dringlichkeitsantrags der rotgrünen Koalition fordert den Senat auf, die Auslastung der Reinigungskapazitäten der neuen Anstalt für Immobilienaufgaben sicherzustellen. Entsprechende Vorschläge sollen im Herbst nächsten Jahres vorgelegt werden. Dann kann es aber bereits zu spät sein, denn im vorliegenden Gesetz zur Gründung einer Anstalt für Immobilienaufgaben liegt ein ernsthaftes Problem für die Reinigungsdienste vor. Dort wird in Artikel 1 Paragraf 2 bestimmt, dass die zu gründende Anstalt für Immobilien ihre Dienste den Ressorts zu marktüblichen Preisen anbietet, das heißt, die Ressorts sind nicht angewiesen, diese Dienste in Anspruch zu nehmen, ganz im Gegenteil, sie brauchen dies nur zu tun, wenn es keine günstigeren Angebote von privaten Anbietern gibt. Nun ist genau dies im Reinigungsdienst regelmäßig zu erwarten. Ein privater Anbieter, dessen Angestellte zu Hungerlöhnen beschäftigt werden, wird den Preis des Reinigungsdienstes der Anstalt für Immobilien immer unterbieten können, und zwar genau deshalb, weil die Reinigungskräfte dort fair und zu Tariflöhnen beschäftigt werden, was wir auch alle als wünschenswert erachten.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu befürchten ist dann aber, dass die Reinigungsdienste der Anstalt für Immobilien weniger und weniger in Anspruch genommen werden. Die augenblickliche Regelung stellt für die angestellten Reinigungskräfte daher ein ernstzunehmendes und ernsthaftes Arbeitsplatzrisiko dar. Die Lösung, die es dafür gibt, ist schon klar. Herbst nächsten Jahres kann sie bereits zu spät sein. Der Senat und seine Ressorts müssen sich verpflichten, die Reinigungsdienste der Anstalt für Immobilien auch in Anspruch zu nehmen. Zu diesem Zweck haben wir unseren zweiten Änderungsvorschlag eingebracht. Wir können diese Regelung heute beschließen und damit die Stellen der Reinigungskräfte bereits jetzt sichern. Daher bitten wir auch in diesem Punkt um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der LINKEN)

All diese Punkte haben wir ausführlich und sehr lang mit den zuständigen Personalräten und den Personalratsvorsitzenden diskutiert. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit der heutigen zweiten Lesung erfüllen wir unser Versprechen und unsere Absicht, zum Ende dieses Jahres die neue Anstalt für Immobilienaufgaben gründen zu können. Wir haben Ihnen auch – wie versprochen – gleichzeitig die neuen Richtlinien vorgelegt und im Haushalts- und Finanzausschuss beschlossen, sodass wir über das Gesamtpaket diskutieren und uns eine Meinung bilden können.

Wir haben bei der ersten Lesung deutlich gemacht, ich will das nur in Stichworten wiederholen, dass wir mit der Gründung der neuen Anstalt, die mehrere Gesellschaften zusammenfasst, die Erwartung verbinden, Reibungspunkte durch Doppelstrukturen und Doppelarbeiten zu vermeiden, dass wir damit einen Anlaufpunkt für die Benutzer schaffen. Wir wollen insgesamt kostengünstiger, kundenfreundlicher und transparenter werden bei Wahrung der Rechte und der Interessen der Beschäftigten, die in der neuen Anstalt ihre Tätigkeit aufnehmen werden.

Zu den Richtlinien will ich nur kurz drei Punkte hervorheben, weil meine Kollegin Frau Kummer sie schon erläutert hat. Sie sollen eine größere Verlässlichkeit durch Klarstellung geben, sie gelten jetzt auch in Zukunft für Eigenbetriebe und auch für eine Reihe von Gesellschaften, von BIG zu BREPARK, dabei bleiben die konkreten Entscheidungen jeweils bei der operativ tätigen Einheit. Es wird zum ersten Mal die Zwischennutzung klar geregelt, die gerade in Entwicklungsgebieten und auch sonst eine attraktive Möglichkeit der Nutzung sein kann, wenn man es richtig macht.

Wir erhöhen die Transparenz, indem auch der Haushaltsausschuss besser beteiligt wird, und wir schaffen den Rahmen, in dem Immobilienvermietungen und -verkauf aus unterschiedlichen Gesichtspunkten betrachtet werden können. Da ist natürlich einmal das zwangsläufige und notwendige finanzielle Argument, aber es sollen auch die im weitesten Sinne städtebaulichen und sozialen Gesichtspunkte miteinander in Austausch kommen und abgewogen werden können. Es ist in den Richtlinien auch dargelegt, dass eine Beratungskommission geschaffen werden soll, die den zuständigen Senator dabei beraten soll, um eine Form zu finden, in der die widersprüchlichen, unterschiedlichen Gesichtspunkte abgewogen werden können. Insgesamt glaube ich, dass es mit der neuen Rechts