Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der SPD und der CDU vom 21. Februar 2012 (Drucksache 18/263)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche heute zu dem inter––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
fraktionellen Antrag „Bedarfsgerechte Versorgung mit Palliativ- und Hospizplätzen im Lande Bremen sicherstellen“. Zu Beginn meiner Rede möchte ich erklären, dass wir den Antrag der Grünen und der SPD zurückziehen und nur noch über den gemeinsamen Antrag abstimmen wollen.
Warum haben wir diesen Antrag in die Bremische Bürgerschaft eingebracht? Erstens, weil sich die SPD und die Grünen bereits im Koalitionsvertrag auf Seite 67 darüber verständigt hatten, dass wir die Hospizbewegung stärken und fördern wollen!
Zweitens, weil wir jetzt in den verschiedenen Medien vermehrt etwas über diese Problematik lesen und sehen können! Sie ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, und es ist ein umfassendes Thema. Drittens, weil es eine Petition von Herrn Castens zu diesem Anliegen gegeben hat, die mich tief bewegt hat! Herr Castens sitzt übrigens hier auf der Zuschauertribüne!
Wir Grünen gehen davon aus, dass jeder seine letzten Lebenswochen und –monate in seinen eigenen vier Wänden verbringen sollte. Dies möchten wir durch Förderung der ambulanten Hospiz- und Palliativversorgung sicherstellen. Für uns hat also die ambulante Versorgung den absoluten Vorrang.
Sollten sich die Sterbenden oder deren Familien einen stationären Hospizplatz wünschen, möchten wir, dass diese stationären Hospizplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Was wir nicht wollen, ist, dass sterbenskranke Menschen von einem Krankenhaus in das andere Krankenhaus gebracht werden, dass sie zwischen Kurzzeitpflege, häuslichem Aufenthalt und dem Krankenhaus hin- und hergeschoben werden, sodass der sogenannte Drehtüreffekt eintritt. Dies halten wir für zutiefst unwürdig für diese Menschen und deren Angehörige.
Mich haben die Ausführungen von Herrn Castens – ich weiß nicht, wer noch im Petitionsausschuss anwesend war – sehr erschüttert. Ich konnte es gar nicht glauben, wie mit seiner sterbenskranken Mutter umgegangen worden ist, dass so etwas hier bei uns passiert.
Fakt ist, dass es zurzeit in Bremen-Walle acht Hospizplätze im Hospiz Brücke gibt, dort wird eine hervorragende und sehr gute Arbeit gemacht.
liste stehen und vor ihrem Tod keinen Hospizplatz erhalten. Dies ist unserer Meinung nach ein nicht hinzunehmender Zustand. Noch weniger hinzunehmen sind die Auskünfte der Kranken- und Pflegekassen hierzu, die bis jetzt der Meinung sind, dass Bremen mit acht Plätzen schon sehr gut versorgt sei und eigentlich sogar zwei Plätze zu viel habe. Sie rechnen nämlich einen Hospizplatz pro 100 000 Einwohner. Woher sie diese Zahl haben, weiß niemand. Wissenschaftlich hinterlegt? Fehlanzeige! Sie sagen auf jeden Fall, dass wir hier in Bremen mit acht Plätzen sehr gut bedient seien, und das trotz 100 Personen, 100 sterbenskranker Menschen, die Jahr für Jahr auf der Warteliste – ich will nicht sagen, die auf derWarteliste sterben, weil das falsch wäre – vergebens auf einen Hospizplatz warten. Dies ist ein Zustand, den wir nicht hinnehmen wollen.
Um diesen Zustand zu ändern, haben wir diesen Antrag gestellt, um ein tragfähiges Konzept für eine bedarfsgerechte Versorgung mit Palliativ- und Hospizplätzen in Bremen zu erreichen. Wir fordern die Sozialsenatorin dazu auf, mit den Kassen ein Konzept zu erarbeiten, das tragfähig und demografiefest ist. Zum Schluss möchte ich noch einmal den Menschen danken, die Tag für Tag diese wichtige, aber auch sehr belastende Arbeit mit den sterbenskranken Menschen machen.
Dort wäre als Erstes das Pflegepersonal zu nennen. Die Arbeit belastet das Pflegepersonal sehr, es ist sehr anstrengend, und man nimmt diese Bilder ja auch mit nach Hause. Als Zweites wäre das ärztliche Personal zu nennen, das auch einen hervorragenden Job macht. Als Drittes sind als etwas ganz Wichtiges in der Hospizarbeit die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer zu benennen.
Ohne sie wäre die Hospizarbeit, so wie sie jetzt hier im Land Bremen und in der ganzen Bundesrepublik läuft, nicht zu machen und nicht zu handhaben. Allen diesen Personen spreche im Namen meiner Fraktion und, ich glaube, auch im Namen des Hauses meine Hochachtung aus! – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie mein Kollege schon gesagt hat, ziehen wir unseren Antrag zugunsten des gemeinsamen Antrags zurück. Der gemeinsame Antrag ist etwas breiter angelegt, er beinhaltet auch die Palliativmedizin, und ich meine, das ist sinnvoll, wenn wir das in diese Richtung geben.
Jährlich sterben in Deutschland über 800 000 Menschen, 50 Prozent davon im Krankenhaus. Dies widerspricht eigentlich dem Wunsch dieser Menschen, denn 90 Prozent wollen zu Hause sterben. Hier fallen Wunsch und Wirklichkeit auseinander, obwohl Alternativen vorhanden sind. Es gibt beispielsweise die palliative ambulante Versorgung, die stationäre Palliativversorgung, die Versorgung im Hospiz und auch die ambulante Hospizversorgung. Diese Möglichkeiten gibt es, wobei die Palliativmedizin auf Beschwerdelinderung zielt, während die Hospizarbeit mehr auf eine psychosoziale Begleitung ausgelegt ist. Sie wurde von Ehrenamtlichen gegründet. Ich erinnere nur daran, im November 1989 hat die Gemeindeschwester Rosemarie Mester in Bremen-Nord zum ersten Mal eine Anzeige in der Öffentlichkeit gestartet, um Menschen zu gewinnen, die ehrenamtlich Hospizhilfe leisten. Wie gesagt, es ist noch gar nicht so lange her, dass diese Hilfeform gegründet wurde, aber es wird in Zukunft immer mehr Menschen betreffen.
Inzwischen haben wir in Bremen ein Hospiz, das ist das Hospiz Brücke in Walle mit acht Betten. Es kam zum Protest, wir haben es damals im Krankenhausausschuss erlebt: Es gab dort 222 Patienten, die um Aufnahme baten, aber es konnten nur 123 aufgenommen werden, 99 Patienten wurden abgelehnt. Ich finde, dies ist ein Zustand, der geändert gehört. Die Kassen, die die Kostenträger für die Hospize sind, sagen, es gäbe lediglich eine Auslastung von 80 Prozent, daher wäre noch Luft, und es genüge eigentlich für Bremen. Ich meine, das ist ein unhaltbarer Zustand, und wir erwarten, dass hier der tatsächliche Bedarf einmal ermittelt wird.
Die Charta zur Betreuung schwerstkranker Menschen sagt, dass auf eine Million Einwohner mindestens 50 Betten kommen sollten. Bezogen auf Bremen wären dies ungefähr 25 Betten. Wie bereits gesagt, hier muss nachgearbeitet werden! Wir hoffen, mit diesem Antrag zu bewirken, dass die Sozialsenatorin gemeinsam mit den Kostenträgern die Bedarfe ermittelt und entsprechende Konzepte vorgelegt werden oder vonseiten der Einrichtungen etwas geschieht.
Ein weiterer Punkt, der in der letzten Zeit auch etwas Furore in der Öffentlichkeit machte, war die Stellenreduzierung im Krankenhaus Links der Weser in der Palliativstation. Das Krankenhaus Links der Weser hat 4,5 VK-Stellen zusätzlich aus seinem Haus
halt für die Palliativversorgung bisher vorgehalten, und im Rahmen der Wirtschaftspläne wurde jetzt eine Stelle gestrichen. Zwischenzeitlich springt allerdings der ehrenamtliche Palliativverein ein, und wir müssen für diese Hilfe unseren ausdrücklichen Dank aussprechen, dass so schnell gehandelt wurde.
Es wurde inzwischen ein Antrag zur gesonderten Finanzierung dieser besonderen Einrichtung gestellt. Der Bedarf wird inzwischen von den Kassen vor Ort unterstützt. Wir warten allerdings noch auf ein bundesweites Votum, da es Kassen gibt, die bundesweit organisiert sind. Gestern habe ich eine SMS erhalten, dass zwei größere Krankenkassen unseren Antrag unterstützen. Sie sehen, wie aktuell dieses Thema ist.
Ich möchte noch einmal dem aktiven Bremer Bürger Herrn Castens für seine Petition im Bundestag danken. (Beifall)
Die Petition ist ebenfalls von vielen hier im Haus unterstützt worden, und wir hoffen, dass die Anstrengung etwas nützt und wir in diesem Punkt weiterkommen.
Nun zu dem vorliegenden Antrag! Wir freuen uns, dass ihn alle Parteien mittragen wollen. Wir wollen mit dem Antrag erreichen, dass der Bedarf ermittelt wird, und wir erwarten, dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung die Kostenübernahme zügiger und weniger restriktiv durchführt, wenn Menschen in ein Hospiz möchten.
Ferner muss der Regelungs- und Finanzierungsrahmen insgesamt noch einmal evaluiert werden. Es soll untersucht werden, ob es auch richtig ist, was im Gesetz steht oder wie es mit der Beratung aussieht: Können die Pflegestützpunkte nicht zusätzlich ein Angebot machen, um den Betroffenen schnell zu helfen? Auch müssten die Hausärzte den Weg für Schwerkranke in die entsprechenden Einrichtungen schneller ebnen. Wir fordern, dass die Aus- und Weiterbildung von Pflegern und Ärzten zu intensivieren ist, um dem Problem Herr zu werden.
Meine Damen und Herren, für uns als SPD-Fraktion ist dieses Thema eine Frage der Würde. Deshalb sollten wir die wirtschaftlichen Interessen nicht vor die Verantwortung gegenüber den Menschen stellen, und deswegen bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu diesem Antrag!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Theoretisch würden wir auch unter diesem Antrag stehen, aber da die CDU darunter steht, ging es ja wieder nicht. Trotzdem kann ich Ihnen hier sagen, dass wir als LINKE diesen Antrag auch unterstützen werden.
Wir sind ebenfalls der Meinung, dass es ein unwürdiger Zustand für Menschen ist. Herr Brumma hat es ein wenig relativiert, aber im Grunde genommen ist es tatsächlich so gewesen, dass es eine lange Warteliste für das Hospiz in Walle gibt und dass Menschen in der Tat – ich finde, das darf man auch so sagen – auf einer Warteliste versterben, weil es einfach zu wenig Plätze gibt. Ich finde, dies ist ein unhaltbarer Zustand.
Ich möchte mich selbstverständlich auch dem Dank an die vielen Ehrenamtlichen, die in dem Bereich tätig sind, anschließen, aber ich möchte auch nicht verhehlen, dass an der Sache auch ein kleiner Pferdefuß ist. Gerade das Beispiel Links der Weser hat es natürlich gezeigt, dort haben wir eine Palliativstation gehabt, und die Tendenz ist, da Hospizplätze überall fehlen, übernehmen mittlerweile Palliativplätze in Krankenhäusern die Aufgabe, die eigentlich ein Hospiz übernehmen müsste. Das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit sagen. Dann sehen wir am Beispiel des LdW wieder, wie der Sanierungskurs dazu führt, dass eine Kraft einfach abgezogen wird. Wenn man sich das bei den Plätzen, die wir im LdW haben, überlegt, bedeutet das, dass in einer Schicht nur noch eine Pflegekraft zur Verfügung steht.