Da es uns im Februar in diesem Hause ja schon erreichen wird, möchte ich darauf hinweisen, dass die Veränderungen, die uns noch bevorstehen, von uns debattiert und umgesetzt werden müssen! Bürgermeister Böhrnsen hat angesprochen, dass zur Beschleunigung der Investitionen auch Veränderungen im Vergaberecht erfolgen müssen, und sie müssen sorgsam und mit Augenmaß erfolgen. Wir als SPDBürgerschaftsfraktion sind bereit, diese Änderungen anzugehen, um damit unseren Beitrag dafür zu schaffen, die Unterstützung und die Mehrheiten im Hause zu realisieren. Wir sollten es uns für den Februar vornehmen, denn wir müssen jetzt an die Arbeit, wir müssen jetzt in die Praxis! Das ist eine Chance für Deutschland, einen Konjunktureinbruch in dem Maße, wie er droht, zu vermeiden. Es ist eine Chance für uns in Bremen, wichtige zukunftsorientierte Schritte zu gehen, dafür stehen wir! – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist schon eine bittere Ironie, ein Treppenwitz der Geschichte: Wir debattieren seit einiger Zeit in Deutschland – und ich finde, endlich intensiv – über Begrenzung und Rückführung der Staatsverschuldung, über Schuldenbremsen und Entschuldungshilfen, und jetzt reden wir zum zweiten Mal über Programme, die eine weitere massive Verschuldung zur Folge haben werden. Ich glaube, am wenigsten lacht über diesen Treppenwitz Herr Finanzminister Steinbrück, mit dem ich ein bisschen mitfühle. In einem Interview am vergangenen Sonntag sagte er, ich darf zitieren, Herr Präsident: „Das, was wir jetzt haben, ist die Folge einer Kreditblase, und wir bekämpfen sie jetzt mit denselben Mitteln.“ Danach fügt er zu seinem Trost hinzu: „Manchmal muss man Feuer mit Feuer bekämpfen.“ Das soll es in dieser Branche wirklich geben. Ob das Bild allerdings wirklich passt? Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ganz sicher ist bei solchen Feuerlöschmethoden, wenn sie angewendet werden: Man muss dabei sehr zielgenau vorgehen.
Neue – und das heißt für Bremen noch mehr neue – Schulden zu machen ist überhaupt nur zu begründen, wenn im Ergebnis nachhaltige Wirkungen erwartet werden können, und es bedeutet auch: Ja,
sicher, wir werden jetzt dringend benötigte, sinnvolle, gute Investitionen machen können, das ist prima, das ist gut, aber auf Pump, und wir müssen wissen, dass wir in absehbarer Zeit weniger Geld zur Verfügung haben werden, weil wir es zurückzahlen werden müssen.
Ich glaube, wir dürfen dies bei der ganzen Diskussion nicht verdrängen, deswegen kann es bei Konjunkturpaketen meiner Meinung nach auch überhaupt nicht heißen: „Das Meiste kann dienen“ oder „Schleusen auf für weitere Staatsverschuldung“. Wir müssen, und das ist für mich zentral, Maß halten, wir müssen unbedingt weiterverfolgen – Bürgermeister Böhrnsen hat es bereits gesagt, und ich stimme ihm völlig zu –, dass Teil der Gesamtverständigung der kommenden Wochen auch eine Vereinbarung über Schuldenbremse – ich glaube nicht Verbot von Neuverschuldung, aber über Schuldenbremse und Schuldenhilfen – werden wird.
Ich möchte wiederholen, was ich im vergangenen November zum Finanzmarktstabilisierungsgesetz gesagt habe: Auch dieses Paket ist in erster Linie eine politische Aktion der Bundesregierung, des Bundes, die Länder werden dabei eher mitgenommen, unser Einfluss ist, ehrlich gesagt, eher gering, auch wenn jetzt noch über Details zwischen Ländern und Bund verhandelt wird und Bremen seine Interessen natürlich einbringen wird.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Bundesmittel, die nun in den Ländern für Investitionen ausgegeben werden können, keineswegs einfach ein Geschenk des Bundes sind, das denkt man ja manchmal. Sie sind Teil eines Gesamtpakets, an dessen Kosten auch die Länder in hohem Maße durch Steuermindereinnahmen beteiligt werden. Es ist uns auf meine Bitte im Haushaltsausschuss vorgetragen worden, welche Auswirkungen die Steuersenkungen der beiden Programme zusammen voraussichtlich haben werden, einschließlich der Wiedereinführung der Pendlerpauschale. Für die beiden Jahre 2009 und 2010 kommt eine Gesamtsumme von rund 150 Millionen Steuermindereinnahmen zusammen. Das bedeutet für Bremen eine entsprechende Neuverschuldung und daraus wieder ein erneutes Anziehen der Zinsschraube. Das heißt, alle diese Programme haben Wirkung auf die Länder, alle Teile. Deswegen möchte ich in meinem Beitrag auch versuchen, sowohl unsere Haltung zum Gesamtprogramm der Bundesregierung darzulegen, das zu beurteilen, als auch die Umsetzung der Investitionen in Bremen ins Zentrum zu stellen.
Dass Bremen wie die europäischen Nachbarn und die anderen großen Industrienationen etwas für die Stützung der einbrechenden Konjunktur tun muss, ich glaube, das erwartet jeder, und fast alle sind sich darüber einig, dass das notwendig ist. Für einige kommt es zu groß daher, für andere zu klein, die ei
nen finden es zu früh, die anderen zu spät, und wieder anderen fehlt der vorherige Beweis, dass alles so wirken wird, wie es vorgesehen ist. Ich muss ehrlich sagen, dass ich eine solch pauschale Kritik für ziemlich unfruchtbare Besserwisserei halte. Ich plädiere eindeutig, obwohl man das als Politiker nur selten tun sollte, für Demut und Zurückhaltung. Wir wissen es schlicht nicht genau, es gibt für die heutige Situation keine Erfahrungswerte und Modelle. Um ein anderes Bild zu gebrauchen: Wir müssen eine Brücke betreten, während sie noch gebaut wird und ohne dass wir wissen, an welchem Punkt sie eigentlich enden wird, aber wir haben keine andere Wahl. Es ist ungemütlich, aber, wie gesagt, nicht zu vermeiden.
Deswegen gebe ich in dieser Situation, anders als andere, der Bundesregierung durchaus einen Vorschuss in dem Urteil über das Gesamtpaket. Ich teile auch eine Reihe von positiven Punkten, die bereits erwähnt wurden, das möchte ich nur stichwortartig machen: die Regelungen beim Kurzarbeitergeld, um die Belegschaften zusammenzuhalten, sie durch Qualifizierungsmaßnahmen zu stützen, die, wenn auch kleinen, Schritte zu mehr Mindestlohn, alles sehr gute Punkte in dem Paket.
Ich möchte aber auch klar unsere Auffassung zu anderen Punkten darlegen: Die Ziele eines solchen Konjunkturprogramms müssen meiner Meinung nach die schrittweise Wiederherstellung eines funktionierenden Finanz- und Kreditmarktes, die rasche Stützung der Nachfrage und im Einzelfall vorübergehende Hilfen für gesunde Unternehmen in zeitweiligen Schwierigkeiten sein. Das hat der Senat für Bremen ja auch bereits im letzten November schon vorbereitet. Vielleicht ist die wichtigste Sache, denn in diesem Fall ist Psychologie nicht nur 50, sondern vielleicht eher 80 oder 90 Prozent der Ökonomie, die Produktion von Optimismus und Vertrauen, wenn es denn gelingt. Gleichzeitig müssen wir aber auch sicher sein, dass die zusätzliche Verschuldung möglichst weitgehend durch nachhaltige Wirkung bezahlt werden kann.
Gemessen an diesen Zielen und Maßstäben finden wir, dass der Anteil der Investitionen im Konjunkturprogramm II etwas zu gering ist und der Anteil der nicht zielgerichteten Wohltaten etwas zu hoch. Die Steuererleichterungen werden uns alle, die wir hier sitzen, sicherlich erreichen und noch mehr – und da stimmt das mit der sozialen Ausgewogenheit nämlich nicht ganz – diejenigen, die etwas mehr verdienen als wir, denn die Wirkung dieser Verschiebung wirkt sich bei den mehr Verdienenden immer höher aus als unten. Aber sie erreichen eben nur in sehr geringem Umfang diejenigen in der Gesellschaft, die es am ehesten nötig haben und bei denen vor allen Dingen – und das wäre ja das Argument – jeder zusätzliche Euro direkt in den Konsum geht.
Dieser Teil ist weniger Konjunkturprogramm, finde ich, als viel mehr Wahlvorbereitungsprogramm. Die FDP will noch eines drauflegen, die CDU sagt – habe ich eben gehört, jetzt nicht vor der Wahl, aber
mit Sicherheit versprechen wir es den Leuten nach der Wahl; sie will also noch mehr Steuergeschenke, die durch Schulden bezahlt werden müssen, weil wir ja die Erwartungen an den Staat gleichzeitig höher setzen, wir brauchen ja einen starken handlungsfähigen Staat! Wenn wir die Steuern senken, müssen wir dies durch mehr Schulden machen. Wir unterstützen den Senat eindeutig dabei, diesen Irrweg zu verhindern, indem Bremen signalisiert hat, im Bundesrat gibt es für eine solche neoliberale Irrlichterei keine Mehrheit!
Beim zweiten Punkt, dem 100-Milliarden-EuroSchirm schweren Deutschlandfonds, der hier noch nicht zur Sprache gekommen ist, haben wir doch mehr Fragen. Dieser wird ja damit begründet, dass die Kreditvergabe durch die Banken noch nicht funktioniert und dass dadurch Unternehmen unverschuldet in eine Kreditklemme kommen könnten. Hierbei soll dieser Fonds helfen, Herr Röwekamp hat es ausführlich geschildert. Zweifellos ist richtig, dass die Bankenkrise noch nicht vorbei ist. Auch die deutschen Banken haben sich ja in unvorstellbarer Höhe, geblendet von schnellen Gewinnen, zuckersüß verpackte, aber leider faule Kredite in unvorstellbarer Höhe andrehen lassen, das muss man ja so sagen. Dazu verfallen die Wertpapiere durch die reale Krise. Das Problem ist riesig, und es hat in Wirklichkeit noch niemand eine Lösung dafür. Ob die Kreditvergabe, Herr Röwekamp, an die Unternehmen wirklich schwieriger geworden ist, da höre ich von Fachleuten durchaus unterschiedliche Auffassungen. Aber wenn es so ist, funktioniert doch offensichtlich der erste 480-Milliarden-Euro-Schirm nicht richtig, dann, finde ich, muss man in erster Linie nachbessern, indem man viel stärker die Hilfe für die Banken mit Einflussnahme und Kontrolle verbindet.
Das wäre der nächste Schritt und auch die Punkte, was die Finanzmarktregulierung angeht, die Herr Böhrnsen zu Recht wieder angemahnt hat. Ich meine, da sind wir noch nicht weit gekommen, das muss man ganz ehrlich sagen. Schauen Sie sich um! Was ist da wirklich schon passiert? Alle haben gesagt, erste Priorität, ganz dringlich, aber geschehen ist nichts, weil es da starke Lobby-Verbände gibt, die sie wiederum nicht wollen.
Ich bin eher skeptisch, dass jetzt nun eine zweite und rein politisch gesteuerte Linie der Kreditvergabe an die Wirtschaft mit diesem Fonds etabliert wird. Eines verstehe ich nun gar nicht, Herr Röwekamp! Sie wollen diesen Fonds, sie wollen diesen Mechanismus, und dann sagen Sie aber, Unternehmer wird
der Staat nicht! Ich meine, das werden Sie niemandem erklären können. Der Staat wird in dieser Situation unternehmerische Entscheidungen in der Wirklichkeit treffen, welches Türschild er hat, ist völlig egal. Er wird sich dort als Unternehmer einbringen, das ist ja auch gewollt. Aber dann sagen Sie es doch so, wie es ist. Machen Sie hier nicht irgendwelche ideologischen Grabenkämpfe von vorgestern, indem Sie behaupten, Sie würden immer noch an Ihrer Reinheit der Position festhalten! Das tut niemand, und das ist auch gut so, dass es niemand tut. Erzählen Sie dann hier aber nicht das Gegenteil!
Zum dritten Punkt, der Abwrackprämie, muss ich schon gar nichts mehr sagen, weil das alle Redner getan haben. Ich sehe überhaupt niemanden mehr, der das will; also wird es sie vielleicht so nicht geben. Ich bin nicht sicher, ob sie wirklich nicht wirkt, es wäre aber in der Tat ein Skandal, wenn sie nicht an deutlich CO2-ärmere Autos gebunden wäre. Dazu erzähle ich Ihnen Folgendes: Ich habe gelesen, dass im Bundestag mein Kollege, mein Namensvetter, Fritz Kuhn die gleiche Kritik vorgetragen hat. Da hat Herr Kauder von der CDU dazwischengerufen: Sie sind ja wohl verrückt, erzählen Sie das einmal vor süddeutschen Werkstoren! Das ist gerade Ihr Problem, dass Sie nicht den Mut haben, den Leuten im Land zu sagen, dass der deutschen Autoindustrie nicht mit „Weiter so-Subventionen“ geholfen ist, sondern mit einer durchgreifenden Modernisierung, die man unterstützen und vorantreiben muss.
Ob nun eine ökologische Korrektur dieser Prämie eine Vorbedingung bei weiteren Gesprächen ist oder nicht, dringend ist sie auf jeden Fall, und das wird von uns unterstützt, und ich sehe jetzt nach der Diskussion vielleicht auch Hoffnung. Ich komme jetzt, meine Damen und Herren, zum eigentlichen Investitionsprogramm und damit zu unseren Aufgaben in Bremen. Der Präsident des Senats hat in seiner Erklärung den Rahmen und die Bedienungen erläutert. Es ist auch deutlich geworden, dass die Zweckbestimmung im Groben feststeht, aber noch Einigungsbedarf besteht. Wir halten vor allen Dingen einen Ausschluss von ÖPNV-Investitionen für falsch und erwarten da noch Klarstellung. Herr Böhrnsen hat auch dargelegt, dass der Senat nun dabei ist, die beiden Investitionspakete zu verknüpfen, den eigentlichen Investitionshaushalt und dieses Sonderprojekt, und dafür Projekte zu identifizieren. Ich möchte für die Grünen sagen, dass wir vier zentrale Kriterien für diese besonderen Maßnahmen haben. Erstens, die Maßnahmen müssen zusätzlich sein, das ist klar, und gleichzeitig schnell umsetzbar. Das bedeutet für mich, sie müssen im Grundsatz geplant,
aber eben noch nicht beschlossen sein. Zweitens, die Maßnahmen müssen nachhaltig zukünftigen Nutzen bringen, denn der Anspruch, den das Bundesprogramm formuliert, Deutschland muss stärker aus der Krise herauskommen, als es hineingegangen ist, der ist ja völlig richtig. Den Anspruch teile ich. Die Maßnahmen dürfen keine Folgekosten haben, die den Nutzen übersteigen, die Maßnahmen sollten möglichst kleinteilig sein und dadurch viele Gewerke, Berufe und Unternehmen in der Region einbeziehen können. Das geht am besten bei kleinteiligen Investitionen.
Wir Grünen sind überzeugt, dass hier vor allen Dingen Investitionen in die Netze der Zukunft in Frage kommen: für Energieversorgung, nachhaltigen Verkehr, Kommunikation, Investitionen in Bildung, Klimaschutz, aber natürlich auch in die nachhaltige Sanierung des Bestandes. Ein hervorragendes Beispiel, in dem man das alles bündeln kann, ist für mich die energetische Sanierung von Schulen und Hochschulen. Sie ist ein Betrag zum Klimaschutz, sie spart Energiekosten in der Zukunft, sie verbessert die materiellen Umstände des Lernens, sie schafft Aufträge in der Region, und sie erhöht auch die Qualifikation in dieser Zukunftsbranche. Wir wissen, dass nicht jede Maßnahme so hundertprozentig dort hineinpassen wird. Man wird sich das Gesamtprogramm ansehen, aber ich ahne schon, Herr Röwekamp, dass wir mit Ihnen nicht in jedem einzelnen Punkt einig sein werden. Wir werden da sicherlich noch eine hier zu führende interessante Debatte darüber haben. Der Senat ist in der Pflicht, das mit der Aufstellung der kommenden Haushalte zu verbinden. Er wird darüber beraten, das hat Herr Böhrnsen dargelegt. Gleichzeitig muss es schnell gehen, das ist ein gewisses Dilemma, denn wir wollen die Wirkung ja auch schnell erzielen.
Ich will an dieser Stelle auch noch etwas zu den geplanten Lockerungen des Vergaberechts sagen, Herr Kollege Dr. Sieling ist darauf eingegangen. Wir sind da, das sage ich ganz offen, als Grüne eher vorsichtig. Ich glaube, grundsätzlich ist es ein typischer protektionistischer Irrglaube zu meinen, mehr freie Vergaben nützten gerade der lokalen Wirtschaft, denn der Nachbar macht das dann eben auch so, und der Klempner aus Huchting erhält dann eben auch keine Aufträge mehr aus Delmenhorst. Das ist in der Regel ein Nullsummenspiel, und die Korruptionsanfälligkeit, das konnten wir nun gerade heute wieder in der Zeitung lesen, ist hoch. Es geht um Beschleunigung, es geht um den Zeitfaktor, da kann man sicherlich etwas machen. Im Grundsatz sage ich, wir raten eher dazu, sich hier zurückzuhalten, aber wir werden das natürlich auch im Gesetzgebungsverfahren gemeinsam beraten.
Abschließend, meine Damen und Herren: Die Fraktion der Grünen unterstützt den Senat in seinem Bemühen, die Regelungen des Konjunkturpaketes II klarer und auch für die Länder in der Abwicklung
auch bei den Zinsbedingungen günstiger zu machen. Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass wir Teile des Gesamtpaketes für eher nicht so zielführend halten, bei einigen Teilen noch viele Fragen haben. Unbestritten ist für uns, dass wir im eigenen und auch im gemeinsamen internationalen Interesse einen Beitrag leisten müssen. Das Land Bremen wird am Ende des Tages sinnvoller Weise zustimmen, das hat der Senat bereits in Aussicht gestellt, und das ist auch die Haltung der Bündnis 90/Die Grünen-Bürgerschaftsfraktion.
Wir sind dafür bereit, auf Steuereinnahmen zu verzichten, mehr zu investieren und – eigentlich gegen meine Überzeugung – mehr Schulden zu machen. Wir werden dadurch auch unseren erklärten Ausgabenrahmen für Investitionen überschreiten und dies auch möglicherweise in einem Nachtragshaushalt beschließen. Aber wir Grünen wissen, dass wir diese Schulden werden zurückzahlen müssen, deswegen werden wir alles dafür tun – das ist die zentrale Botschaft –, dass das Geld in Klimaschutz, in Umweltschutz, in Bildung und den sozialen Zusammenhalt nachhaltig angelegt wird. Nur das wird uns in Zukunft stark machen!
Vielleicht haben viele von Ihnen gestern Bilder aus Washington von der Amtseinführung von Präsident Barack Obama gesehen. Das ist ja für uns eher wie ein Märchen, ein schönes Märchen. Ich muss gestehen, dass mich die Bilder auch sehr berührt haben, die man da gesehen hat. Ich will darüber, was man da vergleichen kann oder nicht, gar nicht reden. Mich hat es vor allen Dingen berührt, deswegen sage ich das hier abschließend, dass Präsident Obama angesichts der dramatischen Wirtschaftslage der Vereinigten Staaten nicht an die Erwartungen und die Wünsche und die Forderungen der Bürger appelliert hat, sondern an ihre Fähigkeit und ihren Willen, auch schwierige Situationen durch harte Arbeit gemeinsam zu meistern. Das hat mich sehr berührt. Ich glaube, das ist ein Gedanke, den wir hier in der öffentlichen Diskussion gut gebrauchen könnten. Auch das Zitat, das er gebracht hat, finde ich sehr schön. Er sagte: „Wir haben die Hoffnung gewählt, nicht die Furcht“, und das ist in einer solchen Situation ein ganz entscheidender Satz.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche Ihnen zu––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
nächst einmal nachträglich alles Gute im neuen Jahr! Einige der Kolleginnen und Kollegen habe ich noch nicht gesehen, und ich nehme diese Gelegenheit wahr.
Ich bin auch immer angerührt von solchen Dingen wie Amtseinführungen, auch diese Worte haben mich angerührt. Ich habe aus der Erfahrung heraus aber immer eine gewisse Grundskepsis bei diesen Dingen beibehalten, weil solche Appelle immer dann passieren, wenn es schwer wird. Dann wird an harte Arbeit appelliert, an Opferbereitschaft und an alles Mögliche, dann machen die Menschen das auch, und wenn es besser wird, sind sie in der Geschichte oft um den Erfolg ihrer Mühen betrogen worden. Wie gesagt, ich habe da eine gewisse Grundskepsis, ob das denn immer so aufgeht, aber optimistisch bin ich da nach wie vor.
Ob und inwieweit Finanzmarktstabilisierungsgesetz, Konjunkturprogramme und so weiter, auch der Wille, Beschäftigung zu sichern und Einfluss zu nehmen, gesunde Unternehmen nicht bergab gehen zu lassen, ausreichen, beweist sich vielleicht an der Schichau-Seebeck-Werft. Möglicherweise stehen wir da als Landesregierung und auch als Bürgerschaft in der unmittelbaren Verantwortung zu schauen, was man da eigentlich machen kann. Ich erkläre hier deutlich, dass ich finde, diese Werft sollte erhalten bleiben, und wir sollten schauen, welche Möglichkeiten wir haben, dort Einfluss zu nehmen.
Wir haben heute meines Erachtens nicht nur das Konjunkturprogramm II auf der Tagesordnung, sondern wir müssen auch ein Stück weit über den Haushalt 2008 diskutieren, weil er besondere Ergebnisse gezeitigt hat. Das Konjunkturprogramm I ist schon angesprochen worden. Vielleicht sollten wir einmal die Eckwerte von 2010 und 2011 streifen und das Ganze einmal ein wenig zusammendenken, weil, wenn wir das nicht zusammendenken, wir in unterschiedliche Gefahren laufen. Wir laufen unter anderem Gefahr, dass wir möglicherweise auf Gas und Bremse gleichzeitig stehen, dass wir auf der einen Seite ein Konjunkturprogramm haben, mit dem wir Gas geben wollen, und auf der anderen Seite einen Haushalt, in dem wir sparen. Unter Umständen heben sich die Sachen auf, und wir kommen nicht vorwärts.
Vorweg möchte ich aber gern der Versuchung erliegen, noch einmal einen kleinen Augenblick in den Orbit abzufliegen. Ein Teil der Diskussion erstreckte sich ja über weltweite Regeln, Globalisierung und so weiter. Ich unterstütze natürlich nachdrücklich die Forderung, dass man Casinos schließen muss. Es ist nicht neu, dass wir das fordern. Es ist neu, dass andere sich dieser Forderung anschließen. Ich weise darauf hin, dass es dabei nicht nur um weltweite Regeln geht, sondern wir haben einen Teil dieser Form von Deregulierung, einen Teil dieser Krise auch da
durch ermöglicht, dass wir die nationale Gesetzgebung so angepasst haben, dass Hedge-Fonds, PrivateEquity-Fonds und ähnliche Dinge bereits hier möglich wurden, erlaubt wurden, und ihre unsägliche Wirkung ausgeübt haben. Ich denke, wir sind in der Verantwortung, dass diese Regeln auch national zurückgedreht werden müssen.
Zweitens: Es ist über sozialen Ausgleich geredet worden, das finde ich völlig in Ordnung, nur unklar ist bislang, wie es gelingen soll, ein ausschließlich schuldenfinanziertes Konjunkturpaket, ein schuldenfinanziertes Rettungssystem zu organisieren und gleichzeitig sozialen Ausgleich zu betreiben. Wenn wir in diesem Zusammenhang nicht über andere Steuerpolitik nachdenken, über die Besteuerung von großen Einkommen und großen Vermögen, dann werden letztendlich diejenigen, die momentan möglicherweise kurzfristig davon profitieren, es langfristig zu bezahlen haben. Deswegen kann man meines Erachtens diese Form von Programmen und sozialem Ausgleich nur dann gemeinsam diskutieren, wenn man sich auch über eine andere Steuerpolitik im Bund einig ist. Drittens: Herr Kollege Röwekamp hat die Debatte zur Verstaatlichung noch einmal aufgemacht und noch einmal deutlich davor gewarnt, dass der Staat sich nicht als Unternehmer betätigen soll. Ich weise darauf hin, dass wir in den letzten Jahren eine Zeit hatten, wo der Markt freier war denn je, wo deregulierte Finanzmärkte den ganzen Globus überschattet haben, wo Nationalstaaten, wo Regierungen immer weiter entmachtet worden sind, wo wir immer weiter aus einer gesellschaftlichen Verantwortung herausgekauft worden sind. Der Erfolg ist eine Welt, die jetzt durch eine Finanzkrise erschüttert wird, die ihresgleichen sucht, die gleichzeitig ökologische und sonstige soziale Katastrophen produziert hat, die ohnegleichen sind. An dieser Stelle wage ich zu behaupten, wenn wir jetzt nicht über die Frage gesellschaftlichen Eigentums und gegebenenfalls auch Verstaatlichung in welcher Form auch immer, und zwar in einer Form, die Bürokratie nicht stützt, sondern Bürokratie möglicherweise nicht gleichzeitig damit fördert, wenn wir nicht über solche Formen von Verstaatlichung und Vergesellschaftung und den Einfluss von Staat und Gesellschaft auf Wirtschaft und Unternehmen nachdenken, dann haben wir die nächste Krise schon programmiert. Das ist die Antwort auf diese Debatte. Wir brauchen eine Debatte um neue Verstaatlichungen, Vergesellschaftung unter anderem von Banken und Schlüsselindustrien.
Davon ganz abgesehen, wenn ich irgendwo 25,1 Prozent kaufe, zum Beispiel von der Commerzbank, was ist denn das für ein Geschäftsgebaren zu sagen,