Herr Präsident, meine Damen und Herren! Drei Wochen nach der Silvesternacht von Köln stehen wir noch immer unter dem Eindruck des Geschehens. Das hat die bisherige Debatte gezeigt. Dass es dort zu massenhaft sexuellen Übergriffen auf Frauen gekommen ist, hat uns alle tief betroffen gemacht. Diese Kölner Silvesternacht darf sich nicht wiederholen.
Es muss jetzt zunächst darum gehen, die dortigen Vorfälle schonungslos aufzuklären. Herr Hinners, auch ich habe mich über die Sachen gewundert, die Sie hier schon als Ermittlungserkenntnisse dargestellt haben.
Ja! Sie stellen aber zum Beispiel schon als Tatsache dar, dass auch die sexuellen Übergriffe im Vorfeld systematisch abgesprochen wurden.
(Abg. Hinners [CDU]: Was glauben Sie denn? – Abg. Röwekamp [CDU]: Das hat doch ein Tatverdächtiger eingeräumt!)
(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Also ehrlich gesagt, in der Öffentlichkeit wird gerade diskutiert, warum so wenig Täter dingfest gemacht werden!)
Frau Kollegin Vogt, Sie haben gleich die Möglichkeit, in Ihrem Redebeitrag darauf einzugehen. Jetzt hat Herr Kollege Zicht das Wort.
Politik muss auch und gerade in einer solchen Situation Augenmaß bewahren. Ich warne davor, jetzt in Aktionismus zu ver
Sie haben uns im November vorgeworfen, wir würden Absprachen zwischen Frau Merkel, Herrn Gabriel und Herrn Seehofer hier nicht umsetzen,
die nie Gesetzeskraft erlangt haben. Jetzt mahnen Sie an, dass wir Absprachen zwischen Herrn de Maizière und Herrn Maas möglichst schnell umsetzen sollen. Wenn der Bund möchte, dass wir bestimmte Dinge umsetzen sollen – darauf bestehen wir dann doch –, dann muss er das in das Bundesgesetzblatt schreiben. Ich glaube, das ist nicht zuviel verlangt.
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Röwekamp [CDU]: Wir wollen ja nur wissen, ob Sie dabei mit- machen!)
In dem Titel schreiben Sie Abschiebegesetze, auch da möchte ich auf den kleinen, aber feinen Unterschied hinweisen: Im Papier von Herrn de Maizière und Herrn Maas geht es gar nicht um Abschiebe-, sondern um Ausweisungsregelungen. Der kleine, aber feine Unterschied ist, dass die Ausweisung ein Rechtsinstitut ist, das vor der Abschiebung anzuwenden ist. Es handelt sich hierbei nicht um eine Formalität, sondern darum, dass die rechtlichen Anforderungen an eine Abschiebung eine höhere Qualität besitzen müssen als bei einer Ausweisung. Es reicht also beispielsweise nicht aus, dass das Herkunftsland bereit ist, den ausgewiesenen Staatsangehörigen aufzunehmen. Die Auflösung dieser Problematik – gerade in Bezug auf die nordafrikanischen Länder – ist in dem gemeinsamen Papier nicht beschrieben. Insofern ist es ein bisschen Augenwischerei, wenn man es jetzt so darstellt, als könne das Papier viel ändern.
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Röwekamp [CDU]: Aber wenn man nicht ausweist, dann kann man auch nicht abschieben!)
Die Bearbeitungszeiten des BAMF, die Sie völlig zu Recht erwähnt haben, sind natürlich viel zu lang. Sie tragen gerade auch dazu bei, dass es praktische Probleme gibt, dass Mitglieder von kriminellen Banden, die aus dem Ausland nach Deutschland kommen, um ständig Raubdelikte und andere schwere Straftaten zu begehen, die natürlich mit einer Ausweisung rechnen müssten, ausgewiesen werden.
Die Frage ist ja: Stehen die aktuellen Regelungen des Aufenthaltsgesetzes derartigen Ausweisungen überhaupt im Wege? Der Bundestag hat im Sommer nach reiflicher Überlegung eine Neuregelung der Regelungen für die Ausweisung beschlossen. Sie ist am
1. Januar in Kraft getreten, und bisher sind noch nicht einmal drei Wochen vergangen. Wenn jetzt die Herren de Maizière und Maas glauben, innerhalb von wenigen Tagen eine besser durchdachte Regelung gefunden zu haben, dann glaube ich das, ehrlich gesagt, nicht ohne Weiteres.
Ich will auch auf Artikel 33 Absatz 2 der Genfer Flüchtlingskonvention hinweisen, in dem steht, dass nur derjenige ausgewiesen werden darf, der aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit des Landes anzusehen ist, in dem er sich befindet, oder der eine Gefahr für die Allgemeinheit dieses Staates bedeutet. Es muss also eine Gefahr von dieser Person ausgehen.
Ja! Im Paragrafen 56 des Strafgesetzbuches steht zur Bewährung: „Das Gericht setzt die Vollstreckung zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird.“
Wenn ein deutsches Gericht rechtskräftig feststellt, dass davon auszugehen ist, dass von dem Betroffenen keine Straftaten mehr begangen werden, warum geht dann von dieser Person eine Gefahr aus? Eine Bewährungsstrafe kann daher gar nicht zu einer Abschiebung führen.
Sie setzten sich hier einmal ganz leichtfüßig mit zwei Sätzen über die Genfer Flüchtlingskonvention hinweg. Sie scheinen damit überhaupt kein Problem zu haben, und das macht mir dann schon ein bisschen Sorgen.
(Beifall Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Röwekamp [CDU]: Deswegen werden Bewährungstäter ja auch nie wieder straffällig, nicht?)
Die Täter von Köln müssen ermittelt und mit angemessener Härte bestraft werden, denn jede Frau – und das ist wichtig – muss sich frei und ohne Angst im öffentlichen Raum bewegen können.
Dafür muss man nicht die Regelungen für die Ausweisung des Aufenthaltsgesetzes verändern, sondern die Strafbarkeitslücken des Sexualstrafrechts schließen!
Die Pläne der Bundesregierung – endlich macht sie überhaupt einmal ein paar Schritte – gehen dort aber immer noch nicht weit genug. Die Bundesregierung will nur die Fälle, in denen der Täter einen Überraschungsmoment oder die Furcht des Opfers ausgenutzt hat, zusätzlich unter Strafe stellen. Es soll nach der Meinung der Bundesregierung auch künftig immer noch nicht reichen, wenn das Opfer erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, dass es mit der sexuellen Handlung nicht einverstanden ist. Wir Grünen finden: Nein heißt nein, und zwar ohne Wenn und Aber!
Nur diese Auffassung entspricht im Übrigen auch der Istanbul-Konvention des Europarats, die eigentlich seit 2011 für Deutschland verbindlich ist. Die Kollegin Aulepp hat auch schon darauf hingewiesen – und das sollte man in diesem Zusammenhang nicht vergessen –, dass die meisten sexuellen Misshandlungen im privaten Umfeld stattfinden. Es gibt eine jüngere Untersuchung der Bremer Hochschule für Öffentliche Verwaltung zu Sexualstraftaten. Nach dieser Untersuchung kannten sich 75 Prozent der Täter und Opfer bereits vor der Tat. Lediglich 20 Prozent der Taten fanden im öffentlichen Raum statt.
Vor diesem Hintergrund hat Frau Aulepp auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Vergewaltigung in der Ehe noch nicht so lange strafbar ist. Erst 1997 hat sich der Bundestag dazu durchringen können. Die halbe Fraktion der Union hat damals gegen die Gesetzesänderung gestimmt. Gerade die Bremer CDU hat mit ihren beiden Abgeordneten, Neumann und Teiser, allen Ernstes 1997 noch die Auffassung vertreten, dass es den Staat nichts angeht, wenn eine Ehefrau im Ehebett vergewaltigt wird.
Bei mir entsteht ein gewisser fader Beigeschmack, wenn Sie jetzt so tun, als sei der Kampf gegen sexualisierter Gewalt für Sie schon immer eine Herzensangelegenheit gewesen.
Mich stören aber noch viel mehr all die deutschen Männer, die jetzt plötzlich Frauenrechte für sich entdeckt haben, seit dem sie unter diesem Vorwand gegen Flüchtlinge hetzen können.
Hier werden Frauenrechte und sexuelle Gewalt gegenüber Frauen für rassistische und fremdenfeindliche Zwecke missbraucht. Diese Instrumentalisierung dürfen wir diesen Hetzern auf gar keinen Fall durchgehen lassen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich kann, glaube ich, ziemlich nahtlos an meinen Vorredner anschließen,