Protokoll der Sitzung vom 21.11.2007

(Beifall bei der CDU) –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)

Meine Damen und Herren, was hat der Koalitionsvertrag und was haben gegenteilige Aussagen des Bürgermeisters und der Bürgermeisterin und Finanzsenatorin vor Personalräten und Gewerkschaften zur Besoldungsanpassung und Gleichbehandlung aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst für einen Wert, wenn wenige Wochen später der Senat eine für die Betroffenen so negative Entscheidung trifft?

(Beifall bei der CDU und bei der Linken)

Auf welcher Personalversammlung hat Bürgermeister Böhrnsen seinen Beschäftigten Rede und Antwort gestanden und die Entscheidung des Senats begründet? Hat er die heutige Personalversammlung der Lehrer besucht? Wie ich gehört habe: Nein!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Hört, hört! – Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Der Senat war aber vertreten! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Vor der Wahl war er aber da!)

Vor der Wahl, meine Damen und Herren, sah das ganz anders aus.

Nun zu den Fakten! Meine Damen und Herren, natürlich ist auch der CDU-Fraktion die prekäre Haushaltslage Bremens bewusst,

(Abg. Frau B u s c h [SPD]: Tatsächlich?)

was im Übrigen der Senat bei der Erhöhung der Staatsrätezahl nicht unbedingt zu erkennen gegeben hat.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Aber die Besoldungsanpassung 2008 wurde bei früheren Sparmaßnahmen für Beamte, Richter und Staatsanwälte ausdrücklich verabredet und konsequenterweise auch entsprechend in der Begründung zum Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht berücksichtigt. Das, meine Damen und Herren, ist nach wie vor richtig, denn diese Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben in den vergangenen Jahren durch Verzicht auf deutlich über 10 Prozent ihres Einkommens, durch Streichung des Urlaubsgeldes, erhebliche Reduzierung beziehungsweise Streichung des sogenannten Weihnachtsgeldes, verzögerte und nicht inhaltsgleiche Übernahme der Tarifverträge sowie mehrere Jahre ohne Besoldungserhöhung schon erheblich zur Haushaltskonsolidierung beigetragen.

(Präsident W e b e r übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wenn man den Kaufkraftverlust durch die Inflation noch dazurechnet, haben heute real viele über 20

Prozent weniger Geld im Portemonnaie als vor einigen Jahren.

(Abg. M ü l l e r [Die Linke]: Hat das auch die CDU gemerkt?)

Im Land Bremen gibt es circa 13 000 Beamte, Richter und Staatsanwälte sowie Versorgungsempfänger. Die schon vereinbarte Erhöhung der Einkommen um 2,9 Prozent für die Tarifbeschäftigten zum 1. Januar 2008 kostet zusätzlich etwa 15 Millionen Euro im Jahr. Die gleiche Summe, zumindest in etwa, müsste aufgewendet werden, wenn gemäß unseres Antrags eine Gleichbehandlung aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst durchgeführt und die Besoldung und Versorgung ebenfalls zum 1. Januar 2008 um 2,9 Prozent angehoben werden würde.

(Beifall bei der CDU)

Da die vorliegende Entscheidung des Senats eine Erhöhung um 1,9 Prozent zum 1. Oktober 2008 vorsieht, wie ich schon berichtet habe, verringert sich diese Mehrbelastung im Jahr 2008 auf 12 Millionen Euro, und das bei einem Personalgesamtbudget von insgesamt über einer Milliarde Euro im Jahr. Die tatsächliche Mehrbelastung wird allerdings deutlich geringer ausfallen, da ein erheblicher Betrag über die Einkommensteuer wieder zurückfließen wird.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, um diese Mehrbelastung im richtigen Licht betrachten zu können, müssen wir uns vor Augen führen, dass die vom Senat beschlossenen zusätzlichen Sozialleistungen in Bremen pro Jahr etwa 80 Millionen Euro betragen werden und die Schere zwischen einkommensschwachen Beamten und Empfängern von staatlichen Transferleistungen immer enger wird.

(Beifall bei der CDU)

Da sind 50 Euro pro Monat im Portemonnaie von großer Bedeutung, Frau Bürgermeisterin Linnert!

(Beifall bei der CDU und bei der Linken)

Wie hat es Bürgermeister Böhrnsen vorhin gesagt? Es geht um die Lebensverhältnisse der Menschen in unserem Land! Dazu gehören nach meinem Wissen auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion ist der Meinung: Wenn die Sozialleistungen gerechterweise, ich betone gerechterweise, erhöht werden, kann der Senat nicht bei der Besoldung der Beamten, Richter und Staatsanwälte mit Hin

weis auf die Haushaltsnotlage die Erhöhung der Einkommen verweigern. Es ist einfach unseriös, eine Gruppe der Gesellschaft gegen eine andere auszuspielen.

(Beifall bei der CDU und bei der Linken)

Meine Damen und Herren, für die Bediensteten des Landes muss die gleiche soziale Gerechtigkeit gelten. Die Entscheidung des Senats ist deshalb unredlich und zeugt nicht von Wertschätzung der Arbeit der Beamten, Richter und Staatsanwälte. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vermissen die Verlässlichkeit der Politik. Herr Dr. Sieling, Sie haben es vorhin an einem anderen Beispiel angesprochen, wie wichtig die Verlässlichkeit der Politik für die Bürger ist. Wohl wahr!

Die Fürsorgepflicht des öffentlichen Arbeitgebers nach dem Grundgesetz wird gröblich verletzt, was im Übrigen schon einige Verwaltungsgerichte am Beispiel der amtsangemessenen Besoldung und des Beihilferechts festgestellt haben. Schließlich haben die Beamten, Richter und Staatsanwälte nach dem Grundgesetz kein Streikrecht. Im Rahmen der Fürsorgepflicht des Staates können sie doch erwarten, dass sie angemessen behandelt werden und für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn wie die Tarifbeschäftigten erhalten.

(Beifall bei der CDU und bei der Linken)

Der heutige Tag und die letzten Wochen haben gezeigt, wie groß der Protest bei den Beamten, Richtern und Staatsanwälten tatsächlich ist. Ganz offensichtlich hat der Senat bei seiner Entscheidung die Stimmung unter den Betroffenen völlig unterschätzt, denn wie sonst ist es zu erklären, dass Senatsangehörige mit eigenen Äußerungen nicht gerade zur Beilegung des Protestes beigetragen haben? Der Protest, so wird aus der Zeitungsanzeige ersichtlich, von 2137 Polizistinnen und Polizisten ist also nicht nur von Gewerkschaften und Personalräten gesteuert, sondern kommt überwiegend aus der Mitte der Beschäftigten. Auf diesen Bänken sehen Sie eine Kopie der jeweiligen Anzeigen.

Viele Vorgesetzte, insbesondere aus der Polizei, haben uns berichtet, dass sie zurzeit nur mit großer Mühe den Ärger ihrer Mitarbeiter über die Senatsentscheidung zur Verschiebung der Besoldungserhöhung in den Griff bekommen können, damit die Motivation und das Engagement zur Erhaltung der inneren Sicherheit nicht erheblich leiden. Eines, meine Damen und Herren, haben wir von allen betroffenen Bereichen mitgeteilt bekommen: Sollte die Bremische Bürgerschaft die Gesetzesvorlage der CDU-Fraktion mehrheitlich ablehnen, ist der Protest im öffentlichen Dienst keineswegs zu Ende.

Die CDU-Fraktion appelliert deshalb an alle Abgeordneten der Bremischen Bürgerschaft: Stimmen Sie unserem Antrag zur Anpassung der Besoldungs- und

Versorgungsbezüge im Land Bremen zu! Zeigen Sie den Polizisten, Feuerwehrbeamten, Justizbeamten, Staatsanwälten, Richtern, Lehrern und sonstigen Beamten in den öffentlichen Verwaltungen, wie sehr Sie deren Arbeit wertschätzen! Sie handeln dann auch im Interesse der Bevölkerung unseres Bundeslandes. – Vielen Dank!

(Anhaltender Beifall bei der CDU und bei der Linken)

Als Nächste hat das Wort die Abgeordnete Frau Busch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen aus dem öffentlichen Dienst! Wir beraten heute den von der CDU eingebrachten Gesetzentwurf zur Anpassung der Besoldung für Beamte und Versorgungsempfänger. Die SPD-Fraktion bewegt – dieses Wort habe ich bewusst gewählt – die Frage, wie man die berechtigten Ansprüche der Beamtinnen und Beamten mit den engen Grenzen des Sanierungshaushalts in Einklang bringen kann.

(Beifall bei der SPD)

Sanierungshaushalt bedeutet zunächst einmal, dass wir vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen und unter genauer Beobachtung aller anderen Bundesländer und des Bundes stehen. Das heißt auch, dass wir bei allen Ausgaben genau darauf achten müssen, dass diese nicht über vergleichbaren Ausgaben anderer Länder liegen. Wer dann wie der ehemalige Innensenator und jetzige Oppositionsführer Röwekamp am vergangenen Wochenende in einem Kommentar die Erhöhung der Mietobergrenzen für Hartz-IV-Empfänger ein scheinheiliges Manöver nennt, der – das lassen Sie mich so deutlich sagen! – handelt selbst scheinheilig und unverantwortlich, und das finde ich widerlich.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Er treibt die explosive Stimmung voran, indem er Gruppen gegeneinander aufhetzt – Herr Hinners, das kommt aus Ihrer Runde –, obwohl er genau die Rahmendaten kennt, die deutlich machen, dass es für eine andere Lösung nicht einmal genügend Wohnungen gegeben hätte.

Meine Damen und Herren, es ist genauso unredlich, die Forderungen der Beamtenschaft mit Einkommen von Menschen zu vergleichen, denen es schlechter geht, wie es unverantwortlich ist, die einen gegen die anderen auszuspielen. Da, Herr Hinners, gebe ich Ihnen völlig recht. –––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Es nützt weder dem Land Bremen noch seinen Beschäftigten, wenn die Opposition versucht, uns in gute und schlechte Politiker zu spalten. Sie haben in der Vergangenheit zur Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gestanden und das als Opposition auch gestärkt. Das setzt ein verantwortungsvolles Handeln in allen Politikfeldern voraus, es bedeutet in vielen Bereichen weniger Mittel, aber nicht nur konsumtiv, sondern auch investiv. Soweit zu Ihrer Frage, Frau Winther, heute Morgen in der Fragestunde, Thema Investitionen! Ich glaube, niemand wird die von der rot-grünen Regierung gesetzten Schwerpunkte Kinder, Jugend und Bildung infrage stellen, und ich hoffe, das gilt auch für die Opposition.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir wissen, dass wir auch weiter investieren müssen, und wir wollen dies auch tun, und wir wollen unser Personal weiterhin ordentlich bezahlen und finanzieren.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Sanierungshaushalt bedeutet also auch, sich bei allen Ausgaben rechtfertigen zu müssen, ob sie denn der Art und Höhe nach erforderlich sind. Übrigens halten gerade die CDU-Länderchefs aus Süddeutschland unsere Personalausgaben für viel zu hoch. Herr Kollege Röwekamp – ach, er steht da hinten, und ich dachte, er hätte sein Pulver völlig verschossen! –, leisten Sie doch Überzeugungsarbeit zugunsten Bremens bei den Kolleginnen und Kollegen, die Ihre Ministerpräsidenten in der CDU-Reihe in den süddeutschen Ländern sind! Da würden Sie eine gute Arbeit leisten!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Gehen Sie doch einmal hinaus und reden Sie mit den Tausenden von Menschen da draußen!)

Sie werden lachen, das habe ich sogar getan!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Aber Sie haben sie nicht überzeugt!)