Protokoll der Sitzung vom 15.05.2013

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dogan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Rupp, ich nehme Ihre Entschuldigung an, weil meine Rede selbstständig erarbeitet war. Es sind zwei Sätze gewesen, ich habe sie soeben nachgelesen, die dort ähnlich formuliert sind, aber ich denke, bei solch einem schwierigen Thema – Sie haben in Ihrer Rede ja eingangs auch erläutert, dass Sie ein paar Tage Zeit hatten – ist es schon wichtig, dass diejenigen, die mit dieser Materie vertraut sind, erst einmal erläutern, was dieser Begriff überhaupt bedeutet. Es ist eine komplexe Materie, sonst hätte es dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts ja gar nicht gegeben.

Jetzt möchte ich mich auf Frau Piontkowski beziehen. Ich finde es sehr interessant, dass Sie bei Themen, die wir hier vorn diskutieren, immer auf irgendwelche anderen Themen zu sprechen kommen, die mit dem Tagesordnungspunkt überhaupt nichts zu tun haben.

(Beifall bei der SPD)

Ich muss ehrlich sagen, ich bin richtig verärgert über Ihre zweite Rede. Die erste Rede fand ich noch teilweise sehr sachlich aufgebaut und inhaltlich auch gut begründet. Dass Sie sich aber hier vorn hinstellen und so tun, als ob Rot-Grün nichts für den Opferschutz tue und sich jetzt um die Sicherungsverwahrten kümmere, das ist, finde ich, ein bisschen unverschämt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dies ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gewesen, Frau Piontkowski!

Den Ländern wurde als Aufgabe mitgegeben, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, und das haben wir auch umgesetzt. Wir haben uns auch die Mühe gemacht, Sie sogar im Rechtsausschuss miteinzubinden, Frau Piontkowski, zusammen mit Frau PetersRehwinkel und der LINKEN. Wir haben Ihnen gesagt, schlagen Sie uns Experten vor, die in die Anhörung kommen und uns schlauer machen können, als wir es schon sind! Bezogen auf das von uns Erarbeitete haben wir uns angeschaut, was die Experten uns dort gesagt haben. Es wurde uns ein sehr guter ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Entwurf vorgelegt, und es sind bestimmte Punkte von den anwesenden Experten angesprochen worden, die wir dann übernommen haben.

Sie haben betont, die CDU-Fraktion sei der Ansicht, dass man das Gesetz nicht verabschieden sollte, aber ich möchte noch einmal betonen, dass uns in der Anhörung keiner davon abgeraten hat, dieses Gesetz für das Land Bremen zu verabschieden. Das muss noch einmal deutlich gesagt werden.

Sie kommen immer wieder – und das habe ich ja eben gehört – zu Ihrem Opferschutzbeauftragten. Wir haben eine Anhörung im Rechtsausschuss durchgeführt mit sehr vielen Experten, an der Sie auch beteiligt waren und sich rege mit sehr vielen Fragen an die Experten gewandt haben, indem Sie regelmäßig gefragt haben, ob diese einen Opferschutzbeauftragen wollen. Dies wurde von den Experten hier im Land Bremen verneint, das wollten sie nicht.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Das stimmt doch so gar nicht!)

Die meisten haben gesagt, dass es ganz anderer Dinge bedarf.

Wenn Sie ehrlich sind, haben wir mit unserem Koalitionspartner in dieser Legislaturperiode wirklich einige Anträge – teilweise haben Sie sich denen auch angeschlossen – zum Vorteil der Opfer auch hier gemeinsam beschlossen, und ich finde es schade, wenn Sie bei irgendwelchen Tagesordnungspunkten immer wieder so tun, als wären Sie in Person, Frau Piontkowski, die Retterin der Opfer.

Rot-Grün hat ein sehr großes Interesse daran, dass Opfer auch berücksichtigt werden, aber hier ging es darum, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen für die Dinge, die für verfassungswidrig erklärt worden sind. Ich bitte Sie, sich zukünftig auch an diese Themen zu halten und sich nicht immer nur darauf zu beziehen, dass Sie Ihren Opferschutzbeauftragten nicht bekommen haben! – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Professor Stauch.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde, dass die Diskussion über dieses Gesetz eigentlich schon viel zu lange gedauert hat. Der Punkt ist, dass der Sachverhalt wirklich überschaubar ist, und es ist einiges an Verwirrung hineingetragen worden.

Es ist ganz einfach: Ein Landesgesetz ist notwendig, wir müssen ein Landesgesetz erlassen, und das Landesgesetz regelt die Unterbringungsbedingungen der Sicherungsverwahrten, nur darum geht es. Die An

ordnungsvoraussetzungen für die Sicherungsverwahrung, Frau Piontkowski, mit denen Sie begonnen haben, sind Bundesrecht. Wir hätten es im Übrigen gern gehabt, dass es auch dann, wenn sich die Gefährlichkeit eines Straftäters in der Haft herausstellt, noch eine Möglichkeit gegeben hätte, in extremen Fällen auch später noch eine Sicherungsverwahrung anzuordnen. Das hat der Bundesgesetzgeber abgelehnt. Damit ist ein Gefährdungspotenzial geschaffen worden für einen Teil der Fälle, das haben wir bedauert.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Das habe ich auch bedauert!)

Das zu den Anordnungsvoraussetzungen! Die Bundesregierung hat das nicht mitgetragen.

Hier geht es jetzt um die Unterbringungsbedingungen, und da muss ich noch einmal ganz deutlich sagen: Das ist natürlich ein Vorsorgegesetz, deshalb ist die Diskussion hier auch ein bisschen in die Länge gezogen. Das Gesetz brauchen wir nur dann, wenn Niedersachsen aus dem Vertrag aussteigt, allerdings müssen wir dann auch eine gesetzliche Regelung haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir können nicht erst dann anfangen, ein Gesetz zu machen, oder einfach das niedersächsische Gesetz übernehmen, deshalb ist die Diskussion obsolet.

Die Bremer sind mit diesem Gesetzentwurf im Länderkonzert, das ist der nächste Punkt. Es hat eine Gruppe von zehn Ländern gegeben, und die Ideen, die Sie hier hineingetragen haben, hat keines der Länder vertreten. Niemand im Länderkonzert hat das vertreten, was Sie hier vertreten haben.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Schau- en Sie einmal nach Hamburg, was die gerade beschlossen haben! Ihre eigenen Leute!)

Wir sind mit diesem Entwurf auf der absolut sicheren Seite, was die Umsetzung der Bedingungen der Sicherungsverwahrung betrifft, das war auch entscheidend. Wir sind in der Logik unserer vorherigen Gesetze geblieben. Wir haben ein Bremisches Untersuchungshaftvollzugsgesetz, das hat eine Systematik, das haben wir aufgegriffen, und wir haben ein Bremisches Jugendstrafvollzugsgesetz, auch das hat die gleiche Logik wie dieses Gesetz, es ist also ganz sicher im Länderkonzert, das ist der Punkt. Bei den Beratungen sind einzelne Begriffe noch weiter geschärft worden, die vorher auch schon präzise gewesen sind. Diese hat man dann noch weiter konkretisiert, das ist alles in Ordnung.

Ein weiterer Punkt: Es handelt sich allein um die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts,

also das mit den Lockerungsbedingungen, was Sie hier bedauern, ist eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts.

Als ich das Urteil zum ersten Mal gelesen habe, habe ich mir auch die Augen gerieben und gedacht, dass das aber ziemlich weit geht. Das Bundesverfassungsgericht hat es für ein Menschenrecht angesehen, dass man unter der Voraussetzung, dass die Menschen ihre Strafe abgesessen haben und allein wegen ihrer Gefährlichkeit noch festgehalten werden, nicht wegen der Strafe – es geht nicht um weitere Strafvollstreckung, sondern es geht allein darum, dass Menschen wegen ihrer Gefährlichkeit festgehalten werden –, die Bedingungen lockern muss. Wenn die Voraussetzungen vorliegen, dann muss man die Bedingungen für die Menschen lockern und therapeutische Bemühungen anstrengen. Man muss die Sicherungsverwahrung vermeiden, wenn es irgendwie möglich ist. Es gibt einen ganzen Katalog von Dingen, die in diesem Gesetz umgesetzt sind. Wir haben das auf eine sichere Grundlage gestellt.

Jetzt noch ein weiterer Punkt: Heute steht in der Zeitung, dass Hamburg in seinem Gesetz noch eine Arbeitspflicht für die Sicherungsverwahrten untergebracht hat. Das ist etwas problematisch, weil die Rechtsprechung und auch die Logik besagen, dass ich nur die Sicherungsbedingungen hineinschreiben darf, was die Sicherheit unbedingt erfordert. Ich darf also zusätzliche Pflichten eigentlich nicht einbringen. Wir sind also auch hier ganz sicher im Länderkonzert geblieben und haben ein vernünftiges Gesetz vorgelegt.

Wir haben drei Sicherungsverwahrte, es gibt fünf weitere Fälle, bei denen die Sicherungsverwahrung angeordnet ist. Deshalb brauchen wir eine gesetzliche Grundlage, und ich glaube, wir schaffen hier eine vernünftige Regelung.

Herr Rupp, Ihnen wollte ich nur sagen, Sie werden diese Bedingungen, die im Einzelnen im Gesetz stehen, nicht aufweichen können. Wir haben die Bedingungen aus Niedersachsen übernommen, die relativ liberal sind, weil wir da nicht zurückbleiben wollten. Das haben wir gemacht. Wir haben die Bedingungen in die Logik dieses Gesetzes übernommen, aber wir können sie nicht weiter aufweichen. Sie entsprechen exakt den Standards den Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschrechte, sonst hätten wir das diskutiert.

Ich glaube, wir gehen mit diesem Gesetz einen sicheren und vernünftigen Weg, auch wenn es einstweilen keine Anwendung in Bremen findet. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Piontkowski.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nur noch einmal etwas anmerken, weil Sie es angesprochen haben, Herr Staatsrat Professor Stauch: Im „WeserKurier“ von heute steht deutlich, was Ihre Genossen, also auch die SPD – die regiert doch, glaube ich, in Hamburg –, beschlossen haben. Sie haben gerade beschlossen, dass den Sicherungsverwahrten Lockerungen wie Freigänge mit dem vagen Hinweis – so steht es im „Weser-Kurier“ – auf eine Störung der Ordnung verweigert werden können.

(Staatsrat Professor S t a u c h: Ob das ver- fassungsgemäß ist, muss sich noch heraus- stellen!)

Ja, aber Ihre Genossen in Hamburg beschließen so etwas!

(Abg. T s c h ö p e [SPD]: Treten Sie doch der Hamburger SPD bei!)

Sie beschließen in Hamburg deutlich strengere Vorschriften als hier in Bremen. Man sieht also, es ist durchaus möglich.

Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts werden von uns anerkannt, das ist selbstverständlich, und das muss umgesetzt werden. Dem Gesetzgeber bleibt aber natürlich noch ein gewisser Spielraum, diese einzelnen Vorgaben umzusetzen, und es ist die Frage, wie man das umsetzt. Das ist in Hamburg offenbar deutlich besser gelungen als bei den Sozialdemokraten und den Grünen in Bremen. Hätten Sie sich einmal ein Beispiel an Hamburg genommen!

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäftsordnung lasse ich zuerst über den Änderungsantrag des Rechtsausschusses, Drucksache 18/903, abstimmen.

Wer dem Änderungsantrag des Rechtsausschusses mit der Drucksachen-Nummer 18/903 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!