Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sind Lebensmittel belastet? Wie sicher ist die Geldanlage? Ist das Kleingedruckte fair? Viele Bremerinnen und Bremer, viele Bremerhavenerinnen und Bremerhavener stellen solche oder ähnliche Fragen immer wieder. In einer Welt, in der Warenströme, Produktionsbedingungen und Produkte immer komplizierter werden, kann der beziehungsweise die Einzelne sich daraus ergebende Probleme in der Regel nicht vollständig einschätzen. Deshalb ist es ein wichtiges politisches Ziel, den Verbraucherschutz so zu stärken, dass Gefahren für jeden, auch von uns, minimiert werden. Darin sieht der Senat und ich auch eine besondere Verpflichtung.

Darüber hinaus ist sich die bremische Politik der besonderen Bedeutung umfassend informierter und gut beratener Verbraucherinnen und Verbraucher bewusst. Diesem Ziel trägt die Freie Hansestadt Bremen auch dadurch Rechnung, dass sie die institutionelle Verbraucherarbeit fördert, wobei insbesondere die Verbraucherzentrale zu nennen ist. Aufgrund dieser Entwicklung infolge der Finanzkrise hat der Senator für Wirtschaft und Häfen die öffentliche Förderung für die Verbraucherzentrale Bremen 2009 um 85 000 Euro erhöht. Damit konnte eine zusätzliche Stelle plus Nebenkosten für eine Fachberatung geschaffen werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Des Weiteren setzt sich der Senator für Wirtschaft und Häfen für die Projektförderung des Bundes an die Verbraucherzentralen für Maßnahmen des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes ein, um angesichts der Entwicklung auf den Finanzmärkten hier ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der Rolle der Verbraucherinnen und Verbraucher zu leisten.

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl an Verbraucherinteressen, die sowohl von der Gesundheitssenatorin in Fragen des Gesundheitsschutzes als auch von meinem Haus in Fragen des wirtschaftlichen Verbraucherschutzes begleitet werden. Der Justizsenator beschäftigt sich – weil die Frage hier auch andiskutiert wurde, wo es überall Verbraucherschutz gibt – natürlich auch mit Fragen insbesondere auf der rechtlichen Seite, auch in Richtung der Bundesebene.

Ich habe bei mir im Haus darum gebeten, dass über das gemeinsame Vorgehen auch relativ zügig eine Abstimmung zwischen dem Senator für Wirtschaft und Häfen und dem Justizsenator stattfindet, damit es, wenn es um Verbraucherschutzfragen geht, an der Stelle nicht auseinanderfällt. Ich denke, das müsste eigentlich möglich sein, das hinzubekommen. Im Frühjahr dieses Jahres werden wir wie gewohnt den jährlichen Verbraucherschutzbericht den Deputationen vorstellen. Daran wird deutlich, dass Bremen beim Verbraucherschutz nicht nur dank der Verbraucherzentrale aktiv ist.

Lassen Sie mich zwei kurze Beispiele benennen, die beim Stichwort Verbraucherschutz natürlich auch eine Rolle spielen! Dank Bremens hoher Kaffeeimportquote hat sich das Landesuntersuchungsamt für Chemie, Hygiene und Veterinärmedizin zum Kompetenzzentrum für Kaffee, Tee, Kakao und Schokolade entwickelt. Seit 2004 werden in einer Kooperation mit Niedersachsen auch die dort entnommenen Kaffee-, Tee- und Kakaoproben in Bremen untersucht.

Die Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz hat im November 2009 beschlossen, eine Projektgruppe einzusetzen, die sich mit dem Thema Klimaschutz im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher befasst, denn Stromerzeugung wird zunehmend klimafreundlicher, Rohstoffe werden knapper, Energieverbrauch wird sparsamer, Messung und intelligente Steuerung des privaten Stromverbrauchs bekommen eine ganz neue Bedeutung. Diese Verbraucherschutzinteressen können wir natürlich nicht nur im Nachhinein durch gute Beratungsangebote oder Kontrollmechanismen auffangen, sondern können im Vorfeld bei der Konstruktion einschlägiger Gesetzesvorhaben und entsprechender Verordnungen die Auswirkungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher abmildern; abmildern deshalb, weil es natürlich falsch gedacht ist, dass fortan jede Gebührenerhöhung unmöglich würde, weil sie die Verbraucher zusätzlich belasten würde.

Es ist übrigens auch ein Irrglaube, dass mein Ressort in diesem Feld bisher nicht tätig gewesen ist. Natürlich war es so, wenn ein Ressort einen Gesetzesvorschlag gemacht hat und dieser Vorschlag Verbraucherinteressen tangiert hat, dass er natürlich überprüft und mit uns abgestimmt wurde. Dabei haben wir auch jetzt schon die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechend eingebracht. Dennoch, das will ich hier deutlich sagen, begrüße ich die Initiative des Parlaments, weil sie zeigt, wie wichtig die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher insgesamt sind und dass diese ressortübergreifend auch entsprechend Berücksichtigung finden sollen. Wir nehmen den Auftrag des Parlaments, wenn er denn hier entsprechend so ergeht – wovon ich ausgehe –, gern an und werden im Herbst 2011 dann einen entsprechenden Bericht über die Pilotphase hier in diesem Haus vorlegen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion DIE LINKE abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 17/1140 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, FDP und Abg. T i t t m a n n [partei- los])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU abstimmen.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP mit der DrucksachenNummer 17/1213 abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag der Fraktion der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/1213 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Änderungsantrag zu.

Jetzt lasse ich über den Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU insgesamt abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 17/1183 unter Berücksichtigung der soeben vorgenommenen Änderungen seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

(DIE LINKE)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Sofortiger Abschiebestopp!

Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 1. Februar 2010 (Drucksache 17/1145)

Wir verbinden hiermit:

Rechtsstaatlichkeit beim Erwerb von Passersatzpapieren garantieren

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 23. Februar 2010 (Drucksache 17/1180)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Mäurer.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält die Abgeordnete Frau Nitz.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Im Einklang mit zwei Gerichtsbeschlüssen des Verwaltungsgerichts Bremen hat die Fraktion DIE LINKE die Abschiebepraxis mithilfe von fragwürdigen Passersatzpapieren in einem Antrag vom 1. Februar 2010 gegeißelt. Bereits am 27. Januar, also einige Tage zuvor, richtete die Bundestagsfraktion der LINKEN bezüglich der Bremer Praxis eine Kleine Anfrage an den Deutschen Bundestag. Langsam, aber besser als gar nicht, hat die Bremer Regierungskoalition am 23. Februar mit einem Dringlichkeitsantrag reagiert. Hervorragend! Als verantwortlicher Akteur in Bremen hat Senator Mäurer im „Weser-Kurier“ vom 19. Januar immerhin erklärt: „Die Rückführungen werden nicht ausgesetzt, es wird jeder Einzelfall geprüft.“ Bei der Aussage waren wir doch etwas erstaunt. Einzelfallprüfung als Reaktion auf Gerichtsurteile? Das würden wir grundsätzlich für jeden Fall erwarten und hoffen sehr, dass das hier in Bremen bisher auch Praxis war.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Ressort hat auch erkannt, dass die Abschiebung in bestimmte Länder Westafrikas, wie Sierra Leone, Guinea und Gambia, noch einmal überprüft werden muss. Wenn Senator Mäurer selbst erkannt hat, dazu zitiere ich: „Wir haben es vielfach mit Staaten zu tun, die nicht über ein funktionierendes Verwaltungsverfahren verfügen, wie wir es kennen“, zeugt das von einem gewissen Realitätssinn, immerhin! Weiter: „Die Umstände der Passersatzpapierbeschaffung sollen aufgeklärt werden.“

Meine Damen und Herren, das heißt doch wohl, dass auch der Senator mit der bisherigen Verfahrensweise nicht zufrieden ist. Das wollen wir unterstützen, wenn wir ein rechtsstaatlich sauberes, standardisiertes Verfahren zur Erstellung von Passersatzpapieren fordern. Denn so traurig, so wahr ist es aber

auch: Hinter jedem Verfahren steht immer ein Menschenschicksal. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich gleich zu Beginn der Rede einen Umstand richtigstellen: Es ist nicht Bremer Praxis, es ist bundesweite Praxis! Nicht, dass ich sie damit tolerieren möchte, aber ich glaube, knapp neben der Wahrheit ist eben auch vorbei.