Protokoll der Sitzung vom 26.08.2010

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich war noch dabei, zwei weitere wesentliche Sachen zu nennen, die uns sehr wichtig sind. Wir wollen die Transparenz stärken, denn Selbstbestimmung geht immer auch damit einher, dass die Menschen selbst einschätzen können, was sie dort eigentlich geboten bekommen. Die Transparenz zu stärken ist deswegen eine ganz wichtige Sache.

Die vierte Sache, die wir sehr wichtig finden, ist, wir wollen keine isolierten Einrichtungen haben, die möglichst weit am Stadtrand oder im Wald versteckt sind, sondern wir wollen Einrichtungen haben, die in die Stadtteile und Quartiere integriert sind. Deswegen sagen wir, wir haben auch die Anforderung, dass das Heime und Einrichtungen leisten sollen. Dies sind im Übrigen alles keine Sachen, die wir uns ausgedacht haben, sondern das alles basiert auf schon vorhandenen Beispielen. Es ist nicht unmöglich, so etwas auch mit den bestehenden Kosten anzubieten.

Die letzte Sache, die ich betonen möchte, ist, ein Gesetz ist nicht dafür da, dass es jeder sofort gleich versteht, dann bräuchten wir ja gar keine Juristen mehr. Dies wäre für einige vielleicht wünschenswert, es ist aber nicht so. Ein Gesetz ist dazu da, gesellschaftliches Zusammenleben zu regeln und dabei Rechtsklarheit zu schaffen. Deswegen ist fast jedes Gesetz, einschließlich des Grundgesetzes, das im Übrigen sogar über 100 Artikel hat, nicht schlecht. Gesetze sind manchmal etwas komplizierter, und der akademisch gebildete Laie versteht sie nicht immer im ersten Moment, das, finde ich, ist völlig normal. Deswegen ist es ein guter Beitrag zur Transparenz, was wir machen werden, wenn das Gesetz verabschiedet ist, dass wir es in eine einfache Sprache übersetzen, damit jeder weiß, welche Rechte eigentlich dahinterstehen.

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Damit Herr Dr. Möllenstädt es auch versteht!)

Für die Detailauslegung wird es im Zweifelsfall der Rechtsanwälte und der Juristen bedürfen. Das werden wir dann aber auch leisten, dies ist eine völlige Selbstverständlichkeit. Auch da sollte man keinen Popanz aufbauen, dass es ungewöhnlich wäre, ein Gesetz nicht sofort lesen und verstehen zu können. Ich begreife aber insgesamt die Diskussion, wie sie hier verlief, als breite Unterstützung für das Gesetz und freue mich, dass es so ist. Wir werden Detaildiskussionen dazu sicherlich noch haben, um dann hoffentlich zu einer zügigen Verabschiedung des Gesetzes zu kommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Ich lasse zunächst über den Gesetzesantrag des Senats abstimmen. Wer das Gesetz zur Sicherstellung der Rechte von Menschen mit Unterstützungs-, Pflege- und Betreuungsbedarf in unterstützenden Wohnformen, Drucksache 17/1382, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen FDP)

Stimmenthaltungen? Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung. Nun lasse ich über den Gesetzesantrag der Fraktion der FDP abstimmen. Wer das Bremische Gesetz zum Schutz von Bewohnern von Heimen, Drucksache 17/1402, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür FDP)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grü- nen, DIE LINKE, Abg. T i m k e [BIW] und Abg. T i t t m a n n [parteilos])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt das Gesetz in erster Lesung ab. Damit unterbleibt gemäß Paragraf 35 Satz 2 der Geschäftsordnung jede weitere Lesung.

Ländervergleichsstudie Bildung muss Konsequenzen haben

Antrag der Fraktion der CDU vom 17. August 2010 (Drucksache 17/1394)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Die Beratung ist eröffnet.

Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wieder einmal wurde uns vor der Sommerpause bescheinigt, mit der Bremer Bildung steht es nicht zum Besten. Die CDU-Fraktion hat in der Vergangenheit schon mehrfach angemahnt, dass wir Dinge verbessern müssen. Wir hatten, Sie werden es sagen, Zeit in der Regierungsverantwortung. Wir glauben, dass wir dort einiges erreicht haben. Wir haben aber auch seit 2007 mit Ihnen gemeinsam über die Verbesserung der Bremer Bildung gerungen und gestritten, und wir haben auch gemeinsam einiges erreicht.

Trotzdem bescheinigt uns die Ländervergleichsstudie Bildung, Nachfolger der PISA-Ergänzungsstudie zu den schulischen Leistungen in den Bildungsländern, dass wir in Bremen nicht so recht vorangekommen sind. Wir haben dann eine ganze Reihe von Erklärungen zur Kenntnis genommen, Erklärungen der Bildungssenatorin, Erklärungen des bildungspolitischen Sprechers der SPD,

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Erklärungen Ihres Fraktionsvorsitzenden!)

Erklärungen, die gar nicht so falsch waren, Herr Güngör, auch Sie haben dieses Mal etwas Richtiges gesagt, aber auch die Senatorin hat viel Richtiges gesagt.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Auch diesmal!)

Aber man kann nicht immer nur erklären, warum alles so schlecht ist, es muss auch Zeit zum Handeln sein. Neben den beschlossenen Reformen zur Schulstruktur, zum Bremer Bildungskonsens, den wir ja gemeinsam unterschrieben haben, gibt es viele Dinge, die nach unserer Auffassung jetzt ein sofortiges Handeln nötig machen. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

(Beifall bei der CDU)

Wir können nämlich nicht, wie es Teile der Sozialdemokratie oder auch Sie, Herr Güngör, gesagt haben, jetzt die Hände in den Schoß legen und sagen, mit der Oberschule wird alles gut. Dies bedeutet nämlich, dass wir dort erst in zehn Jahren, wie wir alle hoffen, Erfolge sehen werden. Wir haben aber jetzt Schülerinnen und Schüler in einem Schulsystem. Darum ist es jetzt genauso richtig, wie es vor neun Jahren richtig war, mit Sofortmaßnahmen, wie damals die PISA-Sofortmaßnahmen, noch einmal auf die aufgezeigten Schwachstellen einzugehen.

Wir haben Ihnen auch sehr deutlich gesagt, und Sie haben eben mit einem Zwischenruf Herrn Röwekamp angesprochen: Ja, es ist richtig, Frau Senatorin, Sie haben erst seit 2007 Verantwortung. Aber was heißt denn in der zweiten Jahreshälfte 2010 erst seit 2007? Sie haben seit drei Jahren Verantwortung und Gelegenheit zu handeln. Dazu müssen wir dann sagen, wir erwarten mehr, als nur auf die Vergangenheit zu zeigen, indem Sie auf Ihre eigenen Vorgänger im Amt verweisen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CDU)

Wir wollen gar nicht das Spielchen der Schuldzuweisung beginnen, Sie würden es verlieren. 60 Jahre sozialdemokratische Bildungssenatoren,

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Erzählen Sie einmal etwas Neues!)

60 Jahre Bildungspolitik in Bremen, zum Teil mit wechselnden Koalitionspartnern, darum bekennen wir uns auch zu einer Verantwortung, aber ich sage Ihnen, wir müssen jetzt nach vorn schauen. Das bedeutet, dass wir dort, wo wir die Schwachstellen aufgezeigt bekommen haben, handeln! Dazu haben wir Ihnen einen Antrag vorgelegt, in dem Handlungsfelder beschrieben sind, einfache Dinge, die sofort umzusetzen sind. Wenn wir wissen, dass Bremer Schüler zu Schülern anderer Bundesländer in der neunten Klasse anderthalb Schuljahre Rückstand haben, dann können wir dagegen direkt mit den Schülerinnen und Schülern, die jetzt im Schulsystem sind, etwas gegensteuern, wenn wir in der Grundschule noch anfangen.

Darum sagen wir, wir müssen uns auf die Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen konzentrieren, denn überall hört man, dass Auszubildende, wenn sie sich vorstellen, und Schulabgänger diese Kernkompetenzen und diese Kulturtechniken nicht richtig beherrschen. Hier sagen wir auch ganz deutlich, wir müssen bei der Sprachstandserkennung und bei der Sprachstandsförderung verbindlicher werden. Dazu haben wir hier eigene Debatten in der Vergangenheit schon geführt. Wir müssen, was die Korrekturen angeht, hier in allen Fächern deutlicher werden.

Wir müssen aber insbesondere in dem Fach, in dem die Sprache, unsere Schlüsselkompetenz Nummer eins, vermittelt wird, mehr Input geben, damit wir auch mehr Output erwarten können. Darum sagen wir, zwei Deutschstunden mehr in der Grundschule, eine in Klasse 3, eine in Klasse 4, sind ein wichtiger Mosaikstein, um die Bremer Bildungsergebnisse langfristig nachhaltig zu verbessern. Dies ist eine Maßnahme, die wir hier auf den Weg bringen können, meine Damen und Herren, Sie müssen es nur wollen.

(Beifall bei der CDU)

Die Einbeziehung der Eltern ist ein Thema, über das lange diskutiert wird. Ich glaube, es ist richtig, dass wir Eltern noch klarer machen müssen, dass sie den Schlüssel für den Bildungserfolg ihrer Kinder in der Tasche haben. Der Staat kann viel machen, der Staat kann auch mit Zwang arbeiten. Wenn die Eltern sich verweigern, ist dies schon einmal eine hohe Hürde. Darum fordern wir, dass die Elternarbeit dort gestärkt wird, dass aber auch das, was in der Schule passiert, den Eltern noch einmal deutlicher vermittelt wird. Da haben wir einen Punkt aufgegriffen, der, glaube ich, zeigt, dass hier etwas nachgesteuert werden muss.

Die Lernberichte der Grundschulen zum Beispiel,

(Abg. D r. B u h l e r t [FDP]: Lernent- wicklungsberichte!)

die Lernentwicklungsberichte müssen, glaube ich, noch einmal überarbeitet werden, sodass sie dann auch in einer Sprache dargestellt sind, damit sie alle Eltern erreichen. Wir haben hier einen langen Streit darüber geführt, wie es denn mit Noten aussieht, den will ich gar nicht wiederholen. Wenn wir aber über Lernentwicklungsberichte in schriftlicher Form reden, müssen diese Texte so verfasst sein, dass Eltern auch in der Lage sind, dem zu folgen. Wenn man sich einige dieser Lernentwicklungsberichte anschaut, dann geht daraus nicht ganz hervor, wie jetzt eigentlich die schulische Leistung des Kindes ist. Ich glaube, hier muss dann auch mehr Deutlichkeit hinein.

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Am liebsten hätten Sie eine Zensur!)

Das Entscheidende, das A und O in der Schule, sind die Lehrerinnen und Lehrer. Lehrer sind zum Unterrichten ausgebildet, sie müssen aber in einer Schule vieles andere mehr erledigen. Einiges davon wollen sie, vieles davon sollen sie. Wir glauben, Lehrer müssen sich auf ihre Kernaufgabe konzentrieren können. Das heißt, wir müssen sie von allem, was im Wesentlichen unterrichtsfremd ist, entlasten. Dafür brauchen wir einen Personalmix, darüber haben wir politische Einigkeit.

Aber hier sage ich auch ganz deutlich, wenn Sie immer nach Finnland schauen, und wir schauen ja mit Ihnen, dann sehen Sie, dass dort die Lehrer als Pädagogen ausgebildet sind und als Lehrer arbeiten. Für andere Aufgaben in der Schule gibt es dann anderes Personal. Da müssen wir die Lehrer, den einzelnen Lehrer, die Lehrer, die im Team arbeiten, entlasten, damit die Lehrer sich wieder um das Kind und um den Unterricht kümmern können, damit sie den Fokus auf die Unterrichtsqualität haben.

(Zuruf von Frau Senatorin J ü r g e n s - P i e p e r)

Nein, Frau Senatorin, so einfach können Sie sich das nicht machen, die Elternarbeit muss natürlich einbezogen werden! Dann schauen Sie, wie das in anderen Ländern funktioniert, dort arbeiten Lehrer mit nicht unterrichtendem Personal im Team, mit Leuten, die sich dann im Team um das Kind kümmern und nicht alles auf den Lehrer abwälzen. Diese Mentalität brauchen wir in Bremen noch ganz dringend. In unserem Antrag geht es darum, dass wir in Bremen einen immensen Nachholbedarf haben, dass wir in Bremen nicht die Hände in den Schoß legen können, wie Sie das gesagt haben, und darum müssen wir handeln. Wir haben jetzt Kinder in den Schulen und können nicht zehn Jahre warten, bis die Oberschulen dann die ersten Abgänger produzieren. – Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Güngör.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es war wieder einmal eine klassische Rohmeyer-Rede, aber ich möchte doch erst einmal auf einige Punkte in Ihrem Antrag eingehen!

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Das ist doch gut!)