Protokoll der Sitzung vom 20.09.2007

Ein großes Problem in Bremen ist, dass wir mehr Haushaltsmittel für diesen wichtigen Bereich haben müssten. Das Geld haben wir aber derzeit nicht! Es wird ein riesiger Kraftakt sein, 1 Million Euro aus dem bestehenden Haushalt herauszuschneiden und in diesen wichtigen Bereich hineinzugeben.

Ich möchte noch einmal ein positives Beispiel nennen: Die Heinrich-Heine-Schule in Bremerhaven hat eigenständig ein Konzept entwickelt. Herr Kollege Tittmann hat sich ja wieder unbeleckt jeglicher Sachkenntnis hier zu Wort gemeldet und behauptet, er kenne sich in Bremerhaven besonders gut aus. Herr Tittmann, Sie kennen sich besonders in Bremerhaven überhaupt nicht aus, weil die Heinrich-Heine

Schule genau ein Konzept vorgelegt hat, wie man eben Kindern aus Hartz-IV-Familien helfen kann. Dort hat man Sponsoren gefunden, und man hat es geschafft, dass die Essenskosten sehr weit abgesenkt werden konnten ohne Hilfe des Schulamtes und auch ohne Hilfe des Landes. Ich finde, das ist vorbildlich, und dies sollte hier auch einmal vom Hause gewürdigt werden!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. T i t t m a n n [partei- los] meldet sich zu einer Zwischenfrage – Glocke)

Frau Kollegin Stahmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Tittmann?

Es muss hier gewürdigt werden vom Hause, dass sich Schulleiter und Lehrer auf den Weg machen, auch ohne die Unterstützung der Politik, um hier Kindern und Jugendlichen ganz konkret zu helfen! Das ist die Arbeit der Schulvereine, die Geld in die Hand nehmen, um Kindern und Jugendlichen zu helfen. Also, Sie haben die volle Unterstützung von uns, wenn es darum geht, mehr gegen Kinderarmut zu tun, auch um die Mittagessenversorgung an den Bremer Schulen zu verbessern.

Es ist gibt aber noch ein weiteres Problem, das ich hier auch ansprechen möchte. Viele Kinder und Jugendliche kommen ohne Frühstück in die Schule, nicht weil die Eltern nicht viel Geld haben, sondern auch, weil es zu Hause an Routinen und an gemeinsamer Kultur fehlt, gemeinsam zu frühstücken. Es ist aber grundlegend wichtig für Kinder und Jugendliche, dass es morgens ein gemeinsames Frühstück mit den Eltern gibt. Nur so kann man – es ist ein langer Tag, den Kinder und Jugendliche in Kindergärten und Schulen zu bewältigen haben – das schaffen und sich auch konzentrieren. Man muss auch noch einmal hier im Hause an die Erziehungsverantwortung von Eltern appellieren, das zu Hause anzugehen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Die Linke hat ja eben ihren Antrag zurückgezogen, so habe ich Herrn Beilken jedenfalls verstanden.

(Abg. B e i l k e n [Die Linke]: Um Gottes willen, nein, nein!)

Halten Sie Ihren Antrag aufrecht?

(Abg. B e i l k e n [Die Linke]: Selbstver- ständlich!)

Okay, Sie halten Ihren Antrag aufrecht. Das wollte ich nur wissen.

Im Haushaltsjahr 2007 verfügen wir leider über keine freien Mittel mehr, wir haben mit vielen Haushaltsproblemen zu kämpfen, aber bedauerlicherweise ist das Geld ausgeschöpft, wir werden keinen Nachtragshaushalt mehr auf den Weg bringen.

Zum Antrag der CDU kann ich nur sagen: Ich war erstaunt, dass die CDU hier einen Antrag vorlegt, gerade Thomas Röwekamp beschimpft uns ja gern als die Ausgabenkoalition. Man lasse sich einmal „auf der Zunge zergehen“: Er ist der Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses! Er sagt: Nun soll ein Konzept flächendeckend für Bremen und Bremerhaven vorgelegt werden, in das alle mit einbezogen werden sollen. Ich finde, so kann es auch nicht gehen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Gerade Herr Röwekamp als Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses weiß doch um die Probleme, die wir haben, er weiß um den engen Haushaltsrahmen, den wir in Karlsruhe einhalten müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie sind hier keine Neulinge, Sie wissen, wie es geht! Kommen Sie mit einem Antrag zu den Haushaltsberatungen, dann werden wir uns mit Ihnen in der Sache auseinandersetzen! Es ist jetzt hier eine ganz „billige Nummer“ von Ihnen gewesen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ob ein Thema populistisch ist oder zu den Haushaltsberatungen gehört, darüber kann jede Fraktion sich selbst eine Meinung bilden. Dies steht auf der Tagesordnung, und das gebietet es, dass wir es diskutieren. Deswegen wollen wir uns von der FDP dem auch stellen.

Die Frage ist doch wirklich sehr wichtig in unserer Gesellschaft: Wie gehen wir damit um, dass es Familien gibt, dass es Alleinerziehende gibt, die nicht in der Lage oder nicht willens sind, auch die gibt es, ihre Kinder mit ausreichend Geld auszustatten, sodass sie mittags essen können, und dass es Familien gibt – Frau Stahmann hat es angesprochen –, in denen es nicht mehr üblich ist, morgens gemeinsam zu frühstücken, sondern alles irgendwie chaotisch läuft? Wie gehen wir mit diesem Phänomen um?

Wie schaffen wir es, Sozialtraining für Familien zu machen, dass sie wieder lernen, was wichtig ist? Das dürfen wir nicht RTL II oder anderen Sendern überlassen, sondern es ist auch Aufgabe der Gesellschaft.

Wie schaffen wir es, dafür zu sorgen, dass die Kinder wirklich versorgt sind und ihren Anteil von dem Geld, das die Eltern über Transferleistungen zur Verfügung gestellt bekommen, auch erhalten? Wenn die Familie das nicht leistet, können wir als FDP es sehr wohl verstehen, dass es ein kluger Weg ist, den Kindern das Geld direkt zukommen zu lassen, indem man das Essen kostenlos zur Verfügung stellt und nicht den Eltern Geld gibt, die es dann gegebenenfalls für etwas anderes einsetzen. Das wollen wir als FDP eben nicht, deswegen können wir sehr wohl verstehen, was hier beantragt ist.

Man kann das natürlich nicht so schnell umsetzen, weil wir alle zwar den Wunsch haben – ich glaube, der Wunsch, dieses Problem zu lösen, ist im Haus breit –, allerdings die Lösungsmöglichkeiten begrenzt sind, dafür bedarf es eines Haushalts, entsprechender Technik und eines Konzepts, und nichts anderes sehen wir als Forderung in dem Antrag der Unionsfraktion.

Insofern können wir uns als FDP mit dem Antrag, der dazu vorgelegt ist, der genau so etwas vom Senat fordert, anfreunden und werden dem zustimmen. Denn eines ist auch klar: Die Willensbildung passiert nicht in Koalitionsverträgen, sondern im Parlament, und hier wollen wir sie dann auch haben. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Bartels.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde genommen gibt es einen breiten Konsens in diesem Haus. Ich finde es ein wenig schade, dass die Diskussion auch an diesem Tag so verläuft. Kollegin Stahmann, sieh es mir bitte nach, wenn ich hier auch ein bisschen von Stutenbissigkeit rede!

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Was?)

Wenn man diesen Antrag von uns nicht in Gänze liest, es geht nicht darum – –. Unsere Forderung – –.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Ist das ein parlamentarischer Ausdruck? – Abg. Frau M ö b i u s [SPD]: Was war das? Haben Sie nichts aus der vorherigen Debatte gelernt?)

Dann entschuldige ich mich vielleicht für den Ausdruck, es ist vielleicht – –.

(Zurufe von der SPD)

Liebe Kolleginnen, vielleicht nicht so viel Unruhe! Ich rate nur noch einmal dazu, unseren Antrag ganz zu lesen! Es geht nicht darum, dass wir alle Kinder ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

mit einem Mittagessen versorgen wollen, sondern bedürftige Kinder. Es ist natürlich die Frage, ob die Regierungsfraktionen planen, das jetzt nur in einzelnen Stadtteilen einzurichten.

Ich weiß um die Haushaltsschwierigkeiten, die wir haben, aber ich finde, es ist ein gutes Recht, das wir hier als Opposition ein Gesamtkonzept fordern, über das wir dann auch sehr konstruktiv diskutieren können. Ich glaube, Sie haben eher ein Problem damit, dass Sie hier nicht so einen finalen Beschluss im Parlament kassieren wollen, wenn Sie es dann am Ende eventuell gar nicht umsetzen können. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Herr Kollege Bartels, wir haben uns noch einmal vergewissert über Ihren Ausdruck, den Sie gerade ganz zu Anfang Ihrer Rede hier benutzt haben. Ich glaube, dass dieser Ausdruck, den Sie gegenüber der Kollegin Stahmann benutzt haben, nicht ins Parlament gehört. Ich glaube, es wäre gut, sich bei ihr zu entschuldigen!

(Beifall bei der SPD – Abg. B a r t e l s [CDU]: Ich entschuldige mich noch einmal!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Ja, die Hitze des Gefechts! Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Nur ganz kurz: Ich finde es im Gegensatz zur Abgeordneten Frau Stahmann ausgesprochen gut, dass die CDUFraktion, auch unter der Führung von Herrn Röwekamp, angesichts der Haushaltslage und angesichts der Kenntnis der Schwierigkeiten einen solchen Antrag stellt, weil ich glaube, wir sind in einer Situation, in der es nicht mehr um Populismus geht, da würde ich mich ausdrücklich verwahren, es geht um Dringlichkeit!

(Beifall bei der Linken und bei der CDU)

Ich sage, wenn man anfängt, die Ausmaße dieses Problems zu erkennen, und wir handeln nicht und zwingen arme Kinder bis zum Ende der Haushaltsberatungen, also bis April nächsten Jahres, oder bis zum Anfang des nächsten Schuljahres zu warten, dann hat man seine Pflicht als Parlament in dieser Frage nicht erfüllt. – Danke!

(Beifall bei der Linken und bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Stahmann. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich finde es nach wie vor unverfroren, die CDU hat hier zwölf Jahre lang in diesem Land regiert!

(Abg. F o c k e [CDU]: Wenn wir allein re- giert hätten, wäre es vielleicht besser!)

Es gab kein Mittagsessen für Kinder, und wir haben dieses Thema Kinderarmut hier oft thematisiert.

Ja, liebe CDU, das müssen Sie sich gefallen lassen! Sie haben in diesem Land Regierungsverantwortung getragen, und jetzt kommen Sie mit einem Antrag, mit dem Sie sich einen Freibrief für Ihr Gewissen ausstellen möchten und sich selbst darstellen wollen als die Vorkämpfer für Kinder- und Jugendrechte. Das ist einfach nicht in Ordnung, und das hat die Koalition heute hier auch erkannt. Ich sage es auch noch einmal: So geht es nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken – Widerspruch bei der CDU)

Herr Perschau, ersparen Sie mir, dass ich aufzählen muss, an welchen Stellen die Große Koalition überall Geld „verbrannt“ hat, das wir lieber für Bildung, für Kinder, für Jugend und für Soziales ausgegeben hätten! Wir stehen doch jetzt hier vor einem Scherbenhaufen, auch finanzpolitisch, den wir von Ihnen geerbt haben. Herr Perschau, gerade Sie haben sich doch als Finanzsenator und als Wirtschaftssenator überhaupt nicht profiliert als jemand, der aufs Geld geschaut hat, im Gegenteil: Nach mir die Sintflut!