Protokoll der Sitzung vom 20.05.2010

Zuerst lasse ich über den Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 17/1294 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, FDP und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

Nun lasse ich über den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP mit der Drucksachen-Nummer 17/1298 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür CDU, FDP und Abg. T i m k e [BiW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Wir treten jetzt in die Mittagspause ein und treffen uns um 14.45 Uhr wieder.

(Unterbrechung der Sitzung 13.05 Uhr)

Vizepräsidentin Dr. Mathes eröffnet die Sitzung wieder um 14.45 Uhr

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Bevor wir jetzt wieder in die Tagesordnung einsteigen, begrüße ich recht herzlich auf der Besuchertribüne Mitglieder der Besatzung der Fregatte „Bremen“ und des Freundeskreises der Fregatte. Herzlich willkommen in der Bremischen Bürgerschaft!

(Beifall)

Wir setzen die Tagesordnung fort.

Keine Kohlendioxid-Endlager in Bremen

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD vom 18. März 2010 (Drucksache 17/1228)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Loske, der voraussichtlich gleich hier erscheinen wird.

(Unruhe bei der CDU und bei der FDP)

Er ist auch schon gesehen worden.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Schaefer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Titel unseres Antrags, den wir heute debattieren, lautet „Keine Kohlendioxid-Endlager in Bremen“, und damit alle wissen, worum es sich handelt, möchte ich eine kleine Einführung in das Thema geben. Ich gebe auch zu, dass ich die ersten Sätze von einer Webseite eines großen Energieversorgers entnommen habe. Sie lauten:

„Bei der herkömmlichen Verbrennung fossiler Rohstoffe wie zum Beispiel Kohle gelangen große Mengen CO2 in die Atmosphäre, dort wirkt es als Treibhausgas und ist Hauptursache der globalen Erwärmung. Eine wichtige Maßnahme zum Klimaschutz ist daher die Reduzierung der CO2-Emissionen.“ Soweit besteht mit uns auch Konsens, aber dann kommt der Unterschied. Für uns Grüne heißt Reduzierung der CO2-Emissionen Energieeinsparung, Energieeffizienz und Ausbau der erneuerbaren Energien. Bei diesem Energiekonzern geht es jetzt aber weiter: „Das Unternehmen leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag mit einer Technologie, nämlich CCS, gegen die globale Erwärmung.“ Was ist CCS? Kurz zur Erklärung: Carbon Dioxide Capture and Storage Technology! Es geht dabei um unterirdische Kohlendioxid-Endlager, das heißt, mit dieser Technologie können Braun- und Steinkohle verbrannt werden, ohne das CO2 in die Atmosphäre gelangt, stattdessen wird es aus den Verbrennungsgasen abgespalten und unterirdisch gespeichert. Das, das ist der Unterschied zu uns, ist keine Reduzierung der CO2Emissionen, sondern eine Speicherung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das CO2 wird im Kraftwerksprozess abgeschieden, soviel noch als Ende der Erklärung, im Anschluss wird das abgeschiedene, noch gasförmige Kohlendioxid verflüssigt, dafür braucht man sehr viel Energie, und dann über Pipelines, Züge und Schiffe zu den unterirdischen Endlagerungsstätten transportiert. Solche möglichen Endlagerungsstätten können zum Beispiel die Salzkavernen in Norddeutschland sein.

Um ihrer klimaschädlichen Kohlepolitik einen grünen Anstrich zu verpassen, propagieren die Energieriesen jetzt CO2-Endlager, die für Kohlekraftwerke mehr Klimaschutz vorgaukeln sollen, ohne im Geringsten auf die Risiken hinzuweisen, die diese Technologie mit sich bringt. Das finde ich unverantwortlich, und deswegen sind wir gegen diese Kohlendioxid-Speicher beziehungsweise Endlager.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dass es mit Endlagerung immer problematisch ist, das wissen wir auch seit Asse. Warum sind wir jetzt konkret gegen die Kohlendioxid-Lager? Dafür gibt es sechs Gründe: Erstens, für dieses CCS-Verfahren muss das aufgefangene CO2 zunächst mit großem Energieaufwand verflüssigt werden, das habe ich vorhin schon erklärt. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass sich damit der ohnehin schon geringere Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken, zum Beispiel im Vergleich zu Gaskraftwerken, reduziert, nämlich um 10 Prozentpunkte auf dann nur noch insgesamt eine Effizienz von 35 Prozent. Das ist gerade einmal die Hälfte von Gaskraftwerken. Dann ist das CO2, was natürlich so von uns auch ausgeatmet wird und sich in der Luft befindet, in solchen hohen Konzentrationen aber extrem giftig, es ist geruchlos, das heißt, wenn es Lecks in den Pipelines oder in diesen Endlagern gibt, bedeutet das ein erhebliches Risiko für Mensch und Natur.

Geologen diskutieren derzeit, ob das CO2, wenn es verflüssigt ist und in tiefen Gesteinslagen bei viel höheren Temperaturen gelagert wird, eventuell auch wieder in die Gasphase übergeht. Das heißt, man hat wieder einen höheren Druck. Man weiß überhaupt nicht, was eigentlich in diesen Lagern passiert. Das heißt, diese CO2-Abscheidung und -Speicherung befinden sich noch im Entwicklungsstadium. Wir wissen wenig über den Nutzen, wenig über die Wirksamkeit, extrem wenig über die Risiken und die langfristigen Folgen dieses Verfahrens. Es besteht derzeit noch keine gesicherte Risikoabschätzung, und ohne saubere Technologiefolgeabschätzung darf meines Erachtens solch eine Technologie nicht im großen Maßstab eingeführt werden.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die Wirtschaftlichkeit von CCS ist aufgrund der hohen Kosten und der Verringerung der Wirkungsgrade der Kraftwerke höchst zweifelhaft. Als letzen Punkt möchte ich anführen, es gibt überhaupt keine rechtliche Grundlage dafür. Sie können sich bestimmt alle erinnern, es gab einen Gesetzesvorstoß im letzten Jahr, der ist vor der Bundestagswahl auf Bestreben der Bayern erst einmal auf Eis gelegt worden. Inzwischen hat sich aber zum Beispiel auch Schleswig-Holstein mit den Stimmen der SPD und der CDU ganz geschlossen gegen diese Technologie ausgesprochen.

Ich fasse zusammen: Der hohe technische Aufwand im Vergleich zu den erneuerbaren Energien, der geringe Klimaeffekt, das unbekannte Risiko eines unkontrollierten Entweichens des Kohlendioxids, die fehlende rechtliche Grundlage sowie, und das ist auch noch ein weiterer Punkt, die potenzielle Nutzungskonkurrenz, zum Beispiel zur Tiefengeothermie, machen diese Technologie fragwürdig. Die CCS-Technologie würde die Nutzung fossiler Energien verlän

gern. Investitionen in diese ineffektive Art bremsen den Ausbau der erneuerbaren Energien.

Ich finde, bevor man Unsummen in diese unsicheren CO2-Speicher versenkt, sollte der Bund lieber ein umfassendes Bohrprogramm für saubere Geothermie finanzieren. Wir haben hier auch schon eine Debatte zur Geothermie geführt, die aufgezeigt hat, wie viel Potenzial in dieser erneuerbaren Energieform liegt, insofern besteht zwischen diesen KohlendioxidLagern und der Geothermie eine unmittelbare Konkurrenzsituation.

(Glocke)

Ich komme zum Ende, Frau Präsidentin.

Da es letztes Jahr schon konkrete Interessensbekundungen für Lagerstättenerkundungen in Bremen und Niedersachsen gab, fordern wir den Senat auf, weiterhin sowohl dieser Lagerstättenerkundung für unterirdische Kohlendioxid-Speicherung als auch dem Bau von Rohrleitungen zum Transport von verflüssigtem CO2 durch das Land Bremen die Zustimmung zu versagen. Wir halten das Risiko für die Bürgerinnen und Bürger für zu hoch. Besser als Kohlendioxid zu lagern, ist allemal, den Klimakiller gar nicht erst zu erzeugen! Bremen ist sicherlich nicht der CO2Mülleimer für diese fossilen Energieriesen. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Dennhardt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Land Bremen ist ein herausragender Windenergiestandort in Deutschland und in Europa und ist unter sozialdemokratischer Führung dazu entwickelt worden. Unsere Zukunft liegt in den erneuerbaren Energien, das zeigt nicht zuletzt die aktuelle Arbeitsmarktentwicklung in Bremerhaven während der aktuellen Krise.

Kohlendioxid-Endlager sind auf absehbare Zeit in keiner Weise als Nachweis zur CO2-Reduzierung geeignet. Wir müssen CO2 nicht sammeln, sondern deutlich verringern!

(Beifall bei der SPD)

CO2-Endlager schaffen keine Lösungen, sondern neue Probleme, meine Kollegin Frau Dr. Schaefer hat einige davon schon aufgezählt. Der Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken wird um etwa zehn Prozent reduziert, was zu einer geringeren Wirtschaftlichkeit führt. Auch die Nutzungskonkurrenz hat Frau Dr. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Schaefer bereits angesprochen, es geht dabei um die Tiefenerdwärme oder auch die Druckluftspeicher, die auch als eine Lösung für die erneuerbaren Energien sehr wichtig sein können, und es kann auch sein, dass es Konkurrenzen sogar zur Atommüllendlagerung gibt, für die wir auch bisher noch keine vernünftigen Lösungen gefunden haben.