Protokoll der Sitzung vom 22.04.2015

89 Millionen Euro für die letzte Förderperiode – es geht immer um sieben Jahre – von 2007 bis 2013 und jetzt immer noch 76 Millionen Euro, die üb rigens ein Riesenerfolg waren, mit dem man nicht rechnen konnte. Deshalb ein großes Lob für die neue Förderperiode 2014 bis 2020! Das ist natürlich der tragende Pfeiler unserer Beschäftigungspolitik, deswegen sind genehmigungsfähige Programme so wichtig. Der Senat hat sie in den letzten Jahrzehnten

immer mit großem Erfolg der Kommission vorgelegt, das waren gute Programme, sie sind genehmigt und positiv begleitet worden.

Zweitens: Alle sieben Jahre behauptet die Kom

mission, endlich die Verwaltung einfacher machen zu wollen, so startet sie jedes Mal, aber mit jedem Programm und zusätzlich leider auch mittendrin und dann womöglich noch rückwirkend sind die Anfor derungen an die Verwaltung, die Prüfung und die Kontrolle in Wahrheit immer größer geworden. Das geschah – dies muss man einmal hinzufügen – vor allem unter dem Druck der sogenannten Nettozahler, also der Länder wie Deutschland, die immer vorrech nen, sie zahlten mehr ein, als sie herausbekämen, weil sie sagen, wir wollen sehen, ob „unser“ Geld ordentlich verwendet wird. Dass es zu Nachprüfun gen, Beanstandungen und Nachbesserungen kommt, verehrte Kollegen von der LINKEN, ist beileibe keine Bremer Besonderheit, sondern – die Prüfung war bundesweit angelegt – betrifft alle Bundesländer und beim ESF auch den Bund.

Drittens: Aus verschiedenen Gründen zahlt die

EU im großen Maßstab bereits bewilligte Gelder erst später aus. Die Zahlungsrückstände der Kommission betragen derzeit weit über 100 Milliarden Euro, eine gewisse Vorfinanzierung ist also ganz unvermeidbar.

Ich will ein Beispiel nennen: Die Restgelder – und

zwar ohne jedes Verschulden von Bremen, sondern das gilt allgemein und somit für alle Länder – für die Förderperiode 2000 bis 2006, das ist zehn Jahre her, wobei es, sind erst im zweiten Halbjahr 2014 einge gangen, dabei ging es für Bremen um 11,8 Millionen Euro. Ja, dieses Geld müssen wir vorfinanzieren. Das können wir aber nicht aus der sogenannten tech nischen Hilfe finanzieren, sondern das ist auch der Preis für dieses Verfahren europäischer Förderung. So weit zur Einordnung allgemein!

Nun zu den Bemerkungen des Rechnungshofs! Der Rechnungshof moniert, dass Bremen in der

von ihm geprüften Zeit nicht dreimal im Jahr einen Erstattungsantrag gestellt habe, sondern nur einmal im Jahr, wodurch sich der kreditfinanzierte Vorfi nanzierungsbedarf erhöht habe. Das ist so weit auch logisch. Das Ressort weist zu Recht darauf hin, dass man bei dieser Frage den erheblichen zusätzlichen Arbeitsaufwand pro Antragstellung – also nicht den Aufwand, der sowieso schon gegeben ist, sondern den Aufwand pro Antragstellung – gegenrechnen müsse. Es ist logisch, dass das so gemacht werden muss. Wie in dem Bericht steht, will das Ressort aber noch einmal überprüfen, ob ein halbjährlicher Rhythmus besser wäre.

Nun komme ich zu dem Thema mit dem Jahr 2011

mit der Folge, dass im Jahr 2012 nicht ausgezahlt wurde. Da wurde zwar kein Antrag gestellt, aber dies erklärt sich überhaupt nicht aus irgendeiner Frage des Personals, sondern allein dadurch, dass sich zu diesem Zeitpunkt Bremen wie viele andere Bundes länder in der Abarbeitung von Nachbesserungen

befand. Wenn man mit der Kommission verhandelt, dann – so ist die Regel – kann man keinen neuen Antrag stellen. Das ist also der einzige Grund.

Damals war die Prüfung noch gar nicht bei der

Behörde, sondern bei den Vorgängerorganisationen bag und BRAG und dann bei der bremer und bre merhavener arbeit GmbH, das betraf also noch nicht die Behörde. Außerdem ging es überhaupt nicht um ein Personalproblem. Es wurde übrigens auch keine Frist versäumt und kein Geld liegen gelassen.

Bei der Gelegenheit die Anmerkung: Die Über

schrift „EU-Mittel nicht abgerufen“ ist schlicht Un sinn, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Rechnungshof hat ferner kritisiert – Entschul

digung, dass ich in die Details gehen muss, aber das ist nun einmal die Arbeit eines Rechnungsprü fungsausschusses, die müssen wir erledigen –, die Prüfbehörde habe einen begrenzten Prüfauftrag an eine private Wirtschaftsprüfung, also extern, verge ben. Dazu muss man wissen, dass sich zu der Zeit, als das gemacht wurde, die Prüfbehörde durch die Rückführung – das habe ich schon geschildert – der Gesellschaft BBA, die vorher mit dem Bereich befasst war, in das Ressort in der Tat in einer schwierigen Phase der Umstrukturierung befand. Es gab viel Fluktuation, Leute haben sich in andere Teile der Verwaltung beworben. Man hat sich, wie das immer ist, auch mit dem Umbau beschäftigt. Die bereits mit gebrachten Rückstände in der Bearbeitung wurden dadurch also nicht kleiner.

In dieser Situation hat die Behörde zur Entlas

tung einen Teil der Prüfungen extern vergeben, vor allen Dingen aber, um einmal zu prüfen, ob der Weg, den andere gehen, wie zum Beispiel Ham burg, nämlich alles außer Haus zu vergeben, auch für Bremen infrage kommen würde. Das Ergebnis dieses Wirtschaftlichkeitstests in der Praxis war für die Behörde negativ, vor allen Dingen wegen der sehr differenzierten Trägerlandschaft in Bremen. Die Behauptung, es würden, nur noch einfache Dinge gemacht wie es der Rechnungshof befürchtete, ist Unsinn und falsch. Die Entscheidung, es weiterhin in der Behörde zu machen, ist die Entscheidung dazu, bei der sehr differenzierten Trägerlandschaft zu bleiben, anders als zum Beispiel in Hamburg, wo es nur drei oder vier große Träger gibt und alles nach Schema F geht. Es bleibt also in der Behörde.

Das nächste Problem – dies ergab sich erst nach der

Prüfung des Rechnungshofs -, das die Prüfbehörden in Bremen und in allen Ländern durchschüttelte, bestand in den wiederum neuen Anforderungen, die die Kommission im Oktober 2014 für die neue Förderperiode formuliert hatte. Sie müssen wissen, dass die Abrechnung der alten Förderperiode mit der neuen Förderperiode zusammentrifft, das heißt, es

besteht eine besondere Anforderung. Hinzu kommt eine Nachprüfung der Kommission. Damit muss das Ressort in der Tat fertig werden, und ich bin sicher, dass uns der Staatsrat in der Debatte erläutern wird, wie es das regeln will.

Ein Weg, der mit dem Rechnungshof erörtert wor

den ist und der gemeinsam eingeschlagen werden soll, ist die Ausweitung möglicher Pauschalierungen in der Abrechnung. Diese Möglichkeit eröffnet die Kommission neuerdings, und von ihr soll Gebrauch gemacht werden. Die jetzige Lage ist also durch komplizierte Neuregelungen gekennzeichnet. Herr Staatsrat Professor Stauch wird uns das, wie gesagt, sicherlich darstellen.

Meine Frage zum Schluss lautet, meine Damen

und Herren: Wo ist nun eigentlich der Skandal? – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächster Redner hat das

Wort der Abgeordnete Reinken.

Herr Präsident, liebe Kolle

ginnen und Kollegen! Ich schließe mich den Aus führungen von Hermann Kuhn, was die Details der Beschreibung des Problems angeht, an. Ich will sie nicht wiederholen. Hermann Kuhn hat sie mit großer Genauigkeit dargestellt, und er ist ja auch dafür bekannt, auf einen soliden Umgang mit Geld großen Wert zu legen. – Das musst du in diesen letzten Tagen ertragen.

Ein solider Umgang mit Geld ist natürlich in einem

Feld, in dem wir Geld ausgeben, um Arbeitsmarkt politik zu betreiben und damit am sozialen Zusam menhalt der Gesellschaft wirken, selbstverständlich. Wenn ich mir das neue beschäftigungspolitische Aktionsprogramm anschaue, das wir im Wesentlich auf dem ESF finanzieren, so haben wir dort inhaltlich eine Menge in diese Richtung realisiert. Das ist auch wichtig, weil häufig die Haltung vorherrscht, mit Geld, das einem andere geben und mit dem man glaubt, Gutes zu tun, könne man umgehen, wie man wolle. Nein, auch hierbei muss man selbstverständlich auf Genauigkeit achten.

Dennoch frage ich mich genau wie Hermann Kuhn,

was uns diese Aktuelle Stunde eigentlich sagen will und wo es hierbei um Aktualität geht. Nun gut, der Landesrechnungshof hat in seinen seit einigen Wochen vorliegenden Jahresbericht Fest stellungen getroffen. Aber, Herr Kollege Rupp, der Rechnungshof hat es nicht geprüft, was mit dem Geld gemacht wird. Er hat nur geprüft, wie es abgerechnet wird. Die inhaltliche Prüfung der Projekte, ob sie erfolgreich sind oder nicht, war niemals Gegenstand der Prüfung des Rechnungshofs.

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Das habe ich auch nicht behauptet!)

Es wäre vielleicht ganz interessant. Ich hätte nichts dagegen. – Er hat also nicht geprüft, was mit dem Geld geschieht, sondern wie es abgerechnet wurde.

Der Rechnungshof trifft Feststellungen zur Abwick

lung des zurückliegenden Förderzeitraums des ESF. Das ist seine Aufgabe. Die LINKE prolongiert das sozusagen in eine Zukunftskritik. Das ist überzogen. Ich habe unsere parlamentarische Aufgabe immer so verstanden: Der Rechnungsprüfungsausschuss schaut sich den Bericht des Rechnungshofs an, be nennt Mitglieder, die sich näher mit den Feststel lungen des Rechnungshofs befassen, geht in einen Dialog mit dem Rechnungshof, mit den betroffenen Ressorts, hört sich an, was sie dazu zu sagen haben, bearbeitet die Themen und unterbreitet dann dem Rechnungsprüfungsausschuss einen Beschlussvor schlag. Dieser Vorschlag kann darin bestehen, dass man die Mängel, die der Rechnungshof beschreibt, bestätigt; er kann aber auch darin bestehen, dass man die Kritik des Rechnungshofs relativiert. Denn auch der Rechnungshof ist ja nicht unfehlbar in seinen Feststellungen. Erst nach einer intensiven Befassung mit dem Thema und den unterschiedlichen Beteiligten ist dieser Vorschlag jedenfalls Grundlage für einen Beschluss im Rechnungsprüfungsausschuss, der dann auch Gegenstand der Berichterstattung hier ist. Ich finde, das ist ein Weg, der klug und richtig ist, und ich bin gespannt auf die Erkenntnisse und darauf, wie die parlamentarische Befassung am Ende aus sehen wird und wie viel am Ende von der heutigen Aktuellen Stunde, die ja ein wenig wahlkampfindi ziert ist, übrig bleibt. Denn der Rechnungshof hat ja zu den Feststellungen, die er rückblickend trifft, gleichzeitig den Stand und die Absichten berichtet, die im Arbeitsressort bestehen bzw. schon ergriffen worden sind, und die Konkretisierungen benannt, die dort nötig sind.

Ich will noch ein paar Bemerkungen zu ESF und

EFRE machen. Herr Kollege Rupp hat dies eingangs auch getan.

Wir bekommen ESF- und EFRE-Mittel, europäische

Mittel, von den europäischen Beitragszahlern. Das Geld ist verhandelt worden. Das ist kein Haushalts titel, der uns automatisch zusteht und nur abgerufen zu werden braucht. Bremen – ich will auch das für meine Fraktion sagen – hat hier optimal verhandelt und sehr gute Zuweisungen herausgeholt.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das gilt für die alte und für die neue Förderperiode. Ich will das aus der damaligen Diskussionen berich ten. Wir waren doch alle gemeinsam in Sorge, dass uns der ESF um, sagen wir einmal, mindestens ein Drittel gekürzt wird. Ein um ein Drittel gekürzter ESF hätte im Übrigen auch für die Bearbeitung von ESF-Möglichkeiten ganz andere personelle Heraus forderungen mit sich gebracht als die Summe, die

uns jetzt glücklicherweise zur Verfügung steht. Von daher war es eine gute Arbeit, und dafür muss man die Verwaltung loben.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Ein Zusammenhang zwischen Personalabbau und