Protokoll der Sitzung vom 29.08.2013

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt die Ziffer 1 des Gesetzes in dritter Lesung, und zwar mit der erforderlichen Mehrheit von zwei Dritteln ihrer Mitglieder.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nun lasse ich über die Ziffer 2 des Gesetzesantrages in dritter Lesung abstimmen.

Wer der Ziffer 2 des Gesetzes zur Änderung der Landesverfassung der Freien Hansestadt Bremen, Drucksache 18/1001, in dritter Lesung seine Zustimmung, seine Stimmenthaltung oder sein Nein signalisieren möchte, möge sich dann deutlich mit Ja, Nein, Enthaltung zu Wort melden.

Ich rufe nun die Namen auf.

(Es folgt der Namensaufruf.)

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis bekannt: Mit Ja haben 82 Abgeordnete gestimmt, mit Nein hat kein Abgeordneter gestimmt, Stimmenthaltungen keine.

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt die Ziffer 2 des Gesetzes in dritter Lesung, und zwar mit der erforderlichen Mehrheit von mindestens zwei Dritteln ihrer Mitglieder.

(Einstimmig – Beifall)

Pflege-TÜV modernisieren – Transparenz und Verbraucherschutz sichern

Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/ Die Grünen und der SPD vom 2. Mai 2013 (Drucksache 18/893)

D a z u

Mitteilung des Senats vom 18. Juni 2013

(Drucksache 18/970)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Stahmann.

Gemäß Paragraf 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen.

Ich gehe davon aus, Frau Senatorin Stahmann, dass Sie die Antwort auf die Große Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD nicht mündlich wiederholen möchten.

Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. – Das ist der Fall.

Die Aussprache ist eröffnet.

Bevor ich dem ersten Redner das Wort erteile, darf ich auf der Besuchertribüne recht herzlich drei Klassen der Fachoberschule Wilhelm-Wagenfeld-Schule aus

Huchting begrüßen. – Seien Sie ganz herzlich willkommen! (Beifall)

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schmidtmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich spreche heute zur Großen Anfrage der Grünen und der SPD mit dem Thema „Pflege-TÜV modernisieren – Transparenz und Verbraucherschutz sichern“. Erst einmal möchte ich mich für die gute und aufschlussreiche Beantwortung der Großen Anfrage beim Senat und bei den zuständigen Stellen bedanken!

Was ist eigentlich der sogenannte Pflege-TÜV? Er ist eine Art Stiftung Warentest in Sachen Pflege. Der sogenannte Pflege-TÜV beurteilt stationäre Alten- und Behinderteneinrichtungen und auch die ambulanten Dienste. Der sogenannte Pflege-TÜV vergibt nach einem festgelegten Prüfungskatalog Schulnoten. Leider sind diese Noten längst nicht so aussagefähig wie die der Stiftung Warentest. Genauer gesagt: Lag bei der Einführung des Pflege-TÜV im Jahr 2008 die schlechteste Durchschnittsnote eines Bundeslandes noch bei 2,3, so ist jetzt, fünf Jahre später, kein Bundesland schlechter als 1,5. Das Land Bremen liegt derzeit mit 1,4 leicht besser als der Bundesdurchschnitt. Was heißt das, wenn überall in der Bundesrepublik nur die Note Eins für Pflegeeinrichtungen vergeben wird? Was kann ich damit als Verbraucher überhaupt noch anfangen? Ich meine: Nichts!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Noch schlimmer wird es, wenn ich als Verbraucher in dieses Benotungssystem des gesamten Pflege-TÜV einsteige und zum Beispiel in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 16. Mai dieses Jahres lese: „Pflege Fünf, Speiseplan Eins“. In diesem Bericht wird genau beschrieben, wie absurd dieses Bewertungssystem zurzeit ist, indem zum Beispiel schlechte Pflege durch einen guten Speiseplan ausgeglichen werden kann. Was für ein Blödsinn!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dass es nicht so weitergehen kann, ist allen Beteiligten mittlerweile bewusst geworden, und so wird seit Jahren auf Bundesebene ergebnislos an einer Überarbeitung der Pflegekriterien gearbeitet, es wird verhandelt und verworfen.

Was können wir jetzt hier in Bremen machen? Eine gute Möglichkeit wäre zum Beispiel, wie in Frage 4 nachgefragt und beantwortet, die Veröffentlichung der Prüfergebnisse der Bremischen Wohn- und Betreuungsaufsicht in einer geeigneten Weise. Über diese Möglichkeit wird zurzeit auch mit den Verbänden der Leistungsanbieter verhandelt. Wir Grünen

sind ausdrücklich dafür, dass diese Möglichkeit nach dem Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetz genutzt wird, um Verbraucher besser zu informieren.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Auf jeden Fall muss auf Bundesebene der PflegeTÜV dringend modernisiert und völlig neu umgestellt werden. Wir sind es den Verbrauchern schuldig.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Sie haben ein Recht auf gute Information. Ich glaube aber nicht, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung dies umsetzen wird, denn Herr Bahr hat das Thema Pflege in den letzten Jahren sträflich vernachlässigt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Außer vielen Ankündigungen des FDP-Ministers und der Einführung einer privaten Pflegeversicherung, dem sogenannten Pflege-Bahr, ist im Bereich Pflege nichts passiert. Wir Grünen meinen, der Gesundheitsminister hat im Bereich Pflege komplett versagt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Eines muss man aber sagen, nach den Kriterien des Pflege-TÜV hätte er wohl noch immer eine 1,5 bekommen, weil hier wohl auch Aussitzen und Nichthandeln gegen Lächeln und Hände schütteln gerechnet worden wären.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir Grünen werden uns weiter dafür einsetzen, dass die Zukunftsfragen im Bereich Pflege nicht verschlafen, sondern gelöst werden. Ein wichtiger Baustein hierfür ist das grüne Modell der Pflege-Bürgerversicherung. Hierdurch würden circa 15 Prozent mehr Geld ins Pflegesystem fließen. Wir Grünen haben noch weitere Lösungsvorschläge im Bereich Pflege und Demografie. Wir hoffen, dass wir sie in den nächsten vier Jahren umsetzen werden können, auch werden wir dann auf Bundesebene den Pflege-TÜV modernisieren. – Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben! (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Brumma.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Gegenwärtig ist ja täglich etwas von der Pflege in den Medien zu sehen, es wird auch demonstriert, vor allem wird auf die schlechte Bezahlung in der Pflege und auf die schlechte Anerkennung hingewiesen. Das ist aus unserer Sicht auch ein Teil des Qualitätsverlusts, den wir in der Pflege haben, hier muss auf jeden Fall nachgebessert werden.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ein weiterer Baustein hinsichtlich der Pflegequalität wurde damals im Jahr 2008 erschaffen, ab dann sollte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung, MDK, einen sogenannten Pflegebericht in seinem Pflege-TÜV liefern. Er überprüft seitdem die Heime, und diese Einordnung sollte für die Bürger eine gewisse Orientierung liefern. Allerdings funktioniert das nicht, weil fast alle Heime und Dienste gut abschneiden, wie mein Vorredner bereits gesagt hat. Es wird ein Mittelwert gebildet, der überhaupt nicht darstellt, wie ein Heim tatsächlich funktioniert.

Der MDK untersucht die Pflege und medizinische Betreuung, den Umgang mit Demenzkranken, die soziale Betreuung und Alltagsgestaltung, Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene, also vier Bereiche. Außerdem werden die Heimbewohner nach ihren Erfahrungen gefragt. Für jeden Bereich gibt es eine klassische Note von Eins bis Fünf, woraus dann ein Gesamtergebnis erstellt wird. Die Befragung der Bewohner wird noch einmal separat zensiert, und inzwischen werden die Zensuren im Internet dargestellt oder auch im Heim veröffentlicht.

Die Zensuren umfassen 82 Einzelkriterien, wovon 35 auf den Bereich Pflege und medizinische Versorgung entfallen. Die wichtigen Punkte, das Vorbeugen von Stürzen oder Wundliegen, die Medikamentenversorgung oder Schmerzbehandlung, werden damit erfasst. Gleichwohl halten viele, wir auch, die Noten für irreführend. Es kann nicht sein, dass die Frage, ob ein Heim eine Weihnachtsfeier anbietet, genauso stark zählt wie die Vorbeugung des Wundliegens.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Regierung hat das inzwischen auch gemerkt, jetzt sollen diese jahreszeitlichen Feste als Befragungspunkt abgeschafft werden. Wie gesagt, bei Wundversorgung, Medikamentenversorgung besteht immer noch großer Handlungsbedarf. Hierauf, denken wir, sollten auch die Schwerpunkte gelegt werden.

Es gibt auch andere Kritikpunkte, Transparency International hat jetzt kritisiert, dass zum Beispiel die Überprüfungen immer vorher angemeldet werden, was eigentlich so nicht vorgesehen war. Es soll auch verstärkt Korruption im Pflegebereich geben. Ebenso fehlen Details zu freiheitsentziehenden Maßnahmen

und zur Ruhigstellung durch Pillen, hier fehlt die notwendige Transparenz.