Protokoll der Sitzung vom 21.11.2012

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Verfassungsschutzgesetzes, Drucksache 18/641, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen DIE LINKE)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in erster Lesung.

Interfraktionell wurde vereinbart, Behandlung und Beschlussfassung in erster und zweiter Lesung vorzunehmen. Ich lasse deshalb darüber abstimmen, ob wir jetzt die zweite Lesung durchführen wollen.

Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

(Einstimmig)

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet. – Wortmeldungen liegen nicht vor. – Die Beratung ist geschlossen.

Wer das Gesetz zur Änderung des Bremischen Verfassungsschutzgesetzes, Drucksache 18/641, in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen DIE LINKE)

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt entsprechend.

Beschäftigungsverhältnisse an bremischen Hochschulen

Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE vom 3. Juli 2012 (Drucksache 18/485)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 7. August 2012

(Drucksache 18/534)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Frau Senatorin Jürgens-Pieper, ich gehe davon aus, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE nicht mündlich wiederholen möchten. – Das ist der Fall.

Ich frage, ob wir in eine Aussprache eintreten wollen. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bremen, dass konnte man in den letzten Monaten immer wieder hören, ist stolz auf seine exzellente Universität und die drei öffentlichen Hochschulen im Land.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Auf die pri- vate Universität sind wir auch stolz!)

Die Hochschulen sind insgesamt ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Nicht zuletzt ist es auch wichtig, dass Zehntausende Studierende aus ganz Deutschland und der ganzen Welt nach Bremen kommen, sie studieren hier, und sie leben hier. Der ganze Wissenschaftssektor ist also von enormer Bedeutung für das Land Bremen. Ich glaube, so weit sind wir uns hier auch fraktionsübergreifend einig. Was bei der politischen ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Betrachtung in Bremen allerdings zu kurz kommt, sind die rund 4 200 Beschäftigten an den öffentlichen Hochschulen, das sind einmal eben doppelt so viele Beschäftigte wie bei der BSAG oder viermal so viele wie bei InBev, uns besser als Beck’s bekannt.

Wir diskutieren hier in der Bremischen Bürgerschaft nun zum ersten Mal in dieser Legislaturperiode auf Grundlage umfangreicher Zahlen über die Arbeitsverhältnisse an der Bremer Universität. Ich muss sagen, das war überfällig, und das Thema muss auch zukünftig weiter im Fokus der Landespolitik bleiben, denn die Hochschulen sind ein sehr ausdifferenzierter, man könnte auch sagen, gespaltener Arbeitsplatz. Es gibt relativ wenig Professorinnen, viele wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Forschung und in der Lehre, viele Verwaltungsstellen und auch Technikerinnen, die dafür Sorge tragen, dass der ganze Apparat am Laufen bleibt. In den vergangenen zehn Jahren gab es viele Neuanstellungen, vor allem an der Universität. Anfang des Jahres 2012 arbeiteten 23 Prozent mehr Beschäftigte an der Universität als noch vor zehn Jahren. Dieser Beschäftigungszuwachs ist im öffentlichen Sektor wohl einmalig, und man könnte sagen, ein toller Erfolg.

Auf den zweiten Blick ergibt unsere Große Anfrage zu Beschäftigungsverhältnissen an den Bremer Hochschulen aber ein nicht ganz so gutes Bild. Auch an der Universität und an den Hochschulen dominieren zunehmend sogenannte irreguläre und atypische Jobs, das heißt, die Beschäftigten arbeiten zum Teil in unfreiwilliger Teilzeit, oder die Beschäftigungsverhältnisse sind befristet. In einer Größenordnung von rund 80 Prozent arbeiteten die in den letzten zehn Jahren Neueingestellten in Beschäftigungsverhältnissen, die man als irregulär und atypisch oder auch zum Teil als prekär bezeichnen kann, wie es die Arbeitnehmerkammer und auch die Gewerkschaften machen.

Die Zahlen, die wir erfragt haben, legen nahe, dass diese schwierigen Arbeitsverhältnisse weiterhin zunehmen. Von allen im Jahr 2011 abgeschlossenen Arbeitsverträgen an der Universität Bremen waren gerade einmal sieben Prozent unbefristet. Es ist auch sehr interessant, wie lange die Verträge befristet sind: Zwei von drei Verträgen haben eine Laufzeit von unter drei Jahren, jeder siebte der im Jahr 2011 ausgestellten Verträge hatte sogar eine Vertragslaufzeit von unter einem Jahr. Diese Miniverträge sind für die Betroffenen ein sehr großes Problem. Familienplanung und Altersvorsorge kann man damit nicht betreiben, und man steht ständig vor der Zitterpartie, ob der befristete Vertrag irgendwann einmal verlängert wird.

Ich weiß, dass die Universität im Gegensatz zu den Hochschulen auf Drängen der Personalräte inzwischen Vereinbarungen geschlossen hat, dass die Laufzeiten der Verträge zumindest an die Bewilligungen der Projektmittel gebunden sind, das heißt, dass sie auch bei denjenigen, die über Drittmittel finanziert werden, zukünftig auch über drei Jahre laufen.

Das ist zumindest ein kleiner Erfolg, schränkt aber das ganze Ausmaß noch nicht weiter ein, denn eine gute Lehre wird kaum möglich sein, wenn sich die Dozenten von einer Stelle zur nächsten hangeln müssen. Wir haben nämlich neben den Projektmitteln auch immer mehr Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die als scheinselbstständige Lehrbeauftragte tätig sind, das heißt, sie werden von der Universität und von den Hochschulen stundenweise bezahlt, ohne Sozialversicherung, ohne Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und ohne ein existenzsicherndes Einkommen. Der Arbeitsplatz Hochschule wird dadurch in Bremen massiv abgewertet, und die Bildungsgewerkschaft GEW spricht mittlerweile mit einigem Recht vom Albtraum Wissenschaft.

Die Universität braucht die besten Köpfe – auch wenn wir wissen, die Universität und die Hochschulen bilden auch für die freie Wirtschaft aus –, sie braucht auch die Menschen, die an der Universität für Lehre und Forschung bleiben, und die besten Köpfe werden sich unter diesen Bedingungen mit Sicherheit überlegen, ob und für welche Zeit sie sich das zumuten. Sie werden sich auch mit Sicherheit überlegen, ob sie der Universität und den Hochschulen aus diesem Grund nicht den Rücken kehren werden.

Ein weiterer Punkt in der Antwort des Senats ist ziemlich auffällig, nämlich dass überwiegend Frauen überproportional stark von diesen atypischen Beschäftigungsverhältnissen betroffen sind. Von den seit dem Jahr 2002 zusätzlich geschaffenen befristeten Stellen werden 86 Prozent – also fast 90 Prozent – von Frauen bekleidet. Frauen sind weiterhin viel häufiger in Teilzeit beschäftigt als ihre männlichen Kollegen. Bei dieser sogenannten Teilzeitbeschäftigung ist auch noch Fakt, dass viele Professoren erwarten, dass selbst die Inhaber von Stellen mit 20 Stunden 40 Stunden arbeiten. In der Promotionsphase wird das erwartet, weil das auch Selbstlernzeit ist, aber es geht auch über die Promotion hinaus. Es betrifft auch die ganzen Post-Docs, die an der Universität eingestellt werden. (Glocke)

Ich komme gleich zum Schluss, ich möchte nur noch einmal die Zahlen nennen!

Im Jahr 2002 waren 30 Prozent der Vollzeitstellen an den bremischen Hochschulen mit Frauen besetzt, und im Jahr 2011 sind es immerhin fünf Prozent mehr, aber, wie gesagt, im Bereich der atypischen und unregulären Beschäftigungen sind fast 90 Prozent dieser Stellen Frauenarbeitsplätze. Das ist leider kein Randphänomen, das ist ein Strukturdefizit, das auch politisch geschaffen wurde und seit zehn Jahren durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz auch politisch verantwortet wird. Wir sind der Meinung, wenn man dieses Problem nicht angeht, zum Beispiel durch eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes und auch die Änderung des Bremer Hochschulgesetzes, dann drohen die Hochschulen ihre besten Mitarbei

ter zu verlieren, und spätestens dann war es das auch mit der Exzellenz. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Vogt hat ausgiebig den Inhalt der Großen Anfrage geschildert, ich möchte dem auch gar nichts weiter hinzufügen. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz zu einem gerechteren Interessenausgleich zwischen Wissenschaftseinrichtungen und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kommen müssen und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz auf Bundesebene novelliert werden muss. Ich glaube, da haben wir auch tatsächlich etwas Gemeinsames an der Stelle.

Ich möchte hier aber deutlich sagen, für die rotgrüne Koalition ist selbstverständlich die Entwicklung der Wissenschaftsstandorte Bremen und Bremerhaven von großer Bedeutung. Es geht dabei, das haben Sie auch schon gesagt, im Wesentlichen um die Ausbildung unserer jungen Generation und um herausragende Forschung. Wir sind Exzellenzuniversität geworden, wir gehören zu den Universitäten mit dem stärksten Drittmittelaufkommen in ganz Deutschland. Es wird also herausragende Forschung betrieben. Für die Wirtschafts- und Standortentwicklung ist es von großer Bedeutung, und Wissenschaft ist selbstverständlich einer der großen Arbeitgeber hier in der Region. Deshalb ist es mir auch ein ganz besonderes Anliegen, dass wir gute Rahmenbedingungen in Lehre und Forschung haben, und wir tun auch einiges dafür.

Wir beteiligen uns, so gut wir können, am Hochschulpakt, wir haben, als die rot-grüne Koalition im Jahr 2007 begonnen hat, jährlich 7,5 Millionen Euro Sondermittel in den Hochschulbereich gegeben, es fließen EFRE-Mittel dort hinein, und die Wissenschaftlerinnen und Wissenschafter werben viele Drittmittel ein. Das zeigt auch, dass wir eine sehr gute Universität und sehr gute Forschungseinrichtungen haben.

Natürlich ist es so, dass in einem Haushaltsnotlageland nicht alles machbar ist, was wünschenswert, auch für einen Wissenschaftsstandort, ist. DIE LINKE stellt jetzt die Beschäftigten in den Mittelpunkt. Ich finde es auch richtig, dass wir darüber reden sollten, und ich möchte an dieser Stelle insbesondere den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für die hervorragende Arbeit danken, die sie an den Hochschulen leisten, für das gute Renommee, das wir dadurch auch in Deutschland im Rahmen der Exzellenzinitiative haben. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)