Protokoll der Sitzung vom 06.07.2011

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Da stand wenigstens der Begriff Gymnasi- um einmal darin!)

Ich bin einigen Vorrednern dankbar, dass sie den Bereich der Innenpolitik und den Bereich der Sicherheit angesprochen haben. Ich kann Ihnen genau sagen, Herr Röwekamp, wie das ausgesehen hat, weil ich zu den Zeiten, in denen Sie Innensenator waren, Innenpolitik gemacht habe: Ihr Versprechen für mehr Sicherheit bestand darin, dass wir alle vier Wochen neue Polizeigesetze vorgelegt bekommen haben, die wir verabschieden sollten, aber ein Polizeigesetz mit immer abstruseren Paragrafen, die mit der tatsächlichen Sicherheit der Menschen vor Ort, ob nun in Bremen-Nord, -Ost, -West, -Süd oder in Bremerhaven, gar nichts zu tun haben, das ist die Politik – –.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das ist un- wahr!)

Die Politik von Innensenator Mäurer besteht darin, keine unsinnigen Gesetzesänderungen zu diskutieren und Sicherheit nicht auf dem Papier, sondern dadurch herzustellen, dass man vor Ort geht, die Bedürfnisse überprüft und dann mit der Polizei, die man zur Verfügung hat, auch Lösungen herbeiführt und nicht glaubt, mit Scheingefechten auf der Basis von Gesetzesänderungen in diesem Haus, die überhaupt nichts gebracht haben,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Sicherheit für die Menschen herbeiführen zu können. Ich finde, eine bürgernahe, stadtteilnahe, praktische und konkrete Polizeiarbeit, wie sie der Innensenator hier initiiert hat, bringt sehr viel mehr Sicherheit als Scheingefechte um abstruse Klauseln in noch abstruseren Paragrafen von neuen Gesetzen.

Ich glaube, dass unter dem Stichwort „Bremen ist erneuerbar“ die Einwanderung als große Chance begriffen werden soll, dass Menschen – oft sind es schon deren Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, die zu uns gekommen sind – hier willkommen sind. Mir hat das Wort Willkommenskultur des Bürgermeisters sehr gut gefallen. Es ist vollkommen klar, dass diese Einstellung von beiden Seiten verinnerlicht werden muss und auch verinnerlicht werden wird. Statt Migrantinnen und Migranten aber auszugrenzen, sollte man versuchen, an ihren Träumen – was sie für sich, ihre Kinder und Nachkommen in dem Land, in das sie gekommen sind, verwirklichen wollen – anzusetzen, diese Träume aufzunehmen und daraus eine gemeinsame Zukunft zu machen. Das ist doch wahrlich der bessere Weg, als zu versuchen, sie immer noch auszugrenzen und in die Ecke zu stellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich glaube, die Herausforderung im Bereich der Bürgerbeteiligung ist – und zwar für alle, auch hier würde

ich keinen Unterschied zwischen Regierung und Opposition machen, da sind wir alle gefordert –, dass wir sie aus den Sonntagsreden, aus den Bekundungen und aus dem Willen, sie zu haben, herausholen müssen und dass wir sie praktisch werden lassen. Hier kommt, glaube ich, gerade auf das Ressort unseres neuen Senators für Bau und Verkehr, Herrn Dr. Lohse, sehr viel zu, weil sie im Bereich Bau und Verkehr natürlich praktisch wird. Man hat es am runden Tisch zur Autobahn A 281 gesehen, was das heißt: Entweder lässt man sich darauf ein und kommt dann zu einem hervorragenden Ergebnis, oder man blockt es von vornherein ab. Das ist nun eine sehr große Thematik gewesen, ein Autobahnring um Bremen.

Ich finde aber auch, wenn im Stadtteil an der Ecke ein Quartier umgestaltet wird, dann muss sich die Planungskultur der Behörden im Kleinen so verändern, dass sie nicht nur die Deputierten, die Parlamentarier und die Abgeordneten hier im Haus mitnimmt, sondern dass sie die Menschen, die davon betroffen sind, mitnimmt und sie frühzeitig einbezieht. Vielleicht kann dann der eine oder andere Großkonflikt, der am Ende daraus folgt, wenn man sie nicht frühzeitig einbezieht, vermieden werden. Ich finde, dass wir beim Quartier auf dem Gelände des Klinikums Bremen-Mitte, in der Überseestadt, bei der Erarbeitung des neuen Flächennutzungsplans und auch im weiteren Verlauf des vierten Bauabschnitts der A 281 beweisen können, dass Bürgerbeteiligung kein Wort auf dem Papier ist, sondern dass sie praktisch gelebte Demokratie in Bremen ist. Ich glaube, dass sich das auch für Bremen und Bremerhaven auszahlen wird.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich habe heute in einer Überschrift einer hiesigen Zeitung mit Interesse gelesen, dass die Koalition angeblich Schulden tilgen würde, und ich habe gedacht: Schade, da sind möglicherweise mehrere Dinge durcheinandergegangen, schön wäre es! Es geht in den nächsten Jahren leider gar nicht darum zu beginnen, tatsächliche Schulden zu tilgen, sondern sie werden in den nächsten Jahren weiter wachsen, weil wir einen Teil unseres Defizits immer noch durch Kredite finanzieren. Umso höher ist der Anspruch, den wir in der Finanzpolitik haben, Bremen dadurch zu erneuern, dass wir in der Tat in zehn Schritten versuchen, im Jahr 2019, im Jahr 2020 keine neuen Kredite mehr aufzunehmen. Das heißt, wir haben die alten Schulden noch.

Wir werden dann aber in den Stand versetzt, wenn wir das schaffen, und ich bin überzeugt, dass wir in dieser Legislaturperiode alle Schritte schon angelegt haben, um es in den nächsten vier Jahren, jedenfalls bis zum Jahr 2015, zu schaffen, dass wir – nicht allein, weil ich glaube, man darf an dieser Stelle nie die Illusion wecken, dass wir allein Altschulden von

dann 20 Milliarden Euro werden tilgen können – dann in einer Lage sind, mithilfe des Bundes, der anderen Länder und mit eigenen Anstrengungen in einer neuen Struktur des Länderfinanzausgleichs und in einer neuen Struktur des Umgangs mit den Altschulden beginnen zu können, uns vielleicht teilweise durch Tilgung auch von diesen Altschulden zu verabschieden. Das ist ein ganz wichtiges strukturelles Vorhaben dieser Koalition. Die Zinslast lastet auf dem Haushalt wie ein schweres Gewicht auf jemandem, der aus dem Wasser heraussteigen will. Die Zinslast verhindert soziale Projekte, ökologische Projekte, Arbeit für Kinder und Jugendliche und für Frauen.

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Das sagen Sie einmal den Sozis!)

Die Zinslast verhindert schlichtweg in ihrer Höhe sehr viele zukünftige Aktivitäten in diesem Land. Deswegen müssen wir schauen, dass wir in diesem Bereich weiterkommen. Wenn man aber jetzt sieht, dass ein vollkommener Wahnsinn in Berlin diskutiert wird, nämlich eine Art Rettungspaket für die FDP, wie bekommen wir die FDP noch über die Hürde und irgendwie aus ihrem Drei-Prozent-Loch heraus? – und nun machen wir ein Milliardenpaket –, ich meine, was für ein Wahnsinn, um die FDP zu retten, statt dieses Land zu retten und seine Verschuldung abzubauen, Steuererleichterungen, wobei an keiner Stelle, weder beim Bund noch in den Ländern oder Kommunen, irgendein Spielraum besteht! Das wird mit der Stimme von Bremen im Bundesrat verhindert werden. Einen solchen Wahnsinn werden wir als Bremen im Bundesrat nicht zulassen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich finde es auch eine sehr mutige strukturelle Erneuerung unter der Überschrift „Bremen ist erneuerbar“, dass wir vorhaben, 14 000 neue Wohnungen im Rahmen von Innenverdichtung zu schaffen. 14 000 neue Wohnungen sind, finde ich, nicht wenig, wenn man die Raten der letzten Jahre kennt, in welchem Maß neuer Wohnungsbau stattgefunden hat. Hier kommen, wie ich finde, städtebauliche, ökologische, aber vor allen Dingen auch soziale Aspekte hinzu, denn wenn wir tatsächlich Wohnungen in dieser Größenordnung schaffen, hat das natürlich auch einen Einfluss auf die Mieten. Sehr viele Menschen werden natürlich von der Höhe der Mieten extrem gedrückt und extrem in ihrer wirtschaftlichen Entfaltung eingeschränkt. Ich finde, den Wohnungsbau in der Höhe von 14 000 neuen Wohnungen durch die Rahmenbedingungen möglich zu machen – wenn wir es schaffen, dies im Rahmen der Innenverdichtung anzulegen und nicht weiter auf die grüne Wiese hinauszuwuchern –, würde

sozial, ökologisch und städtebaulich eine wesentliche Erneuerung in dieser Stadt bedeuten, auf die ich mich sehr freue. Das Gleiche gilt für den Ausbau der Betreuung der unter Dreijährigen, die es noch vor vielen Jahren nur ganz minimal gab. Eltern konnten praktisch ihre unter Dreijährigen kaum oder nur in einigen wenigen Elterninitiativen unterbringen. Ein großes Ziel ist es, dass ein Drittel der Kinder, der unter Dreijährigen, in Einrichtungen untergebracht werden kann. Das ist ein Ziel, das auch Bremen erneuern wird, für die Familien, für die Frauen, aber auch für die Männer, für ihre Möglichkeit, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, für die Frage, wie früh sie mit den Kindern auch in den Kindertageseinrichtungen arbeiten können? Dies ist ein zentrales Vorhaben, wie ich finde, das ebenfalls die Gestalt der Städte Bremen und Bremerhaven wesentlich verändern wird. Es gibt weitere Veränderungspotenziale, die ich hier nur anreißen kann: der Grundsatz „ambulant vor stationär“ im Hilfesystem, vor allen Dingen aber auch im Gesundheitssystem, im Pflegesystem, dass wir in Zukunft immer weniger versuchen, Menschen stationär in Einrichtungen unterzubringen, die in ihren Hilfesystemen gefördert werden müssen.

(Glocke)

Der Präsident droht mit seiner schweren Glocke, die bei kahlem Hinterkopf sicher sehr schmerzhaft ist, deswegen komme ich zum Schluss.

(Heiterkeit)

Ich glaube, dass wir hier mit dem Vorrang „ambulant vor stationär“ nicht nur die Strukturen verändern, sondern auch die Lebensbedingungen für die Betroffenen verändern können und dass wir hier einen sehr guten Weg gehen. Das Gleiche gilt für die aufsuchende Altenarbeit, in der wir die sogenannten vergessenen Alten nicht in ihren Wohnungen sitzen lassen, wenn sie es nicht schaffen, sich dem Hilfesystem anzuvertrauen, sondern wo wir hingehen, eine Kultur des Hinschauens und des Aufsuchens etablieren und dies in der Stadt ausweiten. Ich glaube, dass das eine hervorragende Möglichkeit ist. Ich könnte noch so weitermachen, denn so sehr die Opposition und der eine oder andere Kommentator diesen Koalitionsvertrag als manchmal langweilig oder uninspiriert abtun möchte: Für mich ist er voller Anregungen für teils dramatische, teils auch im Kleinen befindliche Änderungen, die wir in Bremen und Bremerhaven vornehmen werden. Deswegen: Bremen ist erneuerbar, und nicht die beste, sondern die einzige politische Konstellation, die das in den nächsten vier Jahren bewerkstelligen wird, ist Rot-Grün. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Herr Kollege, ich höre Ihnen gern zu, aber 30 Minuten sind 30 Minuten! Da muss ich – –.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Der Senat hat eine Stunde gere- det, und das dürften wir dann theoretisch auch!)

Um Gottes willen! (Heiterkeit)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mir die Regierungserklärung sehr aufmerksam angehört und auch die Debattenbeiträge der regierenden Fraktionen, und ich finde, sie sind in mancher Hinsicht eine ziemliche Enttäuschung, denn im Grunde wird ein „weiter so“ angekündigt. Ich fand es ziemlich ideenlos, und ich fand dort auch nicht den erkennbaren Willen, Probleme unseres Landes wirklich anzugehen. Es wird für mich immer deutlicher, wie ich es auch schon letzte Woche gesagt habe: Sie wollen hier einfach nur vor sich hin verwalten. Dabei haben Sie eine riesengroße Mehrheit, Sie haben eine Zweidrittelmehrheit. Eines haben Sie dabei aber vergessen, das ist nämlich die erschreckend hohe Zahl der Bremerinnen und Bremer, die sich von der Politik abgewendet hat und die nicht mehr wählt. Wenn man das einmal zusammen sieht, hat die große Mehrheit der Bremerinnen und Bremer Sie nicht gewählt.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie bestimmt nicht!)

Ich denke, vor diesem Hintergrund wäre es denkbar gewesen, ein bisschen bescheidener zu sein und mehr Engagement in diese Regierungsvereinbarung hineinzubringen,

(Beifall bei der LINKEN)

denn das, was uns hier vorgetragen wurde, ist vor allen Dingen – –.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Die Machenschaften in Ihrer Par- tei haben dazu aber auch nicht beigetragen!)

Das, was uns hier als Regierungserklärung vorgetragen wurde, ist ein Dokument einer Kapitulation, vor allen Dingen der Sozialdemokratie. Vor vier Jahren haben Sie zu Beginn der ersten rot-grünen Koalition gesagt – Sie waren das, Herr Böhrnsen! –, Sie würden in den kommenden Jahren die soziale Frage in ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

den Mittelpunkt stellen. Das drohende Auseinanderdriften der Gesellschaft wollten Sie bekämpfen, und ich glaube, genau in dieser gemeinsamen Verantwortung haben Sie in den letzten vier Jahren einfach versagt, daraus ist nicht viel geworden, wie wir wissen. Die Armutslage in Bremen und Bremerhaven hat sich im Gegenteil noch verschärft. Die offizielle Zahl der erwerbslosen Bremerinnen und Bremer ist zwar seit dem Jahr 2007 leicht gesunken, aber – und das ist das große Problem – wir haben keine vernünftige Arbeit mehr in Bremen. Die Zahl der Aufstocker, also der Menschen, die arbeiten und trotzdem Hartz IV beziehen, ist in den letzten Jahren, glaube ich, von 15 000 auf 18 000 gestiegen. Das finde ich ziemlich dramatisch. Im Jahr 2007 waren es auch nur 8 000 Menschen, die in Beschäftigungsverhältnissen mit Leiharbeit gearbeitet haben, und die Zahl ist dramatisch gestiegen. Im Moment ist es so, dass zurzeit jede zweite offene Stelle eine Leiharbeitsstelle ist. Ich denke, das ist genau der Knackpunkt, wo Sie nicht gezeigt haben, dass Sie hier einen Richtungswechsel hinbekommen haben, und mir ist in der Koalitionsvereinbarung und auch aus Ihren Erklärungen heraus nicht deutlich geworden, wie Sie das machen wollen.Die Arbeit in Bremen ist nämlich im Prinzip immer prekärer geworden, auch die Zahl der geringfügig Beschäftigten im Einzelhandel hat zugenommen, und die Zahl der Menschen, die Hartz IV beziehen, ist auch noch gestiegen. Diese soziale Schieflage zieht sich auch durch diese Koalitionsvereinbarung. In der alten Koalitionsvereinbarung sind Sie schon daran gescheitert, und in die neue Koalitionsvereinbarung nehmen Sie diese soziale Spaltung im Grunde schon mit auf. Ich glaube, es ist eine Illusion, dass hier jetzt eine rot-grüne Koalition regiert, im Grunde regiert hier eine grün-rote Koalition.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass Sie sich noch einen sozialdemokratischen Präsidenten des Senats leisten, der nach außen immer einmal wieder soziale Wohlfühlstimmung verbreiten darf, ändert nichts daran, dass in den harten Themen die Grünen den Hut aufhaben. Ich möchte Ihnen daher gleich zu Beginn ganz klar sagen: Bremen braucht eine soziale Opposition, und wir als LINKE werden in den kommenden vier Jahren genau da den Finger hineinlegen, und zwar immer dann, wenn Sie unsozial handeln und wenn Sie Interessen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Füßen treten, und da, wo Sie kürzen und privatisieren. Da werden wir sehr genau hinschauen, da sollten Sie sich mit Ihrer großen Mehrheit im Parlament nicht so sicher fühlen.

(Beifall bei der LINKEN – Abg. D r. G ü l d - n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Was priva- tisieren wir denn?)

Das sage ich Ihnen gleich noch!

Das wäre auch gar nicht so schlimm, wenn es nur Sie beträfe. Es betrifft aber dummerweise alle Bremerinnen und Bremer. Das ist irgendwie auch das große Problem, denn sie werden nämlich in den nächsten Jahren von einem Senat regiert, der im Grunde keine Antworten auf die klaren und dringenden Probleme gefunden hat, die wir hier in Bremen haben: Armut, Arbeitslosigkeit, Ausgrenzung und eine Bildungspolitik, die für alle Kinder da ist.

(Abg. G ü n g ö r [SPD]: Ausgrenzen kön- nen Sie besonders gut!)

Na, das werden wir einmal sehen!

Gerade Ihre Aussagen zur Sozialpolitik in der Regierungsvereinbarung sind, finde ich, ein starkes Stück, vor allem, wenn man vergleicht, was Sie, Herr Böhrnsen, noch vor der Wahl in der „taz“ gesagt haben. Wenn ich zitieren darf: „Unsere Sparanstrengungen dürfen aber nicht durch soziale Strukturen der Städte die Entwicklungschancen von Kindern und Jugendlichen tangieren. Ich kann doch denen nicht sagen, im Moment haben wir für eure Chancen kein Geld, aber tröstet euch, bei der nächsten Generation sieht es wieder besser aus! Das geht nicht!“ Wenn ich mir dann ansehe, dass gerade einmal vier von 140 Seiten dem Thema Soziales gewidmet sind, möchte ich einmal wissen: Wo nehmen Sie diesen Stellenwert denn her?

Wenn sich die SPD sang- und klanglos aus dem Sozialressort verabschiedet – das ist immerhin eine ihrer Kernkompetenzen – und das den Grünen überlässt, dann kann ich mich vielleicht fragen: Sind Sie vielleicht froh, dass Sie diese Bürde los sind? Ich bin mir da nicht so sicher!

(Beifall bei der LINKEN)

Im Koalitionsvertrag werden viele Banalitäten ausgetauscht, zum Beispiel dass die Lebenschancen ungleich verteilt sind. Das ist keine neue Erkenntnis, die teilen wir als LINKE übrigens auch. Es bleibt mir im Moment jedoch ein Geheimnis, mit welchen Maßnahmen Sie das verändern wollen, wie Sie zu spürbaren Veränderungen in diesem Bereich kommen wollen.

Sie wollen den Armuts- und Reichtumsbericht weiterführen, der war schon 2009 ziemlich desaströs. Ich glaube, bei der Fortführung der Berichterstattung wird das nicht viel besser werden. Im Gegenteil, es wird meines Erachtens viel schlimmer angesichts der drohenden Kürzungen, die Sie hier in den ganzen Bereichen vornehmen, und mit den angekündigten Nichtverlängerungen von wichtigen Projekten, die im Übrigen viele Menschen betreffen. Das möchte ich an die Opposition der CDU gerichtet sagen: Das sind keine großen Ausgaben für wenige, weil jede dritte Bremerin und jeder dritte Bremer arm ist. Wir haben 120 000 Leistungsempfänger, und wir haben

80 000 Erwerbsarme. Das ist jeder dritte Bremer, das ist keine kleine Gruppe!

(Beifall bei der LINKEN)