Protokoll der Sitzung vom 20.09.2007

(Abg. Frau T r o e d e l [Die Linke]: Kommen Sie zum Thema!)

die Sie niemals, aber auch niemals vergessen dürfen. Die schlimmen Folgen einer verfehlten Familienpolitik sind unweigerlich. Jetzt komme ich zum Thema!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Mit wem reden Sie da eigentlich? Wäre eine interessante Frage!)

Mittagessen in der Schule ist viel zu teuer, Teilnahme an Klassenfahrten können sich viele Eltern für ihre Kinder nicht erlauben, zu teuer, und so weiter. Diese Liste kann ich unendlich fortsetzen. Als parteiloser Abgeordneter und Vorsitzender der Bremerhavener Wählervereinigung „Protest der Bürger“ kenne ich gerade in Bremerhaven sehr viele Familien, die meine eben gemachten Aussagen schwarz auf weiß bestätigen können. Sagen Sie nicht, dass es nicht stimmt, dann werde ich richtig sauer, und dann müsste ich eine verlängerte Redezeit hier beantragen, um noch deutlicher zu werden.

(Abg. Frau M o t s c h m a n n [CDU]: Sie müssen zum Thema etwas sagen!)

Meine Damen und Herren, da dieser Antrag nicht ausgereift ist, kein vernünftiges Finanzierungskonzept hat und dazu auch noch an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten ist, werde ich – –.

(Unruhe – Zurufe – Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Legen Sie einmal ein Finanzierungs- konzept vor!)

Bleiben Sie doch ruhig! Warum sind Sie denn so unruhig?

(Zuruf des Abg. G ü n t h n e r [SPD])

Dann werde ich aber nach vorn kommen nachher!

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Blabla!)

Das kenn ich von Ihnen schon: Blabla!

Daher werde ich diesen Scheinantrag ablehnen. Dem weitestgehenden Antrag der CDU werde ich selbstverständlich zustimmen, aber keinem populistischen Schauantrag der Fraktion Die Linke.

(Abg. G ü n t h n e r [SPD]: Scheinabge- ordnete stellen Scheinanträge!)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Güngör.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich versuche, dann einmal zur Sache zu reden,

(Beifall)

und ich glaube, es nimmt mir keiner übel, wenn ich die Äußerungen von Herrn Tittmann ignorieren werde.

Wenn man sich den Antrag der CDU und der Linken anschaut, fällt eines, finde ich, ganz besonders auf: Das einfache Kopieren von Inhalten aus unserem rot-grünen Koalitionsvertrag scheint eine neue Modeerscheinung zu sein.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Aber, meine Damen und Herren, wie immer gilt, das Original ist immer besser als die Kopie,

denn Kopien weisen immer mindestens kleine Schwächen auf wie die hier vorliegenden Anträge, oder sie sind eben nur Kopien von jenen, die plötzlich soziale Politik nach langer Regierungsbeteiligung wieder einmal neu entdecken, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Insgesamt geht die Intention beider Anträge in die richtige Richtung, aber es gibt noch viele Details zu klären. Natürlich, und das teilen wir, glaube ich, in diesem Hause, wird Kinderarmut nicht durch die Konzentration auf einen Punkt gelöst, sondern muss in einem Gesamtkonzept betrachtet werden,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

und wir brauchen ein schlüssiges Gesamtkonzept, meine Damen und Herren, um die Kinderarmut hier zu bekämpfen.

Es besteht schon, und das sollte man vielleicht in dieser Debatte wissen, eine enge Abstimmung zwischen dem Bildungs- und dem Sozialressort, und es wird bereits an einer Lösung gearbeitet, dazu hat es erste Gespräche gegeben.

(Abg. Frau M o t s c h m a n n [CDU]: Na, Donnerwetter!)

Ja, da staunen Sie! Ein kostenloses Mittagessen für Kinder mit geringem Einkommen wollen wir zuerst in den Kindertagesstätten einführen. Natürlich sollen anschließend die Kinder ab sechs Jahren nicht hungern, weil ihre Eltern das Mittagessen nicht bezahlen können. Daher soll ein kostenfreies Mittagessenangebot für Kinder von Eltern mit geringem Einkommen auch stufenweise in den Ganztagsgrundschulen in gebundener Form eingeführt werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dass wir dieses Thema sehr ernst nehmen, sieht man nicht zuletzt daran, dass wir genau das im rotgrünen Koalitionsvertrag festgeschrieben haben, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Im Übrigen, untätig war man nicht. Schon heute wird an 14 Ganztagsgrundschulen ein kostenpflichtiger Mittagstisch angeboten, und fast 50 Prozent der Gesamtkosten dafür werden durch das Bildungsressort bezuschusst. Das entlastet schon heute Familien, die

soziale Transferleistungen erhalten, aber das müssen wir weiter voranbringen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Um das weiterzuentwickeln, werden wir uns an dem Koalitionsvertrag orientieren, das Thema in die Haushaltsberatung einbringen, und daher wird die prekäre Situation von einkommensschwachen Familien eine besondere Priorität in den Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2008/2009 haben, meine Damen und Herren!

Aus diesem Grund werden wir die beiden vorliegenden Anträge auch ablehnen, denn im Zuge der Haushaltsberatungen muss das Ganze mit einer soliden Finanzierung hinterlegt werden. Nur so ist es nachhaltig umsetzungsfähig und orientiert es sich an realisierbarer Politik.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Forderung im Antrag der Linken, eine Einführung für den 1. Dezember 2007 vorzunehmen, finde ich schlicht populistisch.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R u p p [Die Linke] mel- det sich zu einer Zwischenfrage – Glocke)

Herr Kollege Güngör, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Da es meine zweite Rede ist, gestatte ich diese nicht. Es gibt ja noch eine zweite und eine dritte Runde.

Ich komme auch zum Schluss! Wir haben für dieses Haushaltsjahr keinen entsprechenden Haushaltstitel, und ein Nachtragshaushalt ist aufgrund des Klageverfahrens auch ausgeschlossen, aber wir stehen zu dem, was wir im Wahlkampf versprochen haben und was wir im Koalitionsvertrag auch festgeschrieben haben: Wir werden den Haushaltsberatungen nicht vorgreifen, meine Damen und Herren, wir werden uns nicht durch Schnellschüsse treiben lassen, sondern werden schrittweise und finanziell solide unsere politischen Ziele aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Nur das ist eine glaubwürdige Politik, und dafür steht diese Koalition. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Heute ist der Weltkindertag, und es ist gut, dass wir über dieses Thema sprechen. Aber wir sollten über dieses Thema nicht nur heute reden, sondern die Situation von Kindern und Jugendlichen gehört hier häufiger auf die Tagesordnung. Wie auch heute die Zeitungsartikel zeigen: Bundesweit wird die Kinderarmut thematisiert, und die Bürgerschaft ist gut beraten, dieses Thema auch wieder aufzurufen und Handlungskonzepte vorzuschlagen, wie wir gegen diese Probleme vorgehen können.

Mein Kollege Mustafa Güngör hat schon darauf abgehoben, dass die Koalition sich verabredet hat, eine Lösung vorzuschlagen, wie wir trotz knapper Haushaltsmittel Kindern, die aus Familien kommen, die nicht über viel Geld verfügen, helfen können, eine warme Schulmahlzeit zu bekommen. Ich bin auch der Linken dankbar, dass Sie dieses Thema hier auch noch einmal ansprechen.

Es ist aktuell, das zeigen heute auch noch einmal die Zeitungsartikel. Die CDU hat in ihrer Schreibwerkstatt in Visselhövede auch einen Antrag produziert, um sich bei diesem Gegenstand hier zu positionieren. Aber dazu möchte ich gleich gern noch etwas sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.

Kinderarmut ist ein drängendes Problem, und ich möchte auch, dass Sie es ernst nehmen und mir abnehmen! Ich würde gern allen Kindern in Bremen, deren Eltern kein Geld haben, die aus Hartz-IV-Familien kommen, deren Eltern BAföG bekommen, ich würde gern allen Kindern nicht nur ein warmes Mittagessen, sondern auch ein Frühstück geben. Ich würde ihnen auch gern die Schulsachen bezahlen. Aber das Problem liegt natürlich auch in knappen Haushaltsmitteln, und deswegen werden wir mit einem Stufenplan arbeiten müssen, wir werden in den Kindergärten beginnen müssen.

Ich denke auch, es wird von der Linken unterstützt werden, dass man bei den Kleinsten anfängt, und wir werden dann dieses Programm für die Schulen fortsetzen müssen. Dabei werden wir den Schwerpunkt auf die Ganztagsgrundschulen legen, so wie es mein Kollege von der SPD auch dargelegt hat.

Ein großes Problem in Bremen ist, dass wir mehr Haushaltsmittel für diesen wichtigen Bereich haben müssten. Das Geld haben wir aber derzeit nicht! Es wird ein riesiger Kraftakt sein, 1 Million Euro aus dem bestehenden Haushalt herauszuschneiden und in diesen wichtigen Bereich hineinzugeben.