Protokoll der Sitzung vom 26.01.2011

Wir versuchen natürlich, verhältnismäßig genau vorauszusagen, und dieses Voraussagen beschreibt schon, wie schwierig es am Ende ist vorauszusagen, was man erreichen könnte. Da fließen unglaublich viele Daten entsprechend mit ein, aber am Ende sind wir immer davon abhängig, dass die Unternehmen, mit denen die Gespräche geführt werden, auch bei ihren geplanten Investitionsentscheidungen so bleiben, wie sie sie geplant haben. Es kann sein, dass sie einmal den Effekt im Jahr 2010 negativ haben, es kann aber auch sein, dass wir bei der Flächenvermarktung die beiden Effekte – ich habe soeben darauf hingewiesen – im Jahr 2011 dann positiv haben. Aber noch einmal: Ist das dann ein Erfolg unserer Wirtschaftspolitik, oder hat es eher etwas damit zu tun, dass in dem einen oder anderen Unternehmen an der einen oder anderen Stelle gesagt worden ist, weil wir in der Krise waren, weil wir uns neu aufstellen, weil wir uns anders strukturieren, schieben wir eine Maßnahme vom Jahr 2010 in das Jahr 2011? Ich sage nur, das ist auch eine Diskussion, die man vielleicht nicht in der Bürgerschaft in der Breite führen muss, es hat am Ende auch etwas mit Ehrlichkeit zu tun und damit, wie man mit Zahlen operiert.

Die Handelskammer, die gilt durchaus als neutral, man kann sich dann auch auf sie berufen, verweist natürlich in ihrem Jahresbericht – darauf haben Sie vorhin auch angespielt – auf den Anstieg der Unternehmensinsolvenzen, soll heißen, die Unternehmensinsolvenzen stiegen 2010 zwar gegenüber dem Vorjahr an, betrafen aber eine deutlich geringere Mitarbeiterzahl als noch 2009. Ist also die eher niedrige Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2009 nun positiver als die höhere Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2010, bei der aber weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betroffen waren? Da muss man sich einfach auch einmal die Zahlen anschauen und sich auch die Frage stellen – darüber könnte man auch sicher mit dem einen oder anderen auf der rechten Seite des Hauses ganz intensiv diskutieren –, welches Verständnis wir eigentlich haben, wenn wir Wirtschaftspolitik machen, vom Eingriff des Staates ins Marktgeschehen, und welches Verständnis wir davon haben, was am Ende Insolvenzen sind.

Dafür – das sage ich noch einmal – muss man sich ganz genau und detailliert in den einzelnen Fällen anschauen, wie es dazu gekommen ist, dass ein Unternehmen in Schieflage geraten ist. Ist es ein alteingesessenes Unternehmen? Ist es eine Existenzgründung, die kurze Zeit gehalten hat? Wie haben sich die Marktbedingungen in dem Bereich entwickelt? Das sind Themenfelder, die nach meiner Auffassung ganz präzise angeschaut werden müssen und bei denen man am Ende nicht mit dem großen Stift und dem großen Kamm darübergehen kann und sagen kann, linksherum gut, rechtsherum schlecht, und der Senat hat seine Planzahlen verfehlt. So einfach kann man es sich, glaube ich, nicht machen.

Ich will insgesamt etwas zu der Frage sagen, und ich glaube, da wird man das Jahr 2011 auch ein Stück weit zum Maßstab nehmen können, wie die Instrumente, die jetzt im Bereich der Bremer AufbauBank – wir werden ja noch darüber sprechen –, aber auch im Bereich der Wirtschaftsförderung insgesamt neu aufgestellt worden sind, auch im Zusammenspiel mit unseren Schwerpunktclustern, insbesondere im Bereich Offshore-Windindustrie, Logistik, maritime Wirtschaft, also den Kernfeldern, die wir definiert haben, wiederum mit dem, was im Masterplan Industrie angelegt ist, im Innovationsprogramm harmonieren und zu welchen Effekten sie am Ende führen.

Meine Auffassung ist, die Aufgabe der Wirtschaftsförderer und auch der Wirtschaftspolitik im Land Bremen ist, vor allem dafür zu sorgen, dass die Unternehmen ein Klima vorfinden, das es für sie attraktiv macht, weiterhin am Standort Bremen zu sein, weiter am Standort Bremen zu investieren, und das es natürlich auch für neue Unternehmen attraktiv macht, an den Standort Bremen zu kommen.

Das Unternehmensservicebüro, das gestern der Öffentlichkeit vorgestellt worden ist, das am Montag dann das erste Mal auch für Unternehmen ansprech

bar ist, ist eben auch ein Beitrag, wo Kompetenz gebündelt wird, wo auch das Prinzip Bürokratieabbau eine Rolle spielt, wo „one face to the customer“ praktiziert wird, wie es neudeutsch heißt. Handwerkskammer, Handelskammer, Wirtschaftsförderer, RKW und andere sitzen dort zusammen und eng beieinander, man hat keine langen Wege und eine Art Lotsen, der Unternehmen, die sich hier am Standort Bremen engagieren wollen, auch durch das manchmal widrige Wetter und manchmal widrige Fahrwasser durchleitet, das es dann logischerweise gibt.

Ich glaube, dass das alles zusammengenommen gute Beispiele dafür sind, wie man kleinteilig, auch mit dem richtigen Blick, mit einer Kümmererfunktion in der Wirtschaftpolitik entsprechend vorankommt. Ich biete jedenfalls für den Senat an, die weitgehend konstruktive Diskussion auch so konstruktiv weiterzuführen und dass wir auch bei nächster Gelegenheit noch intensiver in die Frage einsteigen, wie man mit Planzahlen umgeht, welche Belastbarkeit sie auch haben.

Ein Hinweis aber, Herr Kollege Kastendiek, ich meine, Sie waren auch schon einmal auf der anderen Seite: Es waren immer die Abgeordneten – da habe ich auch noch dort gesessen –, die gesagt haben, wir wollen Berichte, wir wollen eigentlich einen möglichst monatlichen Überblick haben, wie die Zahlen sich verändert haben. Das macht die Verwaltung dann am Ende des Tages gern.

Ob es am Ende immer wirklich aussagekräftig ist und ob es am Ende auch dem nahekommt, was vom Parlament erwartet wird, nämlich steuernd und kontrollierend in das einzugreifen, was dort die Verwaltung macht, wage ich zu bezweifeln. Das würde nämlich wirklich voraussetzen, dass man eine ganz intensive präzise Diskussion darüber führt, welche Zahlen, welche Instrumente es gibt, wie man sie am Ende auch präzise einsetzen wird und wie man sie dann auch präzise kontrollieren kann. Das setzt aber eben wirklich voraus, dass man diese Zahlen dann auch entsprechend belastbar und sicher hat und auch auf allen Seiten dann immer die gleichen Zahlen zum Anlass genommen werden und sich nicht – und das ist das, was Sie gemacht haben, was aber natürlich auch durchaus gängige Praxis ist – immer gerade die Zahl herauspickt, die man für seine Argumentation jeweils gebrauchen kann. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 17/1377, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Affenversuche an der Bremer Uni endlich stoppen!

Antrag des Abgeordneten Tittmann vom 12. Juli 2010 (Drucksache 17/1370)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Rosenkötter.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe schon vor Jahren sehr deutlich gefordert, dass die schrecklichen und grausamen Affenversuche an der Bremer Uni unverzüglich gestoppt werden. Die vom Verwaltungsgericht ergangene Entscheidung im Zusammenhang der Gutachten zum Wert der Experimente für die Forschung und zum Maß des Leids der Tiere muss unverzüglich der Bürgerschaft vorgelegt werden. Ich sage es Ihnen noch einmal: Diese grausamen Tierversuche sind ohne Moral, Ethik und ohne brauchbare Ergebnisse. Tatsache ist doch, dass die Grausamkeit und die Nutzlosigkeit der Experimente schon von zahlreichen unabhängigen Wissenschaftlern deutlich nachgewiesen wurden, zumal die Wissenschaftler an der Bremer Uni ihre Forschung schon vor Jahren problemlos hätten umstellen können, dass diese zum großen Teil auch ohne schmerzvolle Tierversuche hätten vollzogen werden können.

Selbst nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie des Bundesverwaltungsgerichts wurde meines Wissens keineswegs ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Wissenschaftsfreiheit dargestellt. In Deutschland sterben jedes Jahr nach offiziellen Angaben sage und schreibe circa 2 000 Affen an qualvollen Versuchen, die angeblich aus wissenschaftlichen Gründen notwendig sind, und das, obwohl ausreichende verfügbare Alternativen da sind. Sie haben alle meine diesbezüglichen Anträge scheinheilig abgelehnt. Ihre nach außen hin so angebliche Tierliebe haben Sie damit widerlegt.

Tierversuche sind im Allgemeinen grausam, schmerzvoll und ohne Moral, Ethik und auch oftmals ohne brauchbare Ergebnisse und dienen oftmals nur als Alibifunktion der übermächtigen Pharmaindustrie und ihrer Lobbyisten. Ich aber sage Ihnen, die Würde eines jeden Tieres ist zu achten. Darum stimmen Sie meinem Antrag zu und machen endlich Schluss mit solchen grausamen und unnötigen Versuchen, die an Grausamkeit nicht mehr zu überbieten sind!

Fakt ist doch, dass Herr Prof. Kreiter sogar nach über zehn Jahren Forschung immer noch keine brauchbaren Ergebnisse vorweisen kann, die diese schrecklichen Tierversuche gegenüber den Leiden der Tiere rechfertigen können. Wenn Sie mir solche Ergebnisse vorlegen können, können wir wirklich einmal ernsthaft über das Thema sprechen. Das

schon einmal für die nachfolgende Rednerin oder den nachfolgenden Redner! Diese schrecklichen Affenversuche gehen schon über zehn Jahre, das sind genau zehn Jahre zu viel. Machen Sie also endlich Schluss mit solchen Grausamkeiten! – Ich danke Ihnen!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Nitz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Tittmann, wieder einmal beweisen Sie uns, dass Ihnen wenig an inhaltlicher Arbeit, dafür aber viel am dumpfen Populismus liegt. Hätten Sie ein ernsthaftes Interesse, das Leid dieser Tiere zu beenden, hätten Sie sich vielleicht noch etwas mehr Mühe gegeben, sich auch in dieses Thema einzuarbeiten, und nicht nur eine oder zwei Textfundstellen aus dem Internet zitiert.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Dann hätten Sie möglicherweise erfahren, dass es schon viele Anträge zu diesem Thema gab, dass auch viele Anträge zu diesem Thema schon behandelt wurden und dass es vor allem einen Beschluss aus der letzten Legislaturperiode der Bürgerschaft gibt, der einen geordneten Ausstieg aus den Affenversuchen fordert. Dieser fraktionsübergreifende Konsens, der hier im Haus beschlossen wurde, besteht bis zum heutigen Tag und wurde noch nie aufgeweicht.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

An einer Stelle spiegelt es sich sogar im rot-grünen Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode, also für die jetzige, wider, ich zitiere: „Der Auftrag der Bremischen Verfassung verpflichtet uns, Tiere als Lebewesen und Mitgeschöpfe zu achten.

(Abg. T i t t m a n n [parteilos]: Wird aber nicht gemacht!)

Es werden alle Vorkehrungen unterstützt, Tiere vor nicht artgemäßer Haltung und vermeidbarem Leiden zu bewahren.“ Demzufolge wurde, als die letzte Genehmigung auch im November 2008 auslief, aus fachlichen Gründen keine neue Genehmigung erteilt. Natürlich legte Prof. Kreiter vor dem Verwaltungsgericht Rechtsmittel dagegen ein. Dies ist aber unabhängig von persönlichen Meinungen, von persönlichen Auffassungen das Recht eines jeden Bürgers in unserer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft.

(Beifall bei der LINKEN und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Behörde machte ihrerseits klar, dass sie wegen der grundlegenden Bedeutung dieser Angelegenheit vor dem Bundesverfassungsgericht klagen möchte und auch die ganze Angelegenheit ausurteilen lassen möchte. Es gab dann auch noch eine Sitzung vor dem Verwaltungsgericht Bremen, es gab weitere Einwände seitens der Gesundheitsbehörde und so weiter. Sie sehen aber, dass anhand der ganzen Maßnahmen, die bislang ergriffen wurden, zurzeit kein weiterer politischer Handlungsbedarf besteht. Wir alle möchten natürlich das Leid der Affen an der Universität möglichst bald beenden, doch dafür gibt es eben die Gewaltenteilung mit einem klaren Rahmen auf der einen Seite für das exekutive Handeln und auf der anderen Seite mit einem klaren Rahmen für das Rechtsverfahren, das beschritten wird.

Im Übrigen wollen wir Ihnen gern noch mit auf den Weg geben: Wer in einem Antrag von „ethnisch“ fragwürdigen Tierversuchen spricht, ist offenbar nicht ganz der deutschen Sprache mit ihrem vielfältigen Fremdspracheneinfluss mächtig. Gerade von Ihnen, Herr Tittmann, hätte ich da etwas anderes erwartet.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Richtig!)

Ich hätte zumindest erwartet, dass Sie das Wort „ethnisch“ im Zusammenhang mit Menschen verwenden. Sollten Sie vielleicht den Begriff „ethisch“ gemeint haben? Davon gehe ich jetzt einmal wohlwollend aus. Menschliches Handeln, welches einer Moral unterzogen wird? Dann sollten Sie es auch in Ihren Antrag schreiben oder sorgsamer arbeiten! Ich freue mich in diesem Zusammenhang auf zukünftige Anträge von Ihnen zu diesem Thema. Ich könnte Ihnen auch schon einen Titel nennen: Frühförderung der deutschen Sprache im Land Bremen. Dass hier Handlungsbedarf besteht, haben Sie eindrücklich bewiesen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Nitz, ich habe schon vor Jahren diesbezüglich Anträge eingebracht, da gab es DIE LINKE noch gar nicht. Schade nur, dass wir uns in der nächsten Legislaturperiode nicht darüber unterhalten können, weil Sie dann persönlich leider wahrscheinlich nicht mehr hier in diesem Parlament vertreten sein werden! Schade, es tut mir leid!

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Sie wahr- scheinlich auch nicht!)

Das werden wir erst einmal sehen! Sie aber mit Sicherheit nicht! Sie und Ihre Partei haben hier so etwas auch stillschweigend geduldet.

Ich habe von Ihnen noch keinen Antrag diesbezüglich hier gelesen oder diskutieren können, also haben Sie das auch stillschweigend geduldet, und dann kommen Sie hier nach vorn und wagen es, eine solche Wischiwaschirede zu halten. Ich kann nur hoffen, dass Ihnen Ihre Rede nicht ein gewisser Horst Schlämmer geschrieben hat, das würde mich bei Ihnen nämlich nicht wundern.

(Zuruf der Abg. Frau N i t z [DIE LINKE])

Sie wissen doch ganz genau, Sie sollten sich hier lieber schämen, solche Tierversuche gibt es hier schon seit über zehn Jahren. Das sind zehn Jahre zu viel, und sie hätten schon längst beendet werden können, sogar müssen, denn wo ein Wille ist, ist auch ein Weg,

(Abg. F r e h e [Bündnis 90/Die Grünen]: Rechtsstaat brauchen wir nicht!)

nur Sie alle hier in diesem Haus wollten es nicht. Das ist Ihr Problem, und das ist ein Skandal sondergleichen, dass Sie über zehn Jahre hier so etwas dulden und nur lapidar behandeln und alles andere von Grund auf ablehnen.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann mit der Drucksachen-Nummer 17/1370 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [parteilos])