Protokoll der Sitzung vom 06.04.2011

Nach wie vor lassen Sie es zu, dass Millionen und Abermillionen Euro ohne Nutzen in Strukturen versickern, die Ihre Partei geschaffen, aber nie wieder hinterfragt hat. Allein mit den letzten vier Haushalten, die Sie zu verantworten haben, sind neue Schulden von mehr als 3,3 Milliarden Euro angehäuft worden. Die Schulden Bremens werden bis Ende 2011 auf voraussichtlich 18 Milliarden Euro steigen. Ich frage mich: Wann fangen Sie endlich damit an, die Probleme eines Landes zu lösen, anstatt Schuld und Hilfe immer wieder bei anderen zu suchen?

(Beifall bei der CDU)

Die Konsolidierungshilfen des Bundes sind kein Geschenk, sondern sie sind mit einer Verpflichtung verbunden, und zwar mit einer Verpflichtung zur Eigenanstrengung, einer Verpflichtung zum Sparen und einer Verpflichtung zu einer neuen Haushaltspolitik.

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Sind das die Schulden von den Investitionen der Großen Koalition?)

Die CDU-Bürgerschaftsfraktion hat an dieser Stelle allerdings erhebliche Zweifel, ob dieser Teil der Verwaltungsvereinbarung vom rot-grünen Senat tatsächlich eingehalten wird, denn, meine Damen und Herren der Koalition, ich kann angesichts der Entwicklung der Verschuldung in den vergangenen vier Haushalten nicht ernsthaft erkennen, dass Sie die Verpflichtung aus der Föderalismuskommission ernst nehmen, nutzen und endlich mit dem Sparen anfangen.

(Beifall bei der CDU)

Im Gegenteil, der Referenzhaushalt für die Verwaltungsvereinbarung des Haushaltes 2010 schloss mit einer Rekordneuverschuldung von 1,2 Milliarden Euro. Das ist ein typischer Negativrekord. Diesen Haushalt kann man sich im Guinessbuch der Rekorde eintragen lassen, mehr aber auch nicht. Sie werden den Bremer Haushalt nicht allein auf der Einnahmenseite durch unerfüllbare Einnahmeerwartungen sanieren. Seriöse Kaufleute nehmen sich genauso die Ausgabenseite vor. Dieser Ansatz fehlt nicht nur in den von Ihnen in diesem Haus verabredeten Haushaltsgesetzen der vergangenen vier Jahre, er fehlt auch in Ihren Wahlprogrammen, denen des Bündnisses 90/Die Grünen und denen der SPD. Das ist unseriös den Wählerinnen und den Wählern gegenüber, aber auch irgendwie unehrlich.

(Beifall bei der CDU)

Entweder sagen Sie den Wählern nicht, welche Belastungen nach der Wahl auf sie zukommen werden, oder Sie haben tatsächlich nicht die Absicht, nachhaltig zu sparen, sondern wollen das Leben auf Kosten künftiger Generationen fortsetzen.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Wenn man sich allein Ihren Umgang mit dem Tarifabschluss – danke für den Hinweis! – im öffentlichen Dienst anschaut, ist nicht erkennbar, dass Sie bei Ihren Entscheidungen von der Sorge um die Sanierung des bremischen Haushalts geleitet waren. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion, und das werden wir auch morgen in der Debatte deutlich machen, hätte sich in dieser Frage einen anderen Weg gewünscht.

(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Bin ich sehr gespannt morgen! – Abg. Frau B u s c h [SPD]: Dann nennen Sie einmal ein Beispiel!)

Wir haben in den vergangenen vier Jahren bereits an verschiedenen Stellen deutlich gemacht, dass wir uns die Haushaltspolitik anders vorstellen und uns einen anderen Kurs wünschen, einen nachhaltigen Kurs, der das ungehemmte Schuldenmachen auf

Kosten unserer Kinder und Enkelkinder beendet, einen Kurs, der unser schönes Land erkennbar in eine sichere Zukunft führt.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Das wird Herr Hinners morgen er- zählen! Da bin ich sehr gespannt!)

Herr Bürgermeister Böhrnsen, Sie haben aus meiner Sicht eine weitere Chance vertan, diesen Kurs heute zu bestimmen. Ob Enquetekommission, Pakt für Bremen, konkrete Sparvorschläge oder die von uns vorgeschlagene Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung, Sie haben jeden Versuch unterbunden, die finanzielle Situation dieses Landes parteiübergreifend zu lösen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb werden nun die Richter vom Staatsgerichtshof über Ihren Haushalt entscheiden. Daher bin ich froh, dass wir gemeinsam mit den Kollegen der FDP entschieden haben, eine Verfassungsklage gegen das Haushaltsgesetz 2011 einzureichen, und ich bin optimistisch, ganz anders als Sie, dass wir die Klageschrift bis Ostern auf den Weg bringen und dass wir auch Erfolgsaussichten mit dieser Klage haben.

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Andere finden da Eier!)

Bremen kann sich ein „weiter so“ in der Finanzpolitik nicht mehr leisten, dafür steht die CDU-Bürgerschaftsfraktion, und dafür setze ich mich persönlich ein.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Kummer.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Mohr-Lüllmann, während Ihnen bei der Regierungserklärung des Bürgermeisters das Salz in der Suppe fehlte, fehlt mir bei Ihnen so ein bisschen die Einlage. Das war doch mehr als dünn.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Das war Plörre!)

Die uns hier vom Senat vorgelegte unterschriftsreife Verwaltungsvereinbarung zur Gewährung von Konsolidierungshilfen stellt die letzte formale Hürde dar zum offiziellen Beginn des Konsolidierungsweges Bremens unter den Bedingungen der Grund––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

gesetzänderung der Schuldenbremse. Die rot-grünen Regierungsfraktionen begrüßen die Ergebnisse der Verhandlungen ausdrücklich und fordern den Senat in unserem vorliegenden Entschließungsantrag auf, die Verwaltungsvereinbarung zu unterzeichnen.

Wir betrachten die vorliegende Vereinbarung als Chance, aber auch als Herausforderung zur finanziellen Zukunftssicherung des Landes Bremen mit seinen beiden Stadtgemeinden Bremen und Bremerhaven, und wir bekennen uns ausdrücklich zu den im Vertragswerk enthaltenen Regeln. Mit den Beschlüssen zum Haushalt 2011 haben wir das bereits im Vorgriff getan und damit die Weichen für den Sanierungsweg des kommenden Jahrzehnts gestellt. Das Gelingen dieses Weges, ab 2020 die Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten aufzustellen, ist jedoch an weitere Rahmenbedingungen geknüpft, auf die ich unter Hinweis auf unseren Antrag von RotGrün eingehen möchte.

Unsere Eigenanstrengungen müssen flankiert und unterstützt werden durch eine gerechte Finanzausstattung der Länder und Kommunen. Ein erster Schritt in die richtige Richtung ist dabei die im Rahmen des Hartz-IV-Kompromisses erreichte Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter durch den Bund. Damit ist zwar die Finanznot der Kommunen nicht geheilt, aber auf diesem Weg muss es weitergehen, und ich hoffe an der Stelle, dass die Idee der Abschaffung der Gewerbesteuer nun endlich vom Tisch ist.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Was uns aber völlig die Beine wegschlagen würde, wären umfangreiche Steuergeschenke jeglicher Art, wie sie immer wieder einmal, wenn der Wirtschaftsaufschwung ein bisschen an Fahrt gewonnen hat, kursieren. Die Vorschläge der FDP bei der Einkommensteuer würden zu Mindereinnahmen des Staates von 15 Milliarden Euro führen. Bricht man das mit der Einprozentregel auf Bremen herunter, würde das 150 Millionen Euro Einnahmen weniger im Jahr bedeuten. Wir fordern den Senat also auf, im Bundesrat solcherart Gesetzesvorhaben nicht zuzustimmen. Dazu gehören im Übrigen auch solche existenziellen Rahmenbedingungen wie der Länderfinanzausgleich. Wer Angriffe auf dieses wesentliche Instrument des bundesdeutschen Föderalismus gut findet, Herr Röwekamp, der macht eindeutig Wahlkampf gegen Bremen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir werden weiterhin alle Anstrengungen auf der Ausgabenseite der Haushalte unternehmen. Das ist in der Tat ein anspruchsvolles Vorhaben, wenn man bedenkt, dass wir bei fast allen Ausgabeblöcken unterhalb des Durchschnitts der Stadtstaaten und teilweise leider schon der Flächenländer liegen. Wenn

man sich dann sowohl an der Schuldenbremse als auch an der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen in der Bundesrepublik orientiert – steht auch im Grundgesetz –, wird deutlich, wie schwierig der Abwägungsprozess bei jedem einzelnen Haushalt der kommenden Jahre sein wird. Die aktuelle Diskussion um die Übernahme oder Nichtübernahme der Tarifergebnisse der Angestellten auf die Beamtinnen und Beamten macht dies einmal mehr deutlich. Die Bremer Haushaltsnotlage ist ein von allen Beteiligten anerkannter Fakt, sonst würden wir die 300 Millionen Euro Konsolidierungshilfe im Jahr auch nicht bekommen. Wir sind unverschuldet in diese Haushaltsnotlage geraten, das ist mehrfach höchstrichterlich, haushaltsanalytisch und politisch bundesweit festgestellt worden. Nur bei CDU und FDP in Bremen scheint das noch nicht angekommen zu sein, oder sie wollen es nicht hören. Wenn Sie aber, geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und FDP, jetzt auch noch eine Verfassungsklage gegen den Haushalt der rot-grünen Regierung anstrengen müssen, ist das mehr als armselig! Die Bezeichnung Kaspertheater des SPD-Landesvorsitzenden ist da fast schon eine Beleidigung der Puppenspielerzunft!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Liebe Frau Dr. Mohr-Lüllmann, sehr geehrter Herr Röwekamp, Sie halten die Wähler und Wählerinnen offensichtlich für völlig vergesslich. Bürgermeister Böhrnsen hat Sie bereits darauf hingewiesen, Sie, die CDU, waren viele Jahre mit dafür verantwortlich, dass wir gemeinsam in der Großen Koalition mehr Kredite aufgenommen haben, als wir für Investitionen ausgeben. Offensichtlich wollen Sie das auch weiter tun. Machen Sie deswegen jetzt nicht so dicke Backen! Sehen Sie sich einfach auch einmal ihr eigenes Wahlprogramm an!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Drei Milli- arden Euro in vier Jahren haben wir nie ge- macht!)

Mehr Ganztagsplätze, beitragsfreies drittes Kindergartenjahr, weitere Ganztagsschulen, Rücknahme der Kürzungen beim Musikfest, Schulkulturticket, mehr Familienhebammen, Ausbau der Kindergartenplätze, Ausbau der Ferienbetreuung, Ausbau der Hortbetreuung, mehr Polizisten, keine Kürzungen bei der Feuerwehr, angemessene Ausstattung der Justiz, und so könnte ich das weiter zitieren. Alles hehre, wichtige Ziele, das bestreite ich ja gar nicht, aber dann reden Sie nicht gleichzeitig davon, im Haushalt 780 Millionen Euro einsparen zu wollen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Für wie blöd halten Sie uns eigentlich und die Wähler und Wählerinnen gleich mit? Am 22. Mai werden

wir dann sehen, wie die Menschen in Bremen so etwas bewerten.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Bei Ihnen stimmt es auch!)

Nachhaltig sanieren werden wir unseren Haushalt aber nur können, wenn wir alle gemeinsam an das Problem der Altschulden herangehen. Das war im Rahmen der Föderalismuskommission noch nicht möglich, macht aber insofern auch erst einmal Sinn, als die Haushalte der Länder erst einmal konsolidiert werden sollten. Mit der Unterschrift unter die Verwaltungsvereinbarung wird der Senat, wie vereinbart, seine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht für erledigt erklären. Wir unterstützen den Senat bei dieser Entscheidung, was nicht heißt, dass Bremen nie wieder klagt. Auf die Einhaltung der Rahmenbedingungen für die Schuldenbremse, die Geschäftsgrundlagen bin ich eben eingegangen.

Eigentlich wollte ich in dieser Debatte auf potenzielle – nein, sind sie ja auch schon – Mitbewerber im Wahlkampf nicht eingehen, aber Sie haben ja gestern alle Post von B+B bekommen. Sie sagen, wir sollen klagen, statt verhandeln, das würde dann am Ende mehr Geld geben. Diese Strategie ist in Berlin nicht aufgegangen. Gerade der ehemalige Staatssekretär Berlins, Fritz Dopatka, müsste das wissen, das ist gründlich misslungen. Deswegen machen wir das in Bremen eben nicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Falls die Herren mir zuhören: Sehr geehrte Herren von B+B, Sie sagen, wir sollen auf die 300 Millionen Euro pro Jahr verzichten, weil wir, wenn wir verzichteten, einfach ganz bestimmt mehr Geld bekämen, wenn wir klagen würden. Das finde ich einfach nur Banane! Sie sagen außerdem, wir müssen dieses viele Geld, das wir dann bestimmt bald bekämen, jetzt schon einmal mutig zum Wohle des Landes ausgeben. Das, finde ich, führt in den Bankrott. B+B, Banane und Bankrott, mehr fällt mir dazu nicht ein!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Im Zusammenhang mit der Verwaltungsvereinbarung legt uns der Senat einen Vorschlag für die Gesetzesänderung zur Änderung der Haushaltsordnung vor. Der Ausschuss „Umsetzung der Föderalismusreform II im Land Bremen“ hat das bereits mehrheitlich empfohlen, und es wurde im Februar hier im Landtag auch beraten. Die Inhalte der Verwaltungsvereinbarung sollen in geeigneter Form für den Übergangszeitraum bis 2019 in die Landeshaushaltsordnung übernommen werden. Das tut der Senat hiermit, mit dem Vorschlag, einen neuen Paragrafen 18 a in

die Landeshaushaltsordnung einzufügen. Diesen Vorschlag halten wir für geeignet und empfehlen dem Landtag Zustimmung in erster Lesung und Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss.

Gleichzeitig werden wir damit, wie ebenfalls im Ausschuss „Umsetzung der Föderalismusreform II im Land Bremen“ mehrheitlich empfohlen, das Sanierungssicherstellungsgesetz aus dem Jahr 1999 aufheben. Dieses Gesetz beschrieb den damaligen Abschnitt des Sanierungspfades für die Haushaltsaufstellungen. Da es nun durch das Grundgesetz, das Konsolidierungshilfegesetz, durch die Verwaltungsvereinbarung und dann durch den neuen Paragrafen in der Landeshaushaltsordnung neue, andere Regeln gibt als die damaligen, empfehlen wir hier ebenfalls, dem Vorschlag, hier eine Gesetzesbereinigung vorzunehmen, in erster Lesung zuzustimmen.

Und Nein! Wie bereits im Juni letzten Jahres und in der Debatte der letzten Sitzung gesagt, wir werden die Bremer Landesverfassung nicht ändern. Das Grundgesetz, die Schuldenbremse gilt unmittelbar. Wir meinen zum anderen, mit den soeben angesprochenen Regelungen und den jeweils einzelnen Haushaltsgesetzen für die einzelnen Jahre bis 2020 den Anforderungen der Schuldenbremse im Grundgesetz Rechnung tragen zu können.

Außerdem bitten wir nach der ersten Lesung um Überweisung und Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss, ich sagte es. Für den Entschließungsantrag der rot-grünen Fraktionen bitte ich jetzt schon um endgültige Zustimmung! – Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit!