Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich kann mich jetzt nach den Beiträgen meiner Kolleginnen und Kollegen sehr kurz fassen. Wir haben ja in den letzten Debatten zum Nichtraucherschutz bereits darauf hingewiesen, dass es das Urteil vom Bundesverfassungsgericht geben wird. Das liegt jetzt vor, wir müssen etwas verändern. Frau Nitz, wir sind auch daran interessiert, Rechtsklarheit zu haben, und wir wollen uns dabei auch noch einmal Niedersachsen anschauen, das war auch immer ein Argument. Auch die Aspekte Zelte und fliegende Bauten bedürfen der Regelung. Ich denke, das werden wir in der Deputation erörtern. Deshalb bitte ich darum, jetzt diese erste Lesung zu unterbrechen und die beiden Anträge in die Gesundheitsdeputation zu überweisen. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Auch ich will mich kurz fassen. Dieses Thema haben wir nun wirklich hinreichend mehrfach erörtert. Ich glaube allerdings, da nun das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorliegt, und weil es auch bereits angesprochen worden ist, dass die Argumente, die die FDP seinerzeit hier in die Debatte eingeführt hat, nun doch auch eine gewisse Relevanz für dieses Urteil erlangt haben und offensichtlich deshalb nicht ganz verkehrt gewesen sein können.

(Beifall bei der FDP)

Es war die FDP, die hier im Haus immer maßgeblich darauf hingewiesen hat, dass ein Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit im Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes besteht, das hier zu berücksichtigen ist. Wir haben darauf hingewiesen, dass es ein Recht auf Berufsfreiheit gibt, das hier betroffen sein könnte, und dementsprechend ist uns ja nicht nur das Bundesverfassungsgericht in dieser Rechtsauffassung gefolgt, sondern zuvor waren es auch die Verfassungsgerichtshöfe von Rheinland-Pfalz und Sachsen.

(Zurufe von der SPD)

Liebe Kollegen von der SPD, ich hätte es mir sonst ja erspart, aber wenn Sie an der Stelle herumkrakeelen, will ich doch gern einmal zitieren, was Herr Brumma in der letzten Debatte zu dem Thema gesagt hat. Er sagte, mit Erlaubnis des Präsidenten darf ich aus der Sitzung vom 13. Dezember zitieren: „Aus unserer Sicht ist es verfassungsrechtlich problematisch, was die FDP hier fordert, nämlich eine Begrenzung auf Quadratmeter. Das ist sehr schwierig. Wo legt man die Grenzen fest?“ Herr Brumma, das war damals vor der Verabschiedung dieses Gesetzes Ihre Aussage! Deshalb glaube ich, dass es sinnvoll ist, dass wir hier wirklich miteinander diskutieren und auch zur Kenntnis nehmen, was das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat,

(Beifall bei der FDP)

das nämlich genau diese Forderung der FDP bestätigt hat, eine nach Quadratmetern sachgerecht vorgenommene Abgrenzung. Über die Zahl der Quadratmeter werden wir jetzt nicht mehr diskutieren müssen, das hat das Verfassungsgericht eindeutig festgelegt, aber gleichwohl sind die Argumente, die von uns seinerzeit hier vorgetragen worden sind, richtig und sachgerecht gewesen. Ich bin auch sicher, dass Bremen nicht umhin kommen wird, eine entsprechende Regelung zu treffen.

(Beifall bei der FDP)

Für meine Fraktion kann ich sagen, dass wir Sympathie für den Antrag der CDU haben. Wir werden

unsere Position entsprechend einbringen und auch der Überweisung selbstverständlich zustimmen. Mich würde auch interessieren, welche weiteren Änderungserfordernisse zum Beispiel seitens des Ressorts gesehen werden. Das kann vernünftig in der Deputation erörtert werden. Im Übrigen wird es natürlich darum gehen, hier wirklich die schädlichen Beeinträchtigungswirkungen, die von dem jetzigen Bremischen Nichtraucherschutzgesetz gerade für Betreiber von Kleingaststätten ausgehen, wieder zurückzunehmen. In Zukunft wird es darum gehen, hier wirklich ein Gesetz zu machen, das gerade auch dieses berechtigte Interesse stärker berücksichtigt. Dafür haben wir Liberale uns immer eingesetzt, und das werden wir auch in Zukunft weiterhin tun. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Dr. Schulte-Sasse.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich wollte mich eigentlich auf eine Ankündigung beschränken, aber nach dem letzten Wortbeitrag von Herrn Dr. Möllenstädt muss ich hier doch zusätzlich eine Kommentierung vortragen.

Was die Ankündigung angeht, wir haben im Ressort aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts natürlich die entsprechenden Konsequenzen gezogen, das geltende Gesetz liegt inzwischen in einer novellierten Form bei uns im Ressort vor. Wir werden es in die nächste Gesundheitsdeputation einbringen, sodass noch in der Dezember-Sitzung der Bremischen Bürgerschaft die entsprechende Korrektur an dem geltenden Nichtraucherschutzgesetz vorgenommen werden kann, und soviel kann ich vielleicht auch sagen: Im Hinblick auf das, was hier antragsweise vorgelegt worden ist, gibt es eine große gemeinsame Schnittmenge. Es sind – wie Herr Dr. Möllenstädt richtig angedeutet hat – noch an der einen oder anderen Stelle Fragen zu klären, inwieweit sich nicht für andere in Karlsruhe nicht verhandelte Themen jetzt aus dem Karlsruher Urteil noch Folgerungen ergeben, aber das werden wir dann alles in der Deputation machen.

Ihr Beitrag, Herr Dr. Möllenstädt, der veranlasst mich doch, einem Mythos entgegenzutreten, den Sie gerade versucht haben, hier zu formulieren, und der Mythos lautet, dass das Bundesverfassungsgericht die verfassungsrechtlichen Bedenken der Bremer FDPFraktion – das unterstreiche ich dick – bestätigt hat und ihr gefolgt sei. Ich rate Ihnen dringend, den Text des Urteils noch einmal zu lesen, weil das Bundesverfassungsgericht nämlich genau das nicht getan hat. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass es mit der deutschen Verfassung vereinbar ist, dem Nichtraucherschutz einen so hochwer

tigen Rang einzuräumen, dass es ein komplettes Rauchverbot gibt. Das Bundesverfassungsgericht hat nur die Frage der verfassungsrechtlichen Gleichbehandlung oder Nichtgleichbehandlung im Hinblick auf die Eckraumkneipen diskutiert, da wir in Bremen – darauf haben Sie richtig hingewiesen – ja nicht mit unserem Gesetz in Karlsruhe verhandelt wurden, sondern zwei andere Landesregierungen. Da möchte ich auch den Hinweis hier anbringen, dass das badenwürttembergische Nichtraucherschutzgesetz, das als nicht verfassungsgemäß beurteilt worden ist, mit der dortigen in der Landesregierung vertretenen FDP verabschiedet worden ist, und es gibt natürlich auch noch andere Landesregierungen, die vergleichbare, nicht verfassungskonforme Nichtraucherschutzgesetze verabschiedet haben mit aktiver Beteiligung der FDP. Man sollte mit dieser Art der eigenen Lobpreiserei an dieser Stelle ein bisschen zurückhaltend sein. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Es ist Einigung darüber erzielt worden, bei beiden Gesetzesvorlagen die erste Lesung zu unterbrechen und die Gesetzesanträge zur Änderung des Bremischen Nichtraucherschutzgesetzes zur Beratung und Berichterstattung an die staatliche Deputation für Arbeit und Gesundheit zu überweisen.

Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Einstimmig)

Ich stelle fest, dass dieser Überweisung einstimmig entsprochen wird.

Vierter Bericht über Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Lande Bremen 2000 bis 2008

Mitteilung des Senats vom 26. August 2008 (Drucksache 17/515)

Die Beratung ist eröffnet.

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Güldner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Zu später Stunde ein gleich wohl, wie ich finde, sehr wichtiges und auch aktuelles Thema, das durch Antrag hier in der Bürgerschaft aus dem Parlament eingefordert wurde: Der Bericht des Senats, also das Bild zur Lage des Rechtsextremismus und der Fremdenfeindlichkeit in Bremen und Bremerhaven. Wir hatten solche Berichte in den Jahren 1989 und 1992, zuletzt im Jahr 2000. Ich denke, es ist, und das macht der Bericht auch deutlich, wenn man ihn durchsieht, überfällig gewesen, im Jahre 2008 erneut über das Phänomen des Rechtsextremismus, des Rechtsradikalismus hier in Bremen zu berichten. Ich glaube, das war eine sehr lange Zeitspanne, und wir sollten in Zukunft öfter in kürzeren Abständen über dieses Phänomen berichten, weil es in der Tat ein virulentes, bedrohliches politisches Phänomen in Bremen und Bremerhaven bleibt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Bericht kann nämlich zahlreiche Ereignisse, Gruppierungen, Parteien und Übergriffe aufzählen, und die Kategorie der Delikte, um die es hier geht und die auch beschrieben werden, reicht von Körperverletzung und Überfällen bis hin zu zahlreichen Propagandadelikten, die in diesem rechtsextremistischen Umfeld gemacht werden.

Nun halte ich, und wir haben ja schon mehrfach in diesem Hause über dieses Thema gesprochen, es für falsch, das Phänomen des Rechtsextremismus auch hier bei uns, wiewohl wir sehr wachsam sein müssen, überzubewerten oder gar nach oben zu beschreiben. Es ist ein Phänomen, das dennoch eine sehr kleine Minderheit in diesem Lande betrifft. Eine sehr kleine Minderheit, die einer riesengroßen Mehrheit in Bremen und Bremerhaven gegenübersteht, die sich teils passiv verhält, das ist wahr, aber viele, vor allen Dingen junge Menschen in Bremen und Bremerhaven, engagieren sich auch aktiv gegen den Rechtsradikalismus.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Das ist, wie ich finde, eine ganz tolle Nachricht.

Schauen Sie neben Ihren vielen anderen Unterlagen, die Sie in Ihren Sitzungen haben, einmal in diesen Bericht hinein, wenn Sie die Gelegenheit dazu haben. Wir können in Bremen und Bremerhaven stolz sein, dass sich so viele Menschen oft freiwillig, spontan, mit sehr großer Authentizität, mit sehr großem Engagement und ganz viele junge Menschen in sehr vielen, ganz unterschiedlichen Bunden, Gruppierungen und Organisationen gegen den Rechtsextremismus engagieren. Ich finde, das ist ein Grund, wo wir in Bremen und Bremerhaven sehr stolz auf unsere Bürgerinnen und Bürger sein können, vor allen Dingen

aber, das sei an dieser Stelle hier erwähnt, auf unsere Jugendlichen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dass das Thema sehr vielfältig ist, habe ich gesagt. Ich möchte auch nicht den ganzen Bericht hier aufzählen, sondern möchte mich auf wenige Beispiele beschränken. Es ist sehr aktuell, und es ist leider nach wie vor so, dass wir im Bereich des Fußballs, der Fußballfans, hier ein großes Problem haben. Einige von Ihnen werden sich daran erinnern, dass im Januar 2007 ein, wie ich finde, nach wie vor extrem gewalttätiger, militanter Überfall auf eine Feier von Fußballfans im Ostkurvensaal des Bremer Weserstadions stattfand, der bis heute nicht vollständig aufgeklärt ist, bei dem bis heute noch Ermittlungen laufen und es bis heute sehr schwierig ist, die Täter dingfest zu machen und dann tatsächlich auch zur Verantwortung zu ziehen. Erst am letzten Samstag beim Auswärtsspiel von Werder Bremen in Bochum hatten mehrere Fans oder sogenannte Fans, die aus dem Bereich der Hooligan-Szene kommen, versucht, entsprechende Transparente im Bochumer Stadion aus diesem rechtsextremistischen Umfeld zu entfalten, und ich finde, wir sollten einmal richtig ein dickes Dankeschön an die Bremer Fußballfans, die in Bochum waren, sagen, dass es ihnen gelungen ist, das zu verhindern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD, bei der LINKEN und bei der FDP)

Wir sind ja nicht nur Lokalpatrioten, auch die Bochumer Fans haben sich lautstark im Stadion mit den Bremern solidarisiert, auch die Bochumer Polizei hat gut mitgespielt. Das Ganze, wie ich finde, ist ein Beispiel dafür, wie wir nach wie vor auch im Fußballbereich diese Tendenzen nicht durchgehen lassen.

Lassen Sie mich aber eine nachdenkliche und kritische Anmerkung machen: Es kann jetzt nicht dabei stehen bleiben, dass wir das Engagement und das beherzte Eingreifen dieser Fußballfans loben und würdigen und wir sie anschließend im Regen stehen lassen. Ich glaube, die Gefahr ist nach dem Überfall in dem Ostkurvensaal sehr groß – in 2007 hat man das gesehen –, dass es möglicherweise zu Racheaktionen kommen kann. Wir müssen dafür Sorge tragen, und ich denke, dafür ist der Senator für Inneres auch genau der richtige Mann, der dies einzuleiten hat, dass wir verhindern sollten, dass jetzt an denjenigen Fußballfans, die dort beherzt eingegriffen haben, anschließend Rache genommen wird und sie da zu Schaden kommen. Ich glaube, das sind wir ihnen schuldig, dass wir hier allen Schutz, den wir gewähren können, diesen Fußballfans gewährleisten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD, bei der LINKEN und bei der FDP)

Lassen Sie mich, wenn wir beim Fußball sind, noch einmal auf ein Argument eingehen, das sehr häufig benutzt wird. Ich habe es auch hier schon von den Kolleginnen und Kollegen der LINKEN gehört, dass diese Phänomene Gewalt, Hooliganismus und Rechtsextremismus auch sehr stark mit Armutssituationen, der sozialen Lage, Einführungen von Hartz IV und allen möglichen Dingen begründet werden. In diesem Bereich kann man sehr gut sehen, weil es detaillierte Studien über die Täter gibt, dass diese Hooligans in Kategorie A, B und C gut eingeteilt sind, man kennt sie alle bundesweit. Die szenekundigen Beamten der Polizei kennen sie praktisch persönlich. An diesem Beispiel kann man sehen, dass diese These einfach in der wirklichen Welt da draußen nicht stimmt.

Wenn Sie sich einmal dann die Berufe anschauen, wenn solche Dinge untersucht werden, dann sind das Angestellte, ganz normale Bankangestellte, Angestellte in Büros und Auszubildende. Ganz viele haben Arbeit und viele eine Ausbildung. Dass es hier um ein Phänomen geht, wo quasi Menschen durch die Verarmung in den Rechtsradikalismus getrieben würden, ist kompletter Blödsinn. Wir müssen uns wirklich mit dem Rechtsradikalismus als Phänomen befassen, das in der Mitte unserer Gesellschaft und auch bei ganz normalen Menschen mit Beruf und Ausbildung vorkommt – das kommt sicherlich auch bei anderen vor, die keine Ausbildung und keinen Beruf haben –, bei dem wir uns nicht herausreden und das in eine Ecke abschieben können, dass es ein rein soziales Problem wäre. Dies gibt die Realität einfach nicht her. Das heißt auch ganz viel für die Bekämpfungsstrategien, für die Prävention, die in diesem Bericht, wie ich finde, hervorragenderweise beschrieben wird, und auch für die Bekämpfung selbst. Wenn man nur sozial ansetzen müsste, um den Hebel umzulegen, das wäre ja einfach – ich habe vorhin diese bunte Landschaft beschrieben –, so ist es sehr viel schwieriger, aber gleichzeitig auch sehr viel zielgenauer, an sehr vielen Punkten anzusetzen.

Die Musikszene ist ein Punkt, wo wir sehr viele Initiativen der Aufklärung haben, welche Musik dort von Rechtsradikalen in Konzerten, ins Internet und so weiter eingespeist wird, aber auch eben im Sport. Ich habe es gerade schon erwähnt, dass wir es mit einem Phänomen zu tun haben, das in allen Bereichen der Gesellschaft vorkommt, und beim FußballHooliganismus – man mag es überhaupt nicht glauben, wenn man dann teilweise die Zusammenstöße sieht, wo sich Menschen sinnlos prügeln –, hat man das Gefühl, dass es häufiger vorkommt, als es der soziale Hintergrund der Täter ist, dass Menschen unter der Woche einfach sehr viel Langeweile haben und am Wochenende einen Kick und ein besonderes Erlebnis suchen. Ich glaube, dass wir alle hier im Hause wenig Verständnis dafür haben, aber es ist so, dass sie diesen Kick dadurch bekommen, dass sie sich gegenseitig die Rübe einhauen. Verstehe es, wer will!