Protokoll der Sitzung vom 21.11.2007

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber Sie haben sie nicht überzeugt!)

Sanierungshaushalt heißt auch, dass wir 13 Milliarden Euro Schulden haben, bislang jährlich 4 Milliarden Euro ausgegeben haben, denen nur 3 Milliarden Euro an Einnahmen gegenüberstanden. Von diesen Ausgaben fließt ein Viertel, eine Milliarde Euro, in Personalausgaben, und für die Beamten und Versorgungsempfänger stehen davon 750 Millionen Euro im Haushalt bereit.

Übrigens, es gibt nur in der SPD-Fraktion einen Ausschuss der Einnahmeverbesserung, der sich auch mit

der anderen Seite befasst und sich darum bemüht, auch Mehreinnahmen zu bekommen, um dieses Problem zu lösen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, unser Augenmerk richtet sich nicht nur auf den Bereich der Polizei, sondern auf den Gesamtbereich des öffentlichen Dienstes, von den Bediensteten des Strafvollzugs über die Beschäftigten in Sozial-, Jugendämtern, Feuerwehr, Lehrerinnen, Lehrer, Staatsanwältinnen, Staatsanwälte, Richterinnen und Richter, und zum Schluss nenne ich einmal Ausländerämter und Zulassungsstellen. Die Fürsorgepflicht des ehemaligen Innensenators Röwekamp habe ich in der letzten Regierungszeit dort vermisst, ich habe sie nicht einmal bemerkt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Allein diese Aufzählung macht ja deutlich: Es geht um das Geld, aber es geht eben nicht nur um Geld. Dem öffentlichen Dienst wird in Teilen der Bevölkerung vorgehalten, es ginge den dort Beschäftigten doch gut, mit einem sicheren Arbeitsplatz, einem lebenslänglich gesicherten Einkommen. Ja, richtig, aber nach Meinung der SPD soll dies auch so bleiben!

Die Arbeitsplatzsicherung hat aber auch einen Preis. Seit circa 9 Jahren erleben die verbeamteten Kolleginnen und Kollegen eine Abkopplung von der Einkommensentwicklung ihrer angestellten Kollegen, und das in vielfältiger und recht unterschiedlicher Form, die nicht immer auf den ersten Blick erkennbar ist. In vielen Briefen aus dem Kreis der Betroffenen wurde vorgerechnet, dass der Wegfall beziehungsweise die Reduzierung von Weihnachts- und Urlaubsgeld, die Verschiebung der Dienstaltersstufen, die Veränderung der Pensionsansprüche in vielen Fällen zu erheblichen Einbußen geführt hat –

(Abg. Frau A h r e n s [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

für Zwischenfragen habe ich jetzt keine Zeit! –, wobei ich die Einführung und die Einrichtung eines Versorgungsfonds noch als die richtigste Maßnahme begreife. Sie hilft uns nämlich dann für die Zukunft weiter.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Aber nicht nur die finanziellen Einbußen sind der Grund für diese große Demonstration, die wir heute erleben, sondern vielmehr das Gefühl der Machtlosigkeit, der ungerechten Behandlung und damit das Gefühl der fehlenden Wertschätzung. Eine neue Form der Ungleichbehandlung entsteht durch die erste Stufe der Föderalismusreform, wonach jetzt jedes Bundes

land eigenverantwortlich über die Höhe der Besoldungsanpassung entscheidet und somit die Gleichheit der Lebensverhältnisse infrage stellt. Auch Bremen entscheidet erstmalig als Bundesland, und ich bin der festen Überzeugung, dass das Land Bremen mit den Gewerkschaften in gleicher Weise, wie es früher auf Bundesebene üblich war, verhandeln und zu einem einheitlichen Ergebnis für alle kommen muss.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Lassen Sie mich auch gleich anfügen, dass es richtig und zielführend ist, wenn die Gewerkschaften die Interessen aller Kolleginnen und Kollegen vertreten und sich auch nicht nach Einzelinteressen splitten lassen. Das führt zu sozialer Ausgrenzung.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ich komme noch einmal auf den Begriff der Wertschätzung zurück, gerade weil ich in den vielen Gesprächen der vergangenen Wochen, Herr Röwekamp, gemerkt habe, wie emotional die Debatte um die höhere Besoldung geführt wird. Wir, die Mitglieder von Partei und Fraktion der SPD und gerade auch aus dem Senat, haben auf Personalversammlungen und mit dem Koalitionsvertrag Hoffnung geweckt. Wir haben davon gesprochen, trotz schwieriger Auseinandersetzungen die Beschäftigten ernst zu nehmen, sie nicht als Kostenstellen zu sehen und gegen eine weitere Auseinanderentwicklung des Einkommens von Tarifbeschäftigten zu kämpfen. Genau das ist die Aufgabe, die wir jetzt bewältigen müssen, und da lasse ich mir – seit 35 Jahren im öffentlichen Dienst beschäftigt, als Gewerkschafterin und ehemalige Personalvertreterin – von der CDU keinesfalls vorhalten, die SPD hätte da nicht genug getan. Das brauche ich mir nicht sagen zu lassen!

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Die Forderung, die wir eben auf der Demonstration gehört haben und die Herr Hinners hier auch noch vorgetragen hat, lautet: Volle Übernahme des Tarifabschlusses zum 1. Januar 2008 mit der Begründung, dass dafür ja die Mittel im Koalitionsvertrag oder in der Koalitionsvereinbarung stünden und dies auch bereits nach Karlsruhe gemeldet sei! Nach Karlsruhe, Herr Röwekamp, haben Sie als Bürgermeister leider gar nichts gemeldet, jetzt behaupten Sie wahrheitswidrig das Gegenteil. Das ist Ihre Art der Wertschätzung, damit täuschen Sie bewusst die Beamtinnen und Beamten!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Man könnte ja fast meinen, wir hätten hier allein regiert!)

Das tun Sie nur – und Ihre Aufregung zeigt es wieder –, um richtig Stimmung zu machen. Nichts anderes haben Sie im Sinn!

Meine Damen und Herren, wir werden den Gesetzentwurf der CDU heute nicht einfach ablehnen,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Nein, weil Sie keine Mehrheit dafür haben!)

sondern wir beantragen die Überweisung des Gesetzentwurfs zur Beratung in den Haushalts- und Finanzausschuss, wobei ich mich manchmal frage, ob Herr Röwekamp als Sprecher der richtige Mann ist, nachdem wir eben gehört haben, wie er rechnen kann,

(Beifall bei der SPD)

und wir tun genau das, was in der Koalitionsvereinbarung steht. Wir entscheiden im Zuge der Haushaltsberatungen 2008/2009 über alle Bereiche, die betroffen sind. Es ist nicht Aufgabe der SPD, sondern aller Fraktionen hier im Haus, einen Haushalt aufzustellen, der dem Gesamtinteresse des Landes dient und den Ansprüchen von Karlsruhe gerecht wird.

Sofort – und das regt mich besonders auf! – ließ Herr Hinners gestern eine Mail los mit der Falschmeldung, wir würden heute den Antrag überweisen und es zu keiner Debatte kommen lassen.

(Zurufe von der CDU)

Findet hier eine Debatte statt, oder bin ich ein Geist? Sagen Sie einmal!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zurufe von der CDU)

Wenn Sie dann weiter herumpöbeln, das Ganze käme einer Beerdigung erster Klasse gleich, dann ist das eine Hetzkampagne, die verlogen ist! Weitere Ausdrücke möchte ich jetzt nicht sagen, damit ich mir einen Ordnungsruf vom Präsidenten erspare.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, auch die CDU muss in diesen Haushaltsberatungen Vorschläge zur seriösen Finanzierung machen und nicht nur als Trittbrettfahrer verständlicher Gewerkschaftsforderungen auftreten!

(Lachen bei der CDU – Zuruf: Jetzt beruhi- gen Sie sich einmal wieder!)

Diese Stunde der Wahrheit werden wir Ihnen gönnen und wollen wir Ihnen gönnen!

(Abg. F o c k e [CDU]: Sie sind ein Geist! – Heiterkeit)

Ja, davon werden Sie träumen, Herr Focke!

(Zuruf von der CDU: Er hat auch schon Angst! – Heiterkeit)

Hier haben Sie, Herr Röwekamp, als Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses eine ganz besondere Verantwortung wahrzunehmen, denn Sie, Herr Röwekamp, haben in diesem Land lebenslänglich bekommen: Sie führen lebenslänglich den Titel „Bürgermeister a. D.“. Dies ist nicht nur Ehre, dies ist auch Verantwortung! – Herzlichen Dank!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der FDP)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das ist der Geist, der stets verneint!)

Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer! Ich werde mich gleich am Anfang in meinem Beitrag vor allem an die Öffentlichkeit wenden, die hier ist, die draußen ist, aber auch an diejenigen, die sich mit Schreiben in vielerlei Form an uns gewandt haben und denen wir schon geantwortet haben und denen wir auch Rede und Antwort stehen werden. Ich werde weniger mit der CDU reden, denn es ist ja wahr, Sie sind in dieser Frage wirklich nur Trittbrettfahrer einer sozialen Bewegung, und was Trittbrettfahrer sind, brauche ich Gewerkschaftlern nicht zu erklären.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. Frau A h r e n s [CDU]: Frechheit!)

Es ist aber so! Es kann schon sein, dass es eine Frechheit war, aber es ist trotzdem die Wahrheit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, zur Debatte steht heute nicht das Ob, nicht die Höhe, sondern allein der Zeitpunkt der Erhöhung der Beamtenbezüge und der Zeitpunkt der Entscheidung darüber. Der macht einen Unterschied, das weiß ich wohl, ich möchte nur klarstellen, worüber wir reden. Bevor ich dazu die Sicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen darlege, würde ich gern eine persönliche Bemerkung vorweg machen.

Ich war, einige wissen das, in den Achtziger- und Neunzigerjahren viele Jahre ein sehr aktiver Vertrauensmann und Betriebsrat bei der Bremer Tages

zeitung AG, ich war beteiligt an erfolgreichen betrieblichen und tariflichen Auseinandersetzungen, auch mit Rückschlägen, das ist auch passiert. Deshalb, und nur darum sage ich das hier, habe ich keinerlei Zweifel, dass die Erwartungen und die Forderungen der Beamtinnen und Beamten nach zeitnaher Erhöhung ihrer Bezüge verständlich und legitim sind – von ihrem Standpunkt aus.