Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Wir sind aktuell dabei, mit dem Unternehmen, mit Vertretern aus Bremen-Nord und natürlich aus meinem Haus, und wir wollen rasch im neuen Jahr Klarheit über die Egerland-Investition haben, aber wir müssen in der Tat sinnvollerweise für die weitere Entwicklung dort auf dem Gebiet die neue Situation, was die BWK angeht, mit berücksichtigen. Aber wir sind permanent daran, und ich hoffe, dass wir dann auch rasch im neuen Jahr eine klare Aussage dazu treffen können. Denn eines ist klar, trotz dieser nicht erfreulichen, traurigen Mitteilung, was die BWK angeht, muss der Strukturwandel in Bremen-Nord natürlich weiter aktiv und gerade deshalb weiter aktiv betrieben werden.

Herr Kollege, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Darf ich Ihre Antwort so interpretieren, Herr Senator, dass man durchaus davon sprechen kann, dass doch einmal eine grundsätzliche Überprüfung der Ansiedlungsstrategie auf diesem Gesamtgelände erfolgen sollte?

Bitte, Herr Senator!

Eine grundsätzliche Überprüfung wird das nicht sein, es wird die Frage sein, ob sich im Hinblick auf das, was Egerland an Erweiterungsinvestitionen im Zusammenhang mit einer absehbaren, veränderten Nutzung des BWK-Geländes machen will, Anpassungsnotwendigkeiten ergeben. Das weiß Egerland im Übrigen auch, und ich habe den Eindruck, sie fühlen sich durch uns und auch in Bremen-Nord durch diejenigen, die sich dort damit befassen, auch sehr gut behandelt.

Eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Arnold-Cramer!

Herr Senator, mein Kollege Herr Dr. Möllenstädt hat es eben angesprochen, die Zulieferbetriebe der Autoindustrie haben gewisse Absatzschwierigkeiten, insofern ist der Betrieb von Egerland natürlich auch nicht den Expansionen unterworfen, die ursprünglich einmal geplant waren. Sehen Sie nicht doch vor diesem Hintergrund eine Revision Ihrer gesamten Pläne für das BWK-Gelände, Sie nennen es Vulkan-West?

Bitte, Herr Senator!

Zunächst, Frau Abgeordnete, ist für mich einmal maßgeblich, dass das Unternehmen Egerland, das Investitionsabsichten hat – es ist ja grundsätzlich positiv, dass investiert werden soll –, an den Plänen festhält. Im Moment ist es so, dass jedes Unternehmen angesichts der schwer vorhersehbaren weiteren Entwicklung seine Investitionen überprüft. Aber auch die Fragen werden wir natürlich mit Egerland zu besprechen haben, wie Egerland die Situation einschätzt und welche Folgerungen sich für das Investitionsvorhaben daraus möglicherweise ergeben.

Ich will im Übrigen darauf hinweisen, dass die Automobilzulieferindustrie selbst, die sich ja im Bereich Automotive Nord-West zusammengeschlossen hat, zu einer Einschätzung kommt, wie es mit der Automobilzulieferindustrie weitergeht, feststellt, dass derzeit noch nicht belastbar abgeschätzt werden kann, in welcher Art und in welchem Umfang auch in unserem nord-westlichen Wirtschaftsraum, soweit die Automotive Nord-West, ansässige Automobilfirmen konkret betroffen sind. Die Automotive Nord-West, also die Branche selbst, spricht sogar davon, dass sich angesichts der Entwicklung und der erkennbaren Notwendigkeit neuer verbrauchsoptimierter Automo

delle und benzinsparender Antriebstechniken sogar für einzelne Unternehmen Chancen ableiten lassen.

Insofern, Frau Abgeordnete, ist die Feststellung, es geht alles insgesamt hinunter und sehr tief, so im Moment noch nicht belegbar. Wichtig ist für die Automobilzulieferer die enge Verzahnung mit der Automobilindustrie und mittelfristige Klarheit, unter anderem deshalb, wenn ich das noch anfügen darf, auch die Initiative des Bremer Senats im Bundesrat, die Bundesregierung aufzufordern, schneller, als das bisher vorgesehen ist, zu einer klaren Regelung, einer CO2-abhängigen Kfz-Steuer zu kommen, weil das ein ganz wichtiges Rahmendatum für die Automobilindustrie ist und damit auch für die Zulieferer.

Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Arnold-Cramer!

Herr Senator, aber Sie können mir doch zustimmen, dass gerade die Autobranchen in diesem Hafengelände wenig personalintensiv sind. Vor dem Hintergrund des gerade jetzt wieder neu eingetretenen Strukturwandels in Bremen-Nord brauchen wir arbeitsplatzintensive Unternehmen. Ich denke, vor diesem Hintergrund wäre es doch sinnvoll, die Ansiedlungsstrategien noch einmal neu zu überlegen.

Bitte, Herr Senator!

Selbstverständlich bedarf das immer der Überprüfung. Ich will aber auf eines hinweisen: Nicht wir entscheiden, wo angesiedelt wird, sondern es sind Unternehmen, die am Markt agieren, die das entscheiden. Klar ist doch, dass wir diese Frage, wie es gerade wegen der BWK-Entwicklung jetzt auf dem Gelände weitergeht, sehr sorgfältig anschauen auch unter den Aspekten, die Sie im Auge haben. Wir müssen auch schauen, dass wir mit dem Thema Science Park bei der Jacobs-Universität, dort sind wir auf gutem Weg mit der BIMA, also der bundeseigenen Immobiliengesellschaft, wegen eines Grundstückstausches in Verhandlungen. Wir haben dann das Thema, wie es mit Friedehorst weitergeht, also dem Konversionsgelände, auch dort sind wir zuversichtlich, zu Beginn des nächsten Jahres, im ersten Quartal weitere Schritte zu machen, um nur zwei Beispiele zu nennen, wie sich der Strukturwandel in Bremen-Nord weiter entwickeln wird.

Ich will Ihnen aber gern die Sorge nehmen, dass wir jetzt, ohne hinzuschauen, was passiert denn dort aktuell, einfach sagen, jetzt stur weiter so, wie wir das vor einem halben Jahr festgelegt haben, so wird einfach weitermarschiert. Das wird nicht stattfinden, das wird im Übrigen auch das Unternehmen Egerland so nicht machen, es wird auch genau hinschauen, was es tatsächlich jetzt an Investitionen verantworten kann.

Herr Senator, weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Damit ist der Tagespunkt eins erledigt. Bevor ich den Tagesordnungspunkt 2 aufrufe, darf ich Ihnen mitteilen, dass mittlerweile interfraktionell vereinbart wurde, den Tagesordnungspunkt 22, es handelt sich hierbei um Ökonomische Bildung an Schulen im Land Bremen, sowie den Tagesordnungspunkt 24, Freiberufliche Lehrtätigkeit nicht länger diskriminieren, auszusetzen.

Aktuelle Stunde

Meine Damen und Herren, für die Aktuelle Stunde ist von den Abgeordneten Dr. Oliver Möllenstädt, Uwe Woltemath und Fraktion der FDP folgendes Thema beantragt worden:

Förderung kommunaler Kliniken im Lande Bremen auf Kosten anderer: Staatswirtschaft statt fairen Wettbewerbs im Gesundheitswesen

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Rosenkötter. Die Beratung ist eröffnet. Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Das Land hat eine bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit medizinischen Versorgungsangeboten sicherzustellen. Bremen befindet sich gegenüber fast allen anderen Bundesländern in der Sonderrolle, dass die Stadtgemeinde zugleich Gesellschafterin des größten Klinikkonzerns in unserem Land ist. Alles andere als eine glückliche Kombination, wie wir finden! In jedem Fall erfordert die gleichzeitige Wahrnehmung beider Aufgaben unbestreitbar äußerste Sensibilität.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben aus dem Verhalten dieses rot-grünen Senats in den vergangenen Wochen den Eindruck gewonnen, dass dieser Senat mehr und mehr im Begriff ist, wie keine andere Landesregierung in Deutschland, die Grundsätze der Krankenhausgesetzgebung und -finanzierung auf den Kopf zu stellen.

(Abg. Frau S t a h m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen]: So ein Müll!)

Der Paragraf 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes des Bundes stellt klar, dass der Zweck der Kran––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

kenhausfinanzierung durch Bund und Länder die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser zur bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen und – ich betone – eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten hat. Mit eigenverantwortlichem Wirtschaften hat es aber bei der Art und Weise, in der der Bremer Senat seine Rolle als Gesellschafter bei den kommunalen Kliniken in den vergangenen Jahren wahrgenommen hat, bekanntlich nicht viel zu tun. Dabei handelt es sich unseres Erachtens eher um unverantwortliche Misswirtschaft auf Kosten anderer.

(Beifall bei der FDP)

Diese anderen sollen nun nach dem Willen des Senats die Zeche für die Entschuldung des angeschlagenen Klinikverbundes zahlen. Steuerzahler, freie Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte, sie alle sollen die Suppe nun auslöffeln, die sozialdemokratische Gesundheitssenatorinnen und korrupte Klinikmanager den kommunalen Kliniken eingebrockt haben.

(Beifall bei der FDP)

Um überhaupt den Hauch einer Chance zu haben zu überleben, wir haben das gestern in der Stadtbürgerschaft sehr ausführlich diskutiert, haben die kommunalen Bremer Kliniken einen Investitionsbedarf von mehr als 300 Millionen Euro, der fast vollständig über Kredite finanziert werden muss. Das Risiko des Mammutanteils dieser Kredite, die enorme Summe von weit über 200 Millionen Euro, soll aber das Land im Rahmen einer Bürgschaft tragen. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen aus Bremerhaven, hier bürgt auch Bremerhaven mit, und weil das sonst allzu offensichtlich nach Ungerechtigkeit aussieht, wurde in Aussicht gestellt, das Land sei nun auch bereit, für frei gemeinnützige und private Krankenhäuser Bürgschaften zu übernehmen, sogar die entsprechenden rechtlichen Regelungen im Landesrecht wolle man ändern.

Auf unsere Frage in der jüngsten Sitzung des Krankenhausausschusses, inwiefern sich das Gesundheitsressort mit den übrigen Krankenhäusern im Land darüber ausgetauscht habe und inwieweit sie dieses neue Finanzierungsinstrument Bürgschaft in Anspruch nehmen würden: Schweigen im Walde! Das Ressort hat keine Ahnung, in welcher Höhe weitere Bürgschaften übernommen werden sollen.

(Beifall bei der FDP)

Sie wissen, dass es den freien Krankenhäusern nicht hilft, weil freie Krankenhäuser nicht in erster Linie Kredite brauchen, sondern vor allen Dingen eine verlässliche Investitionsförderung des Landes. Für die Förderung von Investitionen im Krankenhausbereich durch das Land stehen pro Jahr im Schnitt weniger

als 30 Millionen Euro zur Verfügung, was gerade einmal, wenn überhaupt, für die absolut dringendsten und zwingend erforderlichen Investitionsbedarfe ausreicht. Bereits im Vorfeld der Aufstellung des aktuellen Krankenhausbauprogramms des Landes im Juni kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit dem Ergebnis, dass ein Bremer Krankenhaus Widerspruch gegen die auf Basis des beschlossenen Bauprogramms vom Gesundheitsressort erstellten Bescheide erhoben hat. Insbesondere erhebt das Krankenhaus – man darf vermuten, nicht rein zufällig wieder einmal ein Krankenhaus eines frei gemeinnützigen Trägers – Vorwürfe gegen das Gesundheitsressort.

Anfang November musste Ihr Staatsrat, Frau Senatorin Rosenkötter, auf Nachfrage einer großen Tageszeitung einräumen, dass für die Finanzierung der neuen Zentralküche des Klinikums Bremen-Mitte Mittel aus der Pauschalförderung des Landes unrechtmäßig verwendet wurden. Zu diesem Zeitpunkt hieß es aus dem Munde von Herrn Dr. Schulte-Sasse, die Fehlverwendung sei zu korrigieren, was auch immer das heißt! Auch bei Ersatz unter Einsatz von Fördermitteln errichteter, aber nicht vollständig abgeschriebener Gebäude im Zuge des geplanten Neubaus des Klinikums Bremen-Mitte wäre eine zumindest anteilige Rückzahlung gewährter Fördermittel eigentlich selbstverständlich. Fraglos würden diese auch seitens des Gesundheitsressorts von jedem frei gemeinnützigen oder privaten Träger kurzfristig zurückgefordert.

Im Falle des kommunalen Klinikverbundes wird allerdings alles daran gesetzt, dass möglichst keine Rückzahlung vorgenommen werden muss, schließlich könnten dann auch andere Krankenhausträger Anspruch auf Teile dieser Mittel für ihre Investitionen erheben.

(Beifall bei der FDP)

Das sogenannte Gesamtfinanzierungskonzept des Senats zur Entschuldung des Klinikverbundes geht von der Annahme aus, dass überhaupt keine Fördermittel zurückgezahlt werden. Fördermittel in Höhe etlicher Millionen Euro werden zum Schaden des Landes nicht zurückgefordert, nicht, weil dies prinzipiell nicht möglich wäre, sondern weil es politisch von diesem Senat nicht gewollt ist.

(Beifall bei der FDP)

Für Unruhe und Unfrieden sorgt weiterhin die vom kommunalen Klinkverbund gegen den Rat von Patientenvertretern, der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer betriebene systematische Ausweitung der ambulanten Behandlungen im Krankenhaus auf der Grundlage des Paragrafen 116 b des SGB V. Sekundiert durch die Spitze des Gesundheitsressorts wird in die gewachsene und am Bedarf orientierte Niederlassungsstruktur und die wirtschaft

liche Existenz der niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzte eingegriffen. Hier werden überflüssige Doppelstrukturen geschaffen, wie wir meinen.

Dass jetzt gerade der entschiedenste Gegner von Wettbewerb im Gesundheitswesen, Herr Staatsrat Dr. Schulte-Sasse, in der vergangenen Sitzung des Krankenhausausschusses einfordert, dass nun gerade die ambulante Behandlung im Krankenhaus das richtige Mittel für mehr Wettbewerb sei, das lässt nichts Gutes vermuten. Die Konkurrenz des mit Steuermillionen hochgerüsteten kommunalen Krankenhauskonzerns Gesundheit Nord gegen die niedergelassenen Arztpraxen entspricht jedenfalls nicht unseren Vorstellungen von einem fairen Wettbewerb.

(Beifall bei der FDP – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Es hört Ihnen zwar niemand zu, aber es ist eine Aktuelle Stunde, wo man frei spricht und nicht abliest! – Abg. R ö w e - k a m p [CDU]: Gilt das auch für Senats- mitglieder? – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Natürlich!)

In einer Pressemitteilung des Senats, das darf ich mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren, heißt es: „Unser Ziel ist“ – das Ziel Ihres Senats –, „Bremer Bürgerinnen und Bürgern wohnortnah optimale medizinische Leistungen anbieten zu können.“ Ich frage Sie: Wie können medizinische Leistungen denn wohnortnäher erbracht werden als in der Praxis niedergelassener Ärztinnen und Ärzte? Die kommunalen Kliniken werden an diesen hochspezialisierten Leistungen nicht genesen, dafür ist der Bedarf insgesamt wohl zu gering. Eine unmäßige Ausweitung der ambulanten Behandlungen im Krankenhaus ist, Herr Dr. Sieling, doch allemal geeignet, um erhebliche Verunsicherung zu schüren und niedergelassenen Ärzten erheblichen Schaden zuzufügen.

Das Gesundheitsressort verschließt aus unserer Sicht die Augen davor, dass der Bremer kommunale Klinikverbund die Landeskrankenhausplanung missachtet und Leistungsangebote in unzulässiger Weise auf Kosten freier Krankenhäuser ausweitet.

(Beifall bei der FDP)

Solche Fälle sind zum wiederholten Male aufgetreten, ohne dass das Gesundheitsressort reagiert hätte, und da gibt es eben nicht nur diesen aktuellen Fall, sondern es gab schon etliche mehr im Vorfeld, die Anlass geboten hätten, sich damit intensiver auseinanderzusetzen. Von einem fairen Wettbewerb im Bremer Krankenhausmarkt kann bald nicht mehr die Rede sein, wenn getroffene Vereinbarungen nichts mehr gelten und die Aufsichtsbehörde einseitig für die eigenen Kliniken Partei ergreift.

Der Bremer kommunale Klinikverbund soll demnächst offiziell mit der Erbringung von Gesundheits

leistungen betraut werden. Der Senat wähnt darin einen beihilferechtlich zulässigen legalen Weg, um den kommunalen Kliniken weiterhin Finanzspritzen aus dem Stadthaushalt zuleiten zu können – so weit so gut! –. Zum Zweck der wirtschaftlichen Sicherung leistungsfähiger und eigenverantwortlich wirtschaftender Krankenhäuser dient aber nach unserer Überzeugung ausschließlich die Krankenhausplanung des Landes, und hier kann ein Widerspruch entstehen. Was ist denn, wenn sich die Krankenhausplanung ändert und damit auch Leistungen wegfallen, mit denen sie vorher zum Beispiel den kommunalen Klinikverbund betraut haben? Darauf gibt es bisher keine plausiblen Antworten, und bisher ist der Senat natürlich auch einen konkreten Entwurf hierfür schuldig geblieben.