Protokoll der Sitzung vom 24.02.2011

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Lühr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Senat begrüßt die Initiative aus der Mitte des Parlaments, 8,50 Euro Mindestlohn bei Aufträgen und Arbeit für die öffentliche Hand zu bezahlen. Der Senat hat in dieser Legislaturperiode eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um als Arbeitgeber und auch als Nachfrager von Dienstleistung im Niedriglohnbereich existenzsichernde Entgelte

und sozialverträgliche Beschäftigungsbedingungen zu sichern. Unter anderem haben alle Ressorts bereits zu Beginn der Legislaturperiode sichergestellt, dass die von ihnen beauftragten Dienstleistungsunternehmen ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Stundenlohn von 7,50 Euro zahlen. Diese Lohnuntergrenze ist auch im Bremischen Tariftreue- und Vergabegesetz festgeschrieben worden. Das hat eine wichtige Signalwirkung gehabt, auch für die gesamte sozial- und tarifpolitische Diskussion.

Es gehört ebenfalls zu den Zielsetzungen des Senats, auch im öffentlichen Dienst Beschäftigungsmöglichkeiten für gering qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu angemessener Bezahlung zu schaffen und zu erhalten. Im Klartext: Im öffentlichen Dienst sollen alle Gruppen der Bevölkerung repräsentiert werden, das Leben fängt – um das einmal so salopp zu sagen – nicht erst beim Abitur oder beim Studium an, sondern wir müssen einen gesellschaftlichen Querschnitt erreichen. So ist aktuell im Reinigungstarifvertrag – was hier ja bereits diskutiert worden ist – eine wettbewerbsfähige Innenreinigung zu angemessener Bezahlung und zu angemessenen Beschäftigungsbedingungen sichergestellt worden.

(Beifall bei der SPD)

Um das zu machen, wird tarifmäßig auch ein Entgelt gezahlt, das über 8,50 Euro liegt und auch im September mit der nächsten Tarifanpassung noch einmal gesteigert wird.

Ein Mindestlohn von 7,50 Euro kann kein Fixpunkt sein – das ist hier ja auch diskutiert worden –, der ungeachtet wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Entwicklung unverrückbar ist, weil das, was einmal im Gesetz steht, immer gilt. Die hier und heute eingeforderte Erhöhung ist aus Sicht des Senats ein wichtiges politisches Signal und eine klare Orientierung auf faire Lohn- und Beschäftigungsbedingungen.

(Beifall bei der SPD)

Allerdings können wir das nicht auf Knopfdruck umsetzen, indem wir die Taste „F“ drücken, und dann haben wir das gelöst, sondern das muss jetzt im Einzelnen bearbeitet werden.

Zunächst zu den Finanzen, weil das hier schon angesprochen wurde! Der Senat hält eine Anhebung des Mindestlohns auf 8,50 Euro aus haushaltspolitischer Sicht für machbar und auch für praktisch umsetzbar.

Nun zu den Schritten der Umsetzung, das ist hier auch schon angesprochen worden. Wir werden, wie bei der Aktion damals bei der Umstellung auf 7,50 Euro, die Aufträge, die wir an private Dienstleister übergeben, systematisch analysieren, durchgehen und die Aufträge überprüfen und natürlich auch anpassen. Dabei können wir aber davon ausgehen, dass wir durch die Wirkungen des Arbeitnehmerent

sendegesetzes und bestehende tarifvertraglicher Regelungen, die in der letzten Zeit erfolgt sind, bereits heute die größere Zahl von Fällen mit entsprechendem Stundenlohn haben, also eine ganz andere Situation als zu Beginn der Legislaturperiode. Gleichwohl gehen wir jeden Fall im Einzelnen durch.

Vielleicht eine Anmerkung zu Herrn Nestler, wenn Sie erlauben! Wenn er auch zuhören würde, könnte ich ihm das auch noch einmal direkt vermitteln. Es geht da nicht nach Management Excel, dass wir jetzt durchsehen und sagen, er hat eine halbe Stunde hier gearbeitet und dann woanders gearbeitet, sondern das wird mit den Firmen und mit den Interessenvertretungen entsprechend diskutiert. Sie warten quasi auch auf unsere Rückmeldung, dass wir das mit ihnen besprechen, und dann wird das festgelegt. Das ist jetzt kein Berechnungsmodus, den man mit dem Rechenschieber festlegt, sondern das ist dann auch eine Veränderung der Struktur der Beschäftigung und auch der Bezahlung in diesen Bereichen. Das zu der Vergabe an private Dienstleister!

Auch für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes werden wir das natürlich umsetzen. Die tarifrechtlichen Bedingungen sind so, dass wir zurzeit in der Lohngruppe 1 für Einsteigerinnnen oder Einsteiger in eine Erstbeschäftigung einen Lohn von 8,51 Euro haben. Das wird im August auf 8,60 Euro gesteigert. Falls irgendwo im öffentlichen Dienst nun durch einen gesonderten Vertrag eine nicht diesen Tarifbedingungen entsprechende Regelung vorhanden sein sollte, werden wir das natürlich auch entsprechend anpassen. Wir gehen das mit dem Gesamtpersonalrat gemeinsam durch, weil das eine gemeinsame Aufgabe ist. Wir müssen sehen, ob es diesen berühmten Einzelfall gibt. Ich kann jetzt nicht für alle 28 000 Beschäftigungsverhältnisse im unmittelbaren und mittelbaren öffentlichen Dienst erklären, dass Mindestlohn gezahlt wird, aber ich kann Ihnen zusichern, dass wir das in den Griff bekommen und dass wir das umsetzen werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sie sehen, dass wir den politischen Auftrag verstanden haben, diesen annehmen, aufgreifen und zügig umsetzen werden. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Möllenstädt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Schön, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ich will noch ein paar Worte zu Ihrem Auftritt hier eben verlieren! Ich muss schon sagen, für die Politik einer Partei wie die der Grünen, die doch eher dafür steht, sich sehr abstrakt an dem Wohl derjenigen, die dann doch eher höhere Einkommen haben, zu orientieren, fand ich Ihre Vorwürfe hier doch einigermaßen dreist.

(Beifall bei der FDP – Zuruf: Das ist völliger Quatsch!)

Schauen Sie sich das doch einmal an, was Sie hier darbieten!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wir sind froh, dass wir Ihre Probleme nicht haben, Herr Möllenstädt!)

Das kann doch einem normal arbeitenden Arbeitnehmer überhaupt nicht mehr zugemutet werden, das hier nachzuvollziehen, was Sie hier an Anträgen einbringen!

(Beifall bei der FDP)

Lieber Herr Güldner, statt hier herumzuschreien, wollen wir uns doch vielleicht wieder mit dem Thema beschäftigen,

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, Herr Möllenstädt, setzen Sie sich wieder hin!)

statt die Diskussion über die Frage, ist es denn – –.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ob sich hier jemand hinsetzt, entscheidet das Präsidium und sonst niemand, damit das klar ist!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Von ihm nicht!)

Bitte, Herr Dr. Möllenstädt, Sie haben das Wort! Zwischenrufe sind immer erlaubt, das ist völlig klar, das gehört zum parlamentarischen Leben dazu.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Präsident!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Sie glauben aber nicht, dass ich mich von ihm beschimpfen lassen muss!)

Ich glaube, dass es nicht sinnvoll ist, wenn eine Politik sich darauf konzentriert, dass immer mehr Menschen dann vollständig alimentiert werden müssen, voll

ständig in den Leistungsbezug kommen müssen. Wir finden es richtig, dass es auch Menschen gibt, die die Unterstützung bekommen, um eben einer Erwerbstätigkeit im ersten Arbeitsmarkt nachgehen zu können.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb haben wir – und das ist das, was ich vorhin hier deutlich gemacht habe – uns dafür ausgesprochen, dass es in Deutschland ein Mindesteinkommen in dem Modell des Bürgergeldes gibt. Das haben wir hier mehrfach diskutiert.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben uns mehrfach hier dafür ausgesprochen, liebe Frau Schön, dass wir uns mehr bei der Qualifizierung von Personen mit Beschäftigungshemmnissen und langer Arbeitslosigkeit engagieren, um sie in die Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt zu bringen. Ihre Politik führt dazu, dass immer mehr Menschen in Alimentierungsmaßnahmen des Staates verbleiben. Das ist in den letzten Jahren unter grüner Mitregierung hier nicht besser, sondern schlimmer geworden.

(Beifall bei der FDP)

Das gilt es hier an dieser Stelle auch zu kritisieren.

Im Übrigen haben wir Vorschläge gemacht zu einem Ausstieg aus diesem leidigen Übergangssystem zwischen Schule und Berufsbildung. Auch das würde vielen Menschen helfen, tatsächlich ihren Weg in den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Nur, um drei Vorschläge auch konkret zu benennen, wo wir uns den Einstieg wünschen würden!

(Beifall bei der FDP)

Lieber Herr Tschöpe, ich kann es Ihnen nicht ersparen, nachdem sich die Kollegen von den Grünen – –.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Ja, Sie haben das Thema angesprochen, dass Arbeit auch einen Beitrag zur Würde des Menschen leistet, natürlich! Genau deshalb wollen wir auch, dass möglichst viele Menschen am Arbeitsleben teilnehmen können,

(Beifall bei der FDP)

aber doch bitte in den Betrieben und Unternehmen und nicht in dem Sinne, dass Sie sie aus dem Arbeitsmarkt hinausdrängen.

(Abg. Ts c h ö p e [SPD]: Aber Sie tun nichts dafür!)

Nein, lieber Herr Tschöpe, das Schüren auch. Ich finde es wirklich unanständig,