Bei aller Sympathie für Appelle an Unternehmen, an die Privatwirtschaft, glaube ich, das reicht nicht mehr aus. Wir brauchen dort verbindliche Regelungen, und zu diesen verbindlichen Regelungen gehören eben auch Maßnahmen, die diesen Lohnunterschieden entgegenwirken. Es ist meines Erachtens geradezu fahrlässig und wenig zukunftsaktiv, auf die Kompetenz, auf das Wissen und auf die Erfahrungen von Frauen insgesamt – in der Wirtschaft, in der Arbeitswelt, in den Unternehmen – zu verzichten. Insofern brauchen wir auch bei der Einstellung und bei der Weiterentwicklung und Weiterqualifizierung in den Unternehmen das Engagement der Führungskräfte, Frauen zu unterstützen und Frauen auch in mittlere Positionen und in Spitzenpositionen zu bringen.
Wir müssen diesen Prozess – das heißt, das wird die Aufgabe der Politik sein – der Festschreibung von gesetzlichen Regelungen für die Privatwirtschaft voranbringen. Wir haben insbesondere hier in Bremen– und ich glaube, darauf können wir stolz sein – hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine Vorreiterrolle eingenommen, und das ist auch ein ganz wesentlicher und wichtiger Punkt. Wenn ich darüber rede, wie wir Lohnunterschiede und Arbeitsbedingungen von Frauen gestalten und unterstützen können, so ist das eine wirkungsvolle Aufgabe, die wir hier mit entsprechenden Maßnahmen unterstützt haben.
Das Chancengleichheitsprogramm ist angesprochen worden. Da bin ich Ihnen, Frau Arnold-Cramer, sehr dankbar, dass Sie das hier auch noch einmal sehr deutlich angesprochen haben. Mir geht es darum, und das will ich hier noch einmal betonen, dass wir über dieses Chancengleichheitsprogramm insbesondere Frauen unterstützen, die in gering qualifizierten Berufen arbeiten und sich auch in sozial schwierigen Situationen befinden. Das ist nicht ausschließlich ein Programm zur Fachkräfteförderung auf einer hohen und höchsten Ebene, sondern das ist ein breit angelegtes Programm, mit dem wir viele unterstützen wollen. Wir müssen hier im beschäftigungspolitischen Aktionsprogramm immer wieder sehr konzentriert darauf schauen, Frau Schön hat es angesprochen, ob wir die Frauen in ausreichendem Maße in den Bereichen, insbesondere natürlich in den MINT-Beru
Ein letzter Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Aufgabe der Sozialpolitik, hier insgesamt dafür zu sorgen und dafür auch die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten, dass die Entlohnung von Frauen sich nicht mehr in dieser Differenz zu den Männerlöhnen darstellt. Dazu gehören auch die Maßnahmen, die wir auf der Bundesebene, übrigens mit einer sozialdemokratischen Ministerin, im Bereich von Bündnissen für Familie eingeleitet haben. Alles das sind unterstützende und notwendige Maßnahmen die hier begleiten.
Ich kann nur noch einmal appellieren, dieses Thema nicht nur als eine Aufgabe im Gleichstellungsausschuss zu betrachten und nicht nur über alle Ressorts breit zu diskutieren, sondern es anzupacken. Wir sind daran und werden das insbesondere mit dem Wirtschaftssenator weiter voranbringen. – Vielen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 17/751, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen besseren Übergang zu diesem Antrag konnte ich mir gar nicht wünschen, denn der Antrag ist ein Teil dessen, was voher diskutiert wurde. Der 8. März ist Weltfrauentag oder Internationaler Frauentag. Diesen Tag zum Feiertag zu erklären, hat mehr als hohe symbolische Bedeutung. Er ist auch Mahnung für noch nicht erreichte Gleichstellung.
Der Internationale Frauentag ist der Tag, an dem Frauen seit fast 100 Jahren weltweit ihr Recht auf Gleichberechtigung einfordern. Er ist das Sinnbild der Anmahnung von Frauenrechten und Ermutigung zum solidarischen Handeln zugleich, Ermutigung zur Ge
genwehr gegen Gewalt, häusliche Gewalt, sexuelle Belästigung und Vergewaltigung. Frauen mahnen an, dass ihnen immer noch die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft verwehrt wird, denn Geschlecht ist ein sozialer Platzanweiser, der Frauen und Männern ihren Ort in der Gesellschaft, ihren Status, ihre Lebenschancen zuweist. Dieser Ort ist für Frauen enger als für Männer. Obwohl Frauen die besseren Schulabschlüsse haben, bekommen sie im Schnitt 23 Prozent weniger Geld, in Bremen sogar 26 Prozent, wir nannten es eben. Sie führen weniger Betriebe, leiten weniger Redaktionen, besetzen weniger Professuren, sie sind in der Politik unterrepräsentiert und wirken dadurch weniger an Gesetzen mit. Das hat gravierende Auswirkungen für Frauen. Gleichstellung ist eine Querschnittsaufgabe durch alle politischen Bereiche.
In der aktuellen wirtschaftlichen Situation mit hoher Erwerbslosigkeit wird deutlich, dass wieder auf die tradierten Rollenbilder zurückgegriffen wird, und zwar auf den männlichen Familienernährer mit der abhängigen Hausfrau, die eigenständige Existenzsicherung wird Frauen zunehmend aberkannt. Frauen vorbehalten sind die Minijobs, also sozialversicherungsfreie berufliche Tätigkeit, vorwiegend in haushalts- und pflegenahen Jobs. Die sogenannte stille Reserve soll nach dieser Vorstellung in Schulen, Kindergärten, Haushalten und Seniorenheimen primär eingesetzt werden. Das geht einher mit der Zunahme des Ehrenamtes. Langzeitarbeitslosigkeit betrifft Frauen stärker. Dazu kommt, dass weibliche Altersarmut durch Hartz IV und Bedarfsgemeinschaften gesetzlich vorprogrammiert ist.
In gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Krisenzeiten sind die Frauen die Hauptleidtragenden, das lehrt uns die Geschichte. Eine der großen verpassten Chancen der Frauen waren die Zeiten nach 1945. Die Frauen hatten zuvor zusätzlich die Aufgaben der Männer übernommen. Als diese aus dem Krieg zurückkamen, ließen sich die Frauen aus Liebe, Fürsorge und gelerntem Rollenverständnis wieder aus dem öffentlichen Leben drängen. Es stimmt, die Geduld der Frauen ist die Stärke der Männer.
Die Geschichte des Frauentages, die Errungenschaften der Frauenbewegung und die Leistungen vieler deutscher, auch Bremer Frauenrechtlerinnen wie zum Beispiel Auguste Kirchhoff, Agnes Heineken, Anna Stiegler, Käthe Popal verdienen es, durch einen Feiertag gewürdigt zu werden, unsere Mütter, Großmütter und Urgroßmütter, aber auch die Frauen, die hier mitten unter uns sind, die sich manchmal nach frustrierenden Diskussionen und erstaunlichen Ergebnissen immer wieder aufs Neue weiter aufmachen, um die Gleichberechtigung nicht nur de jure, sondern de facto umzusetzen.
Als historische Wurzeln für die Entstehung des 8. März gelten die Proteste New Yorker Arbeiterinnen, die erstmals 1857 auf die Straße gingen und gegen
unmenschliche Arbeitsbedingungen und für gleichen Lohn demonstrierten. 50 Jahre später, am 8. März 1908, traten Tabak- und Textilarbeiterinnen in den Streik und protestierten für bessere Arbeitsbedingungen, für ein Frauenwahlrecht, deren 90. Geburtstag wir im letzten Jahr im November gefeiert haben, für kürzere Arbeitszeiten und für höhere Löhne. Unsere Forderungen und ihre Forderungen: Worin liegt der große Unterschied?
Die deutsche Sozialistin Clara Zetkin brachte auf der zweiten Internationalen Frauenkonferenz 1910 den Antrag ein, einen Internationalen Frauentag ins Leben zu rufen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Am 8. März 1917 streikten in St. Petersburg Textilarbeiterinnen. In Erinnerung dazu setzte 1921 die zweite Internationale Konferenz den 8. März als einheitliches Datum für den Internationalen Frauentag ein. Seit 1975 wird der 8. März offiziell von der UNO als Internationaler Frauentag gewürdigt.
Der Internationale Frauentag ist ein Tag der Menschenrechte. Dort, wo die Grundrechte für Frauen und Mädchen verwirklicht sind, geht es auch den Männern und Jungen besser. Auch sie werden durch das aktuelle Männerbild und zum Beispiel das Fehlen von Männern in der Kindheit in ihrer Fähigkeit eingeengt. Der Schlüssel für die Auflösung tradierter Rollen ist die Gleichberechtigung der Frau. Gleichberechtigt lebt die Gesellschaft friedlicher, fortschrittlicher und freiheitlicher zusammen. Die Freie Hansestadt Bremen setzt mit der Novellierung ihres Landesfeiertagsgesetzes ein weltoffenes und emanzipatorisches Zeichen. Ich danke für die Aufmerksamkeit, wobei ich aber bemerkt habe, dass Sie teilweise untereinander sehr viel lebhaftere Gespräche geführt haben, als diesem Thema zu lauschen! – Trotzdem danke ich Ihnen für die Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Troedel hat es schon gesagt, 1975 richteten die Vereinten Nationen erstmalig eine Feier zum 8. März aus, und ab 1977 wurde beschlossen, dass es anerkannt von den Vereinten Nationen einen Internationalen Frauentag gibt. In einigen Staaten der Welt, vor allem mit kommunistischem Hintergrund, ist der Internationale Frauentag auch ein gesetzlicher Feiertag, wie auch in der damaligen DDR.
In Deutschland wird der Internationale Frauentag mit vielen Aktivitäten von den Frauenverbänden gefeiert. Auch in der Bundesrepublik gibt es Bestrebun
gen, und das wird hier mit dem vorliegenden Antrag der Linksfraktion deutlich, den Internationalen Frauentag als Feiertag zu installieren. Es wurde in Hamburg ein ähnlicher Antrag 2009 in der Bürgerschaft eingereicht, und 2008 gab es einen entsprechenden Antrag von der Linksfraktion im Bundestag.
Die Entscheidung zugunsten einer Einführung als gesetzlicher Feiertag setzt aber eine gründliche Diskussion voraus, bei der unter anderem folgende zentrale Punkte zu diskutieren sind: Haben Feiertage ausschließlich Symbolcharakter? Löst ein Feiertag die gleichstellungspolitischen Probleme? Dass es in unserer Gesellschaft frauenpolitische Probleme gibt, und ich sage, in den letzten Jahren haben sich diese verstärkt, ist nicht zu übersehen. Die zunehmende Fokussierung auf Familienpolitik hat Stück für Stück die Frauenpolitik ins Abseits gedrängt. Ein Ausgleich von strukturellen Nachteilen für Frauen ist nach wie vor politisch unerlässlich und erforderlich.
Hilft hier die Einführung eines Feiertages, den wir heute für Bremen beschließen sollen, die Probleme wirklich zu lösen beziehungsweise die Frauenpolitik gesellschaftlich an die Spitze zu bringen? Ich bin da etwas skeptisch. Schauen wir doch einmal auf Bremen! Der Internationale Frauentag wird toll organisiert, und es ist jedes Jahr ein großes Fest. Gefeiert und demonstriert wird aber hinter dicken Rathausmauern versteckt vor der Öffentlichkeit, gesehen werden immer wieder dieselben Gesichter. Hier geht die Aufforderung an uns alle, die frauenpolitisch aktiv sind, sich mit anderen Instrumenten der politischen Arbeit auseinanderzusetzen. Politische Inhalte gibt es genug. Frauenpolitik befindet sich in einer Umbruchphase, die von uns aktiv zu nutzen ist. Nehmen wir alle in diese Diskussion auf, die in verschiedenen Verbänden aktiv sind, und alle Punkte, zu denen auch die Forderung nach einem gesetzlichen Feiertag 8. März gehört. Wenn dann aus den Frauenverbänden heraus nicht nur in Bremen, sondern bundesweit die Forderung nach einem Feiertag erhoben wird, dann kann sich die Männerwelt, so bin ich mir sicher, dem kaum widersetzen.
So reizvoll eine Zustimmung zu dem Antrag der Linksfraktion wäre, betrachte ich es aus heutiger Sicht dennoch als einen nicht auf ein tragfähiges Fundament begründeten Antrag, der der Sache im Moment eher Schaden als Nutzen zufügen wird. Insofern können wir dem Antrag heute nicht zustimmen. – Danke!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst mit dem Punkt anfangen, bei dem wir eine hohe Übereinstimmung haben, ich denke sogar, eine hundertprozentige Übereinstimmung, nämlich dass der Internationale Frauentag, den Frauen mühsam erkämpft haben, auch heute noch ein sehr wichtiger Tag ist!
Der 8. März ist der Tag, an dem Frauen weltweit ihr Recht auf Gleichberechtigung einfordern. Auch wenn für viele die sogenannte gefühlte Gleichberechtigung schon erreicht ist – manchmal hört man diese Stimmen auch in diesem Haus, wenn wir über Frauenförderung reden –, ist die Realität eine andere. Alle Berichte und Untersuchungen zeigen deutlich auf, dass wir vom Ziel der tatsächlichen Gleichberechtigung von Frauen und Männern noch weit entfernt sind. Auch das Tempo, mit dem Maßnahmen zur Gleichstellung ergriffen werden, ist verlangsamt worden. Hier ist leider der Dampf vom Kessel genommen worden.
Dies wurde wieder deutlich, als der letzte Staatenbericht zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau herausgekommen ist. Es gab 25 Beanstandungen, besonders in den Bereichen Frauen auf dem Arbeitsmarkt, Frauen in Führungspositionen, die fehlende Repräsenz der Frauen dort, die Lohndiskriminierung, darüber haben wir gerade geredet. Es ist inzwischen auch schon 30 Jahre her, dass diese Berichte erstellt wurden. Europa hat uns schon oft die rote Karte gezeigt und die rote Laterne übergehen, aber die Bundesregierung bewegt sich sehr langsam, das ist eigentlich schade.
In den letzten Jahren ist viel passiert, das gebe ich auch zu, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, das erkennen wir auch an, das sind wichtige Rahmenbedingungen für Frauen. Allerdings möchte ich es nicht unter Frauenpolitik verbuchen; das gehört ins Buch Familienpolitik, denn die Vereinbarkeit ist eine gesellschaftliche Aufgabe, und ich denke, das müssen wir auch gesellschaftlich denken, da müssen wir hin, das ist nicht allein Frauenpolitik!
Für uns Grüne sind die eigenständige Existenzsicherung für Frauen und die individualisierten An––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Die Rolle der Hinzuverdienerin und Ansprüche, die an den Ehepartner gekoppelt sind, wollen wir endlich hinter uns lassen. Deshalb sind die Forderungen nach gleichberechtigter Teilhabe und Gleichstellung auf allen Ebenen immer noch aktuell, und deshalb ist der Frauentag auch noch immer aktuell.
Jetzt zu dem Antrag! Soll der Internationale Frauentag in Bremen ein Feiertag werden? Wir sagen Nein! Das ist nicht nur die Meinung meiner Fraktion, das ist auch meine persönliche Meinung. Ich möchte Ihnen kurz erläutern, warum. Sie schreiben selbst in Ihrem Antrag, es wäre von hoher symbolischer Bedeutung, den 8. März zum Feiertag zu machen. Gerade bei dem Thema Gleichstellung brauchen wir aber keine Symbolpolitik mehr, wir brauchen Maßnahmen!