Protokoll der Sitzung vom 27.02.2014

Ich will auf die vorhandenen Probleme jetzt gar nicht weiter im Einzelnen eingehen – sie sind ja alles andere als neu –, will sie aber zumindest benennen: Qualität von Studium und Lehre, Raummangel, Sanierungsstau an der Gebäudeinfrastruktur, schwierige – manche sagen auch „prekäre“ – Beschäftigungssituation im akademischen Mittelbau, unattraktive Rahmenbedingungen, die sich negativ auf neue Berufungen auswirken, seit Jahren kontinuierlicher Anstieg der Studienanfängerzahlen, auslaufende Exzellenzinitiative und so weiter!

Unsere Hochschulen leisten vieles, leider nicht immer von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen, gerade was unsere Fachhochschulen angeht. Die wahrhaft rasante Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte, ohne dass die finanziellen Mittel in angemessener Weise parallel angepasst beziehungsweise auf ein national wettbewerbsfähiges Level gebracht wurden, bringt das System mehr und mehr an die Grenzen der Belastbarkeit. Zwar darf man angesichts der Beschlüsse der Großen Koalition optimistisch sein, dass das Kooperationsverbot zumindest im Wissenschaftsbereich zurückgenommen wird und somit auch die Grundfinanzierung seitens des Bundes mitgetragen werden kann, aber das entbindet das Land nicht von seiner Verantwortung.

Leider schiebt der Senat diese Fragen seit Jahren vor sich her. 2010 ist die Wissenschaftsplanung, also die Rahmengebung des Landes Bremen, bereits ausgelaufen. Seitdem schweben wir alle, insbesondere die Hochschulen, ein bisschen im luftleeren Raum. Jetzt werden Sie sicher gleich wieder sagen, dass man daran doch arbeitet und dass es ja auch alles ganz gut läuft. Aber so einfach ist das eben nicht. Regierung und Regierungsfraktionen können sich nicht einfach auf die Rolle des Beobachters zurückziehen und sich ab und an einmal im Lichte wissenschaftlicher Erfolge sonnen, wie toll sie doch die Hochschulen hierzulande unterstützen. Die Wahrheit ist, meine Damen und Herren: Die Politik muss auch einmal den Mut haben, unbequeme Wahrheiten auszusprechen und Reformen und Schritte in die Wege zu leiten. Davor drücken Sie sich nun schon seit mehr als vier Jahren. (Beifall bei der CDU)

Ich persönlich, aber auch die CDU-Bürgerschaftsfraktion insgesamt, halte das für verantwortungs-, mutund vor allem perspektivlos. Wir, die CDU-Bürgerschaftsfraktion, haben deswegen diese Debatte initiiert und auch schon im Dezember dieses Jahres ein Positionspapier dazu vorgelegt, in dem wir unsere Vorstellungen veröffentlicht haben. Um jetzt nicht aus

Zeitgründen im Schnelldurchgang durchrasen zu müssen, möchte ich es fürs Erste dabei bewenden lassen und werde in der zweiten Runde auf unser Papier zurückkommen.

Aber ein Satz noch zum Schluss: Wir werden die Hochschulen nicht langfristig auf diesem hohen erfolgreichen Level halten, ohne dass klare Ansagen gemacht werden. Die vermisse ich im Moment von Ihnen. – Vielen Dank bis hier!

(Beifall bei der CDU)

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schön, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen!

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Wissenschaftsrat ist im Dezember 2011 beauftragt worden, die Bremer Hochschullandschaft zu evaluieren und uns Empfehlungen für die zukünftige Entwicklung zu geben. Er hat dieses Gutachten im Oktober 2013 vorgelegt. Hier und heute ist nicht die erste parlamentarische Beratung, sondern die erste parlamentarische Beratung war zeitnah im Wissenschaftsausschuss, unter Beteiligung der Rektorate, unter Beteiligung der Personalräte und unter Beteiligung der ASten aller vier Hochschulen, die dazu Rederecht hatten, und es war im Übrigen auch der Wissenschaftsrat dazu eingeladen, der das Gutachten noch einmal vorgestellt hat.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zuruf der Abg. Frau G r o - b i e n [CDU])

Ein Ausschuss ist ein parlamentarisches Gremium, Frau Grobien. Dort wurde en détail schon beraten.

Der Wissenschaftsrat kommt zu dem Ergebnis, dass unsere öffentlichen Hochschulen leistungsstark und förderwürdig sind. Er hat die hohen Forschungsund quantitativen Ausbildungsleistungen anerkannt, gleichzeitig ist er zu dem Ergebnis gekommen, dass es in der Ausbildungsqualität und in der finanziellen Nachhaltigkeit auch Defizite gibt.

Ich finde, dass der Wissenschaftsrat uns ein sehr gutes Zeugnis ausgestellt hat. Aber es gibt dabei Schönheitsfehler. Ich bin sehr froh darüber, dass der Wissenschaftsrat unser Hochschulsystem in der Sache so gut bewertet hat, denn das ist längst nicht bei allen Begutachtungen und auch nicht in allen Bundesländern in der Vergangenheit der Fall gewesen, wenn man sich das einmal über die Fläche hin anguckt. Aber ich war auch von Anfang an überzeugt davon, dass unsere Hochschulen sehr, sehr gut sind. Denn man hat nicht für nichts so hohe Anwahlzahlen von Studierenden, und man wird auch nicht ohne Weiteres Stadt der Wissenschaft, und die Uni gewinnt auch nicht für lau die Exzellenzinitiative.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Ich bin sehr dankbar für die Hinweise und Empfehlungen des Wissenschaftsrats, und ich finde, die Begutachtung hat sich gelohnt. Der Wissenschaftsrat gibt eine große Anzahl an Empfehlungen und Verbesserungsvorschläge. Das sind einerseits strukturelle Empfehlungen, wie zum Beispiel zu Fragen der Finanzierung, und andererseits sehr viele kleinteilige Empfehlungen, wie zum Beispiel zur Frage, ob die kunstpraktischen Anteile von der Universität an die Hochschule für Künste verlegt werden sollen.

Die rot-grüne Koalition hat sehr zeitnah auf das Gutachten reagiert. Es ist nicht so, wie Sie sagen, Frau Grobien, dass wir uns nicht damit auseinandersetzen würden. In den Haushaltsberatungen haben wir beschlossen, dass wir 4,8 Millionen Euro mehr in die Wissenschaft geben, insbesondere für Stellen und für gute Lehre. Das ist nicht nichts in einer Haushaltsnotlage. Der Haushalt ist nicht ausgeweitet worden, sondern das ist zulasten anderer gegangen. Dafür, dass das gelungen ist, bin ich sehr dankbar. Das kann man hier nicht einfach so vom Tisch wischen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Es sind auch 3 und 6 Millionen Euro mehr in die Sanierung gegangen, und auch da haben wir sehr kurzfristig reagiert. Ich will jetzt nicht auch noch die ganzen anderen Dinge wie Tarifsteigerung und so weiter bemühen, aber sie wären natürlich auch noch zu erwähnen.

Wir als Fraktion haben uns selber mit dem Gutachten beschäftigt. Wir hatten eine öffentliche Veranstaltung dazu. Wir bewerten das Gutachten auch in unseren weiteren Gremien, haben uns die Empfehlungen genau angeguckt, und jetzt ist in der Tat der Zeitpunkt und die Aufgabe, einen neuen Wissenschaftsplan aufzustellen.

Frau Grobien, ich weiß, dass Sie seit langer Zeit kritisieren, dass es ihn noch nicht gibt. Aber aus meiner Sicht ist es richtig, dass wir einen externen Blick auf die Hochschullandschaft gewagt haben, dass wir den Wissenschaftsrat gewonnen haben, das von außen zu begutachten, dass wir entschieden haben, die Ergebnisse abzuwarten, daraus Schlüsse zu ziehen und diese als Grundlage zu nehmen, einen neuen Wissenschaftsplan zu erarbeiten. Eine Blaupause drei Tage nach Erscheinen des Gutachtens aus der Schublade zu ziehen, halte ich in der Tat für falsch.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Aktuell steht der Wissenschaftsplan noch aus. Ich gehe davon aus, dass das Ressort ihn zeitnah vorlegen wird.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Seit vier Jahren!)

In der Antwort steht ja in diesem Frühjahr, Herr Röwekamp,

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das ist üb- rigens bald zu Ende!)

Das wüssten Sie, wenn Sie das gelesen hätten.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Das ist in drei Wochen zu Ende!)

Ich gehe auch davon aus, dass die Empfehlungen des Wissenschaftsrats sachgerecht darin berücksichtigt werden, und ich gehe davon aus, dass wir das danach ausführlich im Wissenschaftsausschuss beraten werden, wieder unter Beteiligung der Rektorate, der Personalräte, der ASten und sicherlich auch unter Beteiligung sonstiger Träger öffentlicher Belange.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Dann kann es ja bis 2020 was werden!)

Von daher, warten Sie den Plan einfach ab!

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Da warten wir ja schon seit vier Jahren!)

Dann diskutieren wir gemeinsam weiter. Ich freue mich auf eine umfangreiche Diskussion, denn es geht um die Zukunft der Wissenschaftslandschaft hier in Bremen, es geht um die Zukunft Bremens insgesamt.

Es geht um Innovation, es geht um gute Bildung, und dafür braucht man eine gute Planungsgrundlage

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Genau!)

und nicht solche Schnellschüsse, wie sie die CDU macht.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Kein Schnell- schuss nach vier Jahren!)

Es ist mit Sicherheit nicht so, dass wir uns in die Rolle der Beobachter zurückziehen. Alle, die mich kennen, werden mir das mit Sicherheit nicht unterstellen. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächstes erteile ich das Wort Herrn Kollegen Tsartilidis, SPD-Fraktion.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Entschuldi- gung, dass wir schon nach vier Jahren nach- gefragt haben! Passiert nicht wieder! – Abg. Frau S c h ö n [Bündnis 90/Die Grünen]: Da gab es ja noch kein Gutachten! – Abg. R ö - w e k a m p [CDU]: Nein, aber warum nicht? Aber warum gab es das nicht? – Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Herr Präsident, geht das von meiner Redezeit ab, wenn die sich hier noch unterhalten?

(Zurufe: Nein!)

Nein!

(Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man könnte das Wissenschaftsgutachten eigentlich ganz gut mit einem „Weiter so“ zusammenfassen. Wenn man sich anschaut, in welchem Maße die einzelnen Hochschulen und das Wissenschaftssystem gelobt worden sind, dann könnte man daraus ableiten: Ja, wir sollten einfach so weitermachen.

(Abg. Frau B ö s c h e n [SPD]: Erst einmal gut!)

Das sollte man erst einmal würdigen, Frau Böschen. Nichtsdestotrotz gibt es tatsächlich zwei Felder – darin sind wir uns alle einig –, die nicht so gut bestellt sind. Zum einen ist es die Frage der Finanzierung der Hochschulen, zum anderen ist es die Qualität von Lehre. Insofern kann ich auch nur Frau Schön hier an der Stelle beispringen und sagen: Wir haben in der Tat als Koalition im Lande das getan, was wir tun konnten, wir haben zulasten anderer Haushalte den Wissenschaftsbereich ausgeweitet.

(Beifall bei der SPD)

Was Frau Schön noch nicht genannt hat, aber was für uns essenziell wichtig ist, ist, dass die Tariferhöhungen im Bereich der Hochschulen im Gesamthaushalt übernommen worden sind, die in der Vergangenheit immer an der Grundfinanzierung der Hochschulen genagt haben.

Bei allem, was wir da versucht haben, ist uns aber auch bewusst, dass das bei Weitem nicht langen wird. Insofern schauen wir ganz gespannt darauf, wie die Verhandlungen in Berlin ausgehen werden, wie die Ausgestaltung der Bundesmittel aussehen wird. Wir werden da auch hinterher sein, und wir freuen uns auch, Frau Grobien, dass wir mit der Bremer CDU jemanden haben, der an unserer Seite in Berlin mitstreitet. Darauf kann man ja einmal bauen.

Nichtsdestotrotz muss man auch sagen – da springen wir unserem Bürgermeister bei und unterstreichen nachhaltig seine Aussage –, dass, wenn es zusätzliche Mittel vom Bund geben wird, diese dann im Wissenschaftssystem belassen werden müssen. Es kann nicht sein, dass, wenn wir durch finanzielle Unterstützung aus dem Bund Freiräume haben, diese irgendwo im Gesamthaushalt verklittern und nicht wirklich im Wissenschaftsbereich ankommen und die Lehre verbessern. Darauf zu achten, wird Aufgabe dieser Landesregierung sein.