Ich greife das deshalb auf, weil es darum geht, die Wettbewerbsregeln in der sozialen Marktwirtschaft genauer zu betrachten, weg von einer Deregulierungspolitik und von einer neoliberalen Freihandelspolitik dahin zu kommen, Dinge aktiv zu gestalten.
Nein, Kollege Focke, das ist kein dummes Zeug. Dummes Zeug ist es, wenn hier ein Popanz aufgebaut wird, dass davon auszugehen wäre, hier würden Menschen stehen, die jetzt Verstaatlichungen oder ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Ähnliches wollten. Darum geht es doch überhaupt nicht! Es geht um das Regelwerk, es geht nicht darum, dass die privaten Unternehmer durch staatlich bezogene Personen ersetzt werden, sondern dass wir Bedingungen schaffen, dass dieses Entgleisen nicht wieder stattfinden kann. Ich sage heute, einen Tag nachdem in den USA Präsident Obama vereidigt worden ist, wir haben alle Hoffnungen, dass es auch im internationalen Rahmen zu Veränderungen kommt.
Ich spreche das auch deshalb an, weil ich in der Tat für den Finanz- und Bankensektor sehr froh und sehr stolz darauf bin, dass wir in Deutschland einen Sparkassensektor haben, der sich weiter darauf besonnen hat, vernünftig und mit Augenmaß das Geld der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Unternehmen zu verwalten. Vergessen wir nicht, wie viele Menschen in diesem Prozess der letzten Monate viel Geld verloren haben! Da sind so manche Leute dabei, die es bitter nötig haben. Es sind auch einige dabei, die es immer als Spielgeld eingesetzt haben, da muss ich sagen, da hab ich keine Träne im Knopfloch. Bei vielen jedoch, für die es eine richtig ernste Sache ist, ist das eine wichtige Angelegenheit. Die Sparkassen werden hier wieder zu einem Vorbild. Ich sage an dieser Stelle, ich wäre froh und hoffe, auch für den Landesbankensektor wieder dahin zu kommen, dass es richtige Landesbanken werden, die den Ländern gehören und von der öffentlichen Seite gesteuert werden. Auch das ist wichtig für die Stabilität.
Lassen Sie mich auch sagen, weil Herr Röwekamp das mit der Verstaatlichung angesprochen hat: Ich kann mich doch heute hier hinstellen und erklären – er ist wahrscheinlich auch froh darüber –, dass Ihr Kollege Herr Kau, was sein Geld bei der Commerzbank betrifft, heute mit Fug und Recht als Staatsbanker bezeichnet werden kann! Vor Monaten hätte er mich deshalb noch beschimpft, und heute ist er froh darüber, dass es diesen öffentlichen Schutzschirm gibt. Das zeigt doch, wie wichtig und wie tief greifend die Veränderungen an der Stelle sind.
Das sollten wir uns vor Augen führen und hier keine Ideologiedebatten in diesem Zusammenhang führen.
Ich möchte, was die Anstrengungen betrifft, die unternommen werden müssen und richtigerweise unternommen werden, in den Mittelpunkt dessen stellen, was jetzt an Reaktionen auf das Konjunktur
paket II erfolgt, dass hier politisch auf das Herzstück gesetzt wird, wie es der Bürgermeister gesagt hat, dass Investitionen wieder getätigt werden. Wir sind auch insofern an einer Zeitenwende, dass wir über aktive Wirtschaftspolitik reden. Vor wenigen Monaten waren es noch CDU-Politiker, ich glaube, ich habe es über Herrn Schäuble, den Bundesinnenminister, gelesen, der voranmarschiert ist und gesagt hat, das magische Viereck, die Gesetzesgrundlage aus der Großen Koalition der Sechzigerjahre, die aktive Wirtschaftspolitik sollte abgeschafft werden, Keynes gehöre auf den Müllhaufen der Geschichte.
Meine Damen und Herren, ich bin froh, dass hier wieder wirtschaftspolitische Vernunft eintritt und Keynes heute wieder jemand ist, über den man redet und dessen Rezepte man in allen politischen Lagern, außer vielleicht bei der FDP, angeht, aber darüber rede ich später noch einmal.
Ich will deshalb sagen, dass die öffentliche Investitionstätigkeit an dieser Stelle für uns sehr im Vordergrund und Mittelpunkt stehen muss, und sage auch ganz offen – der Bürgermeister hat es hier schon deutlich gemacht, was für eine große Herausforderung dieser Senat und diese Koalition für Bremen und Bremerhaven an dieser Stelle sieht –, dass es darum gehen wird, für die nächsten Jahre ein Investitionsvolumen von 1,3 Milliarden Euro, das war hier die Zahl des Bürgermeisters, zu bewegen und auf den Weg zu bringen.
Meine Damen und Herren, ich habe hier zum ersten Mal in einer Rede von Herrn Röwekamp nicht das ständige Geätze darüber gehört, wir würden nicht investieren. Ich sage Ihnen, dieser Senat, diese Regierung wird beweisen: Wir haben keine Investitionsallergie, wir wollen, wenn wir das Geld haben, aktiv eingreifen, und wir werden hier eine gute Investitionspolitik hinlegen. Da werden Sie noch staunen, was das für eine ordentliche Angelegenheit wird!
Ich will Ihnen aber auch sagen, ich bin an der Stelle sehr bundestreu. Ich bin nicht der Auffassung, dass in unserem Investitionsprogramm – bei allen Notwendigkeiten im Detail und an der einen oder anderen Stelle – die Frage von Gewerbeflächen und Verkehrsinfrastruktur an erster Stelle steht. Im Bundeskonjunkturprogramm steht, die erste Priorität haben Bildung, Wissenschaft, Forschung. Das ist die richtige erste Priorität, und die werden wir hier auch umsetzen.
Es wird spürbar beides vorkommen, das wissen Sie auch, wir werden sogar weitere Dinge machen, und ich bin auch froh, dass wir im Bereich beispielsweise der Infrastruktur für den Gesundheitssektor das Stichwort Krankenhäuser in diesem Investitionsprogramm finden, auch da werden wir zugreifen.
Herr Focke, sind Sie etwa dagegen? Sie sind doch wohl nicht dagegen, dass wir hier etwas dafür tun, dass übrigens nicht nur der öffentliche Krankenhaussektor, sondern natürlich auch die Privaten und Freigemeinnützigen davon Vorteile haben werden.
Ich will nur in der öffentlichen Debatte – der Bürgermeister hat sich hier schon sehr positiv auf die Runde, die es in der letzten Woche gegeben hat, bezogen – auf die Vorschläge der verschiedenen Kammern eingehen. Ich will noch einmal darauf hinweisen, dass mir das Vorschlagspapier der Handelskammer gut gefällt, darin sind viele ordentliche kommunalpolitische Investitionsmaßnahmen, die wir uns alle anschauen. Ich möchte aber eine Anmerkung dahingehend machen, ich bin nicht so sehr davon überzeugt, dass wir mit diesem Investitionsprojekt, so schön es auch ist, in ein Wassertaxi investieren sollten. Das schlägt die Handelskammer vor. Das müssen wir vielleicht durchaus machen, eine solche Maßnahme vorantreiben. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das das Kernprojekt eines Bundeskonjunkturprogramms an dieser Stelle ist, und weise auch eher mit dem Argument der Handelskammer auf mögliche Folgekosten hin.
Ich hätte mir gewünscht, dass die Kammer, die eine wichtige gesellschaftliche Kraft ist, die Begriffe Innovation, Forschung und Hochschule in ihr Papier hineingeschrieben hätte. Das alles finde ich leider nicht, und ich würde mir wünschen, dass die CDU-Bürgerschaftsfraktion da vielleicht auch ihre Möglichkeiten nutzt. Wir werden dies jedenfalls tun, diese Gespräche werden fortgesetzt, dass wir diese Schwerpunktlinie, die gesellschaftliche Bedarfe betrifft, die aber auch Zukunftsvorsorge ist – denn darum muss es heute gehen –, verstärken und weiter voranbringen.
Es geht ja hier in der Debatte und in der Diskussion darum, wie man denn jetzt Wachstum stabilisieren kann, darum wird es ja im Wesentlichen gehen, wie man den Einbruch für die nächsten Monate eindämmen kann, der hoffentlich nur als kurze Konjunkturdelle und nicht als längeres strukturelles Problem kommen wird. Das erste wichtige Thema ist, wie man dies eindämmt, dass man eben öffentlich Investitionen anreizt, aber auch öffentlich selbst Investitionen tätigt.
Das zweite Thema ist natürlich immer, den privaten Verbrauch anzureizen und voranzutreiben. Da will ich sagen, dass ich mit diesem Programm am Ende des Tages sehr froh bin, dass wir eine Struktur hinbekommen haben, mit der wirklich die Chance besteht, dass privater Verbrauch gestärkt wird. Man stärkt privaten Verbrauch nicht, indem man pauschal die Steuern senkt, weil dies – das ist wirklich ökonomisches Einmaleins – bei höherem Einkommen dazu führt, dass eben diese Senkung nicht in den Konsum fließt, sondern zum Sparen und, heute muss man auch sagen, in vielen höheren Bereichen zur Spekulation verwandt wird, zum Einsatz von riskanten Dingen. Das ist genau das, was wir nicht brauchen. Darum ist es grundfalsch, generelle Steuersenkungsvorschläge zu machen. Das wäre in der Tat ein ökonomisches Strohfeuer, was wir uns nicht erlauben können.
Das Programm, das die Bundesregierung jetzt vorgelegt hat, ist da entsprechend sensibel – der Bürgermeister hat dies angesprochen – mit der Absenkung der Eingangssteuersätze, die bei kleinen und mittleren Einkommen wirkt, vor allem aber da, wo die Leute wirklich keine Möglichkeit mehr haben zu sparen, sondern vielfach mit Schulden bei den ganz geringen Einkommen konfrontiert sind. Deshalb bin ich froh und stolz darauf, dass wir dort nicht nur den Kinderbonus durchgesetzt haben, sondern dass wir auch für Hartz-IV-Empfänger im Rahmen von SGB II und SGB XII, der Bürgermeister hat das hier gesagt, Verbesserungen erzielt haben, sodass diese Menschen, die ihr Geld wirklich für Konsum und private Nachfrage ausgeben, mehr Geld in der Tasche haben. Das ist richtige Wirtschaftspolitik an dieser Stelle.
Ich darf, weil wir als Bremer ein bisschen stolz darauf sein können, an den letzten Bürgerschaftswahlkampf erinnern. Es ist in der Tat nicht nur eine Frage von sozialer Gerechtigkeit, sondern von ökonomischer Stabilität, dass die Branchen, die unter den Mindestlohn fallen, hier ausgedehnt worden sind. Zu Beginn der Legislaturperiode im Deutschen Bundestag lag die Zahl der Beschäftigten unter Mindestlohnbedingungen bei 700 000 in Deutschland. Es ist uns gelungen – das kleben wir uns als Sozialdemokraten an das Revers, das sage ich auch ganz bewusst, aber ich finde, wir haben da auch in Bremen einen gewissen Stolz –, dass heutzutage nicht mehr nur 700 000 Menschen Anspruch auf Mindestlohn haben, sondern so viele Branchen darin sind, dass es heutzutage 3 Millionen Menschen sind, die in Deutschland auf Min
destlohn Anspruch haben. Das ist aktive Konjunkturpolitik und soziale Gerechtigkeit, das ist die Verbindung, die wir brauchen!
Ich möchte mir in diesem Zusammenhang gern einen kleinen Vorgriff auf die Debatte erlauben, aber lassen Sie mich zunächst klarstellen, da der Kollege Röwekamp, glaube ich, nicht genau zugehört hat, als der Bürgermeister gesprochen hat! Ich möchte gern die Gelegenheit wahrnehmen, dies auch für meine Fraktion deutlich zu sagen: In der öffentlichen Debatte um das Investitionsprogramm hatte man immer den Eindruck, dass wir vielfach die Diskussion darüber gehabt haben, ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist. Ist das die richtige Maßnahme, oder ist es nur ein politisches Kompromisspapier? Natürlich sind politische Kompromisse dabei, aber ich bin der Auffassung, das ist am Ende der richtige Mix, der zustande kommt.
Trotzdem gibt es Verbesserungsmöglichkeiten. Ich sage bewusst und ganz deutlich für meine Fraktion: Wir teilen hundertprozentig, wenn es jetzt im weiteren Verfahren gelingen sollte, bei der Abwrackprämie Verbesserungen im Hinblick auf CO2-Minderung und Klimaschutz zu erzielen, die Einschätzung, dass es richtig und im Interesse von uns Sozialdemokraten ist, und ich freue mich, dass Bremen die Möglichkeit hat, eine entscheidende Rolle zu spielen! Der Bürgermeister hat es klar gesagt, ich sage es für meine Fraktion, und der Kollege Dr. Kuhn wird es für seine Fraktion gleich sowieso noch einmal deutlich sagen: Machen Sie daraus keinen Popanz! Wir haben eine Gelegenheit, dieses Programm noch besser zu machen, und die sollten wir nutzen!
Wir sollten die drohende Schlechterstellung vermeiden. Ich bin sehr froh, dass wir eine Gelegenheit haben, keine Verschlechterungen – „Verschlimmbesserungen“ – im Bereich der steuerpolitischen Komponenten annehmen zu müssen. Ich habe heute den schönen Satz – ich glaube, von Renate Künast, der Fraktionssprecherin der Grünen – gelesen: „Das war dann der eine Tag, den Herr Westerwelle regiert hat.“ Ich ergänze und füge hinzu: Ich hoffe, es bleibt auch der letzte Tag, den Herr Westerwelle in diesem Land regiert hat! Etwas anderes kann sich dieses Land nicht erlauben, es wäre zum Schaden!
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Sind leider keine 18 Tage geworden! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Zumindest einen Tag mehr als Ypsi- lanti!)
Da werden alte Rezepte herausgeholt, die eher zur Verursachung der Finanzmarktkrise geführt haben, als dass sie dazu geführt haben, dass wir Stabilität bekommen. Ich spreche dies auch an, weil ich sehr gespannt bin, vielleicht greife ich damit ein bisschen vor, Herr Kollege Woltemath, was Ihre Rede betrifft. Ich möchte es ruhig ansprechen, weil ich dazu gern etwas hören möchte. Ich darf es in Richtung der FDPFraktion sagen: Ich habe es in diesem Hause als sehr angenehm empfunden, wie Sie in vielen Debatten hervorgehoben haben, dass Sie in erster Linie für Bremen stehen und es Ihr Interesse ist, dass das Bundesland Bremen, Bremen und Bremerhaven, nach vorn kommen, eine vernünftige und gute Entwicklungsmöglichkeit haben und die Selbstständigkeit gesichert wird.
Es ist in den Debatten sehr deutlich geworden, dass es auch uns darum geht, daher bin ich sehr dankbar für das, was Bürgermeister Böhrnsen vorgetragen hat und was der gesamte Senat stützt, dass wir dahin kommen, so zu agieren. Ich bin nun sehr gespannt, Herr Kollege Woltemath, wie Sie es darstellen. Ich wünsche mir, dass Sie keine Westerwelle-Rede halten, halten Sie eine Bremen-Rede, das brauchen wir! Sagen Sie, dass Sie sich gegen diese Dinge wenden und dass Sie das nicht mitmachen! Sagen Sie es, weil der Bürgermeister mit seinem Argument Recht hat, dass die Westerwelle-Politik beziehungsweise diese neoliberale FDP-Politik, weiter die Steuern zu senken, zu nichts anderem führen würde, als dass man die Schulden hochtreibt. Das ist nicht verantwortbar für zukünftige Generationen!
Ich möchte es aber noch weiter treiben, weil Sie aus FDP-Sicht natürlich sagen werden: Das ist gar nicht wahr, wir als FDP haben doch ein anderes Rezept! Sie würden sagen: Wir müssen doch, wenn wir die Steuern weiter senken, gar nicht die Schulden erhöhen, wir können doch einfach die Staatsausgaben weiter senken, wir können doch den Staat heruntersparen, wir können doch einen Nachtwächterstaat machen! Das ist es, was die FDP auf Bundesebene will, das können wir hier nicht gebrauchen! Ich würde mich freuen, Herr Wester – –,
Herr Westerwelle, sage ich jetzt schon, Herr Woltemath, dass Sie kein Westerwelle sind, sondern dass Sie ein ordentlicher Bremer sind und dem Senat für dieses Konjunkturprogramm Unterstützung geben! Das wünsche ich mir für die weitere Debatte!
noch einmal deutlich sagen, dass wir als SPD-Bürgerschaftsfraktion die Herangehensweise des Senats und auch die Vorarbeiten des Senats voll und ganz unterstützen!
Da es uns im Februar in diesem Hause ja schon erreichen wird, möchte ich darauf hinweisen, dass die Veränderungen, die uns noch bevorstehen, von uns debattiert und umgesetzt werden müssen! Bürgermeister Böhrnsen hat angesprochen, dass zur Beschleunigung der Investitionen auch Veränderungen im Vergaberecht erfolgen müssen, und sie müssen sorgsam und mit Augenmaß erfolgen. Wir als SPDBürgerschaftsfraktion sind bereit, diese Änderungen anzugehen, um damit unseren Beitrag dafür zu schaffen, die Unterstützung und die Mehrheiten im Hause zu realisieren. Wir sollten es uns für den Februar vornehmen, denn wir müssen jetzt an die Arbeit, wir müssen jetzt in die Praxis! Das ist eine Chance für Deutschland, einen Konjunktureinbruch in dem Maße, wie er droht, zu vermeiden. Es ist eine Chance für uns in Bremen, wichtige zukunftsorientierte Schritte zu gehen, dafür stehen wir! – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren!