Was aber für uns nicht heißt, dass es hier um eine fest gemauerte Struktur über Jahre hinweg geht. Selbstverständlich ergeben sich im Zeitablauf immer wieder neue Impulse, die aufzuarbeiten sind, genauso wie veränderte rechtliche Rahmenbedingungen eine Anpassung notwendig machen.
Jetzt aber zu dem zweiten Schwerpunkt des FDPAntrags, der die Abschaffung oder, wie die FDP es nennt, die Veränderung des Landesgleichstellungsgesetzes zum Inhalt hat. Um es ganz klar und deutlich zu sagen: Das Landesgleichstellungsgesetz bleibt! Etwas anderes ist mit der SPD nicht zu machen.
Es ist aber auch richtig, dass wir ein LGG im Lande Bremen haben, das mittlerweile in die Jahre gekommen ist, deswegen gibt es in den Koalitionsfraktionen schon länger Überlegungen, die bisherigen Erfahrungen und Erkenntnisse bei einer Novellierung des Gesetzes mit zu berücksichtigen. Einen entsprechenden Vorschlag wird es von den Koalitionsfraktionen noch vor der Sommerpause geben.
Wenn als schöne Konsequenz der jetzt geltenden Gesetze zur Frauenförderung diese irgendwann einmal überflüssig sind, Herr Dr. Möllenstädt, dann können Sie Ihren Antrag wieder einreichen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Antrag der FDP zur Gleichstellung las, wähnte ich mich aus einem neunzigjährigen Dornröschenschlaf erwacht. Gestern noch der Kampf um das Frauenwahlrecht und heute angekommen im real existierenden Matriarchat, das es nach Ansicht der fünf FDP-Kollegen, der Fraktion der FDP, natürlich schnellstens zu überwinden gilt. In dieser Gefühlslage liegt es dann wohl auch begründet, dass sie mehr Männerförderung wollen, und dass die FDP von Män
Doch wenden wir uns den Fakten zu! Festzustellen bleibt, dass Mädchen Vorteile in der Schule haben und Nachteile im Beruf, bei Jungen ist es genau umgekehrt. Die persönliche Lebensplanung von jungen Menschen wird offensichtlich immer noch durch traditionelle Rollenerwartungen und Zuteilungen bestimmt. Die FDP-Fraktion erwähnt in ihrem Antrag mit keinem Wort, dass für Väter weitere Möglichkeiten von Erziehungszeiten entwickelt werden müssen. Das deutet darauf hin, dass auch sie immer noch an der gestrigen Rollenverteilung des männlichen Haupternährers und der weiblichen unbezahlten Familienarbeit festhalten wollen. Die Verantwortung für die Erziehungsarbeit muss auch den Vätern ermöglicht werden und auch von ihnen gewollt werden. Wir müssen wegkommen von der Mentalität des Biovaters hin zum Sozialvater.
Immer noch sind die schlecht entlohnten Berufe weiblich bestimmt, die mit den weniger guten Aufstiegschancen und Karrieremöglichkeiten.
Nach einer OECD-Studie ist der Grund für die erschreckende Kinderarmut in Deutschland durch die dramatische Lage mehrheitlich alleinerziehender Mütter verursacht. 41 Prozent von ihnen leben in relativer Armut, im OECD-Durchschnitt sind es 31 Prozent. Viele alleinerziehende Frauen haben Schwierigkeiten, Beruf und Familie zu vereinbaren. Ihnen bleibt häufig nur die Möglichkeit, schlecht bezahlte Jobs anzunehmen. Kurze Arbeitszeiten und niedrige Stundenlöhne gehören oftmals zusammen. Eine Folge davon ist, dass Frauen seit 2006 fast 70 Prozent aller Niedriglohnbeschäftigten stellen. Fast jede dritte Frau arbeitet im Niedriglohnbereich. Selbst wenn Frauen in den traditionellen männlichen Handwerksberufen arbeiten, sind es gerade die Gewerke, die besonders schlecht bezahlt werden, das betrifft beispielsweise Tischlerinnen und Gärtnerinnen. Wir fordern deshalb einen gesetzlichen Mindestlohn für alle Branchen.
Mit dem steigenden Anteil älterer Menschen wird der Pflege- und Versorgungsbedarf weiter steigen. Bis heute werden circa 70 Prozent der Pflegebedürftigen zu Hause versorgt, diese Aufgabe wird weitgehend von Frauen geleistet. Altersarmut ist immer noch weiblich und hat sich durch die Hartz-Gesetze mit der Einführung von sogenannten Bedarfsgemeinschaften weiter verschärft. Politik, Wirtschaft und Wissenschaft
sind immer noch männlich dominiert. Die Beteiligung von Frauen in der höchsten Volksvertretung Deutschlands ist mit unter 33 Prozent noch deutlich unterproportional. Die Spitzenposten der deutschen Wirtschaft sind fest in Männerhand. Das walte Hugo! Von den 533 Vorständen der 100 größten Unternehmen ist nur einer weiblich. Die am höchsten bezahlten Stellen an der Universität sind nur mit knapp zwölf Prozent durch Professorinnen besetzt. Aber in einem Punkt teile ich die Einschätzung der FDP-Fraktion: Auch ich bin für eine Quotierung in Bereichen, in denen Männer unterrepräsentiert sind, zum Beispiel im Innenreinigungsbereich.
In den pädagogischen Berufen, in denen pflegerische Aufgaben im Vordergrund stehen, sehe ich gleichfalls einen dringenden Handlungsbedarf. Weshalb kommt der Antrag der FDP gerade in der jetzigen ökonomischen Situation? Durch die verschärften gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen scheint ein existenzieller Konkurrenzkampf in den Köpfen der FDP entstanden zu sein, der sich an der Geschlechterfrage orientiert, und da müssen natürlich die männlichen Pfründe geschützt werden. So kann man leicht über die eigentliche Ursache, die Krise des Kapitalismus, hinweggehen.
Ich will zum Schluss eines noch einmal ganz deutlich formulieren: Wir wollen weder ein Patriarchat noch ein Matriarchat, kein Geschlecht soll über das andere bestimmen. Wir wollen, dass Männer und Frauen gleichberechtigt gemeinsam für eine menschenwürdige Zukunft ohne Ausbeutung und ohne Unterdrückung kämpfen. Aus diesen Gründen lehnen wir den Antrag ab. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Möllenstädt, Sie möchten ein neues Kapitel der Geschlechterpolitik aufschlagen, das ist ja gut gemeint, aber das alte Kapitel, nämlich die Gleichberechtigung der Frauen, ist nicht abgearbeitet.
Darum empfehle ich auch der FDP, dass sie sich auch ganz stark um dieses Kapitel mit uns Frauen oder mit uns Frauen und Männern gemeinsam kümmert. Die FDP-Fraktion sorgt sich um die Chancengleichheit von Jungen und jungen Männern im öffentlichen Dienst. Tut mir leid, ich teile diese Sorge nicht! Die
FDP möchte der Unterrepräsentanz von Männern in bestimmten Personalbereichen und Ausbildungsberufen entgegenwirken, um ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis herzustellen. Auch hier unterstelle ich gute Absicht, solange aber Frauen insbesondere in den Führungspositionen so deutlich unterrepräsentiert sind, kann man diesem Antrag beim besten Willen nicht zustimmen.
Die FDP-Fraktion möchte Namen und Auftrag der Zentralstelle für die Gleichstellung der Frau ändern und erweitern, um die Diskriminierung von Jungen und Männern zu bekämpfen. Auch das mag gut gemeint sein, aber auch das lehnen wir als CDU-Fraktion ab.
Wie sieht denn die Wirklichkeit aus? Haben wir zu viele Frauenrechte oder zu viel Gleichberechtigung der Frauen und zu wenig Gleichberechtigung bei Jungen und jungen Männern? Nein, davon sind wir immer noch weit entfernt! Der Weg, den wir diskutiert haben, den tapfere Frauen vor über 150 Jahren eingeschlagen haben, um sich für die Gleichberechtigung von Frauen, für die gleiche gesellschaftliche Teilhabe von Frauen einzusetzen, ist noch lange nicht beendet, und diesen Weg wird die FDP in Bremen ganz sicher nicht durchkreuzen oder gar beenden.
Es ist darauf hingewiesen worden, dass der durchschnittliche Stundenlohn von Männern und Frauen noch immer mit 28 Prozent zu ungunsten der Frauen ausfällt. Ich sage es noch einmal, Herr Dr. Möllenstädt, in den Führungsetagen befinden sich dominant Männer, das ist in dem öffentlichen Dienst ebenso wie in der freien Wirtschaft, in der Wissenschaft, in den Gewerkschaften, in den Medien, im Sport, in der Kultur und in der Politik. Es ist eigentlich überall so. Behörden werden weithin von Männern geleitet, Abteilungsleiterstellen sind weithin von Männern besetzt, C4-Professorenstellen sind zu 80 bis 90 Prozent von Männern besetzt, Chefarztstellen und Theaterintendantenstellen sind alle dominant von Männern besetzt. Lediglich bei der Teilzeitbeschäftigung und im Niedriglohnbereich haben wir mehr Frauen als Männer, und da frage ich mich tatsächlich: Wer ist denn hier der Verlierer in der Beschäftigungssituation? Wie sollen denn die von Ihnen geforderten, Zitat, „Förderpläne zur Sicherung der Chancengleichheit von Männern“ eigentlich aussehen? Das möchte ich gern einmal wissen.
Ihr Antrag ist aus unserer Sicht fern jeder Realität. Alle statistischen Untersuchungen zeigen andere Zahlen im Hinblick auf die Unterrepräsentanz von Frauen. Bei Ihrer Initiative hat man den Eindruck, die ist so ein bisschen im Studierzimmer entstanden, da kommt man auf solche Ideen. Aber wenn man mit
Ich habe auch den Verdacht, dass Sie, vielleicht unbeabsichtigt, den mühsamen und notwendigen Prozess der Gleichberechtigung von Frauen ein Stück weit konterkarieren wollen, und auch dazu sagen wir ganz klar Nein!
Wir haben ja einiges erreicht, und ich danke an dieser Stelle auch derjenigen, die sich immer wieder um dieses Thema kümmert, Ulrike Hauffe, denn sie ist ja sozusagen die erste Anwältin für die Gleichberechtigung und Gleichbehandlung von Frauen in unserer Stadt.
Aber ich sage auch ganz klar, der vor uns liegende Weg zur Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen ist noch lang, und deshalb können wir so ohne Weiteres jetzt nicht neue Kapitel aufschlagen, und deshalb sollten wir auch den Namen der ZGF nicht ändern und nicht erweitern. Die Tatsache, dass Ihre Partei ausschließlich männliche Volksvertreter in das Parlament schickt, führt vielleicht zu dem Ergebnis von so realitätsfernen Anträgen. Man könnte darüber schmunzeln, wenn die Sache nicht so ernst und die Benachteiligung von Frauen auch im 21. Jahrhundert nicht so gravierend wäre.
Herr Dr. Möllenstädt, wir sollten weiter über das Thema diskutieren, wir sollten aber ganz sicher diesem Antrag nicht zustimmen, sondern wir sollten sehen, dass wir fröhlich das Kapitel der Gleichberechtigung von Frauen abarbeiten! – Danke!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Verlauf dieser Debatte gebietet es, noch einmal auf das eine oder andere vorgebrachte Argument einzugehen. Liebe Frau Troedel, auch Ihnen wird nicht verborgen geblieben sein, dass das Geschlechterverhältnis allein bei der Rednerinnen- und Rednerverteilung in dieser Debatte sicherlich nicht ausgewogen war, das hätte man sich auch anders wünschen können in einer so überschrie––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
benen Debatte. Weiterhin ist deutlich geworden, dass erstaunlicherweise gerade die politische LINKE, die sich ja sonst Gerechtigkeit massiv auf die Fahnen schreibt, hier wachsende soziale Probleme von Jungen und Männern völlig negiert und von der Hand weist.
Das halte ich wirklich für ziemlich absurd gemessen an dem Anspruch, den Sie uns sonst üblicherweise hier vortragen.
Liebe Frau Hoch, man kann natürlich an eine Debatte auch so herangehen, indem man seine Vorurteile hier vorträgt unabhängig von dem, was wirklich zur Debatte steht. Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten unseren Antrag gelesen,
(Abg. Frau H o c h [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Den habe ich gelesen! Ich wäre fast vom Sofa gefallen, als ich den gelesen habe!)