Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Kück.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf für die Senatorin, die auf der Kultusministerkonferenz weilt, in der es unter anderem auch um die Frage geht, inwieweit sich der Bund an der Finanzierung von Schulsozialarbeit beteiligen kann, hier heute zu diesem Thema eine Stellungnahme abgeben.

Jede Stunde Unterricht, die ausfällt, ist eine Stunde zu viel, darin sind wir uns einig, aber wir müssen uns genau anschauen, woran es im Einzelnen liegt. Eltern machen sich Sorgen, dass ihre Kinder Nachteile in ihrer schulischen Laufbahn haben könnten. Diese Sorge ist verständlich, wir alle wollen die beste Bildung für unsere Kinder, vieles hängt vom Schulerfolg ab. So sehr ich es aber begrüße, dass sich die

CDU und DIE LINKE für das Thema interessieren, warne ich aber davor, es zu skandalisieren, denn damit ist keinem geholfen.

(Beifall bei der SPD)

Was ist Schule? Natürlich sind es in erster Linie die Kernfächer. Schülerinnen und Schüler sollen etwas lernen, sie sollen sich in Deutsch, Mathematik, Englisch, Physik und Chemie Wissen aneignen, um nur einige Fächer zu nennen. Schule ist aber auch noch viel mehr: Schule ist, wenn Schülerinnen und Schüler auf Klassenfahrt gehen, europäische Hauptstädte besuchen, gemeinsame Erlebnisse im Schullandheim vermittelt bekommen, wenn sie sich in Projekten vorher auf Themen vorbereiten und die Ergebnisse vor Ort vorstellen. Auch das ist Lernen, und solche Ausflüge sind immens wichtig, weil sie die Gruppe stärken und das soziale Verhalten üben. Das sollte man eigentlich nicht extra betonen müssen.

Was sind die Gründe dafür, dass Stunden ausfallen oder Unterricht nicht wie geplant stattfindet? An erster Stelle steht dabei die krankheitsbedingte Abwesenheit von Lehrerinnen und Lehrern, an zweiter Stelle erfolgt Abwesenheit wegen des Dienstes außerhalb von Schule beziehungsweise anderer schulischer Aktivitäten, genauso wie die Klassenfahrten, die ich soeben beschrieben habe.

Es wird so viel von Lehrerinnen und Lehrern gesprochen, die wegen Krankheit ausfallen, dass man sich schon fragt, ob Unterricht überhaupt noch stattfindet. Deshalb möchte ich hier noch einmal mit einer Legende aufräumen: Lehrerinnen und Lehrer fallen nicht überproportional durch krankheitsbedingte Abwesenheitstage auf. Im Vergleich der Personalgruppen im öffentlichen Dienst rangieren sie mit dem geringsten Krankenstand an letzter Stelle.

(Beifall bei der SPD)

Lehrkräfte werden nicht übermäßig krank. Warum spricht das ganze Land davon? Ich sage es Ihnen! Weil es in den Schulen sofort spürbar ist: wenn sich ein Angestellter krank meldet, bleibt die Arbeit liegen, oder es übernimmt sie im besten Fall eine Vertretung. Wenn ein Lehrer morgens in der Schule – das ist dann wohl die spontane Krankmeldung – anruft und sagt, ich habe die Grippe, dann gibt es erst einmal ein akutes Problem, das schnell gelöst werden muss und ein hohes organisatorisches Geschick in der Schule erfordert.

Lehrerinnen und Lehrer in Bremen und Bremerhaven sind selten krank, ich habe soeben darauf hingewiesen. Das zeigt, mit welch großem Engagement und welch großer Identifikation die Lehrkräfte für ihre Arbeit und die Interessen der Schülerinnen und Schüler tätig sind. Dafür möchte ich an dieser Stelle meinen ausdrücklichen Dank zum Ausdruck bringen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir wissen aber alle, dass man Unterrichtsausfall nie ganz vermeiden kann. Es sollen auch zukünftig Unterrichtsaktivitäten jenseits des 45-Minuten-Takts stattfinden, und es werden auch weiterhin Lehrerinnen und Lehrer krank sein. Es wird auch nicht zu verhindern sein, dass es immer wieder zu besonderen Problemlagen an einzelnen Schulen kommt. Es wird auch hier immer wieder passieren, dass eine konkrete Lösung im Einzelfall einmal länger dauert und ein adäquater Ersatz nicht gefunden werden kann. Vermutlich sind es diese Fälle, die gern von der Öffentlichkeit wahrgenommen und dem Unterrichtsausfall zugeschrieben werden.

Wir haben in der Antwort auf die Anfrage der LINKEN dargestellt, dass allein in Bremen im vergangenen Jahr insgesamt vier Millionen Unterrichtsstunden erteilt wurden. Im Durchschnitt waren im vergangenen September und Oktober pro Tag 9,2 Prozent der Lehrkräfte abwesend. Das entspricht weitestgehend den Werten der Vorjahre. Etwa die Hälfte der erfassten Abwesenheitstage ist auf Krankheit von Lehrkräften zurückzuführen, knapp ein Drittel fällt in die Kategorie sonstige schulische Aktivitäten.

Ich möchte hier einmal besonders betonen, wenn eine Lehrkraft abwesend ist, dann ist dies nicht mit Unterrichtsausfall gleichzusetzen. Der Anteil der Unterrichtsstunden, der nicht nach Plan erteilt worden ist, liegt in den letzten Schuljahren relativ konstant zwischen sieben und acht Prozent. Da es derzeit kein bundesweit einheitliches Erhebungsverfahren gibt, ist ein Vergleich mit anderen Ländern nur schwer möglich, aber bei vorsichtiger Interpretation kommt man zu dem Schluss, dass die Bremer Daten im bundesweiten Vergleich zumindest nicht auffällig sind. Ich sage aber auch und betone noch einmal ausdrücklich, unser Ziel ist ganz eindeutig, den Unterrichtsausfall zu reduzieren. An den Schulen sollten möglichst wenig Anlässe für Unterrichtsausfall entstehen. Soweit sich solche Anlässe nicht vermeiden lassen, sollte das Ausmaß von Unterrichtsausfall möglichst gering ausfallen.

Sie wissen, dass wir dafür vorgesorgt haben. Bei den Grundschulen gibt es fünf Prozent des Lehrerstundengrundbedarfs für einen Reaktionsfond Unterrichtsausfall, Oberschulen und Gymnasien erhalten drei Prozent als zusätzliches Budget. Zur Vermeidung längerfristigen Unterrichtsausfalls dient im Übrigen ein Vertretungspool, den wir in der senatorischen Behörde mit aktuell 35 Vollzeitstellen vorhalten. Dann möchte ich darauf hinweisen, für den kommenden Doppelhaushalt 2014/2015 hat die Koalition beschlossen, zusätzliche Vertretungsmittel im Umfang von einer Million Euro in den Haushalt einzustellen. Ich finde, das ist ein deutliches Signal dafür, dass sich die Koalition mit dem Thema auseinandersetzt und

Maßnahmen ergreift, um tatsächlich zu einer Verringerung des Unterrichtsausfalls zu kommen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es gelingt uns bei langfristigem Ausfall von Lehrkräften nicht immer unmittelbar, zu Beginn des Vertretungsanlasses passgenau eine Ersatzlehrkraft bereitzustellen. Das wird vermutlich auch in Zukunft nicht auszuschließen sein. Insbesondere in Mathematik und naturwissenschaftlichen Fächern, in denen Lehrkräfte allgemein gute Chancen haben, unmittelbar nach der Ausbildung auch eine feste Anstellung im Schuldienst zu erhalten, stehen Lehrkräfte auf dem Arbeitsmarkt für eine befristete Vertretungstätigkeit in der Regel nicht oder allenfalls nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Mit zusätzlichen Maßnahmen würde ich die Schulen dennoch in die Lage versetzen, dem Unterrichtsausfall durch ein gutes Management vorzubeugen und auf kurzfristige Erkrankungen schnell reagieren zu können.

Ich würde gern noch auf einen Aspekt eingehen, das ist die Frage der Krankheitssituation von Lehrkräften! Natürlich ist es, wenn man von zwischen 90 und 100 dauerhaft erkrankten Lehrerinnen und Lehrern ausgehen muss, nicht einfach zu sagen, dann versuchen wir doch einmal, dass die Kolleginnen und Kollegen in Pension gehen. Genau das wollen wir nicht! Wir wollen mit unserem Gesundheitsmanagement erreichen, dass die Kolleginnen und Kollegen, die leider dauerhaft erkrankt sind, wieder eine Chance bekommen, auch im Schulunterricht eingesetzt zu werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Es geht uns nicht vorrangig darum, sie in die Pensionierung zu bringen. Die Belastungssituation unserer Lehrkräfte und die Auswirkungen auf die Gesundheit müssen wir zukünftig noch stärker in den Blick nehmen. Dazu haben wir gemeinsam mit dem Finanzressort eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um das Projekt konkret anzugehen.

Lassen Sie mich noch einmal zusammenfassen! Ich nehme das Thema Unterrichtsausfall ernst, warne aber davor, es ungerechtfertigt zu dramatisieren und die gesamte Lehrerschaft leichtfertig zu stigmatisieren. Alle Zahlen zeigen, dass Lehrerinnen und Lehrer weniger krankheitsbedingt fehlen als andere Personengruppen.

Ich werde in enger Abstimmung mit Schulen und Lehrkräften vor Ort sondieren, wie wir schulorganisatorische Verbesserungen erreichen und wo im Bereich der Gesundheitsprävention weitere Anstrengungen unternommen werden können. Unsere Zielsetzung ist dabei klar: Wir wollen von guten Vorbildern und Beispielen lernen. Ich bin mir sicher, dass wir es

damit schaffen, zu weniger Unterrichtsausfall beizutragen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Antwort des Senats, Drucksache 18/818, auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU Kenntnis.

Gesetz zur Änderung des Bremischen Nichtraucherschutzgesetzes

Verlängerung und Erweiterung des Bremischen Nichtraucherschutzgesetzes

Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 8. Mai 2013 (Drucksache 18/902) 2. Lesung

D a z u

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 12. Juni 2013

(Drucksache 18/949)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Senator Dr. Schulte-Sasse.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in ihrer 41. Sitzung am 15. Mai 2013 in erster Lesung beschlossen.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Brumma.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute führen wir die zweite Lesung über die Veränderungen des Nichtraucherschutzgesetzes durch. In der ersten Lesung haben wir den Nichtraucherschutz auf Spielplätzen, in Spielhallen und in Festzelten neu geregelt beziehungsweise das Rauchen dort verboten. Bei den damaligen Entscheidungen waren für uns unterschiedliche Kriterien wichtig: Der Gesundheitsschutz hat oberste Priorität, wir wollen ein geschätztes Nebeneinander zwischen Nichtrauchern und Rauchern, und es soll ein Gesetz mit Augenmaß sein. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Seit der ersten Lesung hat die Regierungskoalition noch einmal eine Anhörung mit den Schaustellerverbänden und dem Nordwestdeutschen Automaten-Verband durchgeführt. Beide Verbände gaben eine schriftliche Stellungnahme ab und waren auch bei der Anhörung anwesend. Die Schausteller betonten, dass Nichtraucher und Raucher in einem nötigen und möglichen Maß geschützt werden. Raucher und Nichtraucher haben sich bisher in den Zelten vertragen.

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Das stimmt!)

Der Verband berücksichtigt, dass auf dem Oktoberfest in München ein Rauchverbot gilt. Er hofft, dass es keine Einnahmerückgänge durch ein Rauchverbot gibt. Für den Verband bleibt das Rauchen im Freien erlaubt, und er hatte den Wunsch, dass das Tabakwarengeschäft auf dem Freimarkt weiterlaufen darf.

Bei der Anhörung gab es dann noch Anmerkungen der Verbände, die Komplikationen beim Zelteinund -ausgang befürchteten. Allerdings sehen wir als Koalition hier keine Probleme, denn bisher ist die Wegeführung zu den Toiletten immer bewältigt worden. Deshalb sagen wir als Koalition auch aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit zur Halle 7, dass man hier ein Rauchverbot machen kann.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Spielhallenbesitzer betonten, dass ihre Betriebe zu 85 Prozent familiengeführte Unternehmen seien, und der Verband wies in der Anhörung darauf hin, dass er bei einem totalen Rauchverbot den Weg der Klage gegen eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes gehen werde. Begründet wird dies damit, dass das Rauchen im Bereich der Spielautomaten des Casinos auch erlaubt sei. Inzwischen wird in Hamburg der gleiche Sachverhalt beklagt.

In Bremen gibt es inzwischen 135 Spielhallen, und nur Erwachsene ab 18 Jahren, teilweise erst ab 21 Jahren, dürfen diese Räumlichkeiten betreten. Der Verband betonte, die Spielhallenbetreiber hätten in der Regel die Möglichkeit, einen Nebenraum für die Raucher zu schaffen. Sie sagten auch, dass aufgrund des Glücksspielvertrags im Jahr 2017 die Konzessionen erlöschen und dann neu vergeben werden. Es kann sein, dass dann einige Spielhallenbetreiber nicht mehr dabei sind.

Aus diesen Gründen haben wir als Koalition beraten und gesagt, wir sollten diese Argumente gelten lassen und hier eine Regelung analog zu den Gaststätten durchführen, das heißt, Räumlichkeiten über 75 Quadratmeter müssen einen Nebenraum für Raucher haben. Wir waren uns einig, dass es eine vernünftige Lösung ist, auch im Sinne unserer Bedingungen, die wir vorher gestellt haben. Sie sehen, auch eine Anhörung kann noch etwas verändern.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Deswegen wird sie ge- macht!)