Protokoll der Sitzung vom 22.01.2015

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Liess.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag zielt auf den Begriff der Kontrolle ab, und es macht vielleicht erst einmal Sinn, sich zu vergegenwärtigen, wie die Kontrolle derzeit in unserem parlamentarischen System stattfindet. Danach ist es so, dass die Legislative der Exekutive Mittel zur Verfügung stellt, einen Auftrag gibt und die Spitze der Exekutive, der Senat, diese Mittel nutzt, um diese Projekte durchzuführen, und diese Projekte dabei kontrolliert. Das ist die Gewaltenteilung, wie wir sie hier vorfinden, Herr Rupp hat ja darauf hingewiesen.

Dabei spielen natürlich das Parlament und seine Ausschüsse und Deputationen auch eine Rolle. Es geht darum, wie das Parlament mit seinen Ausschüssen und Deputationen dann den Senat bei seiner Arbeit kontrolliert. Die Gremien oder das Parlament selbst legen fest, in welcher Intensität, Häufigkeit und Tiefe dies insgesamt gemacht werden soll. Es ist ja nicht so, wie es in dem Antrag suggeriert wird, dass es solche Kontrollmechanismen nicht geben würde. Das beste Beispiel sind die Controllingberichte, die wir vierteljährlich bekommen.

Das zweite Beispiel sind die Berichte, die wir, anders als der Antrag suggeriert, zum OTB bekommen. Wer länger im Parlament ist, weiß, dass es eine sehr enge Berichterstattung zum CT 4 und zur Kaiserschleuse gegeben hat, und es gibt zu jeder HaFA-Sitzung eine Berichterstattung zur Lage der GeNo. Das heißt, es gibt eine umfängliche Berichterstattung, die es den Parlamentariern erlaubt, daraufhin auch tätig zu werden. Wenn die Informationen nicht ausreichen, dann liegt es an den parlamentarischen Gremien, weitere Informationen, die benötigt werden, auch einzufordern. Daher sehen wir keine Notwendigkeit, das System an dieser Stelle zu ändern.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Es macht für mich auch insbesondere keinen Sinn, zu einer noch stärkeren Durchmischung von Legislative und Exekutive zu kommen, sondern es macht für mich Sinn, die Aufgaben und die Verantwortung auch getrennt zu halten.

Darüber hinaus halte ich nichts davon, einen übergeordneten zentralisierten Investitionsausschuss zu schaffen. Sie haben das jetzt in Ihrem mündlichen Beitrag anders dargestellt, als sie es im Antrag selbst formulieren. Sie wollen einen Ausschuss, der für alle Investitionsmaßnahmen ab einer bestimmten Höhe in einer besonderen Art und Weise begleitend tätig sein soll, aber offensichtlich nicht nur begleitend, diesbezüglich sind Sie in der Rede ja eben deutlicher geworden, sondern Sie wollen auch vorgeben, wie der

Senat seine Aufgaben denn zu erledigen hat. Das halte ich schlichtweg für – um es freundlich zu sagen – wenig praktikabel. Im Übrigen würde ein zentralisierter Ausschuss bedeuten, dass man eine Art Übergremium schaffen muss und damit die Ressortverantwortung, die wir im Augenblick haben, verlassen würde. Das halte ich für keinen guten Weg.

(Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Ist das die Mehrheitsmeinung der SPD?)

Lassen Sie mich auch noch einmal eines sagen, weil das Thema jetzt in den letzten Parlamentssitzungen mehrfach angeklungen ist: Sie ziehen bereits jetzt Schlussfolgerungen aus dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Ich halte es für richtig, das Verfahren des parlamentarischen Untersuchungsausschusses und die Ergebnisse abzuwarten, um daraus dann Schlüsse zu ziehen und diese dann auch im Rahmen des Ausschusses zu beraten, anstatt hier irgendwelche Vorgriffe zu machen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Insofern kann ich, insbesondere wenn ich den Punkt der Gewaltenteilung betrachte, die strukturelle Lücke in der parlamentarischen Begleitung, so wie es in dem ersten Satz Ihres Antrags formuliert ist, nicht erkennen. Ich erkenne bei Ihnen ein strukturelles Defizit in der Wahrnehmung der Gewaltenteilung! Wir lehnen den Antrag daher ab! – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich bedauere es auch sehr, dass die beiden Gebärdendolmetscherinnen nicht mehr da sind, weil ich gern gesehen hätte, wie sie den Begriff parlamentarischer Investitionskontrollausschuss übersetzen.

(Heiterkeit)

Vielleicht wäre mir aus den Gebärden deutlicher geworden, was das bedeuten soll.

Meine Damen und Herren, ich hatte in den Jahren 1996 bis 1998 die Ehre, den parlamentarischen Untersuchungsausschuss über Aufstieg und Fall des Bremer Vulkan zu leiten.

(Abg. L i e s s [SPD]: Oh Gott!)

Eine der damals einstimmig beschlossenen Empfehlungen des Ausschusses lautete, und ich darf zi

tieren: „Der Untersuchungsausschuss regt an, dass die kommende Wahlperiode“, damals die 15. der Bremischen Bürgerschaft, „die bisherigen Regelungen der Bürgschaftsvergabe ersetzt zugunsten einer regel- und rahmensetzenden Tätigkeit und einer ex post kontrollierenden Tätigkeit des Parlaments.“ So die Schlussfolgerung des damaligen Untersuchungsausschusses, auf Seite 580 des Berichtes zu finden!

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Gab es so viele Bilder?)

Bitte?

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Gab es so viele Bilder?)

Schauen Sie sich den einmal an, Kollege Hinners! Sie sind ja noch ein bisschen jünger als ich und haben das damals nicht mitbekommen, es ist sehr lehrreich, das noch einmal nachzulesen, darin sind keine Bilder. (Heiterkeit)

Warum haben wir das damals beschlossen? Weil das bis dahin praktizierte, also das bis zu den Jahren 1995/1996 praktizierte Verfahren eine Vermischung der Aufgaben, Möglichkeiten und Verantwortungsbereiche von Legislative und Exekutive bedeutete. In dem Verfahren wurden nämlich die Bürgschaften im laufenden Verfahren von Parlamentariern beschlossen, eine Vermischung, die die Arbeit der Exekutive im Verhältnis mit privaten Dritten schwieriger machte und die die Abgeordneten in eine Situation brachte, in der sie aufgrund der Informationslage gar keine Verantwortung übernehmen konnten, obwohl sie damals alle Rechte hatten, dem wirklich gerecht zu werden. Am Ende waren sie ja auch nicht verantwortlich für das, was sie beschlossen hatten, anders als der Senat und die Verwaltung. Das war also eine unheilvolle Vermischung, die damals auch eine ganz schlechte Rolle für das Wirken und den Niedergang des Bremer Vulkan gespielt hat.

DIE LINKE möchte mit diesem Antrag zurück in diese Vermengung und Verquickung, die wir damals glücklich überwunden haben. Sie müssten, glaube ich, nicht nur ein Gesetz dafür erlassen, Herr Rupp, sondern auch die Bremische Landesverfassung ändern, weil Sie einen neuen Ausschuss verankern müssten, der mehr Rechte hat als ein normaler Parlamentsausschuss, und das müsste verfassungsrechtlich abgesichert werden. Es wird aber ja ohnehin nicht dazu kommen, das müssen wir hier nicht debattieren.

Ich weiß aus langer Erfahrung, dass die Abgeordneten immer den Wunsch haben, sich einzumischen. Bei den Regierungsfraktionen ist das so, weil wir denken, dass es doch unsere Regierung ist und wir doch einmal mitreden könnten. Das ist aber falsch, denn

es ist nicht unsere Regierung, sondern es ist die Regierung des Landes Bremen!

(Abg. H i n n e r s [CDU]: Unsere ist das nicht!)

Bei den Oppositionsfraktionen ist es der Fall, weil man so wenigstens etwas mitregieren können möchte. Das ist zwar auch verständlich, aber es ist auch falsch, verehrte Kolleginnen und Kollegen!

Jeder Abgeordnete hat irgendwann einmal das Gefühl, gegenüber der Verwaltung so wehr- und machtlos zu sein. Das kenne ich auch, aber ich bin der Überzeugung, dass die Idee, wir müssten als Parlament der Verwaltung etwas Ebenbürtiges an Expertise, Ausstattung und Handlungsoptionen entgegensetzen, völlig in die Irre führt. Wir brauchen Mittel für unsere Arbeit, und die haben wir als Fraktionen auch. Unsere Mittel sind vor allen Dingen die Gesetze, die Landeshaushaltsordnung mit ihren Regeln über die Beschlussfassung über Bauvorhaben, Mittelbewilligungen, Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen, Berichtspflichten. Dazu kommt unser Fragerecht in der Deputation und hier im Parlament, und es ist unser Abgeordnetenrecht, auch wenn es hart auf hart kommt, auf Akteneinsicht zu bestehen. Wir haben diese Rechte.

Zusammengefasst: Wir haben die Aufgaben und die Instrumente, den Senat und seine Verwaltung erstens für Tätigkeiten zu ermächtigen, also zu sagen, was sie machen dürfen und sollen – das ist unsere zentrale Aufgabe –, und dann haben wir zweitens das Recht zu kontrollieren. Wir haben die Instrumente dafür.

Es ist nicht unsere Aufgabe, und da kommt Ihr Antrag ins Spiel, ein Teil der Arbeit der Verwaltung zu werden. Ich habe, glaube ich, nicht genau verstanden, was Sie eigentlich wollen, denn was wäre denn die Arbeit dieses Ausschusses, den Sie wollen? Diese Arbeit würde Einfluss auf einzelne Verwaltungsentscheidungen nehmen. Wollen Sie dann bei Vergabeentscheidungen mitreden? Sollen aus einem solchen Ausschuss im laufenden Verfahren Anträge kommen, den einen zu beauftragen, den Generalplaner vielleicht zu entlassen oder eben nicht zu entlassen? Das wäre doch der Sinn eines solchen Ausschusses, wie Sie ihn sich vorstellen! Es würde zu Empfehlungen und Forderungen kommen, dass dies und jenes gemacht werden sollte, ohne dass der Ausschuss in irgendeiner Weise an die rechtlichen Folgerungen denken müsste. Es wäre sozusagen ein reines Einmischen ohne irgendwelche Verantwortlichkeiten.

Es werde nicht besser, sondern schlechter, denn die Verantwortung für die Entscheidung hätte natürlich weiterhin der Senat zu tragen, aber wir würden nur mit hineinreden.

Ich will ausnahmsweise einmal nichts zum Thema Geld darlegen, aber klar ist, so, wie Sie das skizziert

haben, wäre es eine ziemlich teure Angelegenheit. Ich spreche heute aber über Sinn oder Unsinn der Geschichte. Ich halte sie für falsch. Ich verstehe einige Motive von manchen Abgeordneten, aber wir sollten uns an die bewährten Regeln der Gewaltenteilung halten und diese besser nutzen.

(Glocke)

Wir haben die Rechte, also nutzen wir sie! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir werden diesen Antrag ablehnen, und zwar aus den grundsätzlich genannten Erwägungen, die von den Kollegen Herrn Liess und Herrn Dr. Kuhn schon ausgeführt wurden. Es geht um die Trennung zwischen Exekutive und Legislative, und das ist eigentlich der einzige Grund – für uns zumindest –, dem Antrag etwas Positives abzugewinnen. Man sollte über das Verhältnis zwischen dem Parlament und der Verwaltung noch einmal nachdenken, was in unseren Augen leider viel zu wenig geschieht.

Herr Liess, wenn ich mir den einen oder anderen Kollegen in der Wirtschaftsdeputation – in der auch ich vertreten bin – in Erinnerung rufe, habe ich nicht immer den Eindruck und das Gefühl, dass diese klare Trennung zwischen Exekutive und Legislative in allen Köpfen so verankert ist, wie es unserem Staatsaufbau und dem Verhältnis zwischen dem Parlament und der Verwaltung eigentlich entspricht. Ich will jetzt keine Beispiele nennen und keine Kollegen zitieren, die hinter Ihnen sitzen, Herr Liess, aber genau diese Trennung, sich nicht in das operative Handeln der Gesellschaften, der Verwaltung einzumischen, ist ein ganz wichtiger Aspekt.

Hier geht es um Verantwortungen. Wir als Parlamentarier haben aufgrund verfassungsmäßiger Vorgaben eine Verantwortung zugewiesen bekommen, die Verwaltung und auch die Gesellschaften haben diesbezüglich Verantwortung. Das ist ein ganz wichtiges Instrument, es kommt sonst zu einer Vermischung, ich kann mich den Ausführungen von Herrn Dr. Kuhn voll und ganz anschließen.

(Abg. F e c k e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Oh!)

Es kommt zu einer Vermischung von Verantwortung, wo sich alle zurücklehnen und sagen, ich war es nicht, das war der andere, das führt zu keinem konkreten Ergebnis. Wenn ich das einmal herunterbreche und durchdenke, was das für den TEN be

deuten würde, frage ich: Wäre denn, wenn wir solch einen Investitionskontrollausschuss hätten, etwas anderes geschehen? Denn solch ein Investitionskontrollausschuss ist vielleicht ein paar Monate näher daran, aber er kann letztendlich – –. Ich will jetzt gar nicht von den Kompetenzen der Kolleginnen und Kollegen sprechen, denn ich will unsere Kompetenzen, die wir aus unterschiedlichen Sichtweisen und unterschiedlicher Herkunft mit einbringen, gar nicht negieren, nicht dass man es falsch versteht. Wenn wir hier aber solch einen Investitionskontrollausschuss für den TEN gehabt hätten, wäre dann grundsätzlich etwas anders gelaufen? Die politische Entscheidung für die Struktur, dieses Projekt so anzugehen, ist hier damals mit breiter Mehrheit – ich will das gar nicht weiter bewerten, ich habe mich damit sehr intensiv beschäftigt – vom Senat getroffen worden. Das Problem, und ich könnte Ihnen aus meiner beruflichen Erfahrung eine ganze Menge erzählen, solche Fehlentwicklungen – –. Ob man das damals schon als falsche Entscheidung hätte erkennen können, lassen wir einmal außen vor, das liegt in der Vergangenheit. Ich habe da eine klare Meinung, dass es am Ende die falschen Projektstrukturen und die falschen Prozessabläufe waren, die ursächlich dafür sind, dass der TEN nun so ist wie er ist. Die Frage lautet aber doch: Wäre mit solch einem Investitionskontrollausschuss irgendetwas anderes passiert? Hätten wir es denn überhaupt beurteilen können?

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Ja!)

Ich behaupte, nein, wir hätten es nicht beurteilen können. (Abg. R u p p [DIE LINKE: Ja ! – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Herr Rupp hätte!)

Da wäre ich einmal gespannt, was Sie denn – –. Da würden mich jetzt einmal ganz konkret Ihre Vorschläge aufgrund Ihrer Erfahrungen, die auch Sie aus dem Untersuchungsausschuss gezogen haben, interessieren. Zugegeben, es ist im Nachhinein immer ein bisschen klüger zu urteilen, als wenn man dann die Verantwortung an der Stelle gehabt hätte. Was hätten Sie denn vorgeschlagen? Die Fehler werden immer am Anfang gemacht. Man kann sich auch darüber beschweren, dass es hier zu lange schöngeredet worden ist, aber wenn wirklich ein solcher Investitionskontrollausschuss Sinn machen würde, hätten die Mitglieder dieses Ausschusses von Anfang an über die Projektstrukturen, die Prozessabläufe, über die Risikoverteilung, Risikobewertung und Risikozuordnung hier mit am Tisch sitzen müssen, ansonsten würde ein solcher Investitionskontrollausschuss keinen Sinn machen. (Beifall bei der CDU)