Protokoll der Sitzung vom 09.12.2015

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Illegal offensichtlich nicht!)

oder man besucht das Spielcasino, das hier quasi um die Ecke liegt. Wir alle wissen, wie es um die Spielcasinos bestellt ist. Wir alle wissen, dass die Casinos Verluste machen, und wir alle wissen, dass auch Sportvereine leiden, weil entsprechende Einnahmen entfallen, weil sich das Spiel in das Internet verlagert hat. Casino- und Pokerspiele im Internet müssen insbesondere im Interesse der Spieler, des Jugendschutzes, der Suchtprävention und des Verbraucherschutzes unter europäischen, aber nicht – wie Sie es fordern – unter nationalen Gesichtspunkten geregelt werden. Sie fordern nämlich, dass man in Deutschland Server aufstellt und das Spiel über deutsche Server stattfindet. Das ist illusorisch, und das müssten Sie auch wissen, wenn Sie sich mit der Thematik beschäftigt hätten. Die Server stehen in Staaten, die beispielsweise ein sehr abgeschwächtes Recht im Hinblick auf den Spielerschutz und Jugendschutz haben beziehungsweise in denen kein Jugendschutzgesetz vorhanden ist. In diesen Staaten ist alles zweitrangig. Das kann man nur lösen, wenn man sagt, dass es hier nicht um ein stringentes Verbot geht, denn dieses Verbot bringt uns in der Sache in keiner Weise weiter. Wir werden nur einen Schritt vorankommen, wenn wir sagen, wir legalisieren diesen Markt, wir regulieren diesen Markt, wir schaffen Spielregeln und eine Transparenz, damit der einzelne Mensch, wenn er sich denn entscheidet zu spielen, entsprechende Sicherheiten hat.

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Ich habe nun zugehört und habe immer noch nicht gehört, wann es auf europä- ischer Ebene kommt!)

Wir halten ein pauschales Verbot für falsch. Deshalb müssen wir diesen Markt aus der Illegalität herausholen und europäische Lösungen anbieten. Wie gesagt, nationale Alleingänge werden den Schwarzmarkt verfestigen, sie werden ihn aber nicht regulieren.

Die Steuereinnahmen würde man zwar gern erheben, aber wir halten sie für zweitrangig,

(Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Wir auch!)

der Verbraucherschutz, der Jugendschutz und die Suchtprävention haben Vorrang.

Bremen wird sich intensiv in diese Debatte einbringen. Obwohl in den Bundesländern die Debatte unterschiedlich geführt wird, sei Ihnen noch einmal versichert, dass die Debatte dahingehend geführt werden wird, dass uns nur noch europäische Lösungen voranbringen, denn die Grünen sind ja an einigen Landesregierungen beteiligt. Wir werden in dieser Sache entsprechend vorangehen, damit wir uns in den Beratungen zum Glücksspielstaatsvertrag mit den anderen Ländern auf eine europäische Lösung einigen. – Danke schön!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen, SPD – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Dann muss ich also länger zuhören, bis das auf europäischer Ebene kommt!)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Her Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Geschäft mit dem Glücksspiel ist in der Tat ein riesiger Markt. Ich finde, es ist wirklich schon leicht zum Quietschen, dass die FDP sozusagen die Angst vor dem Markt entdeckt. Das, finde ich, ist bemerkenswert.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Wir wollen mehr Markt! – Abg. Dr. Buhlert [FDP]: Das nennt man soziale Marktwirtschaft! – Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Die FDP hält jede Tür offen!)

Sie wollen ja mit einem Trick arbeiten: Sie wollen den Markt weiter liberalisieren, um anschließend den Markt zu regulieren. Das ist auch eine neue Variante der FDP, die ich ganz interessant finde.

(Zurufe)

Wenn Sie alle durcheinanderreden, dann kann ich nichts verstehen!

Das Problem ist, dass wir vor einem Regulierungstrümmerhaufen und vor einem Trümmerhaufen stehen, sodass wir in keiner Weise positiv Einfluss auf das Glücksspiel und auf die Spielsucht nehmen können. Ich glaube, das kann niemand bestreiten.

Der Kollege von der SPD hat in der Debatte den Begriff Spielerschutz genannt. Was heißt Spielerschutz? Ich will Ihnen einmal ein paar Zahlen nennen. Im Jahr 2014 geht man davon aus, dass die Spieler in Deutschland 10 Milliarden Euro Spielverluste gemacht haben. In einem Jahr! Ich finde, das ist eine unglaubliche Zahl. In der letzten Debatte über das Bremer Spielcasino haben wir die Zahlen verglichen und festgestellt, dass es in den staatlichen Spielcasinos bundesweit zu 500 Millionen Euro Spielverlust kommt. Das heißt, Spielcasinos sind einfach out. Das haben wir leider mit unserem eigenen Spielcasino auch erlebt, weil Verluste mit Finanzmittel ausgeglichen werden mussten, die dann in anderen Bereichen fehlten.

Die Zahl der Sportwetten und insbesondere die Zahl der Online-Sportwetten hat unglaublich zugenommen. Menschen, die das professionell machen, haben Mitte 2015 festgestellt, dass man vom PC aus weltweit auf 21 847 Sportereignisse wetten konnte. Eine Regulierung ist bei Online-Sportwetten nicht möglich, die Anbieter machen, was sie wollen.

Meiner Empfindung nach war das Zocken zu einem gewissen Zeitpunkt gesellschaftlich infrage gestellt. Ich glaube, heute ist es nicht mehr der Fall. Ein schönes Beispiel dazu: Gerade bei den Sportwetten ist es so, dass Sponsoring stattfindet, und zwar auch Sponsoring von bekannten öffentlichen Personen. Ein Zitat einer öffentlichen Person lautet: „Sportwetten sind schon seit längerer Zeit ein natürlicher Partner des Sports. Es macht Spaß, es gehört einfach dazu. Es ist wahnsinnig populär, auch in allen Bevölkerungsschichten.“ Das sagt Oliver Kahn, der offensichtlich sein Geld nämlich nicht nur mit der Fernsehberichterstattung im ZDF als Fußballexperte verdient, sondern er ist auch Werbeträger für die Firma Tipico. Bei der Firma Tipico handelt es sich um einen der ganz großen Glücksspielkonzerne mit Firmensitz auf Malta.

Ein weiteres Beispiel, und das habe ich einmal selbst ausprobiert:

(Abg. Hinners [CDU]: Heimlicher Zocker! Dann sind Sie ja befangen! – Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Black- jack?)

Man kann auf die Homepage von Bayern München gehen, und man kommt dann von der Homepage von Bayern München ohne Umstände auf die unterschiedlichsten Homepages der Anbieter von Online-Sportwetten. Ich glaube, eine Regulierung funktioniert überhaupt nicht.

Vor einiger Zeit hat ein entsprechender Tagesordnungspunkt auf der Sitzung des Landtags gestanden und am gleichen Tag – und das habe ich als sehr interessant empfunden – ist vom Deutschlandradio Kultur eine circa zweistündige Sendung über das Geschäft mit dem Glücksspiel ausgestrahlt worden. Im Grunde genommen kann als Fazit der Sendung festgehalten werden, dass das staatliche Glücksspielmonopol durchlöchert ist. Immer mehr Menschen zo

cken im Internet. Private Anbieter aus dem In- und Ausland drängen auf legalen und illegalen Wegen in das Geschäft. Lobbyisten helfen, die Geldmaschine Glücksspiel immer wieder in Schwung zu bringen.

Ich glaube, die Intention des FDP-Antrags ist darin zu sehen, dass er ein Feld beschreibt, auf dem wir unbedingt etwas tun müssen. Wir müssen den Glücksspielstaatsvertrag bearbeiten und ihn irgendwie verändern. Wir müssen vielleicht doch einmal probieren, ob wir nicht irgendetwas für die Spieler und damit gegen die Spielsucht tun können.

Ich denke, der Antrag der FDP ist ein erster Anfang. Auch der bisherige bestehende Glücksspielstaatsvertrag muss evaluiert werden, die Evaluierung soll, glaube ich, bis zum 1. Juli 2017 erfolgen, daher kommt der FDP-Antrag ein bisschen zu früh. Aus dem Grunde werden wir ihn auch ablehnen und sagen, ja, es besteht ein Handlungsbedarf, aber noch nicht jetzt. – Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin hier für den erkrankten Abgeordneten Dr. Yazici und gestehe, Herr Professor Dr. Hilz, dass ich noch nicht im Internet gepokert habe.

(Beifall CDU, SPD – Abg. Frau Grotheer [SPD]: Dann haben Sie sich auch nicht strafbar gemacht!)

Ich bin mir auch nicht sicher, ob Sie da nicht etwas verwechselt haben. Die Geschichte von zehn auf 14 auf null erinnert mich zwar an die FDP, aber nicht an Glücksspiel.

(Beifall CDU)

Also, ich finde, wir müssen einfach mit der Situation umgehen, dass wir auch damals bei den Beratungen hier im Parlament zu diesem Glücksspielstaatsvertrag sehr genau wussten, dass rechtliche Risiken bestehen, die einfach so begründet waren, dass wir in Deutschland eine Regulierung von Glücksspiel hatten, die es nirgendwo anders in Europa gibt. In dem Moment, in dem die Europäische Union Zuständigkeiten auch für diesen Bereich bekommen und Kontrollbefugnisse übertragen erhalten hat, war es völlig klar, dass wir dieses System, das wir hatten, erklären mussten. Das ist teilweise gelungen, teilweise nicht.

Ich will an dieser Stelle nur erinnern, liebe Kollegen von der FDP, nun tun Sie doch nicht so, als ob sozusagen die Kanalisierung von Glücksspiel und die Einhaltung von Jugendschutz Ihr Anliegen im Zusam

menhang mit den Beratungen über den Glücksspielstaatsvertrag ist! Sie wollen die völlige Liberalisierung dieses Marktes!

(Beifall CDU, SPD)

Da sage ich ganz offen, das ist mit der CDU nicht zu machen. Wir wollen die Evaluation des bestehenden Glücksspielstaatsvertrages abwarten.

Im Übrigen kann ich auch Einzelheiten Ihres Antrags nicht so richtig verstehen; also warum die Verfassungswidrigkeit und die europapolitischen Bedenken jetzt dadurch beseitigt werden sollen, dass wir in Zukunft ausgerechnet 20 Konzessionsnehmer für Sportwetten haben.

(Abg. Professor Dr. Hilz [FDP]: Das haben Sie jetzt! Das wollen wir abschaffen!)

Nein, Sie wollen die Zahl verändern.

Ich glaube übrigens auch nicht, dass irgendjemand wegen einer Verlustgrenze pokert. Die Menschen, so denke ich anders als Herr Professor Dr. Hilz, gehen nicht mit der Erwartungshaltung an ein InternetPokerspiel heran, Geld zu verlieren. Deswegen finde ich es genau richtig, diesen Markt über Einsatzhöhen zu regulieren und nicht über eine Verlustgrenze, das will ich auch sagen.

(Beifall CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Die Vorstellung der Menschen ist doch nicht, dass sie das Spiel verlieren, sondern dass sie damit viel Geld verdienen, und deswegen ist es doch richtig, die möglichen Gewinne durch entsprechende Obergrenzen für die Einsätze zu regulieren und nicht zu sagen, du kannst hier nur wenig verlieren. Das, finde ich, ist irgendwie ein bisschen eigenartig.

Aus meiner Sicht ist es richtig, dass wir uns das ganz in Ruhe anschauen, was bei der Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages herauskommt. Ich glaube schon, dass das Ziel sein muss, diesen Markt so weit, wie es geht, auch weiterhin staatlich zu reglementieren. Ich glaube nicht an die Selbstheilungskräfte des Marktes und auch nicht daran, dass die Maßnahmen, die Sie aufgeschrieben haben, jemanden außerhalb der Europäischen Union davon abhalten werden, illegales Glücksspiel im Internet anzubieten, und zwar unabhängig davon, wo die Server stehen, und deswegen ist eine europäische Lösung auch nicht die Lösung zur Bekämpfung des illegalen Glücksspiels.

(Beifall CDU, SPD)

Wir wissen, dass wir nicht alle Menschen erreichen. Das ist in der derzeitigen Situation leider so, deswegen wird der Schwerpunkt auch in unserer politischen

Arbeit sein, über die Risiken des Glücksspiels weiterhin aufzuklären. Meiner Meinung nach muss ein großer Teil des Erfolges darin liegen, dass wir die Menschen darüber aufklären, dass es kein System auf der Welt gibt, wo alle immer nur gewinnen. Das ist eigentlich logisch, aber trotzdem denken auch beim Lotto „6 aus 49“ die Menschen, dass es sie gibt, die dieses System zu widerlegen in der Lage sind.

Mein Appell ist also, die Evaluation des Glücksspielstaatsvertrages abzuwarten. Es gibt keine Bremer Lösung, keine hessische Lösung, sondern wenn, dann muss es eine nationale Lösung geben, diese wollen wir als CDU gemeinsam mit den anderen Bundesländern auch mit Schleswig-Holstein verhandeln und einigen, und wenn es dann notwendige Änderungen zum Glücksspielstaatsvertrag gibt, werden wir es in dem Rahmen in Ruhe erörtern.

Ihren Antrag, meine Damen und Herren von der FDP, lehnen wir ab. – Vielen Dank!

(Beifall CDU, SPD)

Als Nächster hat das Wort Herr Senator Mäurer.