Protokoll der Sitzung vom 17.07.2014

geschieht eigentlich in der Psychiatrie? Wenn man die Debatte jetzt verfolgt hat, dann müsste man ja annehmen, als handele es sich bei der Psychiatrie im Klinikum Ost geradezu um eine schreckliche Monsterabteilung. Dieser Eindruck ist vollständig falsch! Er wird der Arbeit der dort tätigen Ärztinnen und Ärzte und des Pflegepersonals in keiner Weise gerecht. Ich finde eine solch überzogene Debatte auch wirklich unerträglich, um es ganz deutlich zu sagen!

(Beifall bei der SPD)

Jetzt zu dem Antrag der LINKEN! Im ersten Absatz

des Antrags der LINKEN steht, dass die Zwangsbe handlungen in der Psychiatrie durch die Änderung dieses Gesetzesentwurfs wieder eingeführt würden. Ich weiß nicht, wie eine solche Schlussfolgerung überhaupt nur zustande kommen kann, es ist mir schlichtweg vollständig unbegreiflich! Es gibt, wenn man sich das bisherige PsychKG durchliest, im Pa ragrafen 22 die Absätze 3 und 4. Wir ändern nur die Regelung des Absatzes 4, wir ändern die Regelung des Absatzes 3 überhaupt nicht! Das heißt, in der Vergan genheit gab es immer schon Zwangsbehandlungen, und es wird auch in Zukunft Zwangsbehandlungen

geben, weil es einen vollständigen Verzicht auf Zwangsbehandlungen in der Psychiatrie schlichtweg nur in völlig verrückten Vorstellungen geben kann.

Was regelt der Absatz 3 des Paragrafen 22? Danach

sind gegen den Willen des Patienten Medikamen tengaben zum Zwecke der Abwehr einer gegen wärtigen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des Patienten oder Dritter möglich. Das hatten wir schon vor zwei Tagen diskutiert, das werden wir gleich auch noch einmal diskutieren, und ich kenne niemanden, der eine Zwangsbehandlung aus diesen Gründen für unsinnig hält. Absatz 4 ist derjenige, der aufgrund der Regelungen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zu dem Bundesverfassungsge richtsurteil geführt hat. Nach Ansicht des Bundesver fassungsgerichts waren die dortigen Regelungen, die sich im Grundsatz auch in anderen Landesgesetzen fanden, eine Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit. In diesem Absatz heißt es, dass eine Zwangsbehandlung zur Erreichung des Zwecks der Unterbringung oder des Maßregelvollzugs möglich ist.

Darin ist also eine komplett andere Perspektive

enthalten, die mit dem Regelungsinhalt im vorhe rigen Absatz nichts zu tun hat, und das Gericht hat sinnvoller- und richtigerweise darauf hingewiesen, dass es eine unabhängige dritte Stelle geben muss, die in einem solchen institutionell begründeten Fall der Zwangsbehandlung die Begründung noch einmal prüft, und das geschieht durch das Gericht bezie hungsweise durch die Gerichte. Das genau vollzieht die Änderung dieses Gesetzes! Unter dem Strich gesehen werden Zwangsbehandlungen mit der Än derung des Gesetzes nicht wieder eingeführt – das ist vollständiger Unsinn! –, sie werden auch nicht in gleicher Weise fortgeführt, sondern sie werden eingegrenzt.

(Beifall beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Insoweit ist dieses Gesetz mit dem Ziel geschrieben, im Interesse der Patienten und unter Wahrung des Rechts auf Unversehrtheit den Einsatz einer Zwangs behandlung möglichst zu minimieren.

Nun sagen Sie: Die Steigerungszahlen seit dem

Jahr 2011 zeigen das dort bestehende Problem. Ja, die Zahlen sind in den Jahren 2012, 2013 und 2014 deutlich gestiegen! Aber warum? Der eigentliche Grund dieser Steigerung ist, dass die Mitarbeiterin nen und Mitarbeiter in den psychiatrischen Kliniken aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts den Absatz 4 nicht mehr zu nutzen wagten und des halb ersatzweise auf den Absatz 3 umgestiegen sind. Die Steigerung dieser Zahlen ist ein Ergebnis der Rechtsunsicherheit, die sich durch das Bundesver fassungsgerichtsurteil eingestellt hat, das wir durch die Änderung des PsychKG jetzt wieder geradezu beseitigen wollen. Ich erwarte aufgrund dieser Geset zesänderung in den nächsten Jahren einen deutlichen Rückgang der Zahlen der Zwangsbehandlungen.

Es ist auch nicht richtig, dass im Antrag der LINKEN

steht, diese Gesetzesänderung sei nicht hinreichend und gründlich geprüft und debattiert worden, darauf wurde hier ja schon hingewiesen. Der Senator für Gesundheit hat bereits im Mai des Jahres 2012, also kurz nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil, eine Fachtagung zum Thema Zwangsbehandlung in der Psychiatrie einberufen, um genau diese fachöffent liche Diskussion mit dieser Fachtagung anzustoßen. Es gab sowohl vonseiten der Gesundheitsdeputation als auch vonseiten vieler anderer Fachleute eine rege Beteiligung an dieser Fachtagung.

Danach gab es ein förmliches Beteiligungsverfahren

mit schriftlicher Anhörung der vom Gesetz betroffe nen Patienten und Patientinnen, der Angehörigen und der betroffenen Einrichtungen und Verbände. Nicht zuletzt ist dieser Entwurf ausführlich und sehr detailliert mit dem Justizressort und den betroffenen Gerichten erörtert und abschließend gemeinsam erarbeitet worden. Heiße Nadel, nicht ausreichend debattiert, das sind wirklich Vorwürfe, die vor dem Hintergrund dessen, was hier passiert ist, so an der Sache vorbeigehen,

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

dass es mich persönlich wirklich richtig ärgert, wenn hier ein Eindruck erweckt wird, der mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat.

Gestatten Sie mir noch eine abschließende Bemer

kung: Sie haben die These aufgeworfen, dass ein Mangel an Personal für die Häufigkeit von Zwangs behandlungen mitverantwortlich sei. Ja, wir hatten das Problem, und wir hatten das Problem sogar in einem Ausmaß, dass ich selbst und wir alle der Meinung waren, so geht das nicht. Es gab nämlich von den Kassen auf gesetzlicher Grundlage eine auskömmliche Finanzierung von Personal im Psych iatriebereich, das dann dort aber zum Teil gar nicht eingesetzt worden ist, sondern daraus erfolgte eine Quersubventionierung in andere nicht psychiatrische Abteilungen, um dort Personal aufzubauen. Diese Quersubventionierung hat dieses Parlament auf Vorschlag des Senats mit einer Änderung des Lan deskrankenhausgesetzes im Jahr 2011 abgeschnitten.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Seit dem Jahr 2011 ist im Bremer Landeskranken

hausgesetz geregelt, dass die Gelder, die von den Krankenkassen zur Finanzierung des Personals in der Psychiatrie in den Budgetverhandlungen eingestellt werden, auch dort ankommen müssen. Deshalb hat es auch einen Aufbau des Personals in der Psychia trie gegeben. Verschiedene Aspekte in einem Topf zusammenzurühren, mag ja viel Gestank entwickeln, eine appetitliche Suppe wird daraus nicht!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Herr Senator, gestatten

Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Dr. Kappert-Gonther?

Ja!

Abg. Frau Dr. Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die

Grünen): Herr Senator, darf ich Sie bitten, noch etwas zu dem Vorschlag zu sagen, dass eine Kommission bei Ihnen im Hause eingerichtet wird! Haben Sie vor, das zu machen oder nicht?

Bitte schön, Herr Senator!

Ja, das werden wir

machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau D r. K a p p e r t - G o n t h e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Dann ist alles gut, vielen Dank!)

Weitere Wortmeldungen

liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Als Erstes lasse ich über den Antrag der Fraktion

DIE LINKE abstimmen.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der

Drucksachen-Nummer 18/1473 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und BIW)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt

den Antrag ab.

Nun lasse ich über den Gesetzesantrag des Senats

in zweiter Lesung abstimmen.

Gemäß Paragraf 51 Absatz 7 unserer Geschäfts