Protokoll der Sitzung vom 30.04.2009

So können wir die ehemaligen GHBV-Mitarbeiter in Weiterqualifizierungsmaßnahmen, beispielsweise eine Woche lang Bewerbungstraining, bringen. Wenn diese Mitarbeiter, die über diese Maßnahme nun mindestens 360 Tage beschäftigt waren, in die Arbeitslosigkeit gehen, dann erhalten sie sechs Monate lang Arbeitslosengeld II statt Hartz IV und haben so die Möglichkeit, über weitere Qualifizierungsmaßnahmen wieder in den Beruf zu finden. Wenn wir Glück haben, Herr Günthner, dann ist es sogar möglich, dass sie aus dem Arbeitslosengeld II wieder in den Hafenbetrieb hineinkommen, wenn die Wirtschaftskrise

schneller vorüber sein sollte und unsere Häfen wieder florieren.

(Zuruf des Abg. W i l l m a n n [Bündnis 90/ Die Grünen])

Ich denke, die Redebeiträge, die ich bisher gehört habe, gehen eigentlich alle in die gleiche Richtung, dass wir es gut finden, dass dieser Solidarpakt da ist. Auch hören wir immer wieder aus den Redebeiträgen heraus, dass wir dafür Dank zollen. Das wird übrigens durch alle Fraktionen sichtbar. Aber wir müssen uns Gedanken darüber machen, diesen Menschen, die jetzt direkt von der Arbeitslosigkeit betroffen sind, zu helfen. Deshalb erwarten wir, dass der Senat Konzepte erarbeitet, und das möglichst schnell, denn die ganzen Maßnahmen, die wir jetzt und auch im Hafenausschuss detailliert erklärt bekommen haben, haben ein Enddatum. Irgendwann laufen diese aus, und dann müssen wir gewappnet sein, um weitere soziale Härten vermeiden zu können. – Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Nagel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für mich hat die Debatte eines deutlich gemacht, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Häfen und in unseren Logistikunternehmen brauchen DIE LINKE auf keinen Fall!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Mir drängt sich der Eindruck auf, Sie bieten da Opium an: Wir lösen die Probleme, indem wir viel öffentliches Geld verwenden. Aber, meine Damen und Herren, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Hafenbetrieben sind keine Junkies,

(Abg. M ü l l e r [DIE LINKE]: Wer hat denn so etwas gesagt?)

sondern das sind Leute, die hart für ihr Geld arbeiten und deshalb den Anspruch haben, von uns realistische Lösungen zu bekommen und kein Opium.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann kommt noch eines hinzu, Herr Müller, Dumpinglöhne: Es ist eine Unverschämtheit, nicht nur in Richtung des Managements, sondern der Arbeitnehmer der BLG, die genau wissen, was hinter dem harten Wettbewerb steht. Warum wird denn über Tarife gesprochen? Weil große Kunden sagen angesichts der

wirtschaftlichen Probleme, die wir weltweit haben, Leute, wir haben da ein Problem mit Wettbewerb, mit Kostenstrukturen, und deshalb wird zwischen Arbeitnehmern und dem Management darüber geredet, und zwar so, wie Herr Günthner sagt, die Arbeitnehmer stark vertreten durch gute Gewerkschaften.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Deshalb weise ich diesen Vorwurf entschieden zurück, das ist eine Frechheit gegenüber all diejenigen, die bei der BLG arbeiten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, ich bin den Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU – die FDP wird zustimmen – sehr dankbar für den Antrag, denn es wird eines darin deutlich, was ganz wichtig für die Beschäftigten und auch für die Wirtschaft in Bremen ist, nämlich in schwerer wirtschaftlicher See solidarisch das Schiff stabil und auf Kurs halten und Fahrt aufnehmen können, wenn wieder freundlichere Winde wehen. Das mag Ihnen ein bisschen lyrisch klingen, aber die Solidarität kommt ja zustande, meine Damen und Herren, weil wir es mit brutalen wirtschaftlichen Fakten zu tun haben, die man nicht wegdiskutieren oder auch nicht mit öffentlichem Geld wegfinanzieren kann. Es ist aber auch ökonomisch klug, denn klar ist, dass es nicht um eine strukturelle Krise unserer Hafen- und Logistikwirtschaft geht.

Was heißt strukturell? Es würde Managementfehler oder Fehleinschätzung von Märkten bedeuten oder Arbeitnehmer, die nicht qualifiziert genug oder nicht engagiert genug arbeiten. All das ist ja nicht der Fall, all das haben wir, deshalb haben unsere Häfen ja den Erfolg. Nein, wir haben keine strukturelle Krise, sondern wir haben eine weltweite Konjunkturkrise, und deshalb ist es wichtig, solidarisch Zeit zu gewinnen, um dann, wenn die Konjunkturlokomotive wieder Fahrt aufnimmt, auch dabei sein zu können und eben keine kaputten Strukturen zu haben, die uns dann viel teurer kämen und vor allem die Arbeitnehmer viel mehr kosten würden als der solidarische Beitrag, den jetzt alle erbringen.

Wann wird es besser? Das ist eigentlich die entscheidende Frage, auf die niemand eine endgültige Antwort hat. 2009 ist ein schwieriges Jahr, für 2010 gibt es leichte Hoffnung, dass es besser wird, so jedenfalls der Bundeswirtschaftsminister. Deshalb bleibt es weiter erforderlich, dass wir angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage auch hier in Bremen auf Tuchfühlung mit den Akteuren bleiben und versuchen, das Richtige zu tun, um Zeit zu gewinnen. Mut und Realismus sind in diesen schwierigen Zeiten erforderlich, so verlangt es jedenfalls der Bundeswirtschafts

minister, und ich glaube, wir in Bremen haben diesen Mut und diesen Realismus.

Ich möchte zu dem Thema, was die öffentliche Hand beziehungsweise der GHBV tun sollen, den Geschäftsführer des GHBV zitieren, auch im Hinblick auf Forderungen, die hier im Hause von der linken Seite erhoben wurden:

„Seehäfen sind privatwirtschaftlich organisiert, und das gilt auch für den GHB trotz seiner Sonderstellung. Der GHB weiß, dass der Senat alle Aktivitäten gut informiert begleitet und dass er sich dort für den GHB und auch für die Arbeitsplätze in den Seehäfen stark macht, wo er es kann. Das geschieht, indem der Senat Investitionen in die Seehäfen bewilligt und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen schafft, und in der konkreten Situation hilft der Senat dadurch, dass die politischen Entscheidungsträger in politischen Gremien, aber auch im Bereich von Aufsichtsräten und anderen Funktionen positive Multiplikatoren sind. Dies führt dazu, dass sich auch sozialpolitische Rahmenbedingungen verändern“, das Kurzarbeitergeld ist gemeint. „Die Beschäftigung selbst muss von den Unternehmen akquiriert werden, und das Akquirieren von Ladung im internationalen Umfeld ist momentan das Problem aller großen Universalhäfen in der Nordrange. Bremen hat aber gute Voraussetzungen, um hier schneller wieder Fuß zu fassen als andere. Je schneller dies gelingt, umso eher wird diese Krise Vergangenheit sein.“ Soweit die Geschäftsführung des GHBV, dem habe ich insoweit nichts hinzuzufügen!

Wir sind im Prozess der Umsetzung der Vereinbarungen. Das ist auf gutem Weg, es wird versucht, beim GHB so viel wie möglich an Bord zu halten, und es gibt die begründete Hoffnung, dass über die 1 650 Kolleginnen und Kollegen hinaus weitere gehalten werden können. Ganz wichtige Rahmenbedingungen – Herr Bödeker, Sie sind darauf eingegangen –, sind 24 Monate Kurzarbeitergeld und ganz wichtig, dass künftig ab dem sechsten Monat die Sozialversicherungskosten voll übernommen werden, auch das hilft den Betrieben, auch dem GHB und anderen, Zeit zu gewinnen, um über die Durststrecke zu kommen.

(Glocke)

Herr Senator, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage des Kollegen Rupp anzunehmen?

Ja!

Bitte, Herr Rupp!

Herr Senator, ich wollte Sie fragen, ob Sie den Einsatz von Kurzarbeitergeld zur Vermeidung von Entlassungen auch als Opium einstufen würden?

Bitte, Herr Senator!

Nein, das schätze ich nicht als Opium ein! Ich schätze es aber als Opium ein zu sagen, dass wir mit staatlichem Geld ein Privatunternehmen, nämlich den GHBV, unterstützen sollen, ohne dass Sie mir sagen können, wie das gehen soll. Kurzarbeitergeld ist eine legitime Hilfe und Unterstützung, um über eine Durststrecke hinwegzukommen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das ist etwas völlig anderes als zu sagen, hier ist Geld, dein Arbeitsplatz ist sicher, du musst dich um nichts mehr kümmern.

Sind Sie bereit, eine weitere Zwischenfrage anzunehmen?

Ja!

Bitte, Herr Rupp!

Wir haben im Kern im Punkt 2 unseres Antrags gesagt, man muss Kurzarbeitergeld, Bundeshilfen, EU-Mittel und anderes nutzen, um über die Runden zu kommen. Jetzt kann man sagen, es taugt nichts, aber ich frage Sie, warum Sie das dann erstens als Versuch der Verstaatlichung oder zweitens als Opium fürs Volk oder Ähnliches diskreditieren. Nichts weiter als das, was Sie gesagt haben, nämlich dass man diese Instrumente nutzen soll, um Entlassungen zu vermeiden, haben wir gefordert!

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben mehr gefordert als das, deshalb ist das nicht ganz redlich, was Sie hier sagen. Das Kurzarbeitergeld ist völlig unstreitig, aber wenn wir schon so genau hinschauen, es heißt bei Marx, richtig nachgelesen, Religion als Opium des Volkes!

Ganz wichtig war in dem Zusammenhang, das will ich ausdrücklich auch betonen, das Mitwirken der Bundesagentur für Arbeit. Denn es gab einige Punkte, die, wenn man das allein so abgearbeitet hätte, nicht gegangen wären, deshalb war es wichtig, dass wir uns alle zusammengesetzt haben, dass uns vor allem die Bundesebene da massiv unterstützt hat.

Es gilt zu versuchen, so viel wie möglich an Bord zu halten, und auch die anderen, die nicht an Bord bleiben können, auch das ist deutlich geworden, werden nicht vergessen, abgeschoben und weg damit, sondern die Bundesagentur hat in diesen Gesprächen zugesagt, dass für jeden Einzelnen eine Vermittlung in den Arbeitsmarkt gesucht wird, und auch das hat die Bundesagentur gesagt, es gibt trotz insgesamt

schwieriger Arbeitsmarktlage sehr wohl Perspektiven. Diese sind auch aus den Beiträgen der Fraktionen schon deutlich geworden, zum Beispiel Windenergie, aber auch andere Bereiche. Deshalb noch einmal herzlichen Dank! Es ist gut, dass wir als Senat und Sie als Bürgerschaft der Verantwortung für die Beschäftigten und vor allem für unsere Hafenwirtschaft gerecht werden, das wird auch registriert und, ich denke, positiv gewürdigt werden. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen.

Es ist getrennte Abstimmung beantragt worden.

Wer dem Punkt 1 des Antrags der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/765 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!