Zu Frage 1: Der Einsatz solcher Lkw auf deutschen Straßen wird vom Senat kritisch bewertet. Der Senat fördert alternative Verkehrsträger und unterstützt die Verlagerung der Transporte von der Straße auf die Schiene. Gerade der Einsatz größerer Lkw würde erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Verkehrsinfrastruktur, den kombinierten Verkehr und auf den Verkehrsträger Schiene haben. In diesem Zusammenhang bekräftigt der Senat den Beschluss der Verkehrsministerkonferenz aus Oktober 2007 gegen die Zulassung überlanger und/oder überschwerer Lkw. Die Position des Senats hat sich diesbezüglich nicht geändert und wird gegenüber dem Bund weiterhin eindeutig vertreten.
Zu Frage 2: Lange Fahrzeuge verhalten sich bei typischen Unfallkonstellationen grundsätzlich wie herkömmliche 40 Tonnen Fahrzeuge. Auf dem nachgeordneten Streckennetz sind hingegen höhere Risiken für die Verkehrsicherheit zu erwarten, etwa durch mögliche Zusammenstöße mit anderen Fahrzeugen infolge deutlich verlängerter Überholvorgänge auf Landstraßen oder indem schwächere Verkehrsteilnehmer aufgrund des durch die Länge vergrößerten „toten Winkels“ übersehen werden.
Lange Fahrzeuge benötigen auf Autobahnrastplätzen größere Parkflächen, würden im nachgeordneten Straßennetz kleinere Kreisverkehre und engere Einmündungen beschädigen und sind für innerörtliche Bereiche generell nicht geeignet.
Zu Frage 3: Der Senat unterstützt den Beschluss der Verkehrsministerkonferenz und hält weitere Feldversuche für nicht erforderlich. Diese Position wird in den zuständigen Fachgremien und insbesondere in der Verkehrsministerkonferenz nachhaltig vertreten. – Soweit die Antwort des Senats.
(Abg. D e n n h a r d t [SPD]: Nein danke, ich bin mit der Antwort des Senats sehr zu- frieden! – Beifall bei der SPD)
Herr Senator, welche Auswirkungen erwartet man hinsichtlich der Lärmentwicklung durch diese überschweren Gigaliner?
Bei der Diskussion zur Ablehnung der Gigaliner in der Verkehrsministerkonferenz hat der Lärmschutz nicht im Vordergrund gestanden. Im Vordergrund gestanden haben eben die verschiedenen Auswirkungen auf das nachgeordnete Straßennetz, auf die Zerstörung von Straßen, auch weil die Gewichte natürlich gewaltig sind: Das hat im Mittelpunkt gestanden. Beim Lärmschutz ist es so, dass man da durch Technik natürlich eine Menge machen kann. Das ist völlig klar. Ob sich jetzt ein Dreißigtonner vom Vierzigtonner signifikant unterscheidet, kann ich so aus dem Stand gar nicht beantworten. Ich kann nur referieren, dass in der Diskussion in der Verkehrsministerkonferenz, die weitestgehend einhellig zu dem Ergebnis geführt hat, wir wollen das nicht mehr, und wir brauchen auch keine weiteren Feldversuche, andere Dinge im Vordergrund gestanden haben.
Sie haben gerade gesagt, neben dem erhöhten Gefährdungspotenzial sind natürlich auch höhere Straßenschäden zu erwarten, da die Lkw eben auch sehr viel schwerer sind. Das heißt also, dass damit natürlich auch viel höhere Kosten verbunden wären, die
dann am Ende wieder auf den Steuerzahler, der eine gut erhaltene Infrastruktur braucht, zukommen beziehungsweise dass das mehr Baustellenaktivitäten auf den ganzen Lkw-Straßen, Autobahnen mit sich bringen würde.
Das war auf jeden Fall eines der Hauptargumente. Vor allen Dingen muss man ganz klar sagen, diese verharmlosenden Bezeichnungen, die von bestimmten Lobbyisten eingeführt wurden, wie Ökoliner oder innovativer Eurokombi, die haben bei den Fachleuten nicht gegriffen.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt zwei, Aktuelle Stunde, aufrufe, darf ich auf der Besuchertribüne Studentinnen und Studenten der Bremer Akademie für Wirtschaft herzlich begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!
Für die Aktuelle Stunde ist von den Abgeordneten Dr. Kuhn, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen und den Abgeordneten Frau Kummer, Tschöpe und Fraktion der SPD folgendes Thema beantragt worden:
Herr Präsident, meine Damen und Herren! „Eurokrise und Steuerschätzung – Handlungsfähigkeit des Staates sichern!“ Die Spannweite des Themas ist sehr groß. Das mag vielleicht einige erschrecken, ich bin aber überzeugt, dass sie uns gleich in den Kern des Themas führt. Es spiegelt nämlich wider, dass wir uns vergegenwärtigen müssen, dass die Verflechtung, die
gegenseitigen Abhängigkeiten internationaler und nationaler Wirtschafts- und Finanzpolitik sehr groß geworden sind. Was man früher sagte, Griechenland sei irgendwo fern da unten, das gilt heute eben nicht mehr. Insofern hängt das alles sehr eng miteinander zusammen. Ich will in meinem Beitrag versuchen, aus den dramatischen Ereignissen der letzten Wochen einige allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen.
Erstens: Die dritte Stufe der Finanzkrise, in der wir gegenwärtig noch tief stecken, ist eine Krise wegen Haushaltsdefiziten und Staatsschulden. Sie kann letztlich nur durch den Weg aus der Schuldenfalle gelöst werden. Ich bin davon überzeugt, wir sollten nicht mehr auf die Talkshow-Ökonomen hören, die uns Schulden als normal, als besonders dynamisch empfehlen, auch nicht auf diejenigen, die für ihre Schulden regelmäßig Verantwortung und Schuld bei anderen suchen,
und schon gar nicht auf diejenigen, die obendrein noch – wenn dann im Krisenfall wie in Griechenland geholfen wird, allerdings sage ich dazu, zur Selbsthilfe und nicht geschenkt – dagegen agitieren wie DIE LINKE und ihre Freunde, die jetzt in Griechenland grotesker Weise „IWF raus!“ und „EU raus!“ skandieren, um die Verantwortung für eigene Fehler nicht tragen zu müssen. Das werde ich nicht mehr hinnehmen.
Deswegen möchte ich als Erstes festhalten: Staatsverschuldung ist für das Gemeinwesen, für Wohlstand, auch für soziale Gerechtigkeit und am Ende für die Demokratie brandgefährlich. Deswegen werden wir ganz bestimmt nicht der LINKEN folgen, die uns angesichts der letzten Steuerschätzung wieder einmal rät, in Bremen gleich die Brocken hinzuwerfen.
Zweitens: Es mag ja stimmen, dass die Europäische Union mit den Hilfsmaßnahmen für Griechenland und dem Rettungsschirm von insgesamt 750 Milliarden Euro nur „Zeit gekauft hat“ und dass der Erfolg natürlich vom politischen Sparwillen in den Hauptstädten Europas abhängt. Die Maßnahmen aber, die getroffen worden sind und die jetzt in weiten Teilen noch bestätigt werden müssen, waren und sind richtig. Denn die Stabilität des Euro war und ist weiter massiv bedroht von innen wie von außen. Sie muss verteidigt werden! Denn die Stabilität des Euro ist ja nicht Athen, und das ist nicht Brüssel, sondern das ist die Stabilität unseres Geldes, unserer Wirtschaft, unserer Exportmöglichkeiten, unserer Arbeitsplätze. Das ist die Stabilität des europäischen Zusammenhalts und der europäischen Integration, und deren Wahrung und Mehrung ist seit 60 Jahren das Herz
stück nicht nur deutscher Politik, sondern deutscher Interessen. Das müssen wir uns klarmachen, und daran müssen wir uns halten!
Deswegen glauben wir, dass es richtig war, dass der Senat der Freien Hansestadt Bremen das Rettungspaket für Griechenland positiv begleitet hat, und wir haben auch die gleiche Haltung und Erwartung, was den Rettungsschirm für den Euro angeht. Allerdings, das sage ich jetzt durchaus mit allem Respekt für die Aufgabe, eine solche Krise zu bewältigen, das Zögern der Bundesregierung aus wahltaktischen Überlegungen und auch vielleicht aus Angst vor einer großen Zeitung in Deutschland hat der Spekulation leider unnötig Zeit gegeben und deshalb viel Geld gekostet.
Es ist ja vollkommen richtig, dass Griechenland selbst einen entscheidenden Beitrag leisten muss, aber das war schon Ende März völlig klar. Das Zögern hat den Preis in die Höhe getrieben. Leider, kann ich nur sagen!
An dieser Stelle ein Wort zur LINKEN und dann auch zur Rechten! Die Linke hat gegen das Rettungspaket für Griechenland gestimmt, nicht wegen des einen oder anderen Details, sondern, und das hat hier noch jede europapolitische Debatte in diesem Haus gezeigt, DIE LINKE will die europäische Stabilität, die europäische Integration, die europäische Solidarität nicht. Das ist die Wahrheit, was diese Partei angeht.
Aber auch die FDP Bremen, das hat mich ziemlich vom Hocker gerissen, muss ich sagen, hat die Bundesregierung aufgefordert, dem Eurorettungsschirm nicht zuzustimmen. Ich war sehr verblüfft, und ich muss sagen, die FDP hat da noch einmal wieder ein Stück Glaubwürdigkeit – bei mir jedenfalls – verspielt.
Drittens, zur Frage der Verantwortung des Finanzsektors: Der sachliche Grund der Krise liegt zunächst nicht bei den Banken und bei den Finanzjongleuren, der sachliche Grund ist die Schwäche von Staaten wegen übermäßiger Verschuldung. Natürlich ist es aber in einer solchen Situation so, dass man entweder versuchen kann zu helfen, oder aber man kann versuchen, sich diese Schwäche zunutze zu machen, man kann versuchen, Geld aus dieser Schwäche zu machen. Man kann darauf wetten, dass die Schwachen noch schwächer werden, und sie, das ist der
schlechte Witz bei der ganzen Geschichte, durch seine Wette und seinen Einsatz tatsächlich schlechter machen und damit viel Geld verdienen. Das ist in großem Umfang gegen Griechenland geschehen, und es gab sichere Anzeichen, dass es in noch größerem Umfang gegen andere weitergehen sollte. Das ist nicht in Ordnung und darf nicht beibehalten werden!
Ich hatte für die Aktuelle Stunde ursprünglich den Titel vorgeschlagen: Geld regiert die Welt, aber wer regiert das Geld? Das war erstens von der „Süddeutschen Zeitung“ geklaut, und zweitens fanden das einige nicht parlamentarisch genug, es ist aber trotzdem genau die richtige Frage. Ich habe vor drei Wochen ein Interview mit der Bundeskanzlerin gesehen, in dem sie sagte, es sei doch schon perfide, dass dieselben Banken, die man mit Steuergeldern vor dem Bankrott gerettet und mit billigem Geld versorgt habe, dieses Geld nun in die Hand nehmen und auf den Zerfall Griechenlands und gegen die Stabilität des Euro und damit gegen uns wetten. Recht hat Frau Merkel! So ist das große Geld, wenn man es denn lässt. Die Frage ist ja eben offensichtlich: Warum lässt man es immer noch zu, obwohl die Folgen seit zwei Jahren offensichtlich sind?
Warum hat man sie solange gelassen? Die Vorschläge lagen längst auf dem Tisch, und wir haben sie hier im Haus auch schon seit zwei Jahren mehrfach vorgetragen: Verbot von Leerverkäufen, Handel mit Kreditausfallversicherungen nur zur Abdeckung eigener Risiken, Einrichtung einer unabhängigen europäischen Ratingagentur, Kontrolle der Hedgefonds, Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die nicht nur den Unsinn beenden würde, dass wir auf jedes Brötchen Umsatzsteuer zahlen, was ja in Ordnung ist, aber auf Finanzgeschäfte nicht, sondern die auch deshalb segensreich wäre, weil sie die eine oder andere Spekulationswelle von Anfang an unrentabel machen würde, also schon an der Quelle wirkt und nicht erst hinterher, wie es andere Vorschläge vorsehen.