Protokoll der Sitzung vom 30.04.2009

Genauso haben wir eine Resolution vom Jahr 2000, die auch die Bundesrepublik mit unterzeichnet hat, in der steht, dass Mädchen in Konfliktregionen, wie im Osten des Kongos, geschützt werden müssen. Auch das wird nicht umgesetzt. Da könnte man ansetzen, seine Möglichkeiten, die man hat, auch weltweit zu nutzen! Das kann man auch durch Gespräche tun, indem man deutlich macht, was eine gute Regierung bedeutet, „Good Governance“ wird das im europäischen oder im internationalen Kontext genannt, indem deutlich wird, dass es einen Rechtsstaat geben muss, dass Gerechtigkeit und Verantwortung dazu gehören, wenn man eine gute Regierung sein will. Das bedeutet, dass man dies in einem nationalen Aktionsplan darstellt, in dem genau diese Resolution, die ich erwähnt habe, konkret in strategische Umsetzungen zum Schutz von Frauen und Mädchen dargestellt wird. Frau Hauser ging in ihrer Laudatio sogar soweit zu sagen, dass Deutschland solch einen nationalen Aktionsplan bräuchte, den es zurzeit nicht gibt.

Als dritten Punkt will ich nur noch einmal auf den Friedensfonds eingehen, auch er ist in unserem Antrag ja formuliert. Die Bundesrepublik hat für den Wiederaufbau im Kongo einen Friedensfonds in Höhe von 50 Millionen Euro eingerichtet. Auch hier müssten die Belange von Frauen und Mädchen zum Schutz, aber auch zur Integration stärker berücksichtigt werden. Gerade die Integration ist ein Problem, weil viele Frauen gar nicht öffentlich deutlich machen wollen, was sie in ihrem Leben schon erlebt haben.

Als letzten Punkt, und damit will ich dann auch schließen, gibt es die Möglichkeit, sich auch um das Thema Kindersoldaten stärker zu kümmern. 40 Prozent der Kindersoldaten sind Mädchen. Es ist teilweise überhaupt nicht bekannt, dass es so viele Mädchen sind, die dort als Soldatinnen schon tätig sind, aber nur zwei Prozent von diesen Mädchen sind in den Integrationsprogrammen. Deswegen wäre es wichtig, auch auf Bundesebene – und da hoffe ich, dass der Senat sich engagiert dafür einsetzt – etwas daran zu ändern. Ich denke, durch die Verleihung des Solidaritätspreises hat Bremen eine Verpflichtung, sich an diesem Thema auch weiter aktiv zu beteiligen. Ich denke, wir als Bürgerschaft sollten dies auch tun. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Immaculée Birhaheka hat vor Kurzem, das hatte Frau Hiller ja schon gesagt, den Bremer Soli

daritätspreis für mutiges Engagement gegen die Missachtung von Menschenrechten und Gewalt gegenüber Frauen im Kongo verliehen bekommen. Dazu beglückwünschen wir sie, denn sie hat diesen Preis zu Recht verdient! Sie verrichtet ihre Arbeit unter der ständigen Bedrohung von Repressalien, dem Gefängnis, aber sie muss auch um ihr Leben fürchten, und dies muss anerkannt und unterstützt werden, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Mich haben die Berichte von Frau Birhaheka über Folter, Mord, Massenvergewaltigungen und Anarchie zutiefst betroffen gemacht, und mir hat das noch einmal gezeigt – man hat von diesen Berichten auch sonst ganz oft in den Medien gehört, im Fernsehen Berichte dazu sehen können –, wenn man mit Menschen, die es vor Ort miterleben, redet, dann macht es das ganze Ausmaß noch einmal sehr viel begreiflicher. Ich bitte Sie, mir einmal 30 Sekunden zu gewähren, um von dem Antrag abzuschweifen, denn was mir dabei noch einmal sehr deutlich geworden ist, ist, wie sicher wir hier in unserem eigenen Land im Vergleich zu vielen anderen Ländern der Welt leben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das möchte ich gerade im Hinblick auf die anstehenden Wahlen in Richtung aller Politikmuffel, aller Politikverdrossenen sagen: Dass wir uns hier in diesem Land frei bewegen können, dass wir uns sicher bewegen können, dass keiner, der seine Meinung sagt, hier mit Repressalien, mit Folter, mit Gefängnis bedroht wird, hat etwas mit dem demokratischen System zu tun, mit seinem Instrument der freien Wahl. Das müssen wir schützen, und deswegen fordere ich jeden auf: Bitte nehmen Sie das Angebot wahr, gehen Sie zur Wahl und leisten Sie damit auch einen Beitrag zur Sicherung der Demokratie! Andere Menschen in der Welt geben ihr Leben dafür, überhaupt wählen gehen zu dürfen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Zum Thema noch einmal! Massenvergewaltigungen als Waffe in Kriegs- und Krisengebieten sind ein Verbrechen, und dies verurteilen wir auf das Schärfste! Im Kongo – wobei sich unser Antrag nicht nur auf den Kongo bezieht, sondern auch auf andere Kriegs- und Krisengebiete – ist den Tätern kein Mittel zu brutal, wie man den Berichten von Hilfsorganisationen und den Vereinten Nationen entnehmen kann. Rebellengruppen greifen Zivilisten an, und die brutale Gewalt richtet sich vor allen Dingen auch gegen Frauen und Mädchen. Besondere Sorge bereitet zum Beispiel

Amnesty International, dass Massenvergewaltigungen sowie sexuelle Übergriffe gegen Frauen und Mädchen seit Ausbruch der Kämpfe zugenommen haben, und – darauf ist Frau Hiller auch eingegangen – dass in dem Konfliktgebiet außerdem verstärkt Kindersoldatinnen rekrutiert werden.

Um noch einmal das Ausmaß und die Brutalität zu verdeutlichen, habe ich lange darüber nachgedacht, ob ich aus dem Bericht von Amnesty International die folgenden Passagen zitieren soll, weil ich sie erschreckend finde, weil ich sie abscheulich finde, aber ich möchte es doch machen, um zu verdeutlichen, worüber wir auch sprechen. Der Bericht enthält zahlreiche erschütternde Aussagen von Betroffenen. Kranke, schwangere und behinderte Frauen waren regelmäßig sexueller Gewalt ausgesetzt, Frauen wurden monate- und jahrelang in Kampfeinheiten als sexuelle Sklavinnen missbraucht. Viele Opfer wurden mit Bajonetten, angespitzten Stöcken, Nägeln penetriert, oftmals nach Vergewaltigungen angeschossen und im Genitalbereich verstümmelt. Meine Damen und Herren, es ist nicht nur eine Vergewaltigung, es ist eine Folter, der die Frauen und Mädchen zum Teil dort ausgesetzt sind.

Die Größenordnung und Brutalität übersteigt die menschliche Vorstellungskraft. Ich finde es verabscheuenswürdig, barbarisch, und mir fehlen eigentlich auch ein bisschen die Worte, um zu beschreiben, welche Fassungslosigkeit ich dabei empfinde. Das Schlimmste ist, dass die Täter keine Strafe zu befürchten haben, sie bewegen sich quasi im gesetzlosen Raum. Es gibt zwar seit dem Jahr 2006 dort auch ein Gesetz, dass die Verfolgung und Bestrafung von Sexualverbrechen verschärft hat, aber es wird nicht umgesetzt, und viele Polizisten und Soldaten, so die Berichte, sind selbst an diesen Vergewaltigungen beteiligt. Amnesty International rief deswegen am 26. November 2008 einen internationalen Aktionstag für den Schutz der Menschen im Kongo ins Leben, und wir hier in Bremen dürfen vor so einem Ausmaß an Brutalität, vor solchen Verbrechen im Kongo nicht die Augen zumachen nach dem Motto, na ja, es ist weit weg. Deswegen ist die Verleihung des Solidaritätspreises ein Symbol der Unterstützung, klar, aber – und das muss man auch sehen – es ist eindeutig auch für diese Menschen, die diesen Preis bekommen, oft ein Schutzschild, ihre Arbeit auszuüben, ohne mit dem Tod oder mit Gefängnis bedroht zu werden.

Frau Hiller hat gesagt, wir müssen zusätzlich zu diesem Solidaritätspreis weitere konkrete Maßnahmen ins Leben rufen oder unterstützen, um Frauen in solchen Gebieten helfen zu können. Ein wichtiger Punkt – das kam in dem Gespräch durch, das wir hier in der Bürgerschaft mit Frau Birhaheka hatten – ist die Unterstützung der medizinischen Versorgung, denn das Gesundheitssystem ist dort total zusammengebrochen. Viele Frauen haben Aids, sie brauchen dringend ärztliche Hilfe, sie können aber auch oft nach diesen Vergewaltigungen nur mit Notoperationen

überhaupt gerettet werden. Wir wollen, dass der Schutz vor Vergewaltigungen in die Einsatzrichtlinien der UN-Mission aufgenommen wird, wir wollen die Integration der Kindersoldaten und auch der Mädchen. Ich finde, ein wichtiger Punkt ist, dass den Berichten über diese Verbrechen und der Folter nachgegangen werden muss und dass diese Verbrechen von unabhängigen Gerichten behandelt werden müssen. Einen Punkt finde ich auch hier für Bremen wichtig: Frauen, die vor frauenspezifischer Verfolgung nach Deutschland fliehen, müssen auch tatsächlich hier Asyl bekommen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, Gewalt gegen Frauen gibt es weltweit, Massenvergewaltigungen und Folter als Kriegsmittel ist ein Verbrechen, dies verurteilen wir auf das Schärfste. Wir in Bremen machen nicht die Augen zu, wir wollen konkrete Hilfe für die geschädigten Frauen; daher bitte ich Sie, unterstützen Sie diesen Antrag! – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Antrag, der uns vorliegt, thematisiert zu Recht eines der schwerwiegendsten Probleme im Kongo, die Gewalt und sexualisierte Gewalt gegen Frauen. In den Kriegen dieser Welt wird sexuelle Gewalt als ein Mittel des Krieges strategisch eingesetzt. Massenvergewaltigungen und Misshandlungen von Frauen sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die konsequent verfolgt und geahndet werden müssen.

(Beifall bei der FDP und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, zu wenig wurde in den vergangenen Jahren getan, um diesen Schandtaten entschlossen und eindeutig entgegenzutreten. Zwar hat der UN-Sicherheitsrat eine Resolution verabschiedet, die ein Ende der sexuellen Gewalt gegen Frauen und Mädchen in militärischen Konflikten fordert, zwar werden in dieser Resolution auch deutliche Worte der Ächtung gefunden, aber wir fragen uns, können Worte tatsächlich etwas an der konkreten Lage verändern? Ich glaube nicht! Wir Liberale meinen, hier ist in erster Linie Schutz, medizinische und psychologische Hilfe und vor allem Aufklärung gefragt. Die Völkergemeinschaft muss etwas tun, um den unsäglichen Zustand zu beenden. Ausdrücklich unterstützen wir die Forderung, uns für die Interessen der von Gewalt und Vergewaltigung betroffenen Frauen und

Mädchen einzusetzen. Ausdrücklich sagen wir Liberale, ja, die Welt kann nicht mehr wegschauen, das Leid, was den Frauen dort angetan wird, ist unmenschlich. Alles muss getan werden, damit diese Verbrechen geahndet und geeignete Mittel für eine wirksame Bekämpfung eingesetzt werden.

(Beifall bei der FDP)

Wir stehen in der Mitverantwortung für diese Frauen und Mädchen und wollen diese schützen.

Wir gehen davon aus, Herr Senator Dr. Loske, dass es einer Erinnerung der Bürgerschaft an den Senat nicht bedarf, dass Sie als Senat sich dieser Verantwortung, die aus der Verleihung des Bremer Solidaritätspreises folgt, auch stellen und sich auch der Unterstützung durch die Bremische Bürgerschaft bei diesem wichtigen Thema bewusst sind. Das Thema ist ja auch schon Gegenstand der Beratungen des Deutschen Bundestages und der Ausschüsse dort geworden. Die FDP hat dem hier vorgetragenen Ansinnen dort zugestimmt, und wir werden auch dem Antrag der beiden Fraktionen heute hier unsere Zustimmung geben. – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der FDP, bei der SPD, beim Bünd- nis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Motschmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch die CDU stimmt dem Antrag zu. Lediglich Punkt 2 h des Beschlussvorschlags lehnen wir ab, ich komme später darauf zurück.

Wir begrüßen, wie Sie alle, die Ehrung durch den Bremer Solidaritätspreis für Immaculée Birhaheka und denken, dass damit eine couragierte, mutige und tapfere Frau geehrt wird, die sich ja nicht nur gegen Folter und Vergewaltigung von Frauen einsetzt, sondern selbst Gefängnis, Folter und permanente Drohungen aufgrund dieser Arbeit und ihres Einsatzes für vergewaltigte Frauen hinnehmen und ertragen muss. Sie lässt sich dadurch nicht einschüchtern. Ihre Arbeitsund Lebensrealität ist schwierig und äußerst gefährlich. Gewalt gegen Frauen – das haben Sie, Frau Dr. Schaefer, sehr eindringlich gesagt – und systematische sexuelle Folter als Teil der Kriegsführung sind verbrecherisch und kann nur von uns allen abgelehnt und auf das Schärfste kritisiert werden.

Die Verleihung des Solidaritätspreises an Immaculée Birhaheka ist mehr als nur eine gutgemeinte Geste. Deshalb haben Sie den Antrag gestellt, und das finde ich auch richtig und gut. Wir wollen das begleiten. Uns selbst wird bewusst – und da geht es mir wie Ihnen, Frau Dr. Schaefer –, was es bedeutet, in einem freiheitlichen Rechtsstaat zu leben. Wir wissen gar nicht, was es bedeutet, couragiert, mutig und

tapfer für politische, religiöse oder weltanschauliche Positionen einzutreten. Wir kennen das gar nicht mehr, wir müssen das Gott sei Dank nicht. Wir vergessen allzu leicht, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, eine Garantie für freie Meinungsäußerung, eine unabhängige Justiz, demokratische Strukturen zu haben. All dies ist im Kongo und in vielen anderen Bereichen der Welt nicht gewährleistet. Immaculée Birhaheka kämpft unermüdlich und unbeirrt gegen das Unrecht in ihrem Land, dem Kongo. Ihr Mut und ihre Tapferkeit kann uns Vorbild sein, und das ist mein zentrales Thema.

Tapferkeit ist ein altmodischer Begriff, der zu den Kardinaltugenden von Platon zählt. Es gibt ein Buch über „Wesen und Wandel der Tugenden in der Zeit“ von Otto Friedrich Bollnow, in dem er Tapferkeit folgendermaßen beschreibt, ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten: „Die Tapferkeit muss errungen werden. Sie ist eine Haltung, die sich der Mensch selbst gibt, indem er die Versuchung zur Feigheit bewusst in sich zurückweist.“

Diese Haltung verkörpert für mich die Preisträgerin. Sie steht und kämpft für Menschenrechte und für Menschenwürde. Für diese Haltung ist sie Vorbild und Beispiel weit über die Grenzen ihres Landes hinaus. Wir vermissen so oft überzeugende Vorbilder – hier haben wir eines! Wir vermissen Persönlichkeiten, die uns Werte und Tugenden überzeugend vorleben – hier haben wir eines! Dass es sich dabei um eine kongolesische Frau handelt, freut mich ganz besonders. Wir alle lernen von dieser Frau, und insofern sind wir nicht nur Gebende, sondern auch Nehmende. (Beifall)

Die Verleihung des Preises ist gleichzeitig eine Absage an jegliche Formen der Überheblichkeit, des Dünkels und des Rassismus gegenüber der schwarzen Bevölkerung insgesamt und gegenüber den schwarzen Frauen im Besonderen. Dies unterstützen wir als CDU-Fraktion mit vollem Herzen, und man ist eigentlich traurig, wie wenig man tun kann.

Ich komme abschließend zu der Ablehnung von Punkt 2 h. Da sagen Sie, Frauen, die vor frauenspezifischer Verfolgung nach Deutschland fliehen, wird Asyl gewährt. Das ist zu wenig differenziert. Wir dürfen ja nicht das geltende Asylrecht unterlaufen. Hier muss es eine Einzelfallprüfung geben, denn wir können nicht jede Frau aufnehmen, die in einem Land lebt, wo die Scharia gilt, die es erlaubt, Frauen zu schlagen, oder die in Afghanistan lebt, wo Frauen jetzt viermal pro Woche sexuell zur Verfügung stehen müssen, wenn es denn dazu kommt, dass das Gesetz angenommen wird. Insofern muss man hier sicherlich etwas vorsichtiger formulieren. Deswegen werden wir bei der Abstimmung diesem Punkt nicht zustimmen.

Das soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir dieser Frau und den Problemen in diesem Land,

aber auch in vielen anderen Ländern der Welt und den Problemen der betroffenen Frauen, die wir uns überhaupt kaum vorstellen können, die wir fast nur erahnen können, weil niemand von uns so etwas erleben musste und niemand von uns unmittelbar in diesen Ländern lebt, Anerkennung zollen. Ich habe viele dieser Länder selbst besucht und habe viele dieser Frauen auch einmal erlebt, aber trotzdem sage ich: Wir hier sitzen warm und trocken und können uns kaum vorstellen, was das bedeutet!

Insofern finde ich es gut, dass Sie die Aufmerksamkeit mit dem Antrag auch noch einmal auf das Problem lenken und dass wir tun, was wir tun können – wenig genug ist es, und schwierig genug ist es auch –, aber dass niemand uns den Vorwurf macht, wir schauten weg, wir interessierten uns nicht, wir stumpften ab angesichts der Bilder, die wir täglich im Fernsehen sehen. Insofern vielen Dank für Ihre Initiative! Ich bitte um Verständnis, dass wir lediglich an dem einen Punkt getrennt abstimmen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Nächste Rednerin ist die Abgeordnete Frau Troedel.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Selten ist es mir persönlich so schwer gefallen, zu einem Thema zu sprechen. Zornig müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass sexuelle Gewalt gegen Mädchen und Frauen immer mehr zur Kriegswaffe wird. Zusätzlich zu den spontanen sexuellen Gewaltexzessen werden brutale Vergewaltigungen als strategisches Mittel im Krieg eingesetzt. Es geht nicht nur darum, die einzelne Frau zu demütigen, sondern auch um die Zerstörung von Familien und Gemeinschaften. Mit der verlorenen Ehre der Frau soll die gesamte Gemeinschaft ihre Ehre verlieren. Massenvergewaltigungen nach dem Sieg sollen die Gemeinschaften gefügig machen. Eine doppelte Demütigung der Frau, der Mutter, der Tochter, der Schwester. So auch im Kongo: Mehr als drei Millionen Menschen sind seit 1998 in der Demokratischen Republik Kongo getötet worden oder durch die Folgen des Krieges gestorben. Hunger, Krankheiten, Folterungen, systematische Vergewaltigungen von Mädchen und Frauen erschüttern das Land.

Es gibt auf der Welt keinen schlimmeren Ort für Frauen als die Demokratische Republik Kongo, sagen viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen. Die kongolesische Menschenrechtsaktivistin Frau Immaculée Birhaheka kämpft unter Einsatz ihres Lebens für die Rechte von Frauen. Mutige Frauen wie sie zeigen auf die Täter und fordern ihre Bestrafung. Für ihr Engagement hat sie schon einen hohen Preis zahlen müssen: Gefängnis, Folter und ständige Drohungen. Als Anerkennung für ihre Arbeit erhielt sie wichtige Auszeichnungen von inter

nationalen Menschenrechtsbewegungen, in Deutschland, in Bremen den 11. Bremer Solidaritätspreis. Die gesamte Bürgerschaft kann ihre Solidarität zeigen, indem sie dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zustimmt, was wir tun – ohne Wenn und Aber.

Wir bitten allerdings noch Folgendes zu beachten: Folter geht nach UN-Antifolterkonvention nur von staatlicher Seite aus. Paramilitärische Verbände und Milizen, wie im Kongo, sind nach dieser Definition nicht erfasst. Das kann zur Folge haben, dass vergewaltigte Mädchen und Frauen nicht als Folteropfer anerkannt werden und somit kein Anrecht auf Asyl haben. Geschlechtsspezifische Verfolgung muss der politischen Verfolgung gleichgesetzt werden, und geschlechtsspezifische Verfolgung muss mit Kriegsverbrechen gleichgesetzt werden! Neben der schärfsten Verurteilung der Länder, die Vergewaltigung in Krisen- und Kriegsgebieten zulassen, sind auch die Nationen zu verurteilen, die durch die Lieferung von Waffen zu Mittätern werden.

Wir stimmen dem Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu und sagen: Danke und Respekt für diesen Antrag!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Senator Dr. Loske.