Protokoll der Sitzung vom 20.01.2016

Meine Damen und Herren, für die CDU-Fraktion sind die genannten Vorhaben notwendig, um die überwiegende Mehrzahl der unbescholtenen Flüchtlinge in Deutschland zu schützen, denn nichts wäre für unser Land schlimmer, als das Vorurteil in der Gesellschaft, nach dem alle Flüchtlinge kriminell sind oder nur unser Sozialsystem ausnutzen wollen.

Wir fordern deswegen den Senat auf, die Vorhaben der Bundesregierung zu unterstützen und in Bremen umzusetzen. Das bedarf zwar noch eines Beschlusses des Bundestages, der in Kürze zu erwarten ist. Der rot-grüne Senat sollte sich im Interesse einer schnellen Umsetzung unverzüglich einigen. – Vielen Dank!

(Beifall CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Aulepp.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Wieder einmal beschäftigt uns in diesem Hause die Frage, wie wir mit den Menschen umgehen, die bei uns in Deutschland und in Bremen sowie in Bremerhaven Schutz suchen. Das ist aus mehreren Gründen heraus gut.

Die aktuellen weltweiten Migrationsbewegungen haben zu einer erheblichen Erhöhung der Zuwanderung bei uns geführt, man könnte auch sagen: Den Menschen geht es in ihren Herkunftsländern und auch in den angrenzenden Staaten, in die der weit größere Teil der Migration stattfindet, so existenzbedrohend schlecht, dass sie die ebenso lebensbedrohenden Fluchtbedingungen auf sich nehmen, um nach Europa zu kommen. Die Flucht nach Deutschland wird also auf längere Zeit bestimmendes Thema in der Politik sein. Weil das so ist, müssen wir dafür sorgen, dass die Zuwanderung nicht auf Kosten der bereits länger in Deutschland, in Bremen und Bremerhaven lebenden Menschen geht.

Das gilt für unsere demokratischen Errungenschaften, für die öffentliche Daseinsvorsorge ebenso wie für die Sicherheit vor Straftaten. Das müssen wir in Debatten wie der heutigen deutlich machen. Das müssen wir auch durch entschiedenes staatliches Handeln umsetzen.

(Beifall SPD)

Erlauben Sie mir die Bemerkung vorab, die ich leider bisher in jeder Debatte zur Zuwanderung machen musste. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unseren beiden Städten ist es wichtig, dass wir uns um die realen Probleme kümmern, dass wir sie wahrnehmen und Lösungen anbieten. Brandgefährlich ist es aber, mit wohlfeilen Parolen Ängste und Ressentiments zu schüren, die einer in unseren Städten und im Land gelingenden Integration denjenigen schaden, die dauerhaft hierbleiben werden.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Es nützt überhaupt nichts, Vorurteile gegen diejenigen zu schüren, die unser Land wieder verlassen müssen. Da bin ich auch beim Anlass für die heutige Aktuelle Stunde. Natürlich müssen sich diejenigen, die auf der Flucht bei uns ankommen, auch an die bei uns geltenden Regeln halten.

(Beifall SPD)

Diejenigen, die das nicht tun, sondern schwerwiegende Straftaten begehen, vergiften das gesellschaftliche Klima und stellen die Willkommensstimmung auf

eine harte Probe. Sie schaden denjenigen, die sich integrieren wollen; denn die überwältigende Mehrheit will sich integrieren.

(Beifall SPD)

Herr Kollege Hinners ist mit Bemerkungen zu den sogenannten Ereignissen von Köln eingestiegen. An der Stelle scheint Herr Hinners bessere Erkenntnisse zu haben als die Strafverfolgungsbehörden, die die Vorgänge noch aufklären.

(Beifall SPD)

Ich bekenne, eine feministische Politikerin zu sein. Ich möchte an dieser Stelle sagen, ich bin sehr froh, dass es im Moment solch ein klares Bekenntnis gegen sexuelle Übergriffe auf Frauen gibt. Das war nicht immer so.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Dieses klare Bekenntnis hilft allen Frauen, sich zu äußern und Anzeige zu erstatten. Diese Hilfe ist angesichts der hohen Dunkelziffer bitter nötig.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Nicht so erfreulich ist, wenn sexuelle Gewalt gegen Frauen für rechte und rassistische Parolen missbraucht wird. Die Debatte, die sexuelle Gewalt gegen Frauen mit Flucht und Vertreibung verknüpft, ist an dieser Stelle verlogen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Studien der EU und von Terre des Femmes belegen die traurige Kontinuität, dass jede dritte Frau in Europa und auch in Deutschland Gewalterfahrungen macht und jede zweite in ihrem Leben sexuell belästigt wird. Der überwiegende Teil der sexuellen Übergriffe auf Frauen und Mädchen findet in der Familie statt. Das ist traurig, aber wahr.

(Beifall SPD)

Traurig ist auch, dass dieselben Politiker, die jetzt gegen das Bestehen vorgeblich rechtsfreier Räume wettern,

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

jahrzehntelang und vehement rechtsfreie Räume in der Ehe für dringend erhaltenswert proklamiert haben und die Vergewaltigung von Ehefrauen durch ihre Männer nicht bestrafen wollten. Davon sind wir – ein Glück! – jetzt endlich weg.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Das von Herrn Hinners prognostizierte Dauerproblem bei der Einstellung von Männern gegenüber Frauen besteht also schon lange, und zwar auch im sogenannten deutschen Kulturkreis.

(Abg. Frau Dr. Schaefer [Bündnis 90/Die Grünen]: So ist es!)

Das ist nicht schön, aber das ist Fakt. Das kann man hier auch nicht wegreden.

Wir möchten das klare Signal, dass gegen sexistische Übergriffe und natürlich besonders gegen Gewalt konsequent vorgegangen wird, und zwar unabhängig davon, aus welchem Kulturkreis die Täter kommen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Das darf keiner! Daran haben sich alle zu halten. An dieser Stelle sage ich deutlich, es gibt in Deutschland keine rechtsfreien Räume. Das Recht gilt überall und für jede und jeden und muss deshalb auch überall durchgesetzt werden. Für Menschen, die sich nicht an Recht und Gesetz halten, müssen wir eine rechtsstaatliche deutliche Antwort haben und auch einmal klare Kante zeigen. Wer Straftaten begeht, wird strafrechtlich verfolgt. Wenn in rechtsstaatlichen Verfahren, Tat und Täterschaft endgültig festgestellt werden, wird die notwendige und angemessene Rechtsfolge verhängt und auch vollstreckt.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

An der Stelle möchte ich als justizpolitische Sprecherin sagen, wir sind zu Recht stolz auf das hohe rechtsstaatliche Niveau unseres deutschen Strafvollzugs, dessen Rechtsstaatlichkeit unter Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte weltweit leider keine Selbstverständlichkeit ist.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Deshalb ist es für uns auch selbstverständlich, dass in Deutschland verhängte Freiheitsstrafen grundsätzlich in deutschen Justizvollzugsanstalten vollstreckt werden.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Wenn aber deutlich wird, dass Menschen, die bei uns Schutz suchen, diesen Schutz ausnutzen, um hier Straftaten zu begehen, dann müssen wir auch darauf eine klare Antwort haben. Diese haben wir mit dem Aufenthaltsgesetz in seiner aktuell geltenden Fassung. Wer als Ausländer die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet, wird ausgewiesen, wenn nach der notwendigen Abwägung im Einzelfall das öffentliche Interesse an der Ausreise gegenüber dem

Interesse an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet überwiegt. So heißt es in Paragraf 53 des Aufenthaltsgesetzes. Das ist dann der Fall, wenn jemand unbeirrt Straftaten in einem Ausmaß begeht, die die Verhängung von erheblichen Strafen erforderlich gemacht hat.

Das hat ungeachtet von statistischen Werten nichts mit Nationalitäten zu tun, sondern das kann allein an den Taten festgemacht werden. Wenn hier eine Debatte geführt wird, die das an Nationalitäten festmacht, ist auch das schädlich, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Dass Gesetze in einem Rechtsstaat immer wieder auf ihre Wirkung überprüft werden müssen und dass geschaut werden muss, ob das reicht, ist gut und richtig. Richtig ist aber auch, dass zur Wahrung unserer Rechtsstaatlichkeit in jedem Einzelfall sorgfältig geschaut werden muss, was die richtige Entscheidung ist. An dieser Stelle möchte ich noch einmal, diesmal aber in aller Kürze sagen, die Suggestion, schärfere Abschiebegesetze und vermehrte Abschiebungen würden gesellschaftliche Probleme lösen, ist falsch. Ich halte sie auch für schädlich.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen, DIE LINKE)

Wichtig ist uns als SPD-Fraktion jenseits von Gesetzesänderungen in erster Linie, dass Gesetze ordentlich und zum Schutz aller Menschen angewandt werden. Ich bin davon überzeugt, dass wir das in Bremen auch tun. Ich bin davon überzeugt, dass die Polizei alles tut, um als Gefahrenabwehrbehörde Straftaten zu verhindern und dass sie bei einer Gefahrenlage zügig und entschieden eingreift.

Ich bin froh, dass sowohl der Innensenator als auch der Polizeipräsident und der Direktor der Ortspolizeibehörde Bremerhaven in der letzten Sitzung der Innendeputation deutlich gemacht haben, dass die Polizei hier in Bremen anders aufgestellt ist als die Kölner Polizei in der Silvesternacht. Sie haben deutlich gemacht, dass unsere Strafverfolgungsbehörden zügig und entschieden unter Nutzung aller Ermittlungsansätze und ohne Scheuklappen ermitteln, dass unsere Gerichte auf Straftaten angemessen reagieren, dass im Strafvollzug der Resozialisierungsgedanke nicht nur im Vordergrund steht, sondern auch gelebt und umgesetzt wird.

Sie haben deutlich gemacht, dass unsere Ausländerbehörde sachlich und dem Einzelfall angemessen prüft und entscheidet, wer unseren Schutz in einer Weise missbraucht, dass wir ihn versagen müssen. Dann muss die Ausländerbehörde danach handeln und die Ausweisung und Abschiebung von Serienstraftätern, bei denen das besondere Ausweisungsinteresse besteht, prioritär behandeln. Das ist uns als SPD-Fraktion natürlich auch wichtig. Auch das ist zurzeit der Fall, meine Damen und Herren. – Ich danke Ihnen!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zicht.