Protokoll der Sitzung vom 22.10.2014

Tun Sie bloß nicht so! Auch die Streichung des

Weihnachtsgeldes in einer Zeit, in der Sie Verant wortung getragen haben, kann man, wenn man so will, als Abkopplung sehen. De facto ist es das. Das ist unter Ihrer Verantwortung passiert. In der Opposition kann man hier wohlfeile Reden halten. Der Abwägungsprozess, dem der Senat unterliegt, ist komplizierter als das, was Sie hier erzählen. Das Urteil aus Nordrhein-Westfalen hat uns keineswegs auferlegt, den Tarifabschluss eins zu eins zu über tragen – auch wenn das immer wieder gerne be hauptet wird. Es sagt auch nicht gesagt, dass das Alimentationsprinzip über allem steht. Es hat auch nicht gesagt, dass wir die Haushaltslage nicht ein beziehen dürften. Das Gegenteil ist der Fall; das sollen wir sehr wohl. Es hat auch nicht gesagt, dass nicht differenziert werden darf. Deshalb gibt dieses Urteil, so problematisch man es vielleicht einschätzt, auch Anhaltspunkte dafür, wohin die Reise in den nächsten Jahren gehen kann. Man hat sich darin auf das Alimentationsprinzip bezogen. Hier wurde ja schon mehrfach festgestellt, dass wir in allen Be soldungsgruppen einen Reallohnzuwachs haben. Aus Sicht des Senats ist das Alimentationsprinzip daher mit Sicherheit nicht verletzt.

Ich will noch einen Gedanken in diese Debatte

einbringen, der noch nicht vorgetragen wurde. In den Auseinandersetzungen wird gern mit den Un ternehmen verglichen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter halten wollen, sie wertschätzen und sie gut bezahlen. Das ist richtig. Darum bemüht sich der Senat auch.

Allerdings ist der Staat Bremen finanziell in einem

Zustand, wie es ein Unternehmen wäre, wenn es gezwungen wäre, mit den Mitarbeiterinnen und

Mitarbeitern über Tarifverzichte zu verhandeln und Sonderverabredungen zu treffen. Das will der Senat ausdrücklich nicht und nicht den vergifteten Vor schlag der CDU aufnehmen, hier zu sagen, wir steigen aus der TdL aus, und dann geht es wenigstens allen schlechter, weil es so gar nicht kommen wird und weil wir die Annäherung an die Tariferhöhungen für die Angestellten auch als Instrument brauchen, dafür zu sorgen, dass es nicht immer weiter auseinanderklafft. Wenn man aber den Gedanken der Wirtschaft hier folgt, dann ist Bremen finanziell in einem Zustand, wo wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längst um Sonderregelungen hätten bitten müssen.

Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des jetzigen

Vorschlags des Senats, das habe ich verstanden, wird hier unterschiedlich eingeschätzt, wir werden es sehen. Es wird weiter Klagen geben, und es gab auch von keiner Seite Gesprächsoptionen, dass sie zurückgenommen werden. Das ist ein legitimes Instrument, sich dagegen zu wehren. Wer hier jetzt von Spardiktaten spricht, na gut, man muss sich überlegen, welche Wortwahl man sich da zu eigen macht, aber das trifft dann, glaube ich, für alle Bun desländer zu, weil nämlich überall Überlegungen angestellt wurden, wie man der Haushaltslage auch Rechnung tragen kann.

Wir werden, wenn Sie das Verfahren so wählen,

wie es besprochen wurde – nämlich heute die erste Lesung vorzunehmen, dann die Überweisung an den Haushaltsausschuss, dort kann man über die Detailfragen, die hier aufgetaucht sind, sicherlich noch sprechen –, sicherstellen, dass eine Zahlung der doch zum Teil sehr ordentlichen Nachzahlungen zum 1. Dezember dieses Jahres erfolgt. Das ist vielleicht auch noch eine gute Botschaft in dem Ärger, den wir da miteinander hatten.

Ich würde mir, Frau Vogt, noch einmal überle

gen, ob Sie sich diese Sprachwahl, wir nähmen den Beamten etwas weg, wirklich unbedingt zu eigen machen müssen. Das heißt nämlich, dass Sie fernab von allen Gesprächen, die in der Tarifrunde geführt werden, der Auffassung sind, dass bei den Verhandlungen der TdL auch gleichzeitig für die Beamtinnen und Beamten verhandelt wird. Das ist ausdrücklich nicht der Fall und von beiden Tarifpart nern auch festgestellt worden. Es ist eine Praxis, sich an dem Tarifergebnis der TdL zu orientieren, aber etwas wegnehmen kann man den Beamtinnen und Beamten jedenfalls meiner Meinung nach nicht, es sei denn, man würde ihre Besoldung kürzen, aber das steht überhaupt nicht zur Debatte.

Einen letzten Gedanken zur Frage, was eigentlich

Verhandlungen sind! Erst einmal – auch, wenn das immer wieder gern behauptet wird –, auch bei der letzten Besoldungsrunde hat der Senat frühzeitig Gespräche geführt und informiert. Wir haben aus der Kritik daran gelernt und werden versuchen, das so zu institutionalisieren und verlässlich zu machen, auch in Absprache mit den Gewerkschaften, dass

das Verfahren transparenter ist, wir wollen das auch gern, aber Verhandlungen im eigentlichen Sinne wie Tarifverhandlungen finden dort nicht statt, sondern Gespräche, um sich möglichst nahezukommen, sich auszutauschen, sich gegenseitig zu verstehen.

Am Ende würde ich niemals, auch schon aus ge

werkschaftlicher Position, so tun, als handele es sich bei diesen Gesprächen um die Beamtenbesoldung um Tarifverhandlungen. Das ist das Wesen von Ta rifverhandlungen, dass sie mit dem Streikrecht der Gewerkschaften im Hintergrund ausgestattet sind und dort Druck ausgeübt werden kann. Da aber Beamtinnen und Beamte gar nicht streiken dürfen, kann es dort auch gar keine Verhandlungen auf Augenhöhe geben. Das gehört zu den Nachteilen des Beamtenstatus, es gibt auch viele Vorteile. Frau Vogt hat die 0,2 Prozent angesprochen, und Herr Dr. Kuhn hat schon erklärt, woran das liegt: Wenn man sich das Besoldungsgefüge, aber insbesondere auch das Pensionsgefüge bei den Beamtinnen und Beamten ansieht, dann liegt dies im Durchschnitt weit über dem Doppelten wie bei den Rentnerinnen und Rentnern. Das sind die Vorteile des Beamtenstatus, aber das fehlende Streikrecht ist ein Nachteil.

Was ich aber eigentlich sagen wollte, ist, dass man

meiner Meinung nach auch aus Arbeitgebersicht nicht so tun sollte, als würden da Verhandlungen auf Augenhöhe stattfinden, weil das Streikrecht als legitimes Instrument, Verhandlungen zu führen, fehlt. Deshalb gibt es Gespräche, die wir in einer ordentlichen Atmosphäre und im gegenseitigen Verständnis der Lage geführt haben. Das Ergebnis ist aber, das bedauere ich auch, eben nicht einvernehm lich, und jetzt werden wir damit weiter umgehen. Die nächsten Runden kommen, und da können wir miteinander üben.

Eines ist aber, das sage ich hier auch noch einmal,

klar – wir haben eben gerade in der Aktuellen Stunde darüber geredet, wie es mit Bremen weitergeht, wie sich die Bund-Länder-Finanzbeziehungen gestalten, man muss keine Prophetin oder kein Prophet sein –: Wenn Bremen über das Niveau anderer Bundes länder hinaus Hilfen bekommt – und damit können wir, glaube ich, wohl rechnen –, seien Sie sich ganz sicher, es wird eigene Anstrengungen in Bremen geben müssen, und es ist völlig klar, dass damit eine strenge Ausgabendisziplin verbunden sein wird. Ich kann hier für diesen Senat jedenfalls nicht verspre chen, dass es auf keinen Fall wieder die Überlegung geben wird, die Besoldung zur Haushaltskonsolidie rung heranzuziehen. Darauf werden die anderen Länder schauen, und bei den Möglichkeiten, die wir im Haushalt haben, ist es leider so, dass es an dem Punkt um sehr viel Geld geht.

Es ist nicht so, dass wir ein Vergnügen daran haben.

Wenn wir das Geld hätten, dann hätten wir sehr gern das gemacht, was hier als Eins-zu-eins-Übertragung gilt, aber das können wir aus Haushaltsgründen nicht, und das wird wahrscheinlich auch in der Zukunft so

sein. Damit das für alle klar ist und jetzt niemand behaupten kann, wir hätten hier nicht auch zu dem, was die Zukunft betrifft, eine Aussage gemacht: Selbstverständlich werden wir uns bei jeder neuen Runde überlegen müssen, ob wir uns das irgendwie leisten können oder ob wir Wege gehen müssen wie viele andere Bundesländer im Übrigen auch, das wird jedenfalls so kommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen

liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Neuregelung der Anpassung

der Besoldungs- und Beamtenversorgungsbezüge 2013/2014 in der Freien Hansestadt Bremen, Druck sache 18/1598, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und Bündnis 90/Die Grünen)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU, DIE LINKE und BIW)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt

das Gesetz in erster Lesung.

Interfraktionell wurde vereinbart, diesen Geset

zesantrag nach der ersten Lesung zur Beratung und Berichterstattung an den staatlichen Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen.

Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben

möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) überweist

entsprechend.

(Einstimmig)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich unterbreche

jetzt die Sitzung für eine Mittagspause bis 14.30 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung 12.58 Uhr)

Vizepräsident Ravens eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.