Die Bevölkerungsentwicklung ist in Bremen positiv, aber unter dem Durchschnitt. Der Indikator der Bildungs- und Innovationsfähigkeit wird im Verhältnis zu anderen Städten und Regionen vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut im unteren Mittelfeld eingeordnet. Der Anteil der Beschäftigten in wissensintensiven Wirtschaftszweigen ist mit nur jedem Vierten auch unterdurchschnittlich. Die Erreichbarkeit des Standortes Bremen liegt im Mittelfeld. Der Gesamtindex Bremens in diesem Bereich liegt im letzten Drittel, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Man muss sich immer wieder allgemeine Zahlen in der Entwicklung anschauen und zwar nicht von einem Jahr zum anderen. Das sieht man an München. Dort ist der Rückgang durch statistische Sondereffekte begründet, die nichts mit der eigentlichen Entwicklung in diesem Bereich zu tun haben. Deshalb muss man da ein bisschen vorsichtig sein. Wenn man die Statistiken liest, muss man sich auch die Fußnoten ansehen.
Man stellt fest, dass Bremen zwar tendenziell eine positive Entwicklung hat, diese aber weit unter dem Durchschnitt liegt. Ich schaue mir die Arbeitslosigkeit an. Wir haben weiterhin eine hohe durchschnittliche Arbeitslosigkeit von 10,4 Prozent im Dezember 2015. In anderen Bundesländern und im Bundesdurchschnitt sinkt der Wert. Unser Wert stagniert an der Stelle.
Das ist so. Er stagniert im Bremen. Im Bund haben wir selbst im Vergleich zum letzten Jahr weiterhin einen Rückgang von 6,4 auf 6,1 Prozent, Frau Dr. Schaefer. Das ist so. Das können Sie hier auch nicht wegreden, wenn man sich die Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ansieht. Auch da ist es so, dass in Bremen ein Anstieg vorhanden ist, aber der Bundesdurchschnitt wächst weiter.
Die Investitionsquote! Nachdem sie aufgrund ideologischer Scheuklappen des einen Koalitionspartners heruntergefahren worden ist, steigt die Investitionsquote wieder langsam an, jedoch weit unterdurchschnittlich, und alle Experten sind der Auffassung, dass Nachholbedarf besteht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Deswegen ist die Feststellung der Handelskammer schon im Gesamtkontext ein weiteres Indiz dafür, dass es mit dem Schönreden nicht weitergehen kann, meine sehr verehrten Damen und Herren von RotGrün,
Wir unterscheiden uns auch von der FDP. Noch einen neuen Masterplan? Wir haben in dieser Stadt landauf, landab zahlreiche Masterpläne: Industrie, Hochschule, Tourismus und so weiter, alles Paperwork. Es ist bisher konkret nichts umgesetzt worden. Der Wesenszug der Masterpläne ist der Konjunktiv: müsste, hätte, sollte und könnte. Es ist in den Masterplänen kein einziges konkretes Ziel formuliert worden. Von diesem Senat brauchen wir deshalb keinen weiteren Masterplan, sondern für die richtigen Handlungsfelder konkrete Maßnahmen und Strategien.
Ein wichtiges Handlungsfeld ist natürlich die Erreichbarkeit der Wirtschaftsstandorte Bremen und Bremerhaven. Gerade die A 281 ist das Paradebeispiel dafür, wie man es nicht macht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Wer ist denn eigentlich der Bundesverkehrsminister? – Abg. Röwekamp [CDU]: Es ist einmal wieder der Bund! Wie einfach!)
Für die Erreichbarkeit von Wirtschaftsstandorten ist es auch wichtig, dass möglichst schnell Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt werden, aber nicht, wie es die Grünen in dieser Koalition tun, dass man auf der Bremse steht.
Hansalinie, vielen Dank! Das Gewerbegebiet Hansalinie ist das nächste Beispiel. Seit zwei Jahren besteht für dieses wichtige Gewerbegebiet quasi ein Akquisitionsstopp, weil durch die Blockadehaltung der Grünen in der Koalition versäumt worden ist, die notwendigen Maßnahmen zur Erschließung des nächsten Bauabschnitts einzuleiten, sodass frühestens im Jahr 2017 die dann für den Industriestandort Bremen dringend benötigten neuen Flächen, Stichwort Daimler, zur Verfügung stehen werden.
Statistisch gesehen stehen in Bremen Gewerbeflächen in ausreichender Größe zur Verfügung, aber rechnen Sie bitte nicht immer wieder den Industriepark West in die zur Verfügung stehenden Gewerbeflächen hinein, denn Sie wissen doch genau, aus welchen Gründen damals die Flächen erworben und ausgewiesen worden sind.
Sie müssen zu einer differenzierteren Herangehensweise kommen, auch qualitativ bewerten und beurteilen, aber nicht nur quantitativ. Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass es bei Rot-Grün an der notwendigen Durchsetzungsfähigkeit und an der Erkenntnis in den wichtigen Themenfeldern leider mangelt.
Der OTB ist – weil Sie ihn schon angesprochen haben – auch ein Beispiel Ihrer verfehlten Politik. In Bremerhaven stagnieren die Zahlen, einmal ein bisschen mehr, einmal ein bisschen weniger. Für den Industriebereich zeichnet sich bei den Umsätzen eine Seitwärtstendenz ab.
(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: Wenn man das EEG auf Bundesebene schlechtre- det, dann muss man sich nicht wundern!)
Ja, Frau Dr. Schaefer, Sie haben genau recht! Durch die irrsinnige Annahme Ihrer Finanzsenatorin ist es zu einer zweijährigen Verzögerung bei der Erschlie
ßung und beim Bau des OTB gekommen. Diese Verzögerung ist einer der wesentlichen Gründe für Siemens gewesen, sich in Cuxhaven und nicht in Bremerhaven anzusiedeln.
Frau Dr. Schaefer, zu Ihren Zwischenrufen fällt mir ein altes Wort von Konrad Adenauer ein, Sie sind der lebende Beweis dafür: „Wir leben zwar alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“
(Beifall CDU – Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/ Die Grünen]: Zu Ihnen fallen mir auch einige Sprich- wörter ein!)
Ich würde mich freuen, wenn wir an dieser Stelle mit der Diskussion beginnen, an welchen Punkten wir handeln müssen, damit sich der Industriestandort Bremen verbessert. Einfach nur Bürokratieabbau zu sagen, das hilft uns ehrlicherweise auch nicht weiter. Man muss schon schauen, an welchen Stellen wir ansetzen müssen.
Wenn wir über die Digitalisierung reden, Industrie 4.0, dann würde ich mich freuen, wenn die öffentliche Verwaltung in Bremen und Bremerhaven zwischenzeitlich bei 2.0 angekommen wäre. Es hilft uns nicht, die bestehenden Regelungen um die eine oder andere Vorschrift zu verringern. Nein, wir müssen schneller und effektiver werden, und deswegen müssen wir die öffentliche Verwaltung digitalisieren.
Digitalisieren bedeutet nicht, dass man ein Blatt Papier einscannt und dann per E-Mail von dem einen zu dem anderen Arbeitsplatz verschickt. Es geht bei der Digitalisierung um die Vernetzung und Verknüpfung von Informationen. In Bremen befindet sich die öffentliche Verwaltung leider in der Steinzeit, weil die notwendigen Maßnahmen nicht eingeleitet worden sind.
Die am Standort entstehenden Kosten sind als weiterer entscheidender Faktor zu nennen. Die richtigen Gewerbeflächen müssen zum richtigen Zeitpunkt ausgewiesen werden. Ich kann nur hoffen und an die Koalition appellieren, dass man sich irgendwann – so lange wird es ja auch nicht mehr dauern – bei den eigenen Politikfeldern konkreten Zielen unterwirft, dass Sie einmal ganz konkret darstellen – einmal un
terstellt, dass die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode besteht –, was Sie bis zum Ende der Legislaturperiode erreichen wollen.
Welche Ziele haben Sie im Bereich des Wirtschaftswachstums? Welche Ziele haben Sie unter normalen Umständen? Wie wollen Sie sich im Bundestrend entwickeln? Wollen Sie weiterhin den hohen Abstand halten, oder wollen Sie ihn reduzieren? Mit welchen Schwerpunkten wollen Sie in der Industriepolitik die Umsätze befördern?
Es ist natürlich richtig – und das hat die Handelskammer richtigerweise zum Ausdruck gebracht –, dass der Befund, dass Bremen bundesweit nur noch den achten Platz bei den Industriestandorten einnimmt, nicht damit zusammenhängt, dass in Bremen keine starken Unternehmen angesiedelt sind. Das muss man in dem Zusammenhang noch einmal sagen. Allerdings muss man in dem Zusammenhang auch noch einmal über die Gründe nachdenken, die zu einer Verbesserung bei anderen Standorten geführt haben.
Ich glaube, das ist der entscheidende Punkt, der uns aufgrund dieser Debatte und anhand dieses Befundes in den kommenden Wochen und Monaten im Rahmen der Wirtschaftspolitik begleiten sollte. Wenn das so ist, dann hätte diese Aktuelle Stunde einen entscheidenden positiven Beitrag für dieses Politikfeld geleistet. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich könnte mir jetzt ebenfalls das Vergnügen bereiten und noch die eine oder andere ergänzende Statistik vortragen, um dann in dem Wust unterschiedlicher Statistiken, die hier schon zitiert worden sind, eine Interpretation nachzuliefern, die mehr in unsere Richtung zeigt. Ich glaube, dass wir schon gemerkt haben, wie unterschiedlich Zahlen bewertet werden können, und dass sich möglicherweise auch die Wahrnehmung des Wirtschaftsstandortes, die Wahrnehmung der Realität in Bremen und Bremerhaven hier im Hause unterscheidet. Das hat man ja eben dem einen oder anderen Redebeitrag entnehmen können.
Wenn ich mir vor Augen führe, dass die Zahl der versicherungspflichtigen Arbeitsplätze weiter steigt, dass Bremen gerade auch für das Umland eine zentrale Funktion ausübt, dass mehr als 400 000 Menschen in Bremen Arbeit finden, dass mehr als 100 000 Men
schen aus dem Speckgürtel Bremens stammen, dann ist das nach meiner festen Überzeugung eine Zahl, auf die man stolz sein kann, weil diese Zahl am Ende auch einen Teil der Rendite darstellt, die in bremischen Unternehmen, die in der bremischen Wirtschaft erwirtschaftet wird. Das ist eine Rendite, die nach der Auffassung des Senats insbesondere für diesen Standort wichtig ist, meine Damen und Herren.
Ich will des Weiteren darauf hinweisen, die Einzelthemen sind schon genannt worden, dass wir circa 300 Millionen Euro in den Wirtschaftsstandort investieren, in den Offshorebereich, in das Gewerbegebiet Hansalinie, das am Kraftband der A 1 liegt und von ganz zentraler Bedeutung insbesondere für den Automobilstandort ist.
Nachdem wir inzwischen in Deutschland und inzwischen auch in Bremen nur noch Fans der Industrie haben, muss man immer wieder einmal daran erinnern.