Wer das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Behandlung von Petitionen durch die Bremische Bürgerschaft, Drucksache 17/135, in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Überprüfung von Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft auf Tätigkeiten für das frühere „Ministerium für Staatssicherheit“ (MfS) der einstigen DDR
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie Sie wissen, wurden die Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft schon in der
letzten Legislaturperiode auf eine eventuelle Tätigkeit des MfS der ehemaligen DDR überprüft. Aber seit der letzten Wahl am 13. Mai 2007 hat sich die Parteienlandschaft der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) im wahrsten Sinne des Wortes extrem verändert.
Damit wir uns gleich richtig verstehen, ich beschuldige oder verdächtige keine Abgeordneten, zum Beispiel der Fraktion Die Linke, persönlich in irgendeiner Art und Weise einer Mitarbeit, denn ich glaube kaum, dass ihre jüngeren Genossinnen wie zum Beispiel Frau Nitz oder Frau Cakici wissen, was der Name MfS, Stasi und so weiter überhaupt bedeutet
und welche grausamen, unzähligen mörderischen Verbrechen an unschuldigen Menschen in der ehemaligen kommunistischen DDR durch ihre ehemalige Mutterpartei, der SED, in Zusammenarbeit mit der Stasi, MfS
und so weiter begangen worden sind, zum Beispiel – das muss hier wieder einmal erwähnt werden, denn das wird immer ganz schön vergessen und verschwiegen – unzählige Mauermorde, ganze Familien wurden gnadenlos zerstört, vernichtet und brutal auseinandergerissen.
Herr Tittmann, Sie müssen zu dem Inhalt Ihres Antrags sprechen, und der heißt Überprüfung von Tätigkeiten. Ich bitte Sie, daran Ihre Debatte entlangzuführen!
Die Wahrheit müssen Sie schon ertragen! Das waren ehemalige SED-Bonzen, die diese grausamen Menschenrechtsverletzungen, unzählige Morde begangen haben. Wenn ich heute, und jetzt komme ich dazu, miterleben muss, wie viele Genossinnen und Genossen der ehemaligen SED, der PDS und der heutigen Partei Die Linke politische Verantwortung tragen, die nachweislich damals gewissenlos für den Stasi gearbeitet haben – wie zum Beispiel die linke Fraktionsvorsitzende in Brandenburg Frau Kerstin Kaiser und noch so viele andere Genossinnen ihrer Partei –, dann ist dieser Antrag mehr als berechtigt. Dazu, welche namentlich hochrangige Abordnung der Linkspartei dem Stasi Markus Wolf die letzte Ehre erwiesen hat, kann ich nur sagen: Wehret den Anfängen und stimmen Sie meinem Antrag zu!
Überwachung des Verfassungsschutzes sind vermutliche linksextremistische Strukturen innerhalb der Linkspartei. Innenminister Schäuble sagte, wir haben Anhaltspunkte, dass die Partei die Zusammenarbeit mit Linksextremisten im In- und Ausland betreibt, teilweise – nun hören Sie genau zu! – stellen wir ein ambivilates Verhältnis zu unserem Parlamentarismus fest.
Ich habe es vorhin schon erwähnt, alarmierend ist, dass auch Bremen, ich muss ja nun vorsichtig sein, einen bundesweiten traurigen Platz bei den linksextremistischen Gewalttaten belegt. Im letzten Jahr passierten pro 100 000 Einwohner 4,52 Prozent Straftaten, im Jahr davor waren es null Prozent.
Herr Tittmann, ich bitte Sie noch einmal, dass Sie entlang Ihres Antrags auf Überprüfung argumentieren. Sie müssen nicht immer versuchen, auszuweichen und andere Themen hineinzubringen.
Ich kann mir schon vorstellen, dass Sie das nicht gern hören mögen. Abschließend kann ich sagen, Moral kam immer nur von den Linken, solange sie nicht regiert haben, seitdem sie regieren, gibt es überhaupt keine Moral mehr. Ich bitte um die Zustimmung zu meinem Antrag! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, Herr Tittmann! Wenn es diesem Abgeordneten doch nur ein einziges Mal in der langen Zeit, in der ich das erleben muss, um eine sachliche politische Angelegenheit gehen würde, dann wäre dieser Antrag nie geschrieben worden, er wäre nie eingereicht worden, diese Rede wäre nicht gehalten worden. Ein Anruf bei der Bürgerschaftsverwaltung hätte Ihnen genügt, die Sache wäre erledigt gewesen, denn wir Abgeordneten der Bürgerschaft regeln diese Angelegenheiten selbst und nicht der Senat, wie Sie in völlig unsinniger Weise in Ihrem Antrag fordern.
Da Sie es nicht getan haben, muss ich wenigstens kurz zu der Sache sprechen, weil das vielleicht doch von Interesse ist, wie wir damit umgehen. Es geht um die Überprüfung der neuen Abgeordneten auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR. Das ist inzwischen seit 15 Jahren in dieser Bürgerschaft geregelt, zunächst im Jahr 1992, damals auf Antrag des Kollegen Mützelburg und mir, auf freiwilliger Basis – ich habe hier noch den Bescheid, den ich damals bekommen habe – beziehungsweise bei Streitfällen durch den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss.
Vor einigen Jahren ist dann die „Rosenholzdatei“ aufgetaucht, die zeigt, dass die Stasi auch hier im Westen der Bundesrepublik erheblich Agenten hatte, mehrere Zehntausend Menschen vermutlich.
Ja, wir wollen uns aber immer an den Tatsachen orientieren! Damit stieg die theoretische Möglichkeit, dass auch Westdeutsche verstrickt sein könnten. Die Bremische Bürgerschaft hat als Konsequenz wie andere Landtage einen Passus in unser Abgeordnetengesetz, nämlich den Paragrafen 46 a, eingefügt, der strikt rechtsstaatliche und innerparlamentarische Verfahren für eine Überprüfung festlegt.
Die routinemäßige Überprüfung der neuen und dabei natürlich auch nur der älteren, vor 1972 geborenen Mitglieder dieses Hauses wird gegenwärtig nach diesen klaren gesetzlichen Regeln und Richtlinien vorbereitet. Die Fraktionen sind sich darüber einig. Natürlich gilt hier der Grundsatz: Wer sich damals schuldig gemacht hat, soll auch heute dafür gerade stehen! Selbstverständlich! Das war die sachliche Seite!
Das hätte man alles hier gar nicht verhandeln müssen, wenn Sie einmal nachgefragt hätten und wenn Sie nicht wieder den Versuch – und Gott sei Dank sind Sie ja heute auch etwas eher davon abgebracht worden, das zu nutzen – einer hassgeschwängerten Suada gemacht hätten, die Sie gegen andere loslassen. Ich will Ihnen noch eines zum Schluss sagen: Sie haben wieder den Versuch gemacht, sich hier als Anwalt der Opfer des SED-Regimes darzustellen. Es gibt keinerlei Grund, irgendetwas kleinzureden, keinerlei Grund, irgendetwas zu relativieren, was da geschehen ist! Aber Ihnen, Herr Tittmann, das will ich Ihnen noch einmal klar sagen, glaube ich aus einem ganz einfachen Grund kein einziges Wort, was Sie in dieser Richtung sagen!
Dieser Grund ist folgender, Herr Tittmann: Ich habe bei den vielen Gelegenheiten, die es in den vergangenen Jahren in diesem Haus gegeben hat – das wa
ren viele Gelegenheiten, weil wir oft solche Themen besprochen haben –, von Herrn Tittmann kein einziges Wort in all diesen Debatten gehört, kein einziges Wort des Bedauerns, der Trauer oder auch nur der Anteilnahme für die Millionen Menschen, die der Nationalsozialismus kaltblütig und planmäßig umgebracht hat. Und einem Menschen, der davor die Augen und die Ohren verschließt, glaube ich auch sonst kein Wort, Herr Tittmann, kein einziges Wort! – Danke!
Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann mit der Drucksachen-Nummer 17/115 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!