Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie meine Wortmeldung identifiziert haben, obwohl ich die Hand gar nicht gehoben habe, aber das mag vielleicht an den hellseherischen Fähigkeiten liegen.
Irgendjemand muss ja das Wort ergreifen, Herr Abgeordneter. Wenn ich Ihnen das Wort erteile, dann erteile ich Ihnen das Wort, und dann haben Sie auch das Wort.
Ich nehme es an der Stelle auch gern wahr, Herr Präsident, aber ich wollte eigentlich nur meine Bewunderung zum Ausdruck bringen. Ich bitte also um Nachsicht, wenn es oben verkehrt angekommen ist.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Wollte die CDU zum Thema nicht reden? Haben Sie schon alles gesagt? Dann können Sie sich ja wieder setzen!)
Meine Damen und Herren, ich glaube, das sollte jetzt hier auch nicht der Gegenstand sein. Ich freue mich, die Aufgeregtheit in der Koalition zur Kenntnis nehmen zu können. Man merkt, dass an der einen oder anderen Stelle die Nerven doch etwas blank liegen, was dieses Thema angeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben hier heute einen doch einmaligen Vorgang in der langjährigen Hafenpolitik des Landes Bremen zu verzeichnen. Das erste Mal wird politisch motiviert Einfluss genommen, welche Warengüter durch die bremischen Häfen gehen sollen, gehen dürfen und welche nicht. Das ist ein bemerkenswerter Eingriff, und es geht hier, das sage ich an der Stelle auch, Herr Willmann, auch nicht darum, welche Mengen jetzt hier durch die Häfen gehen, ob das 0,1 Prozent, 1 Prozent oder 1,5 Prozent oder vielleicht 10 Prozent sind. Sie beschreiten hier einen Weg – und das unterstreichen wir als CDU-Fraktion ganz deutlich –, auf dem Sie den hafenpolitischen Konsens in diesem Bundesland aufkündigen, und das lehnen wir ab!
Dieses Aufkündigen des hafenpolitischen Konsenses ist politisch fragwürdig, ist hafenpolitisch fragwürdig, ist aber auch juristisch äußerst fragwürdig. Die Zielsetzungen, Herr Rupp, mögen an der Stelle ja aus Ihrer jeweiligen Sicht noch so ehrenhaft sein, aber trotzdem sollten doch alle Gesetze, die wir in der Bremischen Bürgerschaft beschließen, den geltenden Gesetzen, der Landesverfassung und dem Bundesrecht entsprechen. Das, finde ich, ist ein Punkt, der hier nicht negiert werden darf. Sie gehen über diesen Punkt mehr als leichtfertig hinweg!
Die Einlassungen von Herrn Willmann waren offensichtlich. Wenn Sie den Bericht des Hafenausschusses lesen, der heute als Drucksache vorliegt, werden Sie feststellen, dass Sie das, was unsere Arbeit im Hafenausschuss angeht, hier ganz bewusst versuchen zu negieren, und es entspricht auch nicht den Tatsachen. Lesen Sie sich die Seiten neun, zehn und elf noch einmal durch, dann können Sie sich noch einmal melden und das an dieser Stelle revidieren.
Wir hatten von Anfang an Bedenken, die wir in politischer und juristischer Hinsicht gehabt haben, die sich in dem laufenden Verfahren, und das macht hier auch die Phase zwischen erster und zweiter Lesung eines Gesetzes aus, weiter bestätigen. Genau das, was hier niedergeschrieben ist, ist auch mit ein Kern der Stellungnahme des ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Kröning, der sich auf die gleichen Aspekte konzentriert hat und die deutlich mact, dass das jetzt von Ihnen vorgelegte Gesetz gegen mehrere Passagen verstößt. Auch durch einzelne Formulierungen, man sieht es an der Änderung Ihres eigenen Änderungsgesetzes, nehmen Sie das noch einmal auf und wissen sehr wohl, auf welch dünnem Eis Sie sich dabei bewegen.
Ich will einige Punkte nennen, weil der Justizsenator noch eine Aufgabe hat, die an der Stelle vor ihm liegt,
die sich ja nicht nur daraus ergibt, dass er rechtsförmlich ein Gesetz, das die Bremische Bürgerschaft beschließt, zu prüfen hat! Wir als CDU-Fraktion fordern ihn auf, die Konformität dieses Gesetzes in verfassungsrechtlicher Hinsicht zu prüfen.
Sie kommen in Ihrer Funktion als Justizsenator an der Stelle nicht einfach heraus, sich auf eine rechtsförmliche Prüfung zurückzuziehen.
Die Artikel sind gerade eben schon genannt worden, aber leider auch wieder negiert. Artikel 38 und Artikel 40 der Landesverfassung sind nicht irgendwelche Artikel. Sie unterscheiden sich an der Stelle auch von vielen anderen Verfassungen anderer Bundesländer. Gerade aus diesem Rückschluss ist der Förderung des Seehandels eine ganz besondere Rolle zugeordnet worden. Sie können nicht einfach sagen, gut, es steht in der Landesverfassung, aber es interessiert mich nicht, sondern das Gegenteil ist der Fall. Gerade weil es in der Landesverfassung steht,
muss es Sie besonders interessieren, welchen Weg Sie durch welche Gesetze einschlagen. Ich sage Ihnen, der Weg, den Sie hier einschlagen, verstößt gegen dieses Gebot der Landesverfassung, und das ist einer der entscheidenden Punkte aus bremischer Sicht, die wir hier an diesem Gesetzentwurf kritisieren.
(Beifall bei der CDU – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Atomtrans- porte als Förderung des Seehandels, das ist abenteuerlich!)
Es ist aber auch der Punkt, dass Sie gegen Artikel 73 Absatz 1 Nummer 14 Grundgesetz verstoßen. Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken und die Beseitigung radioaktiver Stoffe. Das ist nur ein Bereich. Die Unvereinbarkeit mit höherrangigem Bundesrecht ist auch ein Punkt, Herr Senator, der hier von Ihnen zu prüfen ist. Der Bund hat im Atomgesetz die Beförderung radioaktiver Stoffe abschließend geregelt. Das Atomgesetz enthält keine generellen Verkehrsrechts-, Verkehrsträgerrechts- oder Infrastrukturwidmungsvorbehalte. Von anderweitigen Gesetzen, Passagen, Bundeswasserstraßengesetz und über den Punkt der Bundestreue will ich an dieser Stelle gar nicht sprechen.
Besonders abenteuerlich wird es, wenn ich der Argumentation des Bürgermeisters an dieser Stelle folge
beziehungsweise mich auf seinen Pfad begebe. Wenn er in der Zeitung sagt, so zumindest zu lesen, man müsste die Lasten des Atomausstiegs gerecht verteilen, und deswegen wäre diese Änderung des Hafenbetriebsgesetzes gerechtfertigt, dann frage ich mich: Meint dieser Bürgermeister es wirklich, wenn er das sagt? Welche Lasten tragen wir denn bisher aus dem Ausstieg seit dem Ende der Kernenergie im Land Bremen? Bisher doch keine! Wenn ich von Verteilung von Lasten spreche, muss ich auch bereit sein, welche zu übernehmen. Ich muss mich daher also auch nicht wundern, wenn andere Bundesländer äußerst verschnupft auf diese Initiative reagieren, vor allen Dingen dann, wenn ich vor einigen Tagen im Rathaus mehrere Bundeshilfen für die Aufrechterhaltung der Hafeninfrastruktur einfordere, weil ich insbesondere die Bundesbedeutung dieser Hafenanlage hervorhebe. Das ist auch mehr als politisch fragwürdig, wie hier der Bürgermeister argumentiert!
Man könnte jetzt auch noch einmal vertieft auf die Ausführungen im Hafenausschuss eingehen. Ich muss schon sagen, die Gestik und Mimik einzelner Mitarbeiter des Hafenressorts war da auch sehr bezeichnend, als sich der Gutachter des Senats vorstellte. Ich als Nichtjurist, ich bitte um Nachsicht, könnte zum Ergebnis kommen, da ist jemand ganz bewusst so beauftragt worden, weil das Ergebnis seiner Prüfung klar war.
Das war keine ergebnisoffene Prüfung dieses Gesetzes, sondern es war ganz bewusst einer der führenden Anwälte der AKW-Bewegung herausgesucht worden, um das Ergebnis zu erzeugen. Meine Damen und Herren, reden Sie es nicht schöner, als es tatsächlich ist!
Ich kann auch nicht verstehen, wie leichtfertig Sie den Konsens mit den Hafenbetrieben hier aufkündigen. Es gibt erhebliche Bedenken, weil wir offensichtlich nicht die einzigen sind in diesem Bundesland, die Ihnen das letztendlich nicht abnehmen, wenn Sie hier sagen, es gehe nur um die Kernbrennstoffe. Wir haben die Argumentation, um die es gehen wird. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel darauf, spätestens beim nächsten Koalitionsvertrag – sollte wider Erwarten sich hier eine Koalition aus Rot-Rot-Grün zusammentun – werden genau diese Fragen auf den politischen Altar gelegt werden, und dann werden Sie alle umschwenken, weil viele Kräfte in Ihren Fraktionen genau in diese Richtung gehen wollen. Das sagen wir Ihnen hier voraus! Wir sind davon überzeugt, dass das hier Zusagen sind, auf die kein Ver
lass ist. Sie werden Ihre Zusagen brechen. Auch das ist einer der Gründe, warum wir gegen dieses Gesetz stimmen werden!
Der Konsens mit der Handelskammer, mit den Unternehmen, mit der Hafenverkehrswirtschaft ist ein hohes Gut. Man könnte natürlich sagen, ja gut, der politische Konsens, was soll es, ist ja Opposition. Ich kann mich noch erinnern, Sie von den Grünen haben sich 2005/2006 wieder auf den Konsens zurückbegeben, nachdem über mehrere Legislaturperioden der verehrte Kollege Manfred Schramm die Position der Grünen doch sehr stringent – ich will nicht weitere Begriffe nennen, weil ich ihn eigentlich sehr schätze – hier vertreten hat. Sie haben zu diesem politischen Konsens wieder zurückgefunden. Dass Sie jetzt diesen politischen Konsens, der für dieses Bundesland wichtig ist, infrage stellen, ist das eine Thema. Dass Sie aber den Konsens mit der Hafenverkehrswirtschaft in diesen wichtigen hafenpolitischen Fragestellungen infrage stellen, aufkündigen, meine Damen und Herren, das ist ein schwerer politischer Fehler an dieser Stelle, den Sie hier begehen.
(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Dann haben Sie offensichtlich mit denen nicht geredet, wir aber schon!)
Da wir ja leider auch vernehmen, was heißt leider, es ist ja ganz interessant, wie sich einzelne Hafenpolitiker aus der Koalition gegenüber Vertretern der Hafenverkehrswirtschaft äußern, beantragen wir, und das ist dann meine letzte Einlassung, ich denke, die Argumente zur Ablehnung sind eindeutig genug, für die zweite Lesung der Änderung des Hafenbetriebsgesetzes namentliche Abstimmung. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wusste schon, warum ich keine Rede schreibe, weil nämlich der Redebeitrag der CDU Anlass genug sein wird, spontan darauf zu antworten.
dann sage ich Ihnen ganz klar zurück, Sie selbst als Abgeordneter im Hafenausschuss haben keine der Fragen gestellt, die Sie in der schriftlichen Stellungnahme der CDU dem Landeshafenausschuss übersandt haben.
Nun werfe ich Ihnen nicht vor, dass Sie sozusagen von mir als Ausschussvorsitzender aufgefordert wurden, schriftliche Stellungnahmen abzugeben, weil man auch im Ausschuss nicht alles wiedergeben kann, aber Sie haben ja noch nicht einmal den Ansatz einer Diskussion angefangen, bei der Sie sagen, die rechtlichen Zusammenhänge der Häfen stellen wir infrage. Nichts aus der CDU-Fraktion, bis auf den Abgeordneten Bödeker, der allgemein gesagt hat, dass die CDU für die Häfen europarechtliche Probleme sehe! Ich bitte schon, Herr Abgeordneter Kastendiek, wenn Sie sich Einzelne heraussuchen, die Sie für Zitate für eine politische Meinung nehmen: Bitte schauen Sie auch! Wir schauen auf Sie und müssen danach prüfen, was Sie im Hafenausschuss zu der Debatte, die Sie richtigerweise hier führen, beigetragen haben. Ich beurteile nichts!
Wenn Tausende von Menschen in der Bundesrepublik Deutschland wegen Atomkraft demonstrieren, sich äußern, dann kann ich es mir gefallen lassen. Politisch motiviert bin ich der Überzeugung: Transport von Kernbrennstoffe über bremische Häfen? Nein!
Es sind ja nicht nur Parteien, die eine politische Überzeugung haben, das Ziel auch in einer Parlamentsdebatte umzusetzen. Es sind Menschen, die ähnliche Ansätze haben, wie wir sie haben. Die gibt es bei den LINKEN, die gibt es bei uns und bei den Grünen, und es gibt unterschiedliche Nuancen. Es ist auch in der Debatte mit der Fraktion der LINKEN klar geworden, was unsere politisch gewollte Widmung und Entwidmung der bremischen Häfen für den Transport von Kernbrennstoffen ausmacht. Deswegen ist das kein böser Vorwurf. Ich bin politisch motiviert, weil ich für die SPD-Fraktion ein klares Ziel habe: Wir wollen keine Transporte von Kernbrennstoffen über bremische Häfen!