Protokoll der Sitzung vom 16.05.2013

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde mich kurz fassen, weil wir die Debatte ja eigentlich schon in der Plenarsitzung am 21. Februar 2013 geführt haben. Wir haben eben gehört, dass es in Bremen zu wenig günstigen Mietwohnraum gibt. Ein Satz aus der Mitteilung des Senats lautet allerdings, „dass die durchschnittlichen Nettokaltmieten in Bremen im Vergleich zu anderen Großstädten eher niedrig sind“. Sicher ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

ist jedoch, dass sich dies in gefragten, stadtnahen Lagen etwas anders darstellt. Dort gibt es Preisspitzen und auch einen Überhang an Bewerbern für die angebotenen Wohnungen.

Nun kann nicht jeder in Innenstadtnähe oder anderen attraktiven Lagen wohnen, doch es kann auch nicht sein, dass zum Beispiel eine Studentin oder eine alleinerziehende Mutter ohne Auto nach Bremen-Nord ziehen muss, nur weil sie hier keine bezahlbare Wohnung mehr finden kann.

(Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Was soll das denn heißen? Gehört Bremen-Nord nicht mehr zur Stadtgemeinde Bremen?)

Es war keine Wertung von Bremen-Nord, es bezog sich auf die Entfernung.

Auch mit Blick auf eine sozial durchmischte Bevölkerungsstruktur ist es sicher wünschenswert, wenn es in allen Stadtteilen auch Wohnungen für Menschen mit durchschnittlichen oder niedrigen Einkommen gibt. Es kann auch nicht sein, dass Menschen, die schon 20 Jahre in derselben Wohnung leben, umziehen müssen, weil die Miete alle drei Jahre um 20 Prozent steigt, sich das Einkommen aber nicht entsprechend erhöht. Andererseits gibt es aber auch Mieter, die solche Erhöhungen gut verkraften können.

Wenn der Senat alle diese und sicherlich noch andere wichtige Faktoren bedenken will, dann ist es natürlich richtig, dass er vor dem Erlass einer Rechtsverordnung zum Thema Mieterhöhungen die Ausgangs- und die Rechtslage prüft. Trotzdem hat er sich in der Mitteilung des Senats vom 30. April 2013 jedoch schon darauf festgelegt, die sogenannte Mietpreisbremse für ganz Bremen einzuführen. Dies finden wir bedenklich, denn es gibt in der Stadtgemeinde Bremen ganze Stadtteile, in denen diese Mietpreisbremse nicht nötig wäre. Dort reguliert sich der Markt schon seit jeher von allein, weil ein Vermieter nicht von der 20-Prozent-Regelung Gebrauch machen wird, wenn er froh sein kann, seine Wohnung überhaupt vermietet zu haben.

Ich hoffe, dass Sie noch einmal sehr genau prüfen, ob Sie die Mietpreisbremse wirklich für die ganze Stadtgemeinde verordnen müssen. Bremen ist nicht Hamburg oder Frankfurt, und noch können Sie auch verhindern, dass es so weit kommt. Wir hatten das Thema auch schon in dieser Woche diskutiert, aber ich möchte es noch einmal ansprechen: Sorgen Sie für genügend neue und auch günstige Wohnungen in Bremen, und die Probleme mit den Mieten erledigen sich von selbst! Noch können Sie es gut steuern. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist ein bisschen schade, denn ich hätte Sie gern noch in eine packende Diskussion über das Schaffermahl verwickelt,

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Beim nächsten Mal!)

aber auf diese Weise haben wir mehr Zeit.

Zu den Mieten! Selbstverständlich ist jeder Schritt in Richtung einer Deckelung und einer Kappung der Mieten richtig. Ich finde allerdings, hier den Anstieg der Mieten von 20 Prozent auf 15 Prozent abzusenken, das ist wirkungslos. Es war nicht anders zu erwarten, dass ich das so einschätze, aber wir haben das Thema hier schon häufiger von allen Seiten betrachtet. Der Beschluss des Deutschen Bundestags wurde bereits im Dezember 2012 gefasst, und wir beginnen jetzt langsam, die Regelungen umzusetzen. Dies räumt Vermietern die Möglichkeit ein, für das Jahr 2013 noch eine Mieterhöhung um 20 Prozent vorzunehmen.

Wenn ich beispielsweise an die Mieterinnen und Mieter in der Kulenkampffallee denke, wo es insbesondere viele ältere Mieterinnen gibt, die die Mieterhöhungen kaum noch verkraften können, die sie im Abstand von drei Jahren immer wieder hinnehmen mussten und sich deshalb immer wieder durch verschiedene Stellen an uns gewendet haben, dann, finde ich, ist das zu wenig.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir kennen sehr genau die Problematik, dass wir zu wenig bezahlbaren Wohnraum haben. Frau Wendland hat natürlich vollkommen recht, wenn sie sagt, wir müssten darüber nachdenken, ob wir letztendlich zum Beispiel wieder den Aufkauf von Sozialbindungen ins Auge fassen müssen. Das haben wir hier auch schon mehrfach diskutiert. Insofern bleibe ich dabei: Wenn Sie sich einmal die Verringerung der Mietpreiserhöhung von 20 Prozent auf 15 Prozent ausrechnen, dann zahlt man bei einer Miete von 500 Euro statt 100 Euro 75 Euro mehr. Wie soll das jemand schaffen, der letztendlich um jeden Euro kämpfen und jeden Euro umdrehen muss? Das ist doch lächerlich!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Es ist ja das Bundesgesetz, das wir haben!)

Ja, selbstverständlich, aber ehrlich gesagt, selbst das haben wir hier zu langsam umgesetzt! In der Verhältnismäßigkeit ist das wirklich ein sehr kleines Detail, bei dem ich denke, wir haben hier ein riesiges Pro––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

blem. Ich gehe davon aus, dass uns das kaum einen nennenswerten Schritt weiterbringen wird.

Positiv finde ich, dass der Senat von vornherein gesagt hat, in Bremen kein Gebiet von der Begrenzung des Mietenanstiegs ausnehmen zu wollen, das sehe ich vollkommen anders als meine Vorrednerin. Bremerhaven hat es übrigens nicht so gemacht, das ist letztendlich hier auf Bremen bezogen, und ich muss sagen, immerhin gibt es diesen Schritt. Im Übrigen haben wir dort noch weiterhin dicke Bretter zu bohren, und ich hoffe, wir kommen dort gemeinsam ein Stück voran. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pohlmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fürwahr, wir haben diese Fragen hier schon diskutiert. Es ist sehr gut, dass wir auch noch anhand der Mitteilung des Senats diskutieren, wie die bundespolitischen Entscheidungen zugunsten von Mieterinnen und Mietern umzusetzen sind. Ich sage noch einmal eines vorab, um den Kreis zu schließen: Wir sind voller Erwartung, was am 7. Juni im Bundesrat diskutiert wird. Dort wird es auch um Initiativen unseres Bundeslandes gemeinsam mit anderen Ländern gehen, und dort fordern wir auch die Bundesregierung ganz konkret auf, zu nachhaltigen Verbesserungen zu kommen. Ich glaube, das ist der richtige Weg.

Die Mieten, der bezahlbare Wohnraum und die Rechte von Mieterinnen und Mietern sind entscheidende Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung, nicht nur hier in Bremen und Bremerhaven, sondern in der gesamten Bundesrepublik. Deshalb sage ich noch einmal, dass ich es ausdrücklich gut finde – das ist in der Debatte heute auch noch einmal herausgearbeitet worden –, dass wir insbesondere hier in Bremen mit einer starken, städtisch ausgerichteten Wohnungsbaugesellschaft, der GEWOBA, ein sehr wichtiges Instrument haben, das auch im Bereich der Mietwohnungen regulierend mit eingreift.

Sie sagen, liebe Frau Grönert, wir hätten – das hat der Senat auch vollkommen richtig dargestellt – im Vergleich zu anderen Städten und Regionen in der Bundesrepublik noch vergleichsweise vernünftige oder geringere Mieten. Es hängt aber, glaube ich, im Wesentlichen auch mit den Lebenshaltungskosten und den Einkünften der Menschen zusammen. Wenn wir uns mit Frankfurt am Main oder München vergleichen, dann gibt es doch sehr unterschiedliche Größenordnungen, und dann muss man auch sehen, dass in unserer Region natürlich auch weniger verdient wird. So ist es, und dementsprechend, glaube ich, sollte man das auch mit berücksichtigen.

Grundsätzlich noch einmal: Wir haben in der Debatte immer betont – und auch meine Kollegin Frau

Wendland hat es noch einmal dargelegt –, dass es die Richtschnur der Politik dieser Koalition und dieses Senats ist, es sehr ernst zu nehmen, was schon damals die Väter und Mütter unserer Landesverfassung festgelegt haben. Für uns ist es ein verfassungsmäßiger Auftrag, für alle Menschen in dieser Stadt für bezahlbaren und vernünftigen Wohnraum zu sorgen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das war die Richtschnur unserer Politik in der Vergangenheit. Das war auch die Wohnungspolitik, die die unterschiedlichen Senate in der Vergangenheit, zum Beispiel der Senat mit dem damaligen Präsidenten des Senats, Wilhelm Kaisen, verfolgt haben und Bremen vorangebracht hat. In dieser Tradition stehen wir, und wir haben eine konkrete Aufforderung.

Ich bin sehr dankbar, dass es uns in einem schwierigen Prozess gelungen ist – es ist ja nicht alles ohne Widerspruch vonstattengegangen –, uns im Rahmen des Bündnisses für Wohnen mit allen Akteurinnen und Akteuren im Bereich des Wohnungsmarktes und auch mit allen Betroffenen, Mieterinitiativen und -vereinen auf den Weg zu praktikablen und konkreten politischen Handlungsschritten zu machen. Dies ist ein sehr großer Erfolg, und auf dieser Linie werden wir auch weiter arbeiten.

Es ist unbestritten, dass mit der Änderung des Mietrechts auf Bundesebene vom Dezember 2012 die aktuellen Probleme nicht gelöst werden. Nach wie vor können bei Neuvermietungen weiterhin höhere Mieten ohne jede Begrenzung verlangt werden. Das finden wir nicht richtig, und dem möchten wir politisch auch etwas entgegensetzen. Mit dem neuen Mietrechtsänderungsgesetz, das im Frühjahr in Kraft getreten ist, soll die Zuständigkeit für die Begrenzung der Mietsteigerungen auf die Bundesländer abgewälzt werden, und wir unterstützen ausdrücklich das Vorhaben des Senats, dies per Rechtsverordnung für die gesamte Stadt Bremen zu regeln. Das ist richtig, es kommt der aktuellen Lage auf dem Bremer Wohnungsmarkt entgegen.

Liebe Frau Grönert, Sie haben in diesem Zusammenhang gesagt, die Mietpreisbremse sei nicht notwendig, und der Markt werde es schon richten. Ich nehme es doch so wahr, wenn ich mit den Menschen vor Ort und den unterschiedlichen Institutionen rede: Wenn wir den Markt nicht mit sozialpolitischen Maßnahmen begrenzen und auch nicht politisch mit Maßnahmen eingreifen, dann wird es für viele Menschen keinen bezahlbaren Wohnraum in den Zentren unserer Städte mehr geben, und das wollen wir nicht.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir wollen ganz bewusst eine Politik betreiben, die es auch ermöglicht – –. Es wurde eben gesagt, man

müsse nach Bremen-Nord ziehen. Ich finde viele Bereiche von Bremen-Nord hervorragend – egal, ob Blumenthal, Vegesack oder Burglesum –, und man kann dort, glaube ich, gut und gern wohnen,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

und das ist auch überhaupt nichts Schlechtes. Mit den unterschiedlichen Instrumenten, die wir im Rahmen unserer politischen Initiativen ergreifen werden – davon ist die Mietpreisbremse ein Instrument –, werden wir in Bremen und Bremerhaven eine Politik betreiben, die einer weiteren sozialen Spaltung entgegentritt.

Liebe Frau Kollegin Bernhard, ich finde, viele Punkte, die Sie vortragen, sind berechtigt. In vielen Bereichen stehen wir erst am Anfang und brauchen auch weiter gehende Initiativen und Instrumente – diese Ansicht teile ich –, aber ich bin der festen Überzeugung, dass wir dafür auf Bundesebene und in den Bundesländern auch die politischen Mehrheiten brauchen.

Ich bitte alle interessierten Kolleginnen und Kollegen, einmal die Positionen und Beschlüsse des Deutschen Städtetages nachzulesen! Weit über alle Parteigrenzen hinweg wurde der Frage großes Gewicht beigemessen, wohin sich die demografische Entwicklung unseres Landes bewegt, sowohl im Hinblick auf die Entwicklung unserer Städte als auch der Dörfer und kleineren Städte im ländlichen Raum. Ich glaube, das macht noch einmal zwei Punkte deutlich, für die diese Koalition und auch die SPD-Fraktion stehen: Wir müssen hier ganz konkrete Maßnahmen einleiten, und dafür sind die vom Senat vorgeschlagenen Instrumente richtig. Ich bitte daher um Ihre Unterstützung! – Danke schön!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Senator Dr. Lohse.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Absicht des Senats, im Interesse der Begrenzung des Anstiegs von Wohnungsmieten von der Ermächtigung des neuen Paragrafen 558 Absatz 3 BGB Gebrauch zu machen. Dazu ist der Erlass einer Rechtsverordnung erforderlich, die voraussetzt, dass die angemessene Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnraum in besonderer Weise gefährdet ist.

Vorhin wurde diskutiert, ob wir eine solche Verordnung für das gesamte bremische Stadtgebiet oder für einzelne Stadtteile erlassen sollten. Wir haben uns das gut überlegt. Es gibt Erfahrungen aus anderen Städten, die Folgendes zeigen: Wenn man versucht, dies nur für bestimmte Stadtteile zu machen, dann

gerät man immer wieder in Schwierigkeiten bei der Abgrenzung dieser Stadtteile und der Ziehung der Grenzen innerhalb des Stadtgebietes. Diese sind Anlass für vielfältige Rechtsstreitigkeiten, die wir vermeiden wollen. Deswegen sind wir der Überzeugung, dass es richtig ist, die Verordnung für die gesamte Stadtgemeinde zu erlassen, denn sie wird dort nützen, wo wir sie benötigen, ohne dass sie irgendwo schadet, wo sie nicht notwendig wäre, weil der Markt das dort tatsächlich von allein regelt. Dort, wo eine geringe Nachfrage herrscht und es Leerstände gibt, wird diese Rechtsverordnung nicht greifen, und deswegen wird sie auch keinen Vermieter in seinen Rechten einschränken.

Die Stadtgemeinde Bremerhaven soll nach dortiger Auffassung, die auch vom Senat geteilt wird, nicht von der Verordnung erfasst werden, weil es dort ein ausreichendes Angebot an preiswerten Wohnungen gibt.

Die Gründe, die für eine solche Verordnung sprechen, sind in den Beiträgen meiner Vorrednerinnen und Vorredner schon angesprochen worden. Wir sind im Moment dabei, belastbare Daten zu erheben, damit die Rechtsverordnung, die wir erlassen, tatsächlich einer gerichtlichen Überprüfung standhält, denn wir müssen nachweisen und untermauern, dass eine konkrete Gefährdungslage besteht. Diese darf nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht nur für einzelne Gruppen, die Mietraum nachfragen, bestehen, sondern sie muss auch für durchschnittliche Arbeitnehmerhaushalte gelten, und das ist die Thematik, an der wir momentan arbeiten.

Unter Berücksichtigung der Praxis der anderen Bundesländer und der dortigen Verfahren zum Erlass von Verordnungen nach Paragraf 558 Absatz 3 BGB wird der Senat dann geeignete Kriterien zur Feststellung der Gefährdung der Wohnungsversorgung entwickeln. Wir werden uns an den anderen Stadtstaaten Hamburg und Berlin und auch an anderen Bundesländern und Städten orientieren, die ähnliche Dinge vorbereiten.

Um das Angebot an preiswerten Wohnungen in Bremen zu verbessern, hat der Senat schon eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt. Er hat am 28. August 2012 das Wohnraumförderungsprogramm 2012/2013 beschlossen und außerdem weitere Maßnahmen zum Thema „Stadtentwicklung durch soziales Wohnen stärken“ getroffen. Insbesondere wurde festgelegt, dass beim Verkauf von kommunalen Grundstücken und bei der Schaffung neuen Baurechts 25 Prozent der neu geschaffenen Wohnungen Sozialwohnungen sein müssen.

Die Rolle der GEWOBA wurde angesprochen. Die GEWOBA besitzt ein Siebtel oder ein Achtel der Wohnungen in Bremen und hat bereits jetzt einen mäßigenden Einfluss auf das Mietniveau. Sie ist mit ein Grund dafür, dass wir sagen können, im Vergleich zu anderen Städten moderate Mieten zu haben. Die

GEWOBA verfolgt zudem seit vielen Jahren eine konsequente Politik der sehr moderaten Erhöhung ihrer Mieten, und deshalb hat sie hier einen dämpfenden Einfluss auf den Wohnungsmarkt.