Protokoll der Sitzung vom 21.01.2009

Erstens: Ist dem Senat bekannt, dass sich als Folge des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes des Bundes versicherte Personen, die sich hinsichtlich der Zahlungen ihrer Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung gegenüber ihrer Krankenkasse im Zahlungsrückstand befinden, lediglich Anspruch auf eingeschränkte Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen besitzen und dass diese Einschränkung auch für mitversicherte Angehörige und Kinder gilt?

Zweitens: Wie hoch ist die Zahl der im Land Bremen von der sogenannten Ruhenswirkung des Paragrafen 16 Absatz 3 a des SGB V betroffenen mitversicherten Familienangehörigen und Kinder?

Drittens: Ist dem Senat bekannt, in wie vielen Fällen im Land Bremen eine notwendige Krankenbehandlung mitversicherter Familienangehöriger und Kinder aufgrund der Ruhenswirkung seit Inkrafttreten der Regelung unterblieben ist?

Auch diese Anfrage wird beantwortet durch Frau Senatorin Rosenkötter.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Dem Senat sind die Folgen des in Frage 1 angesprochenen Sachverhalts bekannt. Nach Einführung der allgemeinen Pflicht zur Versicherung zum 1. April 2007 war die zuvor geltende zwangsweise Beendigung der Mitgliedschaft obsolet geworden. Gleichwohl sollten die Krankenkassen ein mildes

„Druckmittel“ erhalten, ihre Beitragsforderungen durchzusetzen.

Das Ruhen der Leistungsansprüche stellt somit für die Versicherten bereits eine Verbesserung gegenüber dem früheren Recht dar. Dies gilt umso mehr, als nicht sämtliche Leistungsansprüche ruhen. Leistungen, die zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände sowie bei Schwangerschaft und Mutterschaft erforderlich sind, werden weiterhin gewährt.

Der Umfang der trotz der Ruhensregelung weiterhin zu gewährenden Leistungen soll sich an der vergleichbaren Regelung des Paragrafen 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes orientieren. Damit stehen während dieser Zeit auch die amtlich empfohlenen Schutzimpfungen und medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen zur Verfügung. Zudem endet das Ruhen der Leistungsansprüche, wenn Versicherte hilfebedürftig im Sinne des SGB II oder des SGB XII werden. Dadurch werden von der Ruhensregelung nur diejenigen Versicherten betroffen, bei denen der Gesetzgeber davon ausgeht, dass ihnen ausreichende Mittel zur Zahlung der Beiträge zur Verfügung stehen.

Zu Frage 2: Die Krankenkassen erfassen und veröffentlichen in ihren amtlichen Statistiken weder die Zahl der Mitglieder mit Beitragsrückständen noch die Zahl der von der Ruhenswirkung des Paragrafen 16 Absatz 3 a SGB V betroffenen Mitglieder oder ihrer familienversicherten Angehörigen. Die Zahlen konnten in der zur Verfügung stehenden Zeit auch nicht anderweitig ermittelt werden.

Zu Frage 3: Dem Senat sind derartige Zahlen nicht bekannt. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, ich habe mitgenommen, dass Sie davon ausgehen, dass dies ein sanftes Druckmittel sein soll. Das würde ich auch gegenüber der tatsächlich versicherten Person nicht infrage stellen. Aber sind Sie nicht auch mit mir der Meinung, dass dieses Druckmittel nun schwerlich gegen mitversicherte Angehörige und Kinder angewendet werden kann, die ja keine Verantwortung dafür tragen können, ob der Versicherte seiner Beitragspflicht nachkommt?

Bitte, Frau Senatorin!

Zunächst einmal, und das wissen Sie ganz sicherlich auch, hat diese Berichterstattung dazu geführt, dass die Bundesgesundheitsministerin hier noch einmal eine ganz deutliche Klarstellung vorgenommen hat, nämlich in den Fällen, in denen Hilfeleistungen erforderlich sind, und die natürlich insbesondere auch für mitversicherte Kin

der eine Rolle spielen. Es gibt in der Tat – da sind die Juristen an der Stelle gefragt – auch eine Auslegung, ob, wenn der Beitrag vom Versicherten nicht geleistet wird, dies eine Folge für die Mitversicherten hat. Insofern ist das an dieser Stelle nicht eine gesundheitspolitische Thematik, sondern möglicherweise eine juristische Bewertung dieses Sachverhaltes. Insofern will ich hier deutlich machen, dass es darum geht sicherzustellen, dass insbesondere Kinder und mitversicherte Personen, wie es hier in der Antwort beschrieben worden ist, auch entsprechende medizinische Versorgung erhalten. Natürlich ist mir auch besonders wichtig, dass davon zum Beispiel die Vorsorgeuntersuchungen nicht betroffen sind.

(Beifall bei der SPD)

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Können Sie ausschließen, dass solche Fälle von einer Nichtleistung einer Krankenbehandlung, die erforderlich wäre, im Land Bremen aufgrund dieser Regelung stattfinden?

Bitte, Frau Senatorin!

Ganz grundsätzlich muss man sagen, dass man nie ausschließen kann, dass dies nicht, wie es jetzt auch vom Gesundheitsministerium noch einmal deutlich gesagt worden ist, stattfindet. Da es aber in der Tat noch einmal eine deutliche Klarstellung gegeben hat, ist an dieser Stelle auch eine so hohe Aufmerksamkeit dafür vorhanden, dass es hier nicht dazu führt, dass Mitversicherte, insbesondere Kinder und Jugendliche, wenn medizinische Leistungen erforderlich sind, nicht behandelt werden.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Eine letzte Bitte noch! Angesichts der noch laufenden Debatte auf Bundesebene über die Weiterentwicklung gesetzlicher Grundlagen in diesem Bereich würden Sie für den Senat eine Initiative mit unterstützen, die eine Neuregelung in diesem Bereich in dem Sinne vorsehen könnte, dass man den eigenen Leistungsanspruch der Kinder und mitversicherten Personen gegenüber der versicherten Person stärkt?

Bitte, Frau Senatorin!

Zunächst noch einmal zurückgreifend auf die Frage zuvor: Man muss ja wissen, dass das nicht etwas ist, was zulasten der einzelnen Krankenkasse geht, sondern aus dem Gesundheitsfonds insgesamt bezahlt wird. Es ist auf der Fachebene zu prüfen, inwieweit diese juristische

Auslegung tragfähig für eine Initiative auf der Ebene des Bundes ist.

Eine weitere Zusatzfrage vom Kollegen Frehe.

Frau Senatorin, sind Sie mit mir der Ansicht, dass in den Fällen der Versicherungspflichtigen, die die Beiträge für die Kinder leisten könnten, die also auch für sich selbst die Beiträge leisten könnten, sodass die Kinder mitversichert sind, allenfalls eine Vorleistung erfolgen kann, die Kinder aber nicht beitragsfrei mitversichert werden, obwohl der Versicherte nicht bereit ist, die Beiträge zu leisten?

Bitte, Frau Senatorin!

Es versteht sich von selbst, dass da, wo die Beiträge aus welchen Gründen auch immer, aber nicht aufgrund einer sozialen und finanziellen Notlage nicht geleistet werden, diese Beiträge beigebracht werden müssen, und es ist ja in der Antwort auch zitiert, es ist in der Tat ein mildes Druckmittel, auch hier eine ordentliche Beitragszahlung gewährleisten zu können.

Vielen Dank Frau Senatorin!

Die sechste Anfrage trägt die Überschrift: „Verfahren zur Feststellung des Förderbedarfs im Bereich der Frühförderung“. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frehe, Öztürk, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Herr Frehe!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Welche Überlegungen gibt es im Senat, den Zugang zur Feststellung des Förderbedarfs bei Kindern durch das Kinderzentrum in Bremen und das Institut für Kinderneurologie und Epileptologie in Bremerhaven nicht nur über die behandelnden Kinderärzte und das Gesundheitsamt, sondern auch direkt von den interdisziplinären Frühförderstellen oder anderen beteiligten Pädagogen und Pädagoginnen beziehungsweise Therapeuten und Therapeutinnen zuzulassen?

Zweitens: Ist daran gedacht, dass die interdisziplinären Frühförderstellen oder andere beteiligte Pädagogen und Pädagoginnen beziehungsweise Therapeuten und Therapeutinnen auch die Zwischendiagnostik bei verändertem oder zusätzlichem Förderbedarf sowie die Abschlussdiagnostik bei dem Kinderzentrum in Bremen oder dem Institut für Kinderneurologie und Epileptologie in Bremerhaven selbstständig veranlassen können?

Auch diese Anfrage wird beantwortet durch Frau Senatorin Rosenkötter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Senat geht davon aus, dass sich die Fragestellung auf die Frühförderung als Komplexleistung nach dem SGB IX bezieht. Dabei werden sowohl heilpädagogische als auch medizinisch-therapeutische Maßnahmen durch ein interdisziplinäres Team erbracht. Der anspruchsberechtigte Personenkreis der Kinder umfasst behinderte oder von Behinderung bedrohte Kinder, die noch nicht eingeschult sind. Interdisziplinäre Frühförderstellen selbst existieren derzeit im Land Bremen noch nicht.

Der Zugang zur Feststellung des Förderbedarfs beinhaltet den Zugang zur Diagnostik und Behandlungsplanung und erfolgt vorrangig über den behandelnden Arzt für Kinder- und Jugendmedizin. Der Zugang kann auch über einen Arzt des öffentlichen Gesundheitsdienstes erfolgen. Die Leistungen selbst werden ganzheitlich und integrativ durch eine örtlich zuständige Früherkennungsstelle erbracht, und zwar durch in der Frühförderung erfahrene Fachärzte für Kinderheilkunde, die möglichst Erfahrungen in der Kinderneurologie haben. Früherkennungsstellen sind in Bremen das Kinderzentrum am Klinikum Mitte und in Bremerhaven voraussichtlich das Institut für Kinderneurologie und Epileptologie.

Zu Frage 2: Die Diagnostik ist als Eingangs-, Verlaufs- und Abschlussdiagnostik angelegt und umfasst ärztliche, heilpädagogische, medizinisch-therapeutische, psychologische und psychosoziale Elemente. Die Früherkennungsstelle stellt die nach dem individuellen Bedarf des Kindes voraussichtlich erforderlichen Leistungen in einem Förder- und Behandlungsplan schriftlich zusammen. Dieser Plan wird dann vom verantwortlichen Arzt beziehungsweise von der verantwortlichen Ärztin und der verantwortlichen pädagogischen Fachkraft nach Abstimmung mit den Eltern unterzeichnet. In diesem Förder- und Behandlungsplan wird die Terminierung einer Verlaufs- und Abschlussdiagnostik bereits festgehalten.

Die darin festgeschriebenen Zeitabstände der Verlaufsdiagnostik sind vor dem Hintergrund der Kenntnisse und Erfahrungen der verschiedenen einbezogenen Fachdisziplinen so bemessen, dass flexibel auf einen eventuell veränderten oder zusätzlichen Förderbedarf reagiert werden kann. Unabhängig davon ist der Förder- und Behandlungsplan spätestens nach Ablauf von zwölf Monaten – entsprechend des Verlaufs der Förderung und Behandlung – anzupassen.

Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, halten Sie es nicht für sinnvoll, dass die mit dem Kind umgehenden Pädagogen und Therapeuten, die erkennen, dass ein Frühförderbedarf besteht, auch unabhängig von der ärztlichen Begutachtung des Hausarztes oder des Kinderarztes und des Gesundheitsamtes nicht direkt dieses Begutachtungsverfahren einleiten können sollten?

Bitte, Frau Senatorin!

Grundsätzlich, sage ich, ist in diesem Bereich deutlich zu sehen, dass eine ganze Anzahl von Fachdisziplinen und unterschiedlichen Akteuren hier miteinander arbeitet, um gemeinsam eine Planung für dieses zu fördernde und unterstützende Kind herzustellen. Ich finde es richtig zu sagen, dass natürlich die Diagnose und die Leistungserbringung nicht unmittelbar in einer Hand liegen sollten, und hier ist, glaube ich, die Möglichkeit geschaffen worden, auch durch die sehr deutliche Zielsetzung in einem Behandlungsplan, der in aller Regel ja über mehrere Monate angelegt ist, auch sozusagen Stopps machen zu können, um zu schauen, ob es einer Korrektur dieses Behandlungs- und Förderplans bedarf.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Senatorin, darin stimmen wir überein. Das ist nicht die Frage! Die Frage ist, ob dieser Zugang so schwierig gestaltet werden soll, insbesondere wenn der Kinderarzt zum Beispiel eine heilpädagogische Förderung nicht erkennt, weil es nicht sein Fach ist, die Pädagogen, die mit dem Kind umgehen, dies aber erkennen, aber den Umweg über den Kinderarzt gehen müssen, der dann möglicherweise nicht zu diesem Ergebnis kommt, überhaupt eine Bedarfsfeststellung beim Kinderzentrum machen zu können. Es geht dort ja darum, den Bedarf zu prüfen!

Bitte, Frau Senatorin!

Ich sehe hier schon in aller Regel die Notwendigkeit, auch die medizinische Kompetenz mit einzubeziehen, und es macht, glaube ich, Sinn, auch die Pädagogen dann in entsprechenden Zweifelsfällen vielleicht deutlicher mit einzubeziehen, aber ich halte hier dieses System, wie wir es ja auch verabredet haben und aufbauen wollen, insbesondere auch dieser interdisziplinären Frühförderstellen über das Stadtgebiet verteilt, für eine richtige und gute Aufstellung. Ob im Einzelfall eine Hinzuziehung weiterer Fachkräfte notwendig ist, ist natürlich auch eine Möglichkeit des Einbringens über die Eltern, die eine ganz wesentliche Rolle spielen, und ich sehe im Moment nicht die Notwendigkeit, hier weitere Zugänge zu schaffen.