Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Der LINKEN, Entschuldigung! Ich bitte um Entschuldigung! Das passt Ihnen auf dieser Seite natürlich nicht. Diese Vorstellung, dass diese sich größtenteils selbst finanzieren, beruht, glaube ich, auf einem Irrtum. Diese Mittel werden in erster Linie, wenn wir mit Landesmitteln Beschäftigungsförderung betreiben, den Bund entlasten. Sie werden dann erst in zweiter Linie eventuell dem Bremer Haushalt zugute kommen, aber auch nur in wenigen Fällen. Schon das ist ein Grund, nicht auf diese Karte zu setzen. Aber ich habe auch schon gesagt, wir haben auch andere Schwerpunkte in unserer Arbeitsmarktpolitik als die reine Beschäftigungsförderung. Wir sehen sie auch im nächsten Jahr gerade im Hinblick darauf, die Krise zu nutzen, um dann nach der Krise noch größere Chancen zu haben und die Chancen in der Qualifizierung und Umschulung von Arbeitslosen zu verbessern.

Alles in allem glaube ich, dass wir mit diesen Mitteln eine gute Grundlage haben, die Herausforderungen im nächsten Jahr – auch auf der Seite der Arbeitsmarktpolitik – zu bestehen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das Wort hat der Abgeordnete Frehe.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Kampf gegen Armut und gegen die drohende Ausgrenzung eines Fünftels der Bremer Bevölkerung ist auch weiterhin ein vorrangiges Ziel der rot-grünen Koalition. Wie aus dem vom Senat vorgelegten Armuts- und Reichtumsbericht „Lebenslagen in Bremen 2009“ deutlich hervorgeht, besteht ein hohes Risiko der Erwachsenen, durch Erwerbslosigkeit in die Armut abzurutschen, der Kinder, durch die Armut der Eltern von Bildung und Förderung ausgeschlossen zu werden, der Migrantinnen und Migranten, in eine Parallelgesellschaft abgedrängt zu werden, und der alten Menschen, mit der Rente keinen auskömmlichen Lebensabend gestalten zu können. Hier kann man nicht nur mit Geldleistungen gegensteuern, sondern wir müssen auch eine soziale Infrastruktur erhalten und stärken, die allen gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als wichtige Punkte, an denen wir in den hier vorliegenden Haushalten Schwerpunkte gesetzt haben, möchte ich hier nennen: Mit der Qualifizierung und Umschulung werden wir wieder mehr Erwerbslosen den Weg in den ersten Arbeitsmarkt eröffnen. Mit der Umwandlung von sogenannten Ein-Euro-Jobs in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse schaffen wir existenzsichernde Arbeitsverhältnisse. Mit einem Programm zur Chancengleichheit verbessern wir die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen im Erwerbsleben. Mit der Einführung des Sozialtickets jetzt zum 1. Januar des kommenden Jahres erleichtern wir allen Sozialleistungsberechtigten die Mobilität in Bremen. Damit verbunden – wir haben es kürzlich diskutiert – ist das Kulturticket, welches dann auch noch den Besuch von kulturellen Einrichtungen, Theatern, Museen und Kunstausstellungen ermöglicht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Mit dem Ausbau der Kinderkrippen, der besseren Bezahlung und Qualifizierung der Tagesmütter und der Ausweitung der Spielkreise eröffnen wir bereits kleinen Kindern den Zugang zu Förderung und gemeinsamer Betreuung und beugen so frühen Benachteiligungen vor. Mit dem Um- und Ausbau der Kinderbetreuung verwirklichen wir den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz. Wir verstärken die Sprachförderung, integrieren die Frühförderung in den Tagesablauf des Kindergartens und ermöglichen mit den Mittagessen in den Kindergärten für alle Kinder eine bessere Ernährung, aber auch eine Angleichung der Lebensverhältnisse. Die Personalausstattung in den Stadtteilen mit einem hohen Anteil benachteiligter Bevölkerung verbessern wir durch Zweitkräfte für jede Gruppe.

Die stadtteilbezogene Jugendarbeit statten wir mit mehr finanziellen Mitteln aus und stellen zusätzlich eine Million Euro für die präventive Arbeit gegen Ju

gendgewalt zur Verfügung. Mit dem im letzten Jahr begonnenen Projekt „Aufsuchende Altenarbeit“ haben gerade wir Grünen einen besonderen Schwerpunkt darauf gelegt, alten Menschen mit rechtzeitigen Hilfen den Verbleib in ihrer eigenen Wohnung zu erleichtern. Dieses Projekt wird auch im nächsten Jahr fortgesetzt. Nach der Modellphase wollen wir das auf andere Stadtteile ausdehnen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Durch die Förderung der Beratung und Betreuung von Migrantinnen und Migranten ohne Ausweispapiere verbessern wir ihre prekäre Lebenssituation. Die Beratung und Interessenvertretung von behinderten Menschen wird durch eine bessere finanzielle Unterstützung von Beratungsstellen abgesichert. Gehörlose können auch weiterhin in erforderlichem Umfang Gebärdensprachdolmetscher in Anspruch nehmen, da wir Grüne auf den Ausgleich der gestiegenen Kosten gedrängt haben. So viel als Beispiele zu dem, was wir alles mit diesem Haushalt machen!

Einen besonderen Schwerpunkt haben wir als grüne Fraktion – das hat Frau Ziegert eben schon angesprochen – auch auf die Integration behinderter Menschen in den allgemeinen Arbeitsmarkt gelegt. Mit drei neuen Instrumenten, die wir mit jährlich 750 000 Euro ausstatten, wollen wir behinderten Menschen mit deutlichen Leistungseinschränkungen den Zugang zum allgemeinen Arbeitsmarkt eröffnen.

Das erste Instrument ist das Budget für Arbeit. Damit werden verschiedene Geldleistungen, die für in den Werkstätten beschäftigte Menschen gezahlt werden, gebündelt und zu einem dauerhaften Arbeitgeberzuschuss zusammengefasst und ergänzt. Dadurch können behinderte Menschen trotz ihrer Leistungseinschränkung unbefristete Arbeitsverträge auf dem ersten Arbeitsmarkt – also mit tariflichem Entgelt – erhalten. Mit der unterstützten Beschäftigung sollen behinderte Schulabgänger und Schulabgängerinnen, die nicht in der Lage sind, eine reguläre Ausbildung am Arbeitsmarkt zu durchlaufen, durch individuelle Unterstützung am Arbeitsplatz dauerhaft in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden, und mit dem Jobbudget unterstützen wir ein Projekt, das schon aus Bundesmitteln angeschoben worden ist.

Die Krise am Arbeitsmarkt wird sich aber auch auf den Umfang der Sozialleistungen auswirken. Wir gehen davon aus, dass die Regelleistungen im ALGII-Bereich und auch in der Sozialhilfe im nächsten Jahr insgesamt um vier Prozent steigen werden. Trotzdem werden wir die Bundesratsinitiative zur Erhöhung der Regelsätze auf ein auskömmliches Niveau weiter verfolgen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht dann seine Entscheidung Anfang 2010 gefasst haben wird, werden wir auf Bundesebene intensiv mitwirken, hier eine grundsätzliche Neuorientierung zu schaffen.

Eine menschliche Politik gegen die soziale Spaltung der Gesellschaft muss daran gemessen werden,

inwieweit sie allen Menschen die volle gesellschaftliche Teilhabe gewährt. Wir haben in dem Haushalt 2010 und dem zumindest erst einmal beratenen Haushalt 2011 sämtliche Spielräume genutzt, die ein Haushaltsnotlageland hat. Damit haben wir deutliche Signale für eine inklusive Sozialpolitik gesetzt, die niemanden ausgrenzt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Nitz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben gestern eine arbeitsmarktpolitische Debatte geführt, in der von der SPD wieder vertreten worden ist, wir kürzen hier nichts im Haushalt. Auch eben haben Sie es noch einmal wiederholt, Frau Ziegert! Deshalb will ich einfach noch einmal die Zahlen nennen, um das vielleicht deutlich zu machen. Schauen Sie beispielsweise in den Produktplan 31 Arbeit! Dieser lag in den Jahren 2005 bis 2007 zwischen 57 Millionen und 59 Millionen Euro, in den Jahren 2008 und 2009 betrug er 47 Millionen beziehungsweise 48 Millionen Euro. Im Haushalt, der uns jetzt für die Jahre 2010 und 2011 vorgelegt wurde, beträgt er knapp 41 Millionen Euro. Frau Ziegert, Sie werden mir doch sicherlich zustimmen, dass das gut 6 Millionen Euro weniger sind!

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie das Beschäftigungspolitische Aktionsprogramm sehen, dann wurden dafür in den Jahren 2005 und 2006 etwa 28 Millionen Euro ausgegeben, im Jahr 2007 waren es sogar deutlich mehr, weil die Förderperiode endete. In den Jahren 2008 und 2009 wurden etwa 25 Millionen Euro ausgegeben, und im uns jetzt vorliegenden Haushalt 2010 und 2011 stehen knapp 19 Millionen Euro. Liebe Koalition, Sie werden mir doch an dieser Stelle wiederum zustimmen müssen, dass 19 weniger als 25 ist!

(Beifall bei der LINKEN)

Nun können Sie natürlich sagen, der Bund gibt dafür auch noch ein bisschen mehr Geld dazu. Auch das trifft an dieser Stelle nicht zu. Die Steigerung beim Mitteleinsatz der BAgIS ab 2005 geht nämlich exakt auf die Ausgaben für die Ein-Euro-Jobs zurück, das sind etwa 20 Millionen Euro im Eingliederungstitel. Mehrausgaben für geförderte Stellen können wir hier nicht erkennen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir als LINKE finden es falsch, die öffentlichen Ausgaben für Arbeit derart dramatisch zu kürzen.

(Beifall bei der LINKEN) ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Wir sehen hier in der Tat einen Kahlschlag, und deshalb haben wir entsprechende Änderungsanträge gestellt. (Beifall bei der LINKEN)

Sie sagen, Sie wollen „Bremen produktiv“ ausbauen. Wir finden aber in Ihrem Haushalt nicht das Geld, mit dem Sie das überhaupt machen wollen. Sie sagen, Sie wollen mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsmaßnahmen. Wir wiederum können aber nicht erkennen, woher diese kommen sollen. Wir haben das genau durchgerechnet! Sie werden sicherlich alle unsere Änderungsanträge heute ablehnen.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Sie haben ja auch keine Finanzierung vorgelegt!)

Wir wiederum sind sehr darauf gespannt, wie Sie Ihre Versprechen ohne Geld einlösen wollen.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Sie haben doch keine Finanzierung vorgestellt!)

Wir haben doch vorhin eine Finanzierungsmaßnahme vorgelegt, Frau Busch.

Wir haben uns hier gemeinsam sehr ausführlich mit dem Armuts- und Reichtumsbericht auseinandergesetzt. Wir wissen jetzt sehr viel genauer, wer vor allem die von Armut besonders betroffenen Gruppen sind: Wir haben die Arbeitslosen, die Erwerbstätigen in prekären Beschäftigungsverhältnissen, wir haben alleinerziehende Mütter, Empfänger und Empfängerinnen von Hartz-IV-Leistungen und von Grundsicherungsleistungen und Asylbewerberinnen und Asylbewerber. Die Frage ist nun: Was genau tun Sie für diese Menschen? Welche Konsequenzen zieht der Senat materiell aus diesem Armuts- und Reichtumsbericht, den er hier selbst vorgelegt hat, in seinem Haushalt?

(Beifall bei der LINKEN)

Eine wichtige Maßnahme wäre, das ist auch einer unserer Anträge, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu bezahlen,

(Beifall bei der LINKEN)

also die Mieten entsprechend der Wohngeldtabelle und die tatsächlichen Heizkosten, die anfallen. Sie gehen davon aus, dass Sie die derzeitigen höheren Mietobergrenzen bald wieder senken können. Das ist unserer Ansicht nach keine Armutsbekämpfung. Genau das ist Armutsförderung! Das ist keine Politik gegen die soziale Spaltung, sondern diese Politik trägt zur sozialen Spaltung unserer Städte bei.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Stichtag 8. September 2009 wurden 3 000 der Bescheide aus Bremen vor Gericht angefochten. Im Jahr 2008 – das ging auf eine Antwort auf unsere Anfrage zurück – waren allein 40 Prozent der Klagen hier in Bremen erfolgreich.

Auf unsere Initiative hin haben Sie auch nach zwei Jahren endlich ein Sozialticket eingeführt. Das Problem ist nur: Es ist kein Sozialticket! Das Ticket kostet 29,25 Euro für Erwachsene, 24,50 Euro für Kinder und Jugendliche. Die entsprechende Bedarfsposition im Regelsatz beträgt etwa 14 Euro. In vielen Fällen ist also das reguläre Monatsticket günstiger, weil es auch noch übertragbar ist. Deshalb beantragen wir, hier mehr Geld einzustellen, um ein echtes Sozialticket zu gewährleisten, und nicht, wie von Ihnen eingeführt, ein Pseudo-Sozialticket.

(Beifall bei der LINKEN)

Flüchtlinge und Geduldete haben keinen Zugang zu den Integrationskursen, die vom Bund finanziert werden. Stattdessen sind sie auf Gremienentscheidungen angewiesen. Hier wollen wir eine Regelung auf Landesebene, die den Zugang generell sicherstellt. Auch das muss heutzutage mit Geld unterlegt sein, welches wir in Ihrem Haushalt nicht finden.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch im Bereich Kinder und Jugend fehlen in diesem Haushalt die Mittel, um auch nur das umzusetzen, was Sie selbst im Koalitionsvertrag versprochen haben.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. F r e h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Nennen Sie ein- mal Beispiele!)

Es ist in der Tat ein wichtiges Ziel, dass Kinder in der Kita von zwei Fachkräften pro Gruppe betreut werden. Das gewährleisten Sie aber nur im Bereich der unter Dreijährigen. In den städtischen Kindergärten betreut häufig eine einzelne Fachkraft bis zu 20 Kinder. In den sozialen Brennpunkten fehlen Personalverstärkungsmittel für sozialpädagogische Betreuung. Ebenso wichtig wäre die Einführung eines pädagogischen Frühstücks. Auch hier haben wir entsprechende Anträge gestellt.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei der stadtteilbezogenen Jugendarbeit, dem sogenannten Anpassungskonzept, können wir endlich etwas Bewegung feststellen. Die vorgesehene Erhöhung leistet aber, nachdem die Mittel derart lange eingefroren waren, nicht viel mehr als einen Inflationsausgleich.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn hier etwas positiv bewegt werden soll, ist unserer Ansicht nach diese Erhöhung nicht ausreichend.

(Beifall bei der LINKEN)