Protokoll der Sitzung vom 18.10.2007

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Frauenförderung in den Gesellschaftsverträgen/ Satzungen öffentlicher Gesellschaften verankern

Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/ Die Grünen und Die Linke vom 16. Oktober 2007 (Drucksache 17/96)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Mützelburg.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort Frau Kollegin Arnold-Cramer.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frauenförderung – das haben wir schon in vielen Debatten erfahren – ist im bremischen öffentlichen Dienst über das Landesgleichstellungsgesetz verankert, aber auch sonst in vielen Bereichen unserer Gesellschaft.

Einen kleinen Haken gibt es aber, das Landesgleichstellungsgesetz gilt nicht so ohne Weiteres für die öffentlichen Betriebe. Das haben wir oft schon ange

merkt und im Zusammenhang mit dem Personalcontrollingbericht diskutiert, den der Senat uns kontinuierlich vorlegt. Öffentliche Unternehmen sind nicht nur betriebswirtschaftlichen Zielen verpflichtet; die Unternehmen müssen unseres Erachtens auch dazu beitragen, dass allgemeine gesellschaftspolitische Ziele innerbetrieblich umgesetzt werden.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Hierzu gehört auch ganz zweifelsfrei die Verwirklichung des Grundrechts der Gleichberechtigung der Geschlechter. Es hat sich bei den Unternehmen auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Gleichstellung der Geschlechter nicht nur ein rechtliches und moralisches Gebot darstellt: Die Unternehmen, die Frauenförderung aktiv umsetzen, haben effektiv auch einen ökonomischen Vorteil.

Wir haben auch gerade aus unserer ökonomischen Verantwortung den Beteiligungsunternehmen gegenüber die Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Unternehmen sich dem Wettbewerb zum Beispiel um die besten Arbeitskräfte stellen können. Die Umsetzung unseres Anliegens muss über eine Verankerung in den Unternehmenssatzungen beziehungsweise den Gesellschaftsverträgen der Unternehmen erfolgen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Der vorliegende Antrag fordert den Senat auf, hier entsprechend der von uns formulierten Kriterien zu handeln. Andere Städte haben diesen Schritt schon lange vollzogen, so ist Lübeck schon 2001 auf diesen Pfad gegangen. Bremen, das ist unsere Meinung, sollte hier nicht Schlusslicht sein!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Es ist im Vorfeld auch diskutiert worden, warum die Gleichstellung nicht über die Tarifparteien geregelt werden kann. Wir sind der Meinung, dass es für alle öffentlichen Unternehmen einheitliche Maßstäbe geben sollte, und deswegen sind wir über den Weg froh, dass wir vorschlagen können, es über die Gesellschafterverträge regeln zu können.

Noch eine Anmerkung zur Dringlichkeit! Darüber haben wir gestern auch schon ein paar Mal diskutiert: Warum ist Frauenförderung jetzt ein dringlicher Antrag?

(Abg. Frau T r o e d e l [Die Linke]: Nach gestern!)

Wir haben erfahren, dass im Finanzressort viele Gesellschaftsverträge aufgrund der neuen Vorgaben, die

sich aus dem Beteiligungshandbuch ergeben, überarbeitet werden. Wir sehen hier eine Möglichkeit, auch die Frauenförderung mit in dieses Paket aufzunehmen, um mögliche Kosten, notariell und für die Eintragungen im Handelsregister, reduzieren zu können. Somit haben wir gesagt, bevor diese Eintragungen erfolgen, möchten wir diesen Antrag auch an den Senat richten und hier beschließen, weil es, denke ich, in unser aller Interesse ist, dass hier nicht noch zusätzlich Kosten entstehen.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

So bitte ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, für unseren Antrag um Zustimmung!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Hoch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit 1990 haben wir das Gesetz zur Gleichstellung von Frau und Mann im öffentlichen Dienst im Land Bremen, auch kurz LGG genannt. Der Senat ist verpflichtet, alle zwei Jahre über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes zu berichten. Sie erinnern sich vielleicht auch daran, wir haben dann auch immer im Hause über die Berichte, das Personalcontrolling debattiert. Immer war es eine grundlegende Kritik von uns in den letzten Jahren, dass immer mehr Dienststellen durch Umstrukturierungen und Privatisierungen aus dem Geltungsbereich des LGG herausfallen. Dadurch hat sich in vielen Gesellschaften insbesondere die Rechtsposition der Frauenbeauftragten verschlechtert. Es wurden zum Teil Tarifverträge geschlossen, deren Regelungen zur Frauenförderung nicht dem Standard des Gleichstellungsgesetzes entsprachen. Außerdem hat sich die Kontrolle der Frauenförderung in diesen Gesellschaften durch die Bürgerschaft geändert.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Zuletzt sind die Krankenhäuser mit ihrem sehr hohen Frauenanteil durch den Rechtsformwechsel auch aus dem Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes herausgefallen. Wir wollen, dass auch die ausgegliederten Gesellschaften wieder Verantwortung für die Frauenförderung und aktive Gleichstellungspolitik übernehmen und sie auch leben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen) –––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft. Deshalb legen wir Ihnen heute diesen Antrag vor, der den Senat auffordert, den Geltungsbereich des Landesgleichstellungsgesetzes auf die im öffentlichen Mehrheitsbesitz befindlichen Gesellschaften auszuweiten. Warum dieser Antrag dringlich ist, hat meine Kollegin Frau Arnold-Cramer schon begründet. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass wir heute diesen Schritt hier auch gehen, und ich hoffe auf Ihre Zustimmung dazu! – Vielen Dank! (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der Linken)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Möllenstädt.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP wird diesem Beschlussantrag nicht zustimmen. Bei allem Respekt gegenüber der älteren Generation muss ich sagen: Die Vorstellungen, die in Ihrem Dringlichkeitsantrag formuliert werden, sind doch eher von gestern.

(Beifall bei der FDP – Zurufe)

Die FDP steht für eine fortschrittliche Politik, für die Gleichstellung von Mann und Frau. Was die Dringlichkeit angeht, so möchte ich darauf hinweisen, dass wir bereits am 31. August im Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau hier im Hause über dieses Thema gesprochen haben. Insofern ist eigentlich im Grunde unverständlich, warum Sie diesen Antrag jetzt mit Datum vom 16. Oktober einbringen mussten. Auch damals war uns schon bekannt, Frau Kollegin Hoch, dass dies mit der Veränderung der Gesellschafterverträge zu regeln sei. Wenn Sie jetzt sagen, Sie hätten es erst gestern erfahren, finde ich es, ehrlich gestanden, schon ein bisschen merkwürdig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will mich inhaltlich mit dem auseinandersetzen, was Sie vorgelegt haben! Zunächst wird der Begriff kostenneutral hier strapaziert, und zwar für die Eintragung der entsprechenden Regelungen in den Gesellschafterverträgen, insoweit kann ich Ihnen noch folgen. Aber Sie verschleiern damit, dass das, was Sie heute verabschieden wollen, Folgekosten von vielen Tausend Euro in jeder einzelnen Gesellschaft nach sich zieht. Das sollte man hierzu sehr deutlich sagen. Dies kann zu einer Verteuerung der Leistungen der einzelnen Gesellschaften führen. Dazu muss gesagt werden: Das hat mit Kostenneutralität überhaupt nichts zu tun.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich will auf den Gedanken der Vorbildfunktion des öffentlichen Bereichs und des öffentlichen Sektors ein

gehen! Auch diesen teilen wir im Grundsatz; natürlich soll der öffentliche Sektor bei der Frauenförderung vorangehen. Wir müssen Ihnen allerdings dazu sagen, Vorbilder sind nur die wirklich guten und fachlich herausragenden, kollegialen Frauen, die es auch in den meisten bremischen Gesellschaften nach meinem Eindruck gibt. Was tun Sie für diese Frauen? Sie bleiben in Ihrem Antrag weitgehend auf der Strecke. Gerade an diese müsste sich doch so etwas richten, denn letzten Endes sind sie doch wirklich die Vorbilder, die Sie auch anstreben sollten!

Es kann doch nicht darum gehen, jedwede Form von Frauenförderung hier zu betreiben, sondern genau die guten exponierten, positiven Beispiele müssten in den Vordergrund rücken. Das wollen Sie aber nicht, Sie arbeiten mit starren Quotierungen. Das ist uns zu einfach. Wir würden dort für eine weitaus differenziertere Regelung eintreten.

(Beifall bei der FDP)

Maßgeblich für den Grad an Gleichberechtigung von Männern und Frauen ist nicht der Frauenanteil, sondern die Qualität des Arbeitsklimas in den Betrieben. Ich muss sagen, bei denjenigen bremischen Gesellschaften, die ich aus eigener Anschauung kenne, habe ich nicht den Eindruck gehabt, dass das dort ein großes Problem ist. Es mag mich täuschen, aber wenn selbst die Kolleginnen in den Betrieben sehr offen sagen, dass sie sich dort sehr wohl und gut aufgehoben fühlen, dann, finde ich, ist das schon eine große Leistung. Diese stellen Sie mit dem, was Sie vorgelegt haben, eigentlich auch in Abrede. Ich weiß gar nicht, warum man die Leistungen, die in den Betrieben bereits unternommen und erbracht worden sind, so kleinreden muss.

Zum Thema Quotierungen muss ich noch weiter ausführen: Dieser Vorschlag ist völlig undifferenziert und schlägt alle Gesellschaften über einen Leisten. Das wollen wir nicht! Ich möchte Ihnen einmal ein Beispiel von einem Betrieb nennen, der von diesem Beschluss erfasst würde: Die HVG hatte nach dem Stand von 2005 aus dem Beteiligungsbericht damals 76 Mitarbeiter, davon 41 Mitarbeiterinnen. Ich muss Ihnen sagen, ich sehe für die FDP hier überhaupt keinen Grund, warum wir dort aktiv werden und eine Erhöhung des Frauenanteils anstreben sollten.

Wir glauben, es gibt viele Bereiche, in denen schon Gutes geleistet worden ist, und man kann, wenn man differenziert an die Dinge herangeht, auch die Bereiche angehen, wo vielleicht noch Defizite sind. Das wollen Sie aber nicht, Sie wollen es für alle gleichermaßen machen. Sie schießen dann eben dementsprechend auch in vielen Bereichen völlig über das Ziel hinaus. Ich glaube, dass Sie damit dem Ziel der Gleichstellung der Frau einen Bärendienst erweisen. Es wird die Akzeptanz derjenigen Kolleginnen, die in den bremischen Gesellschaften wirklich gute Arbeit leisten, eben gerade nicht erhöhen, weil man den Eindruck

schafft, dass die Frau eine Art schutzbedürftiges Wesen sei. Ich glaube, wir sollten doch alle miteinander der Meinung sein, dass das eine überkommene und altmodische Vorstellung ist, die hier nicht mehr Leitbild von Gleichstellungspolitik sein kann.

(Beifall bei der FDP)

Ich will Ihnen Hinweise geben, was wir als FDP in Bezug auf die Gleichstellung von Frauen im Berufsleben gern in den Vordergrund stellen würden! Ich will es auch bei zwei Punkten belassen. Zum einen möchte ich deutlich machen, die Benachteiligung von Frauen beginnt eben nicht erst in der Berufsausbildung, sondern in den Schulen. Dort sollten Sie ansetzen. Da habe ich bisher wenig Wegweisendes aus der Koalition gehört. Dies wäre ein sehr wichtiger Ansatzpunkt.

Ein zweiter Punkt, bei dem wir hoffentlich immer noch einer Meinung sind, ist die Frage der Verbesserung der Kinderbetreuungssituation. Das ist etwas, wo Sie als Koalition substanziell etwas erreichen können. Hier wäre Geld auch gut investiert, wenn Sie dort zu tatsächlichen, konkreten und greifbaren Verbesserungen für die Frauen in Bremen und Bremerhaven kommen würden.

(Beifall bei der FDP)

Ich kann Ihnen sagen, wir als FDP werden Sie gern unterstützen, wenn es um Flexibilisierung und Ausweitung der Betreuungszeiten geht. Davon profitieren die Frauen tatsächlich im Erwerbsleben. Bisher haben Sie es – und das muss ich gerade auch in die Richtung der SPD sagen – bei vollmundigen Erklärungen, zum Beispiel der Bremer Erklärung, die hier im Wahlkampf eine Rolle gespielt hat, belassen. Wenn man sich dann die Eckwerte im Haushalt für den Bereich Soziales anschaut, dann spricht daraus vielleicht ein Stückchen Wahrheit. Sie wollen in diesem Bereich weniger ausgeben und nicht mehr. Wir sind sehr gespannt auf Ihre konkreten Vorschläge.

Ganz allgemein kann man sagen, aus dem, was Sie hier heute vorgelegt haben, wird wieder einmal mehr die rot-grüne Handschrift in diesem Haus deutlich.