Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da kämpfen wir seit fast 100 Jahren für gleiche/gleichwertige Arbeit und gleichen Lohn, und wir sind hier in Bremen bei 26 Prozent und in anderen Bereichen um 40 Prozent davon entfernt. Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen im Land Bremen aufgrund des Geschlechtes, das ist Diskriminierung! Die EU-Richtlinie ist da ganz klar und deutlich, und trotzdem passiert es. Frauen verdienten im Jahr 2007 und 2008 in Bremen durchschnittlich 26 Prozent,
das ist schon gesagt worden, weniger als ihre männlichen Kollegen. Vielleicht sollten wir eine andere Formulierung nehmen und nicht sagen verdienen; Frauen verdienen weitaus mehr, sie bekommen nur weniger!
In einzelnen Bereichen wie im Textilgewerbe oder bei Reiseveranstaltern liegen, wie ich eben sagte, die Verdienstabstände bei 40 Prozent, und hier sind mehrheitlich Frauen beschäftigt. Wir können nicht darauf warten, dass diese eklatanten Lohnunterschiede über eine freiwillige Selbstverpflichtung der Privatwirtschaft beendet werden. Das höre ich persönlich seit über 30 Jahren, Anfang 2002 sogar mit der Formulierung „das ist Gedöns“, und es wurde in die unterste Schublade gelegt – unser ehemaliger Bundeskanzler! Nein, wir brauchen da gesetzliche Vorgaben! Es müssen die verbindlichen Gleichstellungsgesetze für den öffentlichen Dienst sehr viel stringenter beachtet und in der Privatwirtschaft eingeführt werden, ebenso Frauenbeauftragte in der Privatwirtschaft, und wir brauchen eine Wahrnehmung durch den Senat, der der Realität Rechnung trägt. Ich erspare mir und Ihnen hierauch meine persönliche Befremdlichkeit über die Antworten des Senats, das ist mehrfach genannt worden, aber ich bin doch schon ein Stück betroffen, wie mit dieser Problematik umgegangen worden ist. Die Antwort, dass der Lohnunterschied im Ernährungsgewerbe mit 15 Prozent – auch mehrfach genannt, – nicht eklatant sei, zeugt von schlichter Ignoranz; als wenn es keine Geschlechterunterschiede in der Bewertung von Arbeit und demzufolge von der Bezahlung von Arbeit gibt! Die Verantwortung des Senats zur gesetzlichen Absicherung von Lohngleichstellung kann nicht mit dem Hinweis auf die Tarifparteien zur Seite geschoben werden. Das bedeutet, sich auch einer persönlichen Verantwortung als Arbeitgeber – immerhin sind Sie Arbeitgeber oder Arbeitgeberin – freizusprechen, und es beweist wieder, dass die Frage, wer für was verantwortlich ist, immer dem anderen zugeschoben wird. Wir kennen das seit 100 Jahren. Auch wir sind für den gesetzlichen Mindestlohn, und zwar in allen Branchen. Die bis jetzt herausgenommenen Branchen sind genau die, in denen mehrheitlich Frauen beschäftigt sind. Wir haben es hier mehrfach diskutiert: Über 70 Prozent der Menschen, die unter dem Mindestlohn arbeiten, sind Frauen. Wenn das kein Frauenthema ist!
Wir brauchen sowohl die tarifrechtlichen als auch die gesetzlichen Vorgaben. Das eine bedingt das andere, und beides gehört zusammen. Wie aus der Antwort des Senats deutlich wird, entstehen durch Prämien und Schichtzulagen massive
Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen. Das kenne ich aus der Tarifpolitik, das ist genau die Bezahlungsspielwiese, um bei gleicher/gleichwertiger Arbeit doch den männlichen Lohn ein Stück höher zu setzen. In den Betrieben sollen die Personal- und Betriebsräte ihr Recht auf Einblick in die Prämienlisten intensiver wahrnehmen und speziell auf die Geschlechterungerechtigkeit überprüfen. In wirtschaftlichen Krisen verschärft sich die Lebenslage von Frauen weiter, und ich möchte keine schlechte Prophetin sein, wenn wir in eineinhalb oder in zwei Jahren hier in Bremen diskutieren, dass die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sich verschärft haben.
Die Konkurrenz zwischen Männern und Frauen ist nicht immer gewollt, wird aber forciert, immer dort, wo es nötig tut. Frauen werden aus dem Berufsleben herausgedrängt, um wieder in die traditionell weibliche Rolle hineinzuschlüpfen, gezwungenermaßen. Aber wir unterstützen den Vorschlag einer ver.di-Kollegin: Solange Frauen 23 Prozent – in Bremen würden wir sagen 26 Prozent – weniger verdienen als Männer, sollten sie konsequenterweise auch weniger für Waren und Dienstleistungen bezahlen, am besten ein Viertel weniger. Sicherlich wäre die Wirtschaft sehr fix daran, Frauen- und Männergehälter anzugleichen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Motschmann hat es vorhin benannt, auch nach unserem Eindruck zeugen die Antworten des Senats auf die Große Anfrage von Desinteresse, Ideenlosigkeit und mangelnder Initiative bei diesem wichtigen Thema.
Aus Sicht von uns Liberalen sind Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen nicht hinnehmbar, die darf es nicht geben, und der Senat ist gut beraten, entschlossen zu handeln, um die bestehenden Lohnunterschiede in den nächsten Jahren abzubauen.
Ich werde Ihnen später einige sehr konkrete Vorschläge dazu machen, Frau Kollegin, die aus unserer Sicht geeignet sein können. Gleichwohl scheint uns aus den Antworten dort noch nicht so richtig ein Weg aufgezeigt worden zu sein. Das Problembewusstsein des Senats gilt es bei diesem Thema dringend zu schärfen.
Gerade, wenn man sich die Antworten noch einmal vor Augen führt – teilweise ist das hier schon zitiert worden, ich will vielleicht ein anderes Beispiel aus der Drucksache zitieren –, da heißt es: Indirekt seien allerdings Benachteiligungen möglich, beispielsweise weil Frauen weniger bezahlte Überstunden verrichteten und/oder weniger Zulagen zum Beispiel für Schichtarbeit erhielten als Männer. Ich finde es ziemlich beschämend, dass man hier den Frauen den Weg aufzeigen möchte, sie sollten doch besser nachts arbeiten oder Überstunden machen, um dann die bestehenden Lohnunterschiede auszugleichen. So kann es nach unserer Auffassung nicht gehen!
Ich glaube auch, Frau Kollegin Schön, den Frauen, die hiervon betroffen sind, hilft Betroffenheitsrethorik nicht weiter. Zur Kollegin Arnold-Cramer will ich sagen: Sie haben hier wiederum den Eindruck erweckt, es läge daran, dass hier jetzt wieder gesetzlicher Regelungsbedarf vorhanden sei. Ich will hier vor Augen führen: Auf nationaler Ebene gibt es bereits ein Verbot von Lohndiskriminierung aus Artikel 3 des Grundgesetzes sowie aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, das verabschiedet worden ist, und ich kann nicht erkennen, wo Sie weiteren Regelungsbedarf sehen. Wir sehen den in den Gesetzen nicht. Das ist alles längst Gesetzeslage, und insofern muss man auch sehen, die Ergebnisse zeigen ja, dass das offensichtlich nicht geholfen hat.
Was ein Chancengleichheitsprogramm und Nachbesserungen am BAP angeht sind wir grundsätzlich für jede Diskussion offen, allerdings wird man auch da sehr genau hinschauen müssen, was konkret vorgeschlagen wird. Die Instrumente, die Sie bisher bemüht haben – und das bisherige BAP ist ja nun gerade einmal vor eineinhalb Jahren auf das Gleis geschoben worden – haben offensichtlich keine Wirkung gezeigt. Sie sind ja auch nach Ihrer eigenen Auffassung der Debatte von heute nicht wirklich hilfreich, um dieses Problem nachhaltig zu lösen. Ich glaube, insgesamt sollte man hier eine seriösere Diskussion führen, und wenn diese Debatte dazu beitragen kann, dass künftig keine Schuldzuweisungen von der einen Partei zur anderen verschoben werden, dann ist das, glaube ich, ein Gewinn, den wir hier erreichen können, gerade wenn man sich vor Augen führt, dass in den vergangenen Jahren natürlich auch die Analyse dieses Problems nicht vernünftig vorgenommen worden ist. Ich empfehle, wirklich genau hinzusehen und nicht Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Auch da gilt es, einiges in Zukunft besser zu machen, als es in der Beantwortung dieser Anfrage hier geschehen ist.
sem Thema, das ist hier auch erwähnt worden. Da es nicht Wesen von liberaler Politik ist, Fundamentalopposition zu betreiben, haben wir im Deutschen Bundestag auch einen Antrag zu diesem Thema vorgelegt, und ich würde Ihnen gern einige Punkte in Erinnerung rufen, die wir dort vorgeschlagen haben. Vielleicht können Sie das auch als Anregung, Frau Senatorin, für Aktivitäten des Landes Bremen im Bund mitnehmen, aber auch hier bei uns in Bremen und Bremerhaven!
Zum einen erscheint uns zwingend notwendig, dass die bestehenden Studien zur Entgeltgleichheit ausgewertet werden. Das betrifft zum einen den Gender-Datenreport aus dem Jahr 2005, aber auch eine Untersuchung, die im April 2008 zur Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern erstellt worden ist. Dies sollte dringend vorgenommen werden.
Ein weiterer Punkt, den wir bereits mehrfach hier auch diskutiert haben, ist die Bekämpfung der Stereotypen bei Ausbildung, Bildung und Beschäftigung zwischen Männern und Frauen. Es gibt immer noch zu viele klassische Frauenberufe, und auch dagegen wird nicht genügend getan. Gleichermaßen muss man natürlich auch Männer ermutigen, in Frauenberufe zu gehen und sich dort beruflich zu engagieren. Wir haben uns dafür als FDP-Fraktion an anderer Stelle sehr deutlich ausgesprochen.
Im Übrigen gilt es natürlich auch, Chancen zu nutzen, die darin bestehen können, dass Frauen und Männer während und nach Familienphasen wieder geeignet in den Berufsalltag zurückkehren können; Übergänge durch Qualifizierung zu erleichtern, auch das ist ein wesentliches Thema für uns Liberale.
Weiterhin wird es darum gehen, das Bundeselterngeld und das Elternzeitgesetz zu ändern, damit eine gemeinsame Teilzeit- und Kinderbetreuung durch beide Eltern gefördert wird und der gesamte Elterngeldanspruch und die Elternzeit nicht bereits mit dem siebten Lebensmonat des Kindes, sondern erst nach dem 14. Lebensmonat enden. Das ist etwas, was sie auf Bundesebene mit anschieben könnten, ebenso wie die Abschaffung der Steuerklasse V, damit sich eine familienbedingte Unterbrechung der Erwerbstätigkeit für Frauen umso mehr lohnt.
Dies alles sind Vorschläge, die wir im Deutschen Bundestag vorgebracht haben und die leider, und das muss man auch sagen, dann von den übrigen Fraktionen abgelehnt worden sind. Ich hoffe, dass wir vielleicht aus dieser Debatte mitnehmen, dass es sich lohnt, im Einzelfall über die von uns genannten Punkte
und die von den Kolleginnen genannten Punkte im Detail zu diskutieren und dort weniger den parteipolitischen Konflikt zu suchen. Wenn dies das Ergebnis unserer heutigen Debatte wäre, so würde uns das als liberale Fraktion sehr freuen. – Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind uns weitgehend einig, was die Senatsantwort angeht, dafür bin ich dankbar. Frau Arnold-Cramer, wenn Sie sagen, die CDU kratzt mit ihren Fragen an der Oberfläche, dann finde ich das schon etwas schwierig im Hinblick auf die schwache Antwort des Senats. Ich habe gelernt, es gibt keine dummen Fragen, sondern es gibt nur dumme Antworten!
Wenn Sie dann noch Frau von der Leyen als Familienministerin beziehungsweise in dem Fall als Frauenministerin als Totalausfall bezeichnen, dann finde ich das schon ziemlich heftig, weil diese Ministerin für die Frauen und übrigens auch für die Männer so viel erreicht hat wie ganze Generationen von sozialdemokratischen Regierungen nicht.
Wer hat denn den Ausbau der Krippen umgesetzt und nicht nur davon geredet? Wer ist denn jetzt gerade dabei, auch die Elternzeit für Männer zu verlängern, damit es eine größere Gerechtigkeit gibt?
Das sind alles Themen, die Frau von der Leyen nicht nur anregt und bei denen sie nicht nur sagt, man könnte oder man sollte einmal,
sondern angepackt und auch Geld in die Hand genommen hat. Das, finde ich, muss man ihr danken, insofern ist sie auch eine sehr gute Frauenministerin.
Ich will zu einem Punkt etwas sagen, der hier genannt worden ist, zur Privatwirtschaft! Dass ein Gleich
(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Sehen Sie, da haben wir es! Der Senat soll es richten, aber die Firmen nicht!)
Eine Privatwirtschaft, der man weiter und immer weiter gesetzliche Fesseln anlegt, ist dann keine Privatwirtschaft mehr, sondern eine Staatswirtschaft, und das hilft keiner Frau weiter. Im Übrigen, das Gleiche gilt für den Mindestlohn: Ich habe nichts dagegen, dass Frauen 7,50 Euro in der Stunde verdienen,
das ist wenig genug, nur wissen wir auch ganz genau, dass eine Verordnung des Mindestlohns für alle Branchen dazu führt und führen wird, dass Arbeitsplätze verloren gehen, und das hilft wiederum keiner Frau. Auch hier würde ich also einen anderen Weg vorschlagen.