Die zweite Fragestellung – da gebe ich Ihnen völlig recht – bezieht sich auf die explodierenden Haftpflichtversicherungsbeiträge. Vor anderthalb Jahren wurde eine interministerielle Arbeitsgruppe unter Beteiligung der Hebammenverbände einberufen, um die Probleme der geburtshilflichen Versorgung zu analysieren und Lösungswege zu finden. Neben anderen Themen wurde hier insbesondere das Thema der Berufshaftpflichtversicherung erörtert. Der entsprechende Bericht wird uns im März dieses Jahres vorgelegt, also nicht ganz in einem Monat. Wir als CDU-Fraktion erwarten darin auch klare Lösungsvorschläge in Bezug auf die Problematik der Berufshaftpflichtversicherung. Es sind viele Wege denkbar. Sie sind schon von vielen angesprochen worden. Deswegen erspare ich es mir an dieser Stelle, sie noch einmal aufzuführen. Aber ich kann Ihnen eines sagen: Ich vertraue der Aussage, die Herr Gröhe, unser Gesundheitsminister, am 18. Februar den Hebammen gegenüber gegeben hat. Ich weiß auch, dass Herr Gröhe – ebenso wie übrigens Herr Willmann von den Grünen – ein persönliches Interesse daran hat, eine Lösung flächendeckend hinzubekommen.
Ich denke, es ist jedem Beteiligten klar, dass es fünf vor zwölf ist und dass eine schnelle und nachhaltige Lösung her muss.
Sie sind auf einen weiteren Punkt in dieser Debatte noch gar nicht eingegangen: Die Hebammen sind die Spitze des Eisberges.
Lassen Sie mich doch weiter ausführen! Aktuell ist es so, dass in den Kliniken, die Geburtshilfestationen haben, genau das Gleiche droht. Es gab dafür bisher sechs Versicherungsanbieter. Zwei haben zum Ende des Jahres ihre Versicherungen gekündigt. Alle anderen Anbieter, die noch verblieben sind, haben ihre Versicherungsbeiträge massiv erhöht. Es gibt Erhöhungen von über 100 Prozent, die gefordert werden. Das sind sechsstellige Beträge. Auch da sehen wir, dass die Geburtskliniken an dieser Stelle das ereilt, was die Hebammen schon seit Längerem spüren. Sie sehen: Das ist ein Thema, das nicht nur die Hebammen betrifft und das an dieser Stelle deutlich einer schnellen Lösung bedarf.
Ich möchte, weil Sie, Frau Hoch, das Thema Kindeswohl und frühe Hilfen angesprochen haben, auch die Gelegenheit ergreifen, um auf die Frage einzugehen: Was kann denn nicht nur der Bund tun, an den wir vorrangig appellieren können, sondern was können wir im Land Bremen ganz konkret tun? Dazu spreche ich die Situation der Familienhebammen in Bremen und Bremerhaven an. Der Leistungsbericht des Gesundheitsamtes Bremen vom November 2013 führte dazu aus, dass es in Bremen 6,25 Vollzeitkräfte und in Bremerhaven 0 Vollzeitkräfte gibt, und er führt wortwörtlich aus, dass diese Stellen von hoher Diskontinuität geprägt und häufig unbesetzt seien. Ich sage Ihnen – und das, glaube ich, denken wir alle hier –: Familienhebammen sind ein unersetzlicher Baustein im Bereich der frühen Prävention und des Kinderschutzes.
Damit Sie jetzt nicht denken, ich habe mir das nur mal eben so an dieser Stelle herausgezogen und bringe nur eine Zahl: Auch in 2012 war die Leistungserbringung durch Diskontinuitäten beeinträchtigt. Original steht dort drin: Darunter litt auch die Zahl der Betreuungsaufnahmen, die mit 184 genauso hoch wie im Vorjahr war, dennoch unter dem Plansoll von 220 lag. Darunter leidet beispielsweise auch „TippTapp – Gesund ins Leben“, denn dort ist die Zahl der Hausbesuche deutlich zurückgegangen. Waren es 2010 noch 1 350, waren es 2012 nur noch etwa 1 000. – Das sind Dinge, die wir in Bremen konkret verändern können. Dazu erwarten wir Antworten.
In diesem Zusammenhang würden mich auch die Ergebnisse des Runden Tisches in Bremen zur Förderung der natürlichen Geburt interessieren. Was gibt es laut dem Runden Tisch denn schon für konkrete Lösungsvorschläge, um das, was meine Vorrednerinnen ausgeführt haben, zu erreichen, nämlich dass die
Anzahl der Kaiserschnittgeburten zurückgeht et cetera? Wenn wir hier in Bremen über Hebammen sprechen, dann gehören für uns als CDU-Faktion die Familienhebammen dazu. Wir fordern den Senat auf, an dieser Stelle mit der gleichen Vehemenz voranzuschreiten, wie Sie es auch in anderen Bereichen zu Recht fordern.
Wenn eine Beleghebamme ihren Dienst verspricht, steht sie der Frau bei der Geburt bei, egal wann und unter welchen Umständen. Sie hält ihr Versprechen, zu helfen. Ich verspreche Ihnen: Erstens: Wir als CDUFraktion in Bremen wollen das Leben nicht nur vor der Sterbehilfe schützen – Sie haben es heute Morgen schon gehört –, sondern ihm zunächst einmal auf die Welt helfen. Dafür brauchen wir Hebammen, und dafür werden wir als Bremer CDU die Ergebnisse der Arbeitsgruppe auf Bundesebene
ich komme gleich zum Schluss – sehr genau betrachten, damit die Geburtshilfe in Bremen und auch bundesweit weiterhin möglich bleibt.
Zweitens – letzter Satz –: Ich verspreche Ihnen, wir bleiben auch bei den Familienhebammen und den hier angesprochenen personellen Vakanzen am Ball, werden das sehr genau im Auge behalten und uns an der einen oder anderen Stelle diesbezüglich zu Wort melden, wenn dort keine Abhilfe erfolgt. – Danke schön!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe viel mit Kindern zu tun und damit natürlich auch mit Hebammen. Darauf gründet sich dann die Zusammenführung. Wir stehen hier vor einem Frauenberuf, von dem es einige gibt, die keine Wertschätzung in dieser Gesellschaft erfahren. Das muss man einfach einmal so deutlich sagen. Es gibt weitere Frauenberufe, die sich zum Beispiel um Erziehung kümmern, von denen wir wissen, es ist nicht so ganz einfach, an Gelder zu kommen.
Die Frage der Wertschätzung will ich in den Bereich der Ärzte weiterführen. Wenn ein Mensch mit einer sehr ausgeprägten Angina Pectoris, also Herzschmerzen, in die Klinik geht und der Kardiologe einen Stent setzt, dann fühlt sich dieser Mensch nach dieser Behandlung wie neugeboren. Dieses Sich-neu
Dann haben wir heute gelernt, dass man für eine Beerdigung 900 bis 1 900 Euro kriegt. Hier ist das Leben zu Ende. Das Leben, wenn es zu Ende geht, ist deutlich gut bezahlt. Das Leben, wenn es geboren wird, ist offensichtlich in einer großen Schwierigkeit. Das haben wir gerade diskutiert. Ich denke, diese Schwierigkeit hat auch etwas mit den Versicherungsprämien zu tun. Denn eine Versicherung, die merkt, dass immer weniger Menschen da sind, die die Versicherung in Anspruch nehmen, verteilt das ganze Risiko auf immer weniger Personen, und damit steigt es. Also können wir eigentlich nur hoffen, dass es den Hebammen mit den Krankenkassen gelingt – wir müssen dabei sehr viel tun –, deutlich ausgeprägt hohe Sätze hinzukriegen. Auch Ärzte arbeiten mit hohem Risiko. Sie zahlen zum Teil Versicherungsprämien von 15 000 Euro im Jahr. Aber noch keiner dieser Menschen hat bis heute gejammert. Also ist es ganz wichtig, die Arbeit der Hebamme so zu unterlegen, wie es sich gehört und wie wir sie wertschätzen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bei dieser Debatte ist es wichtig, wie ich glaube, dass man die ganze Argumentation an einem zentralen Punkt aufhängt, nämlich der Frage der Versorgung. Mit anderen Worten: Jede schwangere Frau sollte die Möglichkeit haben, die Wahlfreiheit haben, zu entscheiden, ob sie das Kind in einer Klinik zur Welt bringen will oder ob sie das Kind zu Hause zur Welt bringen will.
Alles folgt dann aus diesem Grundsatz der Wahlfreiheit. In unserem heutigen System sind die Einzigen, die eine Hausgeburt ermöglichen, die freiberuflichen Hebammen. Ohne das System der freiberuflichen Hebammen hätten wir, sollte sich an dieser Grundsatzfrage nichts ändern, kein Wahlrecht auf Hausgeburt mehr.
Das Problem haben Sie in allen Beiträgen schon erläutert. Es sind die rasant steigenden Berufshaftpflichtprämien, die alleine in den Jahren zwischen 2007 und 2010 um 203 Prozent gestiegen sind. Es ist – nicht
zuletzt aufgrund, wie schon erwähnt worden ist, einer Bundesratsinitiative des Landes Bremen – national 2010 diskutiert worden, dass diese Entwicklung für die freiberuflichen Hebammen mit dem Ende ihrer beruflichen Aktionsmöglichkeiten verbunden ist und dass deshalb etwas geschehen muss.
Tatsächlich hat der Bund im Jahre 2012 – Frau Ahrens hat darauf hingewiesen – auf das Entgelt für die freiberuflichen Hebammen Druck gemacht und hat die Kassen dazu gebracht, dass es eine Verbesserung der Finanzierung der Hebammen im Jahre 2013 gab, nachdem aber bereits im Jahre 2012 zusätzlich zu den vorherigen Steigerungen um 203 Prozent nochmals eine Erhöhung der Prämie von 3 800 auf 4 250 Euro pro Jahr erfolgt ist. Jetzt wird für dieses Jahr eine weitere Erhöhung auf über 5 000 Euro angekündigt. Das sind natürlich Prämien, die eine freiberufliche Hebamme mit dem Geld, das sie für ihre Tätigkeit im Rahmen von Hausgeburten erhält, gar nicht mehr bezahlen kann.
Das Ergebnis ist, dass im Laufe der letzten Jahre immer mehr freiberufliche Hebammen ihre Tätigkeit in diesen Feldern aufgegeben haben. Wir haben heute schon deutlich weniger freiberufliche Hebammen, die für Hausgeburten zur Verfügung stehen, als das noch vor wenigen Jahren war. Weil das so ist und weil sich die Situation noch weiter verdüstert, nämlich erstens aus dem Dreierkonsortium, das sich das Risiko der Haftpflicht geteilt hat, eine Versicherung ausgeschieden ist und zweitens die beiden verbleibenden angekündigt haben, dass sie ab Sommer 2015 keine neuen Verträge mehr abschließen, kommen wir absehbar in einen vertragslosen Zustand. Bei den Entschädigungszahlungen, die heute gegebenenfalls auch gerichtlich durchgesetzt werden, hat eine freiberufliche Hebamme null Chancen, ihren Beruf auszuüben. Das ist die Realität!
Woran liegt das? Das liegt daran, dass es insgesamt im medizinischen Bereich einen deutlichen Anstieg der Berufshaftpflichtprämien gibt. Das trifft nicht nur die freiberuflichen Hebammen. Wir sind übrigens im Bereich der kommunalen Kliniken vor dieser sehr bedrohlichen Entwicklung noch halbwegs geschützt, weil es im Bereich der öffentlichen Krankenhäuser ein bundesweit umlagenfinanziertes System der Haftpflicht gibt. Die nicht öffentlichen Krankenhäuser haben ein solches umlagenfinanziertes System der Haftpflicht nicht. Deshalb muss Haus für Haus eine eigene Haftpflicht abgeschlossen werden. Auch die Steigerungsraten für diese Haftpflichtversicherung in den nicht öffentlichen Häusern waren in den letzten Jahren rasant. Wir haben also insgesamt ein großes Problem der Haftpflichtentwicklung, der Entschädigungszahlungen und der Höhe der Entschädigungszahlungen.
Wenn man sich die Frage stellt, woran das liegt – auch darauf ist schon richtigerweise hingewiesen worden –, dann sieht man, dass es nicht daran liegt, dass die Medizin oder die Hebammen in ihrer Tätigkeit
risikobereiter geworden wären und heute sehr viel mehr medizinische Schäden produzierten als in der Vergangenheit. Die Zahl der Haftpflichtfälle ist ziemlich konstant geblieben. Was sich aber geändert hat, ist die Höhe der gerichtlich zugestandenen Entschädigungszahlungen; auch darauf ist schon hingewiesen worden. Vor allem hat die Zahl der Fälle deutlich zugenommen, nicht weil die betroffenen Frauen häufiger zum Gericht gehen und ihre Rechte einklagen, sondern weil die gesetzlichen Krankenversicherungen anders als in der Vergangenheit heute sehr viel schneller und häufiger im Interesse der betroffenen Frauen und Kinder Haftpflichtansprüche geltend machen. Dazu sind die gesetzlichen Krankenversicherungen übrigens nach dem SGB V verpflichtet. Das ist keine Spielwiese, sondern ihre gesetzliche Pflicht. Es ist auch im Interesse der geschädigten Kinder und ihrer Familien. Natürlich hilft es ebenfalls den Krankenkassen, weil sie in einem anerkannten Fall des Medizinschadens nicht mehr in der Weise zahlungspflichtig sind, wie sie es ohne eine solche Situation wären.
Mit anderen Worten: Wir müssen uns mit diesem Thema in ganz anderer, nämlich grundsätzlicher Weise befassen. Einer der Vorschläge ist, dass man die Haftpflicht der Hebammen kappt, dass man eine Grenze einführt. Damit diese Begrenzung nicht zulasten der Mütter und ihrer geschädigten Kinder geht, soll dann der Staat mit einem sogenannten Haftpflichtfonds einspringen. Das Restrisiko – man könnte bei der Entwicklung, die sich abzeichnet, vermutlich sagen: das Hauptrisiko – wäre in dieser Konstellation nicht bei den freiberuflichen Hebammen oder anderen medizinischen Berufsgruppen zu verorten, sondern beim Staat.
Ordnungspolitisch ist das keine leichte Nummer. Man kann sogar sagen: Es ist ordnungspolitisch geradezu systemwidrig, dass das Risiko einer freiberuflichen Tätigkeit nicht von denen, die die Tätigkeit ausüben, getragen werden soll, sondern vergesellschaftet wird. Wenn man diesen Weg gehen würde, dann würde man einen Präzedenzfall schaffen, der einen in vielerlei anderen Fällen wieder einholen wird.
Diese Frage muss am Ende der Bundesgesundheitsminister entscheiden, weil er die politische und auch gesetzgeberische Verantwortung hat, die Finanzierungsbedingungen für die Tätigkeit freiberuflicher Hebammen zu regeln. Das sieht auch der Bundesgesundheitsminister so – da gibt es gar keinen Widerspruch –, der öffentlich bereits angekündigt hat, dass er sich dieses Themas annimmt und dass er eine Lösung finden will. Wir alle erwarten, dass diese Lösung auch auf den Tisch gelegt wird und wir mit ihm dann in einer vernünftigen Weise darüber diskutieren können.
Eines ist ebenfalls klar – auch darauf ist schon hingewiesen worden –: Bereits im Jahre 2012 hat die Bundeskanzlerin eine interministerielle Arbeitsgruppe beim Bundeskanzleramt mit dem klaren Auftrag eingerichtet, das Problem, das wir heute diskutieren, einer Lösung zuzuführen. Zwei Jahre sind ins Land gegangen. Ein Ergebnis der interministeriellen Arbeitsgruppe kennen wir noch nicht. Deshalb haben die Gesundheitsminister der A-Länder – A-Länder, also SPD, Grüne und LINKE, und natürlich auch so jemand wie ich, dessen Herz farbkonform schlägt –
die Bundesregierung aufgefordert, endlich das Ergebnis dieser interministeriellen Arbeitsgruppe auf den Tisch zu legen, damit wir eine Grundlage haben, um dieses Thema in angemessener Weise zu diskutieren.
Lassen Sie mich zum Abschluss noch eines als Antwort auf die Schlussbemerkung von Frau Ahrens sagen: Ja, was das gesamte Feld der Hebammen angeht, haben wir auch in Bremen Pflichten zu erledigen. Das allerdings tun wir auch. Darauf habe ich bereits in der letzten Sitzung der Bürgerschaft hingewiesen. Wir haben die Zahl der Gebiete, in denen unsere Familienhebammen tätig sind, deutlich ausgeweitet, nämlich verdoppelt, und wir haben die Zahl der Familienhebammen aufgrund einer hervorragenden Zusammenarbeit mit dem Sozialressort, das uns dabei nämlich unterstützt, um zwei weitere erhöht.
Bremen ist damit auch im nationalen Vergleich der Bundesländer wirklich gut aufgestellt. Ich weiß, dass nichts so gut sein kann, dass man es nicht noch besser machen kann. Natürlich wünschte ich mir doppelt oder dreimal so viele Familienhebammen wie die, die wir haben. Aber in einer Situation, in der wir jeden Euro zweimal umdrehen müssen, ist das, was ich hier berichtet habe, wohl auch für Bremen ein grandioser Erfolg.
Herr Senator, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Ahrens zu beantworten? – Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Senator! Können Sie mir sagen, ob sämtliche offenen Stellen in Bremerhaven und in Bremen nunmehr besetzt worden sind? Wir hatten ja das Problem der Personalvakanzen, also dass gar nicht alle vorhandene Stellen besetzt worden sind.
Das Problem der Nichtbesetzung offener Stellen gibt es im medizinischen Bereich zunehmend, und zwar einfach deshalb, weil die Marktlage immer schwieriger wird. Wenn eine Stelle nicht besitzt ist, liegt es also nicht an der Politik des Senats, sondern an der Situation auf dem Arbeitsmarkt. Die Tatsache, dass wir zwei weitere Stellen eingerichtet haben und finanzieren, zeigt, dass wir jedes Interesse haben, diesen Bereich weiter auszubauen.