Protokoll der Sitzung vom 19.02.2015

Herr Präsident, meine sehr

verehrten Damen und Herren! Rettungssanitäter, Notärzte, Feuerwehrleute und Polizisten klagen im mer häufiger darüber, dass sie während der Einsätze

beleidigt, beschimpft oder sogar körperlich bedroht und angegriffen werden.

Gerade am letzten Wochenende, die Medien haben

darüber berichtet, haben circa 50 bis 60 vermummte sogenannte Fußballfans – es soll ja in Zukunft ein anderer Begriff dafür gewählt werden, und das finde ich auch in Ordnung – der Bremer Ultraszene nach dem Spiel gegen Augsburg in Höhe der Weserter rassen auf eine von der Polizei begleitete Gruppe Augsburger Fans einen sehr massiven, gewalttätigen Angriff durchgeführt und dabei mehrere Polizisten und Augsburger Fans verletzt. Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion ist das in keiner Weise hinzunehmen,

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

denn diese Polizisten wollten anderen helfen und sie beschützen, und wurden dabei selbst zum Opfer sowie diejenigen, die sie beschützen wollten.

Mehrere Studien bestätigen diese von vielen Ret

tungskräften und Polizisten geäußerten Erfahrun gen. So hat das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachen festgestellt, dass bei jedem zweiten Einsatz wegen Streitereien oder Körperverletzung, zu denen sie gerufen werden, die Polizeibeamten selbst beschimpft oder gar angegriffen wurden. Ähnliches wurde bei einer aktuellen Studie der Ruhr-Universität Bochum für Rettungskräfte in Nordrhein-Westfalen festgestellt. Über 98 Prozent der Befragten gaben an, bei Einsätzen regelmäßig verbaler Gewalt ausgesetzt gewesen zu sein, und 59 Prozent gaben an, schon mindestens einmal bei einem Einsatz körperlich angegriffen worden zu sein.

Rettungskräfte und Vollstreckungsbeamte werden

wie jeder andere Bürger von diversen Gesetzen im Strafgesetzbuch geschützt, und darüber hinaus gibt es die Paragrafen 113 und 114 des Strafgesetzbuchs, die speziell bei Angriffen oder Widerstandshandlun gen gegen Rettungskräfte und Vollstreckungsbeamte zur Anwendung kommen. Die CDU-Fraktion hat dieses Problem zum Anlass genommen, im Rahmen einer Großen Anfrage Auskunft vom Senat über die Entwicklung im Land Bremen zu bekommen, aber auch um zu erfahren, ob die vorhandenen Rechts vorschriften im Strafgesetzbuch die Betroffenen ausreichend schützen.

Aus den Antworten des Senats geht hervor, dass in

den Jahren 2011 bis 2014 zwischen 430, das war das Jahr 2011, und 508, das war das Jahr 2013, Straftaten, in der Regel Widerstand gegen Vollstreckungsbe amte und Körperverletzungsdelikte in der PKS, der Polizeilichen Kriminalstatistik, für das Land Bremen verzeichnet sind. Meine Damen und Herren, das sind ein bis zwei Fälle jeden Tag! Ich wiederhole: Für die CDU-Fraktion ist das nicht hinnehmbar!

(Beifall bei der CDU)

Ganz offensichtlich hat in einem Teil der Gesell

schaft die Gewaltbereitschaft gegen Rettungskräfte und Vollstreckungsbeamte als Vertreter des Staates deutlich zugenommen, und in einem weiteren Teil der Gesellschaft ist offensichtlich eine ausgeprägte Toleranz gegenüber dieser Verhaltensweise vorhan den. Meine Damen und Herren, wir haben weder für das eine, noch für das andere Verständnis! Wir haben auch kein Verständnis dafür, dass in Teilen der Gesellschaft immer wieder von Polizeigewalt, also von Gewalt, die ohne Rechtsgrund von der Polizei ausgehen soll, gesprochen wird. Im Übrigen geht aus den Antworten des Senats überhaupt nicht hervor, dass es dafür eine Berechtigung gibt. Für die CDU-Fraktion werden hier regelmäßig die Opfer zu Tätern gemacht.

(Beifall bei der CDU)

Aus den Antworten des Senats geht weiter hervor,

dass er über die Verbesserung des Schutzes von Polizisten, Feuerwehrleuten und Rettungskräften nachdenkt, allerdings ist eine abschließende Bera tung und Beschlussfassung dazu leider noch nicht erfolgt. Wir fragen heute den Senator für Inneres beziehungsweise seinen Vertreter, der hier anwesend ist, wann nunmehr mit einem Ergebnis diesbezüglich zu rechnen ist.

In der Antwort auf die Frage 12 teilt der Senat

mit, dass im Rahmen der Dienstunfallfürsorge Klei dungsstücke und Ähnliches, wie Uhren, Brillen und so weiter, ersetzt werden, wenn diese bei Dienst verrichtungen beschädigt oder verschmutzt worden sind und vom Verursacher wegen Mittellosigkeit kein Schadensersatz erlangt werden kann. Aller dings gilt dies nicht für Schmerzensgeldansprüche nach teilweise schweren Verletzungen, obwohl auch diese häufig aus Gründen der Mittellosigkeit nicht eingetrieben werden können.

Wir als CDU-Fraktion fordern deshalb mit unserem

heutigen Antrag zu dieser Großen Anfrage, dass in das Beamtengesetz des Landes die Regelung ab ei ner festzulegenden Höhe das gerichtlich festgelegte Schmerzensgeld durch das Land zu übernehmen, wenn der Verurteilte mittellos ist. In Bayern wird das schon praktizier –,

(Glocke)

Herr Präsident, ich bin gleich fertig! –, und in Schles wig-Holstein gibt es dazu aktuell einen interfrakti onellen Antrag.

Bitte unterstützen Sie den Antrag, damit die im

Dienst von Dritten verletzten Rettungskräfte und Poli zisten auch dann ihren Schmerzensgeldanspruch, der gerichtlich festgestellt worden ist, erfüllt bekommen, wenn die Verursacher mittellos sind. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächste hat das Wort die

Abgeordnete Frau Güngör.

Sehr geehrter Herr

Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Leider ist das Thema der Großen Anfrage der CDU aktueller denn je. Wie mein Kollege Hinners schon sagte, gab es letztes Wochenende einen hinterhäl tigen Angriff auf Fans, ihre Fanbegleiter und ihre Einsatzkräfte nach der Begegnung zwischen dem SV Werder Bremen und dem FC Augsburg.

Bremer Problemfans griffen die friedlichen Fußball

fans aus Augsburg auf ihrem Rückweg zum Bahnhof mehrfach an, es gab eine Vielzahl von Verletzten. Wir als SPD verurteilen diese Tat auch auf das Schärfste!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Wir sagen ganz klar: Solche Ultras, die völlig ent

hemmt auf Fans und Polizisten losgehen, dabei eine unheimliche Brutalität und Gewissenlosigkeit walten lassen, müssen als Folge dessen mit den ihnen nun drohenden Konsequenzen rechnen.

(Beifall bei der SPD)

Der bisher weitestgehend milde Ansatz bremischer

Polizeiarbeit bei Großeinsätzen wird sich nach dieser Art von Übergriffen nicht mehr durchhalten lassen, und er wird geändert werden. Die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sowie unbeteiligte, friedliche Stadionbesucher dürfen durch hemmungslose Kra wallmacher nicht gefährdet werden, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Wir wissen leider schon seit einiger Zeit, dass die

Hemmschwelle gegenüber Einsatzkräften auch nach der nicht polizeilichen Gefahrenabwehr gesunken ist. Einsatzkräfte sind immer häufiger Opfer wahl loser Gewalt, sei es aufgrund fehlenden Respekts oder einfach aus reiner, blinder Wut. Dies wirkt bei den Einsatzkräften oft nach, da die Helfer, oft auch ehrenamtliche Helfer, urplötzlich selbst als Opfer dastehen.

Die Sicherheit und der Schutz von Polizeibeamten

und Polizeibeamtinnen und Rettungskräften ist seit Jahren ein Thema der Innenministerkonferenzen, seiner Arbeitskreise und Unterausschüsse. Der Ar beitskreis 2 hatte den konkreten Auftrag, Handlungs empfehlungen zu entwickeln und zu evaluieren. In seinem Abschlussbericht stellte der Arbeitskreis 2 fest, dass die bisher umgesetzten Maßnahmen der Bundesländer zum Schutz ihrer Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen, Feuerwehrleuten und Rettungs kräfte bereits zielführend ist und ein hohes Niveau erreicht hat.

Dennoch gibt es Optimierungsmöglichkeiten, zum

Beispiel im Bereich der Dienstunfallfürsorge, bei der Unterstützung gewaltbetroffener Polizeibeamter, in der Durchsetzung von Schadensersatzforderungen sowie im konsequenten Ausbau landeseigener Be treuungs- und Beratungskonzepte. In Bremen gab es in den letzten Jahren diverse Maßnahmen, hierzu zählen unter anderem die Beweiserleichterung bei der psychotraumatischen Belastungsstörung, die Einführung von Spuckschutzhauben und zukünftig der Bodycams. Dennoch sehen wir als SPD-Fraktion, dass die bestehende Rechtslage des Paragrafen 113 StGB, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, reformbedürftig ist.

Er greift zum Beispiel nicht, wenn ein Beamter im

Dienst, ohne bei der Vornahme einer Vollstreckung zu sein, angegriffen wird. Hier haben wir eine Rege lungslücke. Es gibt keine Mindeststrafe für die Tat, sie kann auch mit einer Geldstrafe geahndet werden. Dies ist unseres Erachtens nicht ausreichend und wird dem Sinne des Gesetzes nicht gerecht.

(Beifall bei der SPD)

Zudem ist der Strafrahmen mit einer Höchststrafe