Protokoll der Sitzung vom 13.03.2013

Frau Präsidentin, mei

ne sehr verehrten Damen und Herren! Die Weiter entwicklung der Psychiatriereform ist ein aktuelles Thema, sie ist es für Deutschland, das die Psychia triereform der Achtzigerjahre in wichtigen Aspekten noch nicht zu Ende geführt hat, und sie ist es natür lich auch für Bremen. In den psychiatriepolitischen Leitgedanken im Landespsychiatrieplan 2010 der damaligen Gesundheitssenatorin wurden bereits die zentralen Problemfelder und die perspektivischen Lösungsansätze formuliert, wie sie auch im vorlie genden Antrag der Fraktion von SPD und Bündnis 90/Die Grünen benannt sind. Ich erspare uns jetzt die Auflistung dieser einzelnen Punkte und komme zu dem zentralen Punkt des heutigen Tages und der heutigen Diskussion, nämlich zu dem Auftrag zur weiteren Ambulantisierung der psychiatrischen Versorgung.

Dieser Auftrag muss mit einer engen und selbst

verständlichen Kooperation unter allen regionalen Versorgungsdienstleistern verknüpft sein. Auch da rauf hat der Landespsychiatrieplan bereits in aller Deutlichkeit hingewiesen. Dass diese Conditio sine qua non ganz besonders für die Psychiatrie in der Vergangenheit immer wieder be- oder gar verhindert wurde, hängt nicht zuletzt mit der Fragmentierung unserer Sozialversicherungssysteme und der daraus resultierenden Vielfalt der Kostenträger zusammen.

Analog zu dem sozialgesetzlichen Nebeneinan

der der Systeme haben wir es auch auf dem Markt der Anbieter psychiatrischer Hilfen inzwischen mit einer großen Anzahl verschiedener konkurrieren der Leistungserbringer zu tun, die sowohl untereinander als auch mit den klassischen medizinischen Regelversorgungen, also den Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten beziehungsweise Psycho therapeuten, oft nur unzureichend vernetzt sind.

Dies hat zur Folge, dass das psychiatrische Ver

sorgungssystem nicht nur für die Patientinnen und Patienten und selbst für Ärzte und Therapeuten völ lig intransparent geworden ist, sondern dass eine integrierte, aufeinander bezogene und flexible Hil feleistung, die sich am aktuellen Bedarf des Pa tienten orientiert und gesundheitliche und soziale Unterstützungsformen miteinander verzahnt, sys temimmanent fast unmöglich erscheint. Diese sys tembedingten Schranken konnten auch bisherige

innovative Modelle zur integrierten Versorgung nur partiell überwinden. Partiell heißt, entweder nur in Form von Insellösungen und nicht in der Fläche oder inhaltlich partiell im Hinblick auf die Einbe ziehung ausschließlich von SGB-V-Leistungen, also gesundheitliche Versorgung, oder ausschließlich von SGB-XII-Leistungen, also Sozial- und Einglie derungshilfe.

Wenn wir also tatsächlich übergreifend bedarfs

orientierte Hilfen, Hilfen wie aus einer Hand für psy chisch kranke Menschen schaffen wollen, sind wir aufgefordert, an den Strukturen, an der Systematik der Finanzierung, an den Steuerungsstrukturen und am System der Qualitätssicherung etwas zu ändern.

Der Bremer Landespsychiatrieplan 2010 hat bereits

auf einen möglichen Lösungsansatz hingewiesen, nämlich das prospektive Psychiatriebudget. Mein Haus arbeitet derzeit an einem Konzept für ein ent sprechendes Modellprojekt, das in einer umgrenz ten Region im Land Bremen erprobt werden soll. Bei einem Erfolg wäre zu prüfen, inwieweit es auf das gesamte Land Bremen übertragen werden kann. Gelingt es, dieses Modell umzusetzen, so werden damit zukünftig weitere Teilprojekte verbunden sein, etwa in den Bereichen Arbeit und Beschäfti gung oder Inklusion beziehungsweise Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.

Wir haben in den nächsten Jahren also viel zu tun,

und mit dem Landespsychiatrieplan einen struktu rierten Fahrplan dafür. Das Modell eines prospek tiven Psychiatriebudgets, das den Intentionen des vorliegenden Antrags entgegenkommt, wäre jedoch zweifellos ein qualitativ herausragender Meilenstein in der Weiterentwicklung der psychiatrischen Ver sorgung in Bremen.

Meine Damen und Herren, die Idee eines Psychi

atriebudgets impliziert und stärkt gleichermaßen die Kooperation und Vernetzung zwischen allen Leis tungserbringern, eine Überwindung der Sektoren grenzen ambulant/stationär und eine am Patienten orientierte optimale Nutzung von Ressourcen. Gleich wohl ist ein solches Modell ambitioniert, denn es ist geknüpft an die Bereitschaft der Leistungserbringer, zugunsten des Patientenwohls, auf die Durchsetzung von betrieblichen Eigeninteressen wie zum Beispiel Expansion von Leistungsangeboten, Rekrutierung neuer Zielgruppen et cetera zu verzichten, mit bis herigen Konkurrenten zu kooperieren und sich einer übergeordneten interessenneutralen Steuerung zu unterwerfen. Gelänge dies, so bedeutete es tatsäch lich einen gewissen Paradigmenwechsel.

Unser traditionelles Gesundheitssystem basiert

weitgehend auf dem Fortbestand von Krankheit, denn unsere Einrichtungen leben und gedeihen von Kranken und nicht von Gesunden. Dieses Anreizsys tem umzukehren würde dem eigentlichen Auftrag eines Gesundheitssystems vermutlich weit besser dienen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen

liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und Bünd

nis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 18/685 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt

dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche

die Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) bis 14.45 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 13.10 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.45 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung

der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich recht herz

lich eine Gruppe der Bahnlärminitiative Bremen. Herzlich willkommen bei uns im Haus!

(Beifall)

Keine weitere Belastung des Schienenverkehrs

knotens Bremen!

Antrag der Fraktion DIE LINKE

vom 17. Januar 2013 (Drucksache 18/733)

Wir verbinden hiermit:

Hafenhinterlandverkehr zukunftsgerecht

ausbauen

Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen

und der SPD

vom 23. Januar 2013 (Drucksache 18/747)

D a z u