Ich würde dies gern noch einmal anbieten und sagen, dass wir darüber noch einmal parallel sprechen. – Herzlichen Dank!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 17/1615, auf die Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD Kenntnis.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kann ich mein Kind noch auf eine Bremer Schule schicken?
(Zurufe: Ja! – Abg. Ts c h ö p e [SPD]: Auf gar keinen Fall! Ihre Kinder sind doch schon lange daraus!)
Mensch, Herr Tschöpe, das ist ja eine Antwort! Diese Überschrift der „Bild“-Zeitung vom 29.01.2011. Ich rede hier für alle Bremerinnen und Bremer, und das ist eine Frage, die sich viele Eltern in Bremen stellen, da sollten Sie genau hinhören.
Nicht nur viele Eltern stellen sich die Frage, sondern ehrlicherweise, nachdem ich die Antwort des Senats auf unsere Anfrage gelesen habe, stelle ich mir die Frage nun auch wieder, nämlich zur Antwort des Senats auf unsere Anfrage: Unterricht an Schulen im Land Bremen durch Fachlehrkräfte. Jetzt ist mir übrigens auch klar, warum wir regelmäßig in allen Bildungsstudien den letzten Platz belegen. Eigentlich wollten wir hier nur Art und Umfang des fachfremd erteilten Unterrichts an unseren Schulen abfragen, dass dabei solch ein erschreckend hohes Maß zutage treten würde, habe ich nicht geglaubt. Das Problem
ist nämlich, dass der Unterricht nun einmal der wichtigste Faktor der Veranstaltung Schule überhaupt ist.
Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen, schlechter Unterricht kann keine guten Ergebnisse produzieren.
Doch vielleicht noch einmal der Reihe nach: Mit dem Bremer Bildungskonsens haben wir das bremische Schulwesen nicht nur umgebaut und auf neue Füße gestellt, wir haben den Strukturstreit beendet und eine Verlässlichkeit für die nächsten zehn Jahre sichergestellt. Unser Anspruch ist jetzt, nach der Strukturfrage müssen wir uns um die eigentliche Hauptsache, nämlich den Unterricht in den Schulen, kümmern. Ich dachte mir nun, okay, jetzt werden wir sehen, wie es wirklich mit der Bildung in Bremen aussieht. Dass wir nun so schnell auf unsere Anfrage einen derart vernichtenden Zustandsbericht bekommen, hätte ich wirklich nicht gedacht, und wenn es auch nicht ganz einfach ist, fachfremd erteilten Unterricht einzugrenzen, und es sicherlich auch einige Sonderfälle geben wird, bleibt nichts zu beschönigen. Das Ausmaß des Unterrichts, der von einer Lehrkraft gegeben wird, die das Fach, das sie unterrichtet, nicht studiert hat, ist erschreckend.
Betroffen sind flächendeckend alle Schulformen und Klassenstufen. An der Grundschule findet gerade eine Abkehr vom strikten Klassenlehrerprinzip statt. Die letzte Ländervergleichsstudie hat uns aber gezeigt, dass wir insbesondere in Deutsch Nachholbedarf haben. Wenn die Grundschule ihrem Auftrag aber gerecht werden soll, Rechnen, Schreiben und Lesen zu vermitteln, müssen wir insbesondere in Deutsch und Mathematik in der Grundschule durch mehr Fachlichkeit glänzen. Die Verpflichtung, dass für das Grundschullehreramt künftig Deutsch und Mathematik mit Fachwissenschaft und Fachdidaktik studiert werden muss, ist deshalb auch aus unserer Sicht der richtige Weg. Aber auch an der Grundschule, an der mehr als die Hälfte fachfremd unterrichtet wird, gibt es weitere Fächer, denen Fachlichkeit nicht nur guttun würde, sondern die auch unbedingt erforderlich sind; es ist nämlich nicht egal, wie Biblische Geschichte, Sport, Musik oder Kunst unterrichtet wird.
um sind es im Schnitt noch zehn Prozent. Ich will Ihnen auch nur ganz wenige Beispiele aufführen, Sie haben sicherlich die Antwort gelesen. Dennoch, in der Grundschule in der Stadtgemeinde Bremen wird Deutsch über 30 Prozent, Mathematik fast 50 Prozent, Musik fast 70 Prozent, Englisch über 70 Prozent, Kunst 80 Prozent, Biblische Geschichte über 80 Prozent fachfremd erteilt, in der Oberschule als Beispiel noch 30 Prozent Deutsch und 35 Prozent Mathematik und im Gymnasium noch 20 Prozent Mathematik. So geht das nicht mit rechten Dingen zu, so darf es nicht weitergehen.
Auch fächerübergreifender Unterricht darf hier keine Ausrede sein, ganz im Gegenteil, es ist nämlich besonders wichtig, dass die Lehrkräfte in ihrem Fach fit sind und damit auch die Zusammenarbeit mit ihren Kollegen vernünftig gestaltet werden kann. Fachfremder Unterricht ist auch eine große Hemmschwelle für Lehrer, hier muss ich die Betroffenen auch wirklich in Schutz nehmen, denn wer fachfremd unterrichtet, der möchte sich erst einmal in seinem eigenen Unterrichtsfach vernünftig auskennen, diesen Unterricht bewältigen, und der wird nämlich nicht vorrangig Kooperationen mit außerschulischen Lehrorten planen oder eben auch Projektarbeit stützen. Wer in seinem Fach unterrichtet, der ist auch sicher in dem, was er tut, und ich möchte, dass die Lehrerinnen und Lehrer auch ihre Sicherheit bekommen und auch diese den Schülerinnen und Schülern vermitteln können.
Wir haben zwar genug Lehrerinnen und Lehrer, aber viele sind nicht für das Fach ausgebildet, wofür sie jetzt eingesetzt werden.
Ich möchte Frau Senatorin Jürgens-Pieper auffordern, hier unseren Forderungen nachzukommen. Es ist die Aufgabe, diesen fachfremd erteilten Unterricht abzustellen, und wir möchten, dass Sie die notwendigen Maßnahmen dafür auch erreichen, und dann kann es auch passieren, dass Lehrkräfte versetzt werden müssen, wenn wir feststellen, dass wir nicht die richtigen Fachlehrer an den richtigen Schulen haben.
Ich will noch kurz auf die Anträge der Koalitionsfraktionen eingehen, Sie haben eigene Anträge eingereicht, das zeigt ja doch, dass Sie das Thema
ernst nehmen, sonst hätten Sie gar keinen Antrag eingereicht, das ist auch richtig. Meine Herren von der FDP, es reicht aber nicht, Lehrkräfte nachzuqualifizieren durch Fort- und Weiterbildung, damit machen Sie aus einem Deutschlehrer auch keinen Mathematiklehrer. Zum Antrag der Koalition: Sie schreiben, in den Sekundarstufen I und II sollte das Fachlehrerprinzip zunehmend leitend für den Unterrichtseinsatz eingesetzt werden. Richtig daran ist ja, dass es im Moment ganz offensichtlich nicht der Fall ist, aber mit „zunehmend leitend“ kommen wir in Bremen mit der Bildungspolitik auch nicht weiter. Sie suchen hier nur Ausreden, und ich würde sagen, deshalb lehnen wir auch beide Anträge ab. – Danke!
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war eine grandios fachfremde Debatte, finde ich.
Sie haben gezeigt, dass Sie von Schule und von Schulpolitik definitiv keine Ahnung haben, Frau Dr. Mohr-Lüllmann.