(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: So bedeutend ist er ja gar nicht!)
Er aber freut sich jetzt über die Aufmerksamkeit, die er durch den Antrag der LINKEN jetzt noch einmal bekommt. Ich hatte eigentlich gedacht, dass Sie den ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
Antrag zurückziehen. Das hätte ich mir gewünscht, weil die Äußerungen von Herrn Dr. Heinsohn, glaube ich, vom 16. März dieses Jahres sind, das ist ja schon ein bisschen her. Es gibt noch einige andere, die in eine ähnliche Richtung marschieren, und auch diesen möchte ich hier keine Bühne zur Verfügung stellen!
Die von der LINKEN schon beschriebenen Äußerungen dieses Herrn sind menschenverachtend und unerträglich, da sind wir uns alle einig. Dies hat auch schon unser ehemaliger Landesvorsitzender Uwe Beckmeyer in einem Brief an die Initiative Montagsdemo geschrieben. Die Heinsohn-Äußerungen sind es nicht wert, von mir noch einmal vorgetragen zu werden, ich werde daher darauf verzichten.
Dass ausgerechnet ein Bremer Wissenschaftler sich dazu erhebt, den Stab über Tausende Bremerinnen und Bremer und alle anderen Empfänger von Transferleistungen in Deutschland zu brechen, ist schwer zu ertragen. Für die SPD in Bremen ist völlig klar, dass wir uns weiterhin dafür stark machen, soziale Ungleichheiten zu bekämpfen und Strukturen zu schaffen, die für alle Lebensbereiche Teilhabechancen ermöglichen.
Jedes Kind, unabhängig vom sozialen Status, verdient die Chance, persönliche Stärken entwickeln zu können. Unsere Aufgabe ist es, hierfür die Strukturen zu schaffen. Besonders in den Bereichen Bildung und Betreuung haben wir uns auf den Weg gemacht, damit jedes Kind in Bremen und Bremerhaven seine persönlichen Potenziale entwickeln kann. Nur dann ist es möglich, eine erfolgreiche berufliche Perspektive entwickeln zu können. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass in den Stadt- und Ortsteilen Anlaufstellen existieren, die Menschen zusammenführen, dass dort Beratungs-, Schulungs- und Freizeitangebote sind, die dazu ermuntern, an dieser Gesellschaft teilzuhaben und sie zu bereichern.
Das dahinterstehende Menschenbild des Herrn Dr. Heinsohn ist erschreckend. Er hat diese Debatte hier und heute nicht verdient. Letzter Satz: Ein akademischer Titel ist kein Garant für Menschlichkeit und Verantwortung! – Vielen Dank!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich will es gleich sagen: Ich werde jetzt weniger über Gunnar Heinsohn sprechen, auch aus den Gründen, die meine Kollegin Garling gerade eben schon genannt hat, und mehr über den Antrag der LINKEN, denn das ist das, was uns vorliegt. Natürlich kann man am Werdegang von Professor Gunnar Heinsohn das bekannte Phänomen gut studieren, dass ein scharfer wissenschaftlicher Verstand, fundierte Detailkenntnisse und durchaus interessante Ideen am Ende nicht vor abwegigen Theorien und in deren Folge vor grober und fahrlässiger politischer Dummheit schützen, einer Dummheit, die sich mit dem Bodensatz sehr rechtsradikaler Stammtischparolen mischt.
Da ist er allerdings am Ende solcher Karrieren, wie man heute wieder lesen konnte, auch kein Einzelfall.
Ich finde, wir sind gefordert, dass solche Äußerungen öffentlich die gebührende Antwort erhalten. Als Bremische Bürgerschaft ist die Antwort vor allen Dingen die Politik, die wir hier machen, und die ist das genaue Gegenteil von dem, was Herr Heinsohn sagt.
Die Frage bleibt ja: Sollen wir jetzt in der Bürgerschaft jeweils mit Mehrheit beschließen, was wir bei bremischen Beamten und bei Pensionären – dabei liegt sicherlich der Witz des Antrages, dass es sich um einen Pensionär hier in Bremen handelt – für Dummheit halten, was wir für besonders große und für gefährliche Dummheit halten? Ich sage Ihnen gleich: Wir Grüne wollen das nicht! Die Bürgerschaft ist nicht Staatsanwaltschaft und auch nicht Gericht. Wer die Äußerungen von Herr Heinsohn und anderen für strafrechtlich relevant hält, wird Klage einreichen, das haben auch einige gemacht.
Die zuständige Staatsanwaltschaft hat diese Klagen geprüft und das Verfahren eingestellt. Darüber kann man wiederum unterschiedlicher Meinung sein, damit entfällt aber jedenfalls auch die Grundlage, über Disziplinarmaßnahmen nachzudenken.
Was ich nicht richtig finde, und das ist meine Mahnung an DIE LINKE: In Ihrem Antrag steckt die Anmaßung, Meinungsäußerungen von Bürgern der Stadt – und das wäre ja ein Beschluss der Bürgerschaft – nur mit der Begrünung, von Staats wegen zu beurteilen und in der Tendenz auch zensieren zu wollen, dass diese Menschen Beamte sind oder als Pensionäre ihre Pension verzehren.
Ich bin in dieser Frage sehr empfindlich und deswegen auch sehr prinzipiell. Ich habe eine solche Form der Auseinandersetzung mit Wissenschaftlern, mit ihren politischen Auffassungen und Meinungen, mit dem Versuch, sie über ihr Dienstverhältnis politisch in ihrer Meinung an die Kandare zu nehmen, zur Genüge kennengelernt und in sehr schlechter Erinnerung. Genau so hat die CDU in den Anfangsjahren der Bremer Universität in den Siebziger- und Anfang der Achtzigerjahre versucht, dies in die Bürgerschaft hineinzutragen, die linken Protagonisten der Bremer Universität zu denunzieren und zu skandalisieren, genau auf die gleiche Art und Weise, und das habe ich in sehr schlechter Erinnerung.
Diejenigen, die dann einen solchen Unsinn nicht mitmachen wollten, wurden dann noch als Parteigänger angegriffen und als stille Parteigänger denunziert. Das war die Spitze darauf. Genau da macht DIE LINKE weiter, nur mit anderen Vorzeichen. Durch das andere Vorzeichen wird es aber nicht besser.
Die kleinere Bremer Tageszeitung hat gestern geschrieben, solche Einmischungen wären doch vonseiten des Parlaments richtig, das hätten wir doch zum Beispiel gegenüber den Affenversuchen von Herrn Kreiter auch gemacht. Nein, wir haben Herrn Professor Kreiter niemals wegen seiner wissenschaftlichen Auffassung oder Meinung kritisiert, sondern allein wegen der Leiden, die sein Handeln und Tun den Tieren zufügt. Das war die Kritik!
Das war der Punkt, an dem wir gesagt haben, da stößt sich der Tierschutz mit der Wissenschaftsfreiheit, und da sind wir der Auffassung, dass dort engere Grenzen gesetzt werden sollen. Um seine Auffassung und seine Meinung ist es nie gegangen, und darum darf es hier auch nicht gehen.
Ich kann mir nicht helfen, meine Damen und Herren: Der Antrag der LINKEN hat für mich immer noch den altbekannten Geruch von Zensur und Schnüffelei, deswegen lehnen wir diesen Antrag nachdrücklich ab
und sind der Meinung, er wäre besser nicht auf die Tagesordnung der Bremischen Bürgerschaft gekommen.
Frau Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es vorwegzuschicken: Liebe Frau Troedel, ich glaube, Sie können sich ziemlich sicher sein, dass alle Fraktionen im Hause sich hinter die Aussage stellen können, dass uns Kinder in diesem Land willkommen sind, egal, aus welchem Elternhaus sie sind.
Insofern bestand in der Tat überhaupt keine Veranlassung, die Äußerungen von Herrn Heinsohn hier zum Gegenstand einer politischen Debatte zu machen, weil nach meinem Eindruck keine Fraktion im Haus das, was er vorgeschlagen hat, auch nur im Ansatz teilt.
Ich kann Ihnen sagen, ich finde es eigentlich auch beschämend, dass Sie versuchen – weil Sie selbst zu den Punkten, die angesprochen worden sind, die eigentlich notwendigerweise zu gebenden Antworten schuldig bleiben –, statt seriösen Antworten, die auch konstruktiv wären, hier eine Ersatzdebatte zu inszenieren, weil Sie darin einen Spielball sehen, auf dem Sie sich dann profilieren können. Ich glaube, dass tut dieser Debatte nicht gut. Es ist sehr richtig, dass man sich mit der Frage beschäftigt, wie man die Bedingungen verbessern kann, unter denen Kindern gerade aus sozial schwächeren Familien in unserem Land aufwachsen. Das halte ich für eine sehr zentrale Diskussion dieser Tage, und die muss geführt werden.
Dementsprechend tun auch manche Formulierungen, die zugespitzt sein mögen, dieser Debatte sicherlich nicht gut. Es macht es doch nicht besser, sich hinzustellen und zu sagen, solche Äußerungen müssen wir jetzt hier im Bürgerschaftsplenum diskutieren. Die FDP steht da als Rechtsstaatspartei sehr eindeutig zur Gewaltenteilung, und da gibt es klare Zuständigkeiten. Es gibt Äußerungen, die durch das Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt sind und solche, die sind es nicht. Das haben aber nicht wir als Parlament zu entscheiden, sondern das haben Staatsanwaltschaften und im zweiten Schritt gegebenenfalls Gerichte zu entscheiden. Diese Spielregel sollte man beachten, da es sonst an das Selbstverständnis dieses Parlaments geht, ob wir uns nicht auch zu schade sind, über jedwede Meinungsäußerung zu diskutieren. Sie zwingen diesem Haus mit diesem Antrag eine Debatte auf, die aus unserer Sicht völlig unnötig ist. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
Im Übrigen glaube ich, dass die Themen, die Herr Heinsohn angesprochen hat – nur deshalb ist ja seine Äußerung überhaupt aufgenommen worden – für unsere Gesellschaft schon sehr zentral sind. Wir müssen uns schon zum einen fragen: Wie können wir Lebensbedingungen von Kindern verbessern? Zum anderen ist es doch berechtigt, die Diskussion auch einmal darüber zu führen: Wie wollen wir den Bedarf, den ein entwickeltes Dienstleistungs- und Industrieland in den nächsten Jahrzehnten an gut ausgebildeten Fachkräften haben wird, eigentlich decken? Reichen unsere Bildungsanstrengungen aus?
Das ist eine Debatte, die wir mit Ihnen gern führen. Nur: In dieser Debatte findet DIE LINKE in Bremen nach meiner Wahrnehmung viel zu wenig mit konstruktiven Ideen und Gedanken statt. Sie verstecken sich hinter denjenigen, die angeblich hier im Hause irgendetwas fordern würden. Hier kann ich überhaupt nicht sehen, dass das parlamentarisch irgendeinen Widerhall gefunden hätte.
Kennen Sie irgendeinen Politiker aus diesem Hause, der sich hinter die Äußerungen von Herrn Heinsohn gestellt hätte, abgesehen davon, dass eine zeitliche Befristung der Grundsicherung ja wohl auch dem Grundgesetz elementar widersprechen würde? Insofern, selbst wenn man das wollte, wäre es doch sehr abwegig. Ich glaube, Sie sollten sich, liebe Kollegen von der Fraktion DIE LINKE, selbst an Ihren eigenen Maßstäben messen. Sie sollten selbst einmal sehen, wo Ihre Partei und Ihre Umfeldorganisationen auch gegen Menschen hetzen, auch politische Stimmungen erzeugen, wo Sie Straftaten zumindest in Ihrem Umfeld tolerieren, weil sie – –.
Ich kann mich zumindest an Vorfälle erinnern, die ich sehr beschämend und sehr problematisch fand. Ich glaube, wir sollten uns alle miteinander einmal überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, hier wirklich die Debatte mit den Instrumentarien zu suchen,
die eine parlamentarische Demokratie verdient. Ich glaube, da tut es nicht gut, wenn man einen falschen Eindruck in der Öffentlichkeit erzeugt, nämlich so tut, als gäbe es irgendwelche relevanten politischen Kräfte, die das, was Herr Heinsohn formuliert hat, in irgendeiner Weise unterstützen würden. Daran sehen Sie auch, wie unnötig eine solche Debatte ist.
Ich glaube im Übrigen, dass es auch dazu gehört, dass wir uns deutlich mit Vorgaben an andere Gremien zurückhalten. Sie fordern ja auch dazu auf, dass wir auf die Entscheidungsbefugnisse des Akademischen Senats in der Universität einwirken sollen.
Der letzte Punkt, den hat der Kollege Dr. Kuhn richtigerweise angesprochen: Es ist auch eine Frage, wie man mit Menschen, egal, welche politische Meinung sie haben mögen, umgeht. Ich finde es nicht richtig, dass jemand, nur weil er in einem Dienstverhältnis stand oder steht, hier zum Thema der öffentlichen Debatte gemacht wird. Es ist mir eigentlich ziemlich egal, was er im Einzelnen gesagt hat. Dies hat aber einen sehr unangenehmen Beigeschmack, der uns an ungute Zeiten der deutschen Geschichte erinnert. Ich hoffe, dass Sie politisch daran nicht anknüpfen wollen.
Ich glaube insgesamt, dass wir gut beraten sind, hier konzentriert auch in der Sache miteinander zu sprechen und die Themen, die Sie unzweifelhaft ja auch als wichtig empfinden, miteinander zu diskutieren. Ich bin sehr gespannt, ob die Fraktion DIE LINKE und ihre parlamentarische Vertretung hier realistische Vorschläge vorbringen werden oder ob Sie es bei einer allgemeinen dumpfen Kritik an der Gesellschaft belassen.