Protokoll der Sitzung vom 21.01.2015

Die Initiative HAMBURG SCHOCKT des ASB

in Hamburg wurde hier schon angesprochen. Mit ihr wurde für den Großraum Hamburg ein Kataster erstellt, aus dem sich ergibt, wo diese Defibrillato ren sind.

Sie haben darauf hingewiesen, dass auch auf

der Bremerhavener Website steht, wo diese Defi brillatoren vorhanden sind. Das stimmt. Sie sind überwiegend in Schulen in Bremerhaven. Da habe ich mich natürlich gefragt, was es im Notfall bringt, wenn man dieses Kataster nutzt und sieht, dass der Standort eine Schule ist. Woher weiß ich, ob diese Schule offen hat oder gerade Ferien sind?

(Zuruf von der SPD: Wie kommt man in die Schule?)

Wie kommt man in die Schule? Wo ist das in der

Schule? Ich habe mir so meine Gedanken gemacht, ob dieses Kataster wirklich so hilfreich ist. Für uns ist wirklich die oberste Priorität, die Rettungskette zu beginnen und erst einmal die richtige Telefonnummer zu wählen, bevor man seine App aufruft und schaut, wo der nächste Defibrillator steht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

In Hamburg war das ja nicht nur eine Aktion

des Arbeiter-Samariter-Bundes, sondern gehörte zu einer Aktionswoche in Hamburg unter dem Motto „Hamburg rettet Leben“. Den Bürgerinnen und Bürgern sollte dabei auch dieses Thema im Rahmen der Vermittlung richtigen Verhaltens im Notfall, le bensrettender Maßnahmen und der Rettungskette nahegebracht werden. Das war eigentlich auch die große Überschrift, und der ASB hat mit HAMBURG SCHOCKT einen Teil davon gemacht. Es gab dazu viele Veranstaltungen in Hamburg. Die Aktionswo che stand unter dem Motto „Wie kann man Leben retten?“, HAMBURG SCHOCKT war ein Teil davon.

Ich hatte die soziale Kompetenz schon angespro

chen. Ich finde es wichtig, dass wir hier in Bremen seit 10 Jahren die Erste-Hilfe-Kurse von Professionellen durchführen lassen. Gerade in Bremen wird – Herr Brumma hat es schon angesprochen – mit „Hand aufs Herz“ der Umgang mit Defibrillatoren gelehrt und gelernt. Ich denke, das ist auch der richtige Weg, und ich weiß, dass diese Kurse eine hohe Akzeptanz aufweisen.

Die Feuerwehr, so stand es im Bericht, hat keinen

öffentlich zugänglichen Defibrillator, der zur Anwen dung gekommen ist, weil es keinen Vorfall gab, soweit ich informiert bin. Ich denke, Ihre Schlussfolgerung daraus, dass der Senat dieser Initiative in Hamburg nicht folgt, ist nicht richtig. Mit diesen Initiativen, in denen Schüler fortgebildet werden, und auch durch Informationen kommt der Senat seiner Informations pflicht nicht nur nach, sondern er wirbt auch dafür, dass Menschen dazu motiviert werden, im Notfall nicht nur wegzuschauen, sondern aktiv zu werden. Das ist das Wichtige: Nicht wegzuschauen, sondern aktiv zu werden und zu sagen: Wie kann ich helfen? Das ist wichtig!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Alles andere, denke ich, kann man machen, aber

man muss es nicht machen, und man muss hier auch nicht so darstellen, als wenn es dem Senat nicht wichtig wäre, hier mehr Menschen vor dem Herz tod zu bewahren. Ich denke, dass auch gerade die Rettungskette hier in Bremen gut ist. Es gibt auch Statistiken darüber, wie viele Menschen schnell in eine Klinik gekommen sind. Ich denke, wir sind hier im Land Bremen dafür gut aufgestellt, und das ist auch ausreichend, wenn man ehrlich ist. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat

das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Herr

Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Auch DIE LINKE ist der Meinung, dass es sich hierbei um eine durchaus interessante Große Anfrage der CDU handelt, denn man muss einfach bedenken, auch bei den Defibrillatoren hat es in der Vergangenheit eine relativ große technische Entwicklung gegeben. Ich bin im Krankenhaus beschäftigt, und wenn man weiß, wie die Geräte im Operationssaal oder im Rettungswagen früher ausgesehen haben, wie groß und wie schwer sie waren, dann ist das ein völliger Unterschied zu den Geräten heute.

Wir finden es natürlich durchaus positiv, wenn

man feststellt, dass die technische Entwicklung dazu geführt hat, dass diese Defibrillatoren heute auch in Schulen, in öffentlichen Gebäuden irgendwo an der Wand hängen, man daran vorbeigeht und sie auch sieht und sich dann seinen Teil dazu denkt.

Die CDU hat zu dem Thema jetzt eine Große

Anfrage eingereicht und ich finde, sie ist auch sehr detailliert beantwortet worden. Eine wesentliche Aussage der Antwort des Senats dazu ist, dass zum Beispiel nach Schätzungen der Bremer Feuerwehr in den letzten zwei Jahren kein öffentlich zugänglicher Defibrillator, den sie kennen, zum Einsatz gekom men ist. Das heißt, wir haben öffentlich zugängliche Defibrillatoren, sie werden aber nicht benutzt. Ins besondere Frau Hoch hat jetzt noch einmal darauf hingewiesen: Es ist einfach die Frage, ob Personen, die einen Menschen irgendwo zusammenbrechen sehen, dann von ihrer eigenen Konstitution und ihrem eigenen Wissen her in der Lage sind, dort wirklich hinzugehen und Hilfe zu leisten.

Auch wenn man eine App hat, in der man nach

schauen kann, wo nun ein Defibrillator ist, muss man bedenken: Wenn man sieht, dass jemand zu sammenbricht, holt man dann sein iPhone heraus und sucht die App für den Defibrillator? Dann muss man eventuell noch die Straßenkarte öffnen und noch einmal googeln, wo denn die Straße mit dem Defibrillator ist.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bünd- nis 90/Die Grünen]: Bis dahin ist alles zu spät!)

Daran zeigt sich schon ein bisschen, wie wichtig

es ist, dass jemand dort hingeht und schaut, dass der Verletzte oder Erkrankte gesichert ist und man ihn wenigstens in die stabile Seitenlage oder in die Schocklage bringt, ich glaube, dort wären Dinge angebracht, die schnell gehen.

Dann muss man auch feststellen, dass wir uns hier

in einem Stadtstaat befinden und die Zeiten, bis tat sächlich qualifizierte Hilfe in Bremen eintrifft, sind schon sehr beeindruckend, sie reichen zumindest in einem Stadtstaat aus. Auf dem Land ist es sicherlich, das möchte ich auch sagen, noch einmal eine ganz andere Diskussion, aber bei uns in der Stadt nicht.

Das heißt also, als Konsequenz aus dieser Großen

Anfrage sollte man einfach feststellen – ich nehme an, dazu wird Herr Härtl noch etwas sagen –, dass man sich sicherlich bemühen muss. Die technische Entwicklung ist so weit, dass diese Defibrillatoren an vielen verschiedenen Stellen in der Stadt platziert werden könnten, aber das große Problem ist, dass die Menschen sie auch bedienen können müssen. Deswegen müssen also mindestens alle Ersthelfer kurse auch eine Ausbildung für so einen Defibrillator beinhalten. Das ist heute noch nicht so, und ich finde, das ist erst einmal die vordringliche Aufgabe. Dann sollte man weitersehen und schauen, ob ein Kataster vielleicht doch sinnvoll ist, aber das erst an zweiter Stelle. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN und bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort

Herr Staatsrat Härtl.

Herr Präsident, meine sehr geehr

ten Damen und Herren! Ich möchte zunächst einem Eindruck entgegentreten, den die CDU mit ihrer Anfrage, vielleicht unbewusst, vermitteln könnte. Die Eingangssätze lauten, Herzinfarkte seien die häufigste Todesursache in Deutschland. Da die Zahl der Herzinfarkte im Land Bremen deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt, steigt auch die Wahr scheinlichkeit, in eine entsprechende Situation in Bremen zu geraten.

Es ist richtig, dass die Diagnose Herzinfarkt in

Bremen häufiger gestellt wird als in vielen anderen Bundesländern. Genauso richtig ist es aber, dass Bremen in dem Ranking der Sterblichkeitsrate an Herzinfarkten an der 14. Stelle steht oder die zweit besten Werte hat, um es andersherum zu sagen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir haben in Bremen eine Versorgungssituation, die

deutlich darauf hinweist, dass sie sehr gut ist – meine Vorredner haben schon darauf hingewiesen – und die es in nahezu fast allen Fällen ermöglicht, rasch pro fessionelle Hilfe am Patienten zu leisten. Deswegen glaube ich, man muss sagen, was möchte man mit einer weiteren, flächendeckenden Ausstattung mit Defibrillatoren in dieser Stadt erreichen, obwohl eben auch ausgeführt wurde – und so hat der Senat es ja auch beantwortet –, dass in den letzten zwei Jahren jedenfalls die öffentlich zugänglichen Defibrillatoren nicht benutzt wurden, möglicherweise glücklicher weise, aber man weiß es gar nicht so genau.

Es gibt daneben – und das ist ein Argument ge

gen eine solche Erfassung in einem Kataster – ganz viele solcher Geräte, die zum Beispiel in Arztpraxen, Apotheken, Hotels und anderen Einrichtungen, nicht öffentlich, aber vorhanden sind und dort zur Verfü gung stehen. Deswegen kann ein solches Kataster gar keinen flächendeckenden Überblick geben, und auf die Schwierigkeiten, dann einen solchen Standort überhaupt erst ausfindig zu machen, ist auch schon hingewiesen worden.

Ich glaube, wir sind sehr gut beraten, den ein

geschlagenen Weg weiterzugehen – zum Beispiel nämlich mit den Erste-Hilfe-Schülerwettbewerben, die in diesem Jahr zum zehnten Mal durchgeführt werden – und möglichst viele Menschen zu befä higen und zu qualifizieren, unter anderem in der technischen Handhabung, die in der Tat sehr viel einfacher geworden ist. Die technische Handhabung ist aber nicht das Entscheidende. entscheidend ist in der Tat die soziale Kompetenz, die derjenige, der ein solches Gerät anwenden möchte, mitbringen muss, und diese ist nicht allein durch Sprachführung am Gerät zu vermitteln.

Wenn wir uns alle ehrlich an die eigene Nase fas

sen: Alle Autofahrer müssen einen Erste-Hilfe-Kurs nachweisen, sonst bekommen sie ihren Führerschein nicht- Wer fühlt sich denn wirklich in der Lage, bei einem Notfall so einzugreifen, wie es erforderlich ist? Diese Kompetenzen müssen wir stärken, dieses Hinsehen, und dann auch die richtigen Meldeket ten in Gang setzen! Ich glaube, wenn wir das tun, haben wir mehr für die gesundheitliche Versorgung bedrohter Menschen in Bremen getan, als wenn wir ein Kataster auflegen. – Vielen Dank!