Protokoll der Sitzung vom 27.05.2009

Die FDP hat ihre Offenheit ja bis zum Schluss gezeigt, Herr Dr. Kuhn. Ich glaube, keiner kann sich in

dieser Debatte als Sieger feiern oder als derjenige, der seine bildungspolitischen Vorstellungen nun zu 80, zu 90 oder zu 100 Prozent durchgesetzt hat, Herr Güngör. Deswegen will ich ganz ehrlich sagen, das, was wir heute miteinander beraten, ist das Ergebnis eines gemeinsamen Dialogs und am Ende auch eine gemeinsame Verständigung, und deswegen soll sie von uns auch gemeinsam getragen werden.

Aus Sicht der CDU ist es in den Diskussionen ganz maßgeblich darum gegangen, dass wir in dem Bildungskonsens miteinander verabredet haben, die acht stadtbremischen Gymnasien zu erhalten, und zwar nicht nur als Türschild, sondern ganz bewusst als Schulform, und ganz bewusst auch mit ihren Kapazitäten. Für die CDU ist Grundlage eines jeden Bildungssystems, dass es eben Kinder mit unterschiedlichen Begabungen gibt, die auch eine unterschiedliche, individuelle Förderung in ihren Begabungen brauchen. Deswegen, das sage ich an dieser Stelle, ist für die CDU das Gymnasium, die Schulform des Gymnasiums, ein ganz wesentlicher Bestandteil auch des Bremer Bildungskonsenses. Ohne Bestandsgarantie für die Gymnasien hätten wir dem Schulgesetz heute unsere Zustimmung nicht gegeben.

(Beifall bei der CDU)

Herr Fecker hat gesagt, die CDU hat ein Luftschloss erobert, weil sie etwas erkämpft hat, das wir nie gewollt haben. Ich würde Ihnen empfehlen, das vielleicht noch einmal in den Gliederungen Ihrer Partei ein bisschen zu debattieren und vielleicht auch mit Frau Böschen darüber zu reden. Wie ich das wahrnehme, sehr geehrte Frau Böschen, verfolgt ja die SPD in Bremerhaven unverändert noch das Ziel, das einzig dort noch vorhandene städtische Gymnasium perspektivisch abzuschaffen.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Richtig!)

Richtig! Der Weg sozusagen, dass nie beabsichtigt war, Gymnasien im Lande Bremen abzuschaffen, glaube ich, der ist allein durch die Präsens von Frau Böschen und ihrer Position in diesem Parlament widerlegt.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt aber auch noch andere Anhaltspunkte dafür, meine sehr verehrten Damen und Herren. Sie haben ja Ihren Koalitionsvertrag auch im Geiste sozusagen der innerlichen Übereinstimmung mit der großen Gewerkschaft GEW geschlossen. Dass ausgerechnet die GEW die rot-grüne Regierung jetzt dafür kritisiert, dass sie dieses Schulgesetz macht, ist doch ein Beleg dafür, dass die Erwartungshaltung, die Sie im Wahlkampf und vor allen Dingen mit Ihrem Koalitionsvertrag erzeugt haben, was eine Bestandsgarantie für Gymnasien betrifft, enttäuscht worden ist. Sie

wollten die Gymnasien perspektivisch in Bremen und Bremerhaven abschaffen, und der Bildungskonsens setzt da einen P davor, es wird in Zukunft auch in Bremen Gymnasien geben müssen.

(Beifall bei der CDU)

Ich will an dieser Stelle auch dazu sagen: Die Lesart von Herrn Güngör, es gibt nach dem Bildungskonsens kein neues Gymnasium, das können Sie für Ihre Partei reklamieren, aber der Bildungskonsens schreibt das nicht fest. Der Bildungskonsens hält fest, die acht Gymnasien bleiben mit ihren Kapazitäten bestehen. Es ist aber doch völlig klar, wenn sich eine Regierung ändert und die CDU an einer Regierung beteiligt sein wird, dann werden wir für eine Ausweitung der gymnasialen Kapazitäten kämpfen, das will ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen. Wir sind der Auffassung, dass knapp 19 Prozent Kapazitäten an den durchgängigen Gymnasien nicht ausreichend sind, und der Bildungskonsens lässt das auch ausdrücklich zu. Es dürfen auch in Zukunft in Bremen neue Gymnasien gegründet werden. Das ist auch Gegenstand des Kompromisses.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen bedarf es übrigens auch nicht der Klarstellung der FDP-Fraktion, das, was selbstverständlich ist, braucht man nicht ins Gesetz zu schreiben. Das Gesetz verbietet nicht die Gründung neuer Gymnasien, sondern es lässt sie ausdrücklich zu. Genauso wie das Gesetz ja auch zulässt, in geeigneten Einzelfällen, und darüber haben wir auch schon hier im Parlament diskutiert, den gemeinsamen Unterricht von Klasse 1 bis Klasse 10, auch das lässt das Schulgesetz zu, es schließt es nicht aus, aber es schreibt es eben auch nicht verpflichtend vor.

Aus Sicht der CDU-Fraktion ist auch ganz maßgeblich, dass wir in Zukunft den Zugang zu Gymnasien dadurch organisieren, dass wir bei Überanwahl nach Leistung entscheiden, wer das Gymnasium besuchen kann und wer nicht. Die Auswahl durch Los, die wir bisher in Bremen praktiziert haben, wird den individuellen Bedürfnissen von Kindern eben gerade nicht gerecht. Dass es ein Leistungskriterium beim Zugang zum Gymnasium gibt, ist aus unserer Sicht ein ganz wesentlicher Fortschritt der vorliegenden Schulgesetznovelle.

Der dritte Punkt ist der, der natürlich auch bei uns für Diskussionen sorgt. Ich glaube, dass es richtig und vernünftig ist, neben dem Gymnasium nur noch eine weitere Schulform zuzulassen, in der die Kinder möglichst lange auch gemeinsam unterrichtet werden, nämlich die Oberschule. Wer hätte das vor sechs Jahren gedacht, Frau Böschen, dass wir in Bremen einmal die Oberschule einführen? Allein die Begrifflichkeit macht den Umbruch deutlich. Wir alle haben gelit

ten in unseren Parteien unter der Entwicklung der Hauptschule im dreigliedrigen Schulsystem, wir haben gelitten unter den Anwahlzahlen zur Sekundarschule im zweigliedrigen Schulsystem, wobei ich ausdrücklich noch einmal sage, das heißt nicht, dass das System schlecht war, was wir erfunden haben. Es funktioniert, auch die Sekundarschulen funktionieren. Zum Beispiel in freigemeinnütziger Trägerschaft, finde ich, gibt es Schulen in Bremen, die praktizieren die Zweigliedrigkeit mit der verbundenen Haupt- und Realschule vorbildlich.

Aber die Eltern haben diese Schulen für ihre Kinder nicht gewählt, und deswegen ist es richtig und konsequent, dass wir uns darauf verständigt haben, neben dem Gymnasium nur noch eine weitere Säule zuzulassen, nämlich die Oberschule. Die Oberschule wird in Zukunft alle Bildungsabschlüsse anbieten, auch das Abitur nach 12 Jahren, ich vermute aber einmal, in der Regel sehr wahrscheinlich das Abitur nach 13 Jahren.

Damit ist aus meiner Sicht ganz maßgeblich eine der Ursachen beseitigt, die dazu geführt haben, dass in Bremen die Frage, ob eigentlich alle Kinder eine gerechte Chance haben, ausgeräumt ist. In Zukunft entscheiden Eltern nämlich nicht mehr nach der vierten Klasse, ob ihr Kind Abitur machen wird oder nicht, sondern sie entscheiden es sozusagen im weiteren Schulverlauf. Jedes Kind hat auch nach der vierten Klasse, auch wenn es nicht an das durchgängige Gymnasium geht, in Zukunft in Bremen die Chance, das Abitur zu machen. Das heißt, wir sieben auch nicht aus, wie jetzt hier entsprechend draußen signalisiert worden ist, sondern im Gegenteil, dass wir aussieben setzt ja voraus, liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, dass man vorher etwas zusammenmischt, um es dann hinterher wieder sorgsam auseinanderzusieben. Das ist aus meiner Sicht eine völlig falsche Vorstellung von den Begabungen und Neigungen von Kindern!

(Beifall bei der CDU)

Es sind eben nicht alle Kinder gleich, und deswegen muss man sie auch nicht aussieben, sondern man muss ihre Talente entdecken, und man muss sie in ihren Talenten fördern, und das kann man am besten in einem gegliederten Schulsystem. Es gibt eben eine bestimmte Anzahl von Schülerinnen und Schülern, bei denen kann man schon nach der vierten Klasse feststellen, dass sie eine Neigung zum wissenschaftlichen Lernen haben. Diesen Kinder geben wir die Chance, im durchgängigen Gymnasium das Abitur nach zwölf Jahren mit einem stark wissenschaftlich orientieren, leistungsbereiten, aber auch individualisierten Lernen zu ermöglichen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir mit der Oberschule eine Schulform gefunden haben, die nicht selektiert, die individuell zu fördern in der Lage ist und die am Ende auch die Kinder in die Lage versetzt, im weiteren Schulver

lauf ihre eigenen Fähigkeiten und Talente zu entdecken, und uns die Möglichkeit gibt, diese auch zu fördern.

Wir haben mit unserem Änderungsantrag noch einmal eine Klarstellung begehrt dahingehend, dass es ernst gemeint ist, was im Bildungskonsens steht, nämlich dass in der Oberschule in äußerer und innerer Differenzierung der Unterricht gestaltet werden kann. Das Schulgesetz sieht die äußere Differenzierung bisher erst ab Klasse 7 vor, und deswegen sagen wir mit unserem Änderungsantrag, für uns ist es eine Klarstellung zu sagen, äußere Differenzierung gibt es auch schon in Klasse 5.

Wenn das für Sie noch erörterungsbedürftig ist, dann, finde ich, sollten wir versuchen das in den fachlichen Deputation zu klären. Ich bin zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, am Ende doch noch eine gemeinsame Lösung zu finden. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion wird daher heute der Schulgesetznovelle des Senats bei allem Dissens und bei allem Diskurs zustimmen. Eines steht allerdings fest: Damit geben wir den Schulen nur einen verlässlichen Rahmen. Eine gute Schule, ein guter Unterricht und damit gute Ergebnisse und Leistungen unserer Schülerinnen und Schüler sind damit noch nicht garantiert. Ich sage ganz bewusst auch, das wird nicht das Ende der schulpolitischen Debatten sein,

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Gott sei Dank!)

weil es natürlich zwischen den den Bildungskonsens unterzeichnenden Parteien nach wie vor Unterschiede in der Schulpolitik gibt und, wie ich finde, auch geben muss. Deswegen sage ich ganz bewusst, ich glaube, dass dieser Kraftakt bundespolitisch einmalig ist. Wenn ich bei der CDU-Fraktionsvorsitzenden-Konferenz bin, dann werde ich immer gefragt: Wieso habt ihr euch eigentlich mit Rot-Grün auf eine Schulreform verständigt? Ich nehme an, Herrn Dr. Sieling und Herrn Dr. Güldner geht es ähnlich. Es war ja auch die offene Frage jetzt schon einmal in der Zeitung: Warum hat sich eigentlich Rot-Grün mit der CDU geeinigt?

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Der Kinder we- gen!)

Ich glaube, uns eint eines, nämlich die Verantwortung zu sagen, so, wie es bisher war, kann es nicht weitergehen, und wir haben einen Konsens gefunden für einen gemeinsamen äußeren Rahmen. Jetzt liegt es natürlich daran, dass wir mit unterschiedlichen bildungspolitischen Vorstellungen aber, ich hoffe, auch im Geiste des Konsenses um den besten Weg an den Schulen streiten.

Ich bin der festen Überzeugung, dass es auch in Zukunft in diesem Parlament kontroverse Debatten über Bildungspolitik geben kann und auch geben

muss. Ich habe die Zuversicht, dass es uns gelingt, diese so konstruktiv zu führen, dass sie den Geist des Konsenses noch tragen, denn am Ende vereint uns doch im Wesentlichen alle eines, nämlich dass wir für unsere Schülerinnen und Schüler eine gute Schule wollen, dass wir ihnen die Chance geben wollen, einen ihren Begabungen und Fähigkeiten entsprechenden Schulabschluss und damit den Zugang zum Berufsleben zu finden. Ich finde, mit dem heutigen Entwurf des Schulgesetzes sind wir da einen großen Schritt vorangekommen, und deswegen möchte ich mich bei denen, die daran mitgewirkt haben, ganz herzlich bedanken, insbesondere bei Ihnen, sehr geehrte Frau Senatorin. An der einen oder anderen Stelle hatte ich das Gefühl, dass sich die Politik so verharkt hat, dass es nicht mehr weitergeht, und am Ende ist es unter Ihrer Moderation ja auch im Bildungskonsens gelungen, zu einer solchen verlässlichen Verabredung zu kommen. Das ist für Sie, mit Ihrer Koalition, nicht immer leicht gewesen. Das ist für uns nicht leicht gewesen. Das ist für die FDP erkennbar schwer gewesen. Deswegen glaube ich, können wir uns alle ein bisschen selbst auf die Schulter klopfen. Die CDUBürgerschaftsfraktion wird dem Schulgesetz heute in der ersten Lesung seine Zustimmung erteilen. – Vielen Dank! (Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Beilken.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das ist ja interessant, was wir jetzt gehört haben. Es wird gar nicht ausgesiebt. Wir haben gerade ausgerechnet von Herrn Röwekamp gehört, das stimmt gar nicht, und gleichzeitig hat er gerade deswegen dem rot-grünen Entwurf zugestimmt, so dass wir wirklich sagen können, Schwarz-Rot-Grün siebt aus. Das Aussieben wird sogar verstärkt, indem in den Grundschulen in Zukunft nach Leistung von den Kolleginnen und Kollegen der Lehrerschaft den Kindern ein Stempel aufgedrückt werden muss, es muss beurteilt werden, und das ist dann rechtsverbindlich. Das gibt ein Mordstheater, einen Mordsdruck in den Grundschulen. Das Aussieben wird ja stärker werden, der freie Elternwillen wird an der Stelle beschnitten, und es wird versucht, mit scheinbar objektiven Kriterien den Kindern etwas zuzuordnen an Qualifikation. Wir haben insofern eine Verschlechterung des Klimas an den Grundschulen zu befürchten, und das Aussieben – 20 Prozent können auf das Gymnasium, der Rest darf nicht – wird wahrscheinlich eine große Rolle spielen. Dieses Experiment hätte nicht nötig getan, das ist ja sogar ein Schritt zurück, meine Damen und Herren. interjection: (Beifall bei der LINKEN) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Es stimmt, dass in Bremerhaven tatsächlich die politischen Mehrheiten anders sind. Es ist tatsächlich dort der Gedanke „Eine Schule für alle“ als Ziel noch lebendig, und es ist ein erklärtes Ziel, dies dort weiter zu verfolgen.

Wir sind in Bremen die Einzigen, die dies weiter verfolgen, und wir haben, weil es im rot-grünen Gesetzentwurf ja nicht mehr so ist, einen eigenen Gesetzentwurf entwickelt. Wir haben einen eigenen Gesetzentwurf entwickelt, der das längere gemeinsame Lernen in den Mittelpunkt rückt – gemeinsam Lernen bis Klasse 10 –, der die individuelle Förderung dabei in den Mittelpunkt rückt, die Inklusion von Menschen mit Behinderungen verbindlich macht und mit einem Zeitrahmen versieht, der eine durchgehende Sprachförderung nach Bedarf im Gesetz festschreibt und dies nicht nur als guten Willen und dann nach Kassenlage. Es ist ein Gesetzentwurf, der den sozialen Ausgleich durch besondere Förderung in benachteiligten Stadtteilen ins Gesetz schreibt,

(Beifall bei der LINKEN)

ein Entwurf, der darüber hinaus wieder mehr Demokratie in den Schulen ermöglicht, das heißt, dass Eltern, Lehrer und Schüler wieder mehr Rechte haben über das, was an ihrer Schule vorgeht, zu entscheiden.

Als letzten Punkt haben wir in unserem Entwurf die verbindliche Mittelzuweisung für Bildung. Bildung darf nicht nach Kassenlage gemacht werden, es reicht aber nicht, wenn das in Sonntagsreden gesagt wird. Unseren Gesetzentwurf haben wir deswegen gemacht, weil wir zeigen, all diese Dinge kann man ins Gesetz schreiben. Dann ist es auch so, dass Bildung eine der Aufgaben ist, bei denen nicht gekürzt werden kann. Wenn also irgendwo ein Engpass ist, man zum Beispiel eine Haushaltssperre hat, dann schaut man ja, was gesetzlich vorgeschrieben ist und was nicht. Bildung soll dann vorgeschrieben sein, und zwar nach dem Bedarf, der von uns allen immer wieder betont wird, der in der Bildung tatsächlich auch vorkommt. Wir haben an mehreren Punkten diese Bedarfe festgeschrieben. Ich möchte Ihnen aus unserem reichhaltigen Entwurf, der alles ziemlich genau durchdacht und geregelt hat, was hier zu novellieren war, an wenigen Beispielen erläutern, wie das ganze funktioniert.

Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten unseren Änderungsvorschlag für den Paragrafen 20, da heißt es in Absatz 2: „Die Gemeinschaftsschule führt in einem neunjährigen Bildungsgang zum Abitur sowie zur erweiterten Bildungsreife und zum mittleren Schulabschluss.“ Meine Damen und Herren, das muss man da so hineinschreiben, dann hat man eine Schule für alle.

An anderer Stelle haben wir geregelt, dass der Beginn dieser Umgestaltung im nächsten Schuljahr anfangen kann und dass er dann mit begründeten Aus

nahmen bis 2014/2015 beendet sein kann, und wir haben auch hineingeschrieben, wie dieser Wandel vollzogen wird, nämlich von der Schule aus gesehen. Wir haben in einem weiteren Absatz geschrieben: „Dieser Entwicklungsprozess wird gesteuert durch von der Schule erarbeitete Schulentwicklungskonzepte, durch genehmigte Differenzierungskonzepte und durch genehmigte Ausnahmeverfahren.“ Das heißt, die Schule macht sich auf den Weg, die Schule bekommt dann ein Feedback von der Behörde, und wir haben hier die Mischung aus Fördern und Fordern, sodass wir den Wandel im Bildungswesen nicht über das Knie brechen, wir ihn aber auch verbindlich machen. Wenn man das will, kann man das tun, das haben wir in unserem Gesetzentwurf gezeigt.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein letztes Zitat zur Finanzierung, die ich ja angesprochen habe, aus Absatz 4 desselben Paragrafen 20: „Die personelle und sachliche Ausstattung der einzelnen Schulen hat den Anforderungen zu entsprechen, die sich aus dem erreichten Grad an individueller Förderung und leistungsmäßiger Heterogenität sowie aus den Sozialindikatoren der Schülerschaft ergeben.“ Das heißt, hier werden die Dinge, die uns allen in Sonntagsreden wichtig sind, individuelle Förderung, ausreichende Finanzierung, Heterogenität muss unterstützt werden, nach Sozialindikatoren muss gefördert werden, festgeschrieben.

An anderen Stellen haben wir noch sozialpädagogische Angebote und Förderangebote bei Ganztagsschulen verbindlich gemacht. Das kann man mit gesetzlichen Formulierungen machen, dann hat man eine andere Schulsituation, ein anderes Bildungswesen, dann kann es auch wirklich vorangehen, und es wird dann nicht immer mit den knappen Mitteln das ganze schöne Gedachte konterkariert. Das sind ja auch die Befürchtungen, die man beim Zentralelternbeirat, bei der GEW und bei den Schülern hat und die man aus der Politik kennt. Wir zeigen, es geht auch anders. (Beifall bei der LINKEN)

Wir haben auch festgelegt, dass die durchgängige Sprachförderung in Paragraf 37 eine Muss-Vorschrift und eben keine Kann- oder Soll-Vorschrift ist, die dann doch wieder abhängig von den Mitteln ist.

Wir haben das insbesondere bei der Inklusion gemacht, das ist ja das Recht auf Integration, im sonderpädagogischen Bereich, wie wir hier bei vielen Vorträgen gelernt haben. Das haben wir in den Paragrafen 25 und 35 festgeschrieben, und nur wir unterstützen die Betroffenen in ihrer Forderung, dort auch einen Zeithorizont hineinzuschreiben. Das heißt, wir haben hier bis 2014/2015 Zeit, das ist nun wirklich nicht über das Knie gebrochen. Es ist dann aber klar, der Wandel, die Integration, die Auflösung der

Förderzentren in Unterstützungsinstitutionen zur Integration in den normalen Schulbetrieb werden damit verbindlich. Wir sind bislang die Einzigen, die dieser Forderung seitens der Betroffenen, besonders des Behindertenbeauftragten Dr. Steinbrück, entgegenkommen. Die Dinge kann man ins Gesetz schreiben, und bis 2014/2015 ist das nun wirklich nicht zu viel. Wenn Sie dazu nicht bereit sind, dann machen Sie an die ganze Inklusion letztlich doch ein Fragezeichen sowie an viele andere Punkten auch.

Wir haben letztlich die Stärkung der demokratischen Mitwirkung in der Schule in den Paragrafen 24 bis 36 des Schulverwaltungsgesetzes auch genau ausgeführt: Vollversammlung, Urabstimmung, Schulkonferenz, Gesamtkonferenz des Kollegiums, wobei wir nicht eins zu eins den schon einmal gegeben Zustand wiederhergestellt haben, sondern wir haben uns schon etwas mehr Mühe bei den einzelnen Vorschriften gegeben. Wir haben insgesamt 22 Punkte mit ebenso vielen Paragrafen beim Schulgesetz und auch etwa so vielen beim Schulverwaltungsgesetz ausgearbeitet, und sie zeigen Möglichkeiten der Qualitätssteigerungen, denn darum geht es ja letztlich, um Entwicklungsmöglichkeiten für die Qualität von Schule! Die lebt auch nicht von Sonntagsreden allein und auch nicht von Ruck-Reden aller Art, auch nicht von Appellen, die Ärmel aufzukrempeln, oder gar von Lehrer- oder Lehrerinnenschelte oder von Appellen an die Eltern, doch einmal mehr darauf zu achten, dass ihre Kinder gefördert werden. Das alles ist nicht ausreichend, um wirklich die Qualität an den Schulen zu verbessern. Die Wünsche sind da, die Bereitschaft ist da bei den Betroffenen. Die Betroffenen wollten ein Schulgesetz, das diese Qualitätsverbesserungen unterstützt, und es bleibt, um es ein bisschen böse zu sagen, weitgehend heiße Luft, was Sie da im Gesetz geschrieben haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme damit zu Ihrem Gesetzentwurf, der ja der Grund ist, warum wir einen eigenen vorgelegt haben. Sie hatten die Chance, Ihre Wahlprogramme umzusetzen.

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Ich dachte, Sie wollten etwas Besseres für die Kinder!)

Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten aus dem Wahlprogramm der Sozialdemokraten von 2007, dort heißt es: „Wir wollen, dass Kinder und Jugendliche so lange wie möglich eine gemeinsame Schule besuchen können. Unser Ziel ist eine gemeinsame Schule von den Klassenstufen 1 bis 10.“ Sie hätten die Chance gehabt.