Protokoll der Sitzung vom 24.02.2016

Gesetz zur Stärkung der Regionalsprache Niederdeutsch im Medienbereich – Gesetz zur Änderung des Bremischen Landesmediengesetzes und des Radio-Bremen-Gesetzes Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 22. September 2015 (Drucksache 19/78) 2. Lesung Wir verbinden hiermit: Gesetz zur Stärkung der Regionalsprache Niederdeutsch im Medienbereich – Gesetz zur Änderung des Bremischen Landesmediengesetzes und des Radio-Bremen-Gesetzes Bericht und Antrag des Ausschusses für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit vom 18. Januar 2016 (Drucksache 19/247) 2. Lesung sowie Bremisches Ausführungsgesetz zu § 21 des ZDFStaatsvertrages Mitteilung des Senats vom 5. Januar 2016 (Drucksache 19/233) 2. Lesung

und Radio-Bremen-Gesetz (RBG) Mitteilung des Senats vom 16. Februar 2016 (Drucksache 19/279) 1. Lesung des Weiteren Barrierefreiheit im Radio-Bremen-Gesetz verankern Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 23. Februar 2016 (Drucksache 19/302) und Den Rundfunkrat der gesellschaftlichen Realität anpassen Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen vom 23. Februar 2016 (Drucksache 19/303) sowie Rundfunkrat um den Sozialverband Deutschland (SoVD) erweitern Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 24. Februar 2016 (Drucksache 19/304)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Bürgermeister Dr. Sieling.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen, Drucksache 19/78, in ihrer 6. Sitzung am 14. Oktober 2015 in erster Lesung beschlossen und zur Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit überwiesen. Dieser Ausschuss legt mit der Drucksachen-Nummer 19/247 seinen Bericht und Antrag dazu vor.

Den Gesetzesantrag des Senats, Drucksache 19/233, hat die Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 13. Sitzung am 21. Januar 2016 in erster Lesung beschlossen.

Wir kommen zur ersten Lesung der Gesetzesvorlage des Senats, Drucksache 19/279, und zur zweiten Lesung der anderen Gesetzesvorlagen.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat der Abgeordnete Patrick Öztürk.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mein Kollege Sükrü Senkal wird in der zweiten Runde über das Gesetz zur Stärkung der Regionalsprache Niederdeutsch im Medienbereich etwas sagen, und ich werde meinen Beitrag auf das Radio-Bremen-Gesetz fokussieren, und dies berechtigterweise, wie ich finde, denn das vorliegende Gesetz ist Resultat eines langen und intensiven Novellierungsprozesses. Dem vorausgegangen war ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, aus dessen Begründung sich konkrete Vorgaben für gesetzliche Neuregelungen des ZDF-Staatsvertrages

und damit auch für die Rundfunkanstalten des Landes Bremen ergaben.

Ich bin mir sicher, es ist dieser intensiven Arbeit zu verdanken, dass der Senat mit dem vorliegenden Gesetz Regelungen auf den Weg bringt, die auch den hohen Erwartungen meiner Fraktion an ein solches Gesetz gerecht werden, denn gleich an mehreren Stellen sind positive Neuregelungen zu verzeichnen.

Punkt eins: Der Anteil an staatlichen und staatsnahen Mitgliedern des Rundfunkrates wird auf ein Drittel begrenzt, womit wir nicht nur den Vorgaben des Bundesverfassungsurteils folgen, sondern auch den Weg für eine demokratischere und unabhängigere Medienkontrolle ebnen.

Punkt zwei: Dem Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit wird die Möglichkeit gegeben, einen Vertreter in den Rundfunkrat zu entsenden, der sich für die Belange der Barrierefreiheit einsetzt. Das war vorher nicht so vorgesehen, stellt in meinen Augen aber eine längst überfällige Erweiterung dar, nicht nur dadurch, dass durch die Neuregelung der Rundfunkgebühren nun auch behinderte Menschen einen Beitrag zahlen müssen, sondern auch, weil behinderte Menschen ein Recht und einen Anspruch auf mediale Teilhabe haben, sollte dafür gesorgt werden, dass ein Repräsentant für behinderte Menschen im Rundfunkrat vertreten ist.

(Beifall SPD)

Darüber hinaus ist die SPD-Fraktion der Auffassung, dass mediale Barrierefreiheit eines der wichtigen Zukunftsthemen auf der Agenda von Radio Bremen sein wird, und fordert daher explizit in ihrem ersten Antrag, dass Radio Bremen bei seinen Angeboten für die Belange von behinderten Menschen die Bemühungen intensiviert.

(Beifall SPD)

Sie sehen also, liebe Kolleginnen und Kollegen von den LINKEN, dass das Gesetz in Kombination mit den Anträgen der SPD-Fraktion den Auftrag erfüllt, einen Menschen in den Rundfunkrat zu entsenden, der sich für Behinderte einsetzt, und damit auch das Vorhaben, das Thema Barrierefreiheit zu intensivieren, verwirklicht. Deswegen sehen wir die Notwendigkeit Ihres Antrags nicht. Wir sind aber gern bereit, im Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit noch einmal darüber zu diskutieren.

(Präsident Weber übernimmt wieder den Vorsitz.)

Punkt drei: Der Verwaltungsrat wird stärker als bisher als Expertengremium aufgestellt. Das bedeutet, dass die sechs Mitglieder, die vom Rundfunkrat entsendet

werden, künftig jeweils über klar definierte fachliche Qualifikationen verfügen sollen, um eine effektive und externe Aufsicht sicherzustellen.

Punkt vier: Künftig wird die Mitgliedschaft im Rundfunkrat bereits ab dem 16. Lebensjahr ermöglicht. Damit setzen wir nicht nur ein Vorhaben der Koalitionsvereinbarung um, sondern wollen explizit die Interessen und Belange junger Menschen für Radio und Fernsehen im Lande Bremen stärker berücksichtigen.

(Beifall SPD)

In gleicher Manier möchten wir Radio Bremen ausdrücklich dazu ermuntern, neue Medien und soziale Netzwerke zu nutzen, um die Anstalten näher auf die Belange der User zu zuschneiden und sich vielleicht auch neue Zugänge zu jüngeren Usern zu erschließen.

Punkt sechs: Ein Vertreter der Alevitischen Gemeinde im Lande Bremen erhält einen Sitz im Rundfunkrat. In Anbetracht dessen, dass der Staatsvertrag mit den Aleviten bereits 2014 geschlossen wurde, ist dies eine erfreuliche Nachricht und ein längst erforderlicher Schritt.

Da der Rundfunkrat bekanntermaßen gesellschaftliche Realitäten abbilden soll, ist dieser Schritt nicht nur erforderlich, sondern nach Meinung der SPDFraktion ist ebenso wichtig, dass Menschen, die nicht explizit einer religiösen Gemeinschaft angehören, auch im Rundfunkrat vertreten sind. Daher fordert die SPD in einem weiteren Antrag zum Radio-Bremen-Gesetz, auch die Humanistische Union als Mitglied in den Rundfunkrat aufzunehmen.

(Beifall SPD, DIE LINKE)

Der letzte Punkt, den ich anführen möchte: Die Antidiskriminierungsvorschriften im Radio-Bremen-Gesetz werden so erweitert, dass Geschlecht und sexuelle Orientierung aufgenommen werden. Da die SPD dies ausdrücklich begrüßt und in einer modernen Gesellschaft das Recht auf freie Liebe und eine freie Gestaltung der sexuellen Selbstbestimmung versteht, fordern wir darüber hinaus ebenso, ein Mitglied des Lesben- und Schwulenverbandes Niedersachsen-Bremen e. V. als Mitglied in den Rundfunkrat aufzunehmen.

(Beifall SPD)

Dabei möchte ich es erst einmal belassen. Ich bedanke mich bei allen, die an der Gesetzgebung beteiligt waren und mitgewirkt haben. Ich werbe dafür, die vorliegenden Anträge in den Ausschuss für Wissenschaft, Medien, Datenschutz und Informationsfreiheit zu überweisen und die vorliegenden Gesetzentwürfe zu unterstützen. – Vielen Dank!

(Beifall SPD)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch bei uns wird es so sein, dass in einer zweiten Runde der Bereich der niederdeutschen Sprache noch einmal vom Kollegen Imhoff angesprochen werden wird.

Herr Öztürk, Sie haben ja versucht, mit gewählten Worten den Eindruck zu vermitteln, als ob Sie mit den Änderungsanträgen und den Anträgen, die gestern Abend und heute eingegangen sind, irgendeine Strategie verfolgen, aber Sie haben schlicht etwas vergessen und versuchen das ein bisschen zu übertünchen. Sie legen hier etwas zum Radio-Bremen-Gesetz vor, das so nicht beschlussreif ist. Sie haben sich einen Gesetzentwurf in Nordrhein-Westfalen schlecht abgeschaut und kopiert.

Wir werden uns darüber unterhalten müssen, was es eigentlich bedeutet, wenn jetzt die fachliche Qualifikation von Verwaltungsratsmitgliedern klar definiert wird. Wenn Sie sich das nämlich praktisch am Beispiel aktueller Verwaltungsratsmitglieder ansehen, dann könnte ein bundesweit bekannter und auch durchaus renommierter Professor, ein Fernsehgesicht, das auch Verwaltungsratsmitglied ist, nach diesen neuen Vorgaben nicht mehr in den Verwaltungsrat von Radio Bremen entsandt werden. Ich glaube nicht, dass Sie das wollen, und ich bin mir auch sicher, dass da noch Seilschaften der SPD zum Tragen kommen werden, aber es zeigt, dass das, was wir vorhaben, nämlich heute nicht zu beschließen, sondern wegen des dringenden Änderungsbedarfs zur weiteren Beratung zu überweisen, dringend notwendig ist.

Wir haben von Ihnen Anträge bekommen. Die Barrierefreiheit bedeutet die Umsetzung der Inklusion. Schon als bildungspolitischer Sprecher habe ich immer klar gesagt, ja, Inklusion ist nicht nur die Inklusion in Schulen, die Inklusion im Unterricht, sondern die Inklusion bedeutet genauso eine Barrierefreiheit im baulichen Bereich, im öffentlichen Raum, aber natürlich auch im Medienbereich. Sie haben recht, das wird vermutlich unstrittig sein: Wenn wir mit der neuen Rundfunkgebühr auch zahlreiche Ausnahmetatbestände für Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen weniger haben als früher bei der GEZ-Gebühr, dann ist es nur folgerichtig, dass das, was technisch im Rahmen einer Inklusion im Medienbereich möglich ist, auch von Radio Bremen umgesetzt werden muss. Das wird vermutlich einer der weniger strittigen Punkte sein.

Ich glaube auch nicht, dass wir eine Debatte darüber haben werden – beim ZDF wurde diese Debatte ja auch schon geführt –, ob ein Vertreter des Lesbenund Schwulenverbands im Rundfunkrat sitzen wird. Ich glaube allerdings, wir müssen uns dann schon noch einmal darüber unterhalten, von wo Sie herleiten, dass jetzt ausgerechnet ein Vertreter der Humanistischen Union im Rundfunkrat sitzen soll.

(Abg. Röwekamp [CDU]: Von Herrn Isola!)

Es gibt seit einigen Jahren Staatsverträge. Mit diesen Staatsverträgen – seinerzeit mit dem Heiligen Stuhl, zuletzt mit den muslimischen Gemeinden und mit der alevitischen Gemeinde – ist alles klar geregelt. Ich weiß, dass es bei Ihnen parteiintern eine starke Strömung gibt, namentlich Horst Isola, aber auch andere Kandidaten aus dem letzten Wahlkampf, die es nicht ins Parlament geschafft haben, haben sich dabei hervorgetan. Aber, meine Damen und Herren, von wo Sie herleiten, dass es jetzt ausgerechnet die Humanistische Union sein soll oder dass es überhaupt einen Anspruch geben soll, das werden wir in der weiteren Beratung sehr kritisch mit Ihnen debattieren. Sonst könnte man ja auch beantragen, der Rundfunkratssitz bei Radio Bremen sollte künftig durch ein Gottesurteil hergeleitet werden, das wäre dann genauso gut zu beantragen.

(Abg. Frau Grotheer [SPD]: Was für ein Schenkel- klopfer, Herr Rohmeyer! – Abg. Tschöpe [SPD]: Ein Schelm, ein Schelm!)

Liebe Frau Grotheer, genau so einen Schenkelklopfer haben Sie uns hier ja schwarz auf weiß vorgelegt.

Meine Damen und Herren, wir haben hier einiges zu tun. Wir werden uns noch einmal genauso fachlich mit der Frage befassen, inwieweit der Sozialverband Deutschland – Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – mit einem Sitz im Rundfunkrat tatsächlich eine Lücke ausfüllt, die da bisher noch nicht ist, oder ob die anderen 23 oder 24 Mitglieder des Rundfunkrats diesen Bereich schon entsprechend ausfüllen.

(Abg. Patrick Öztürk [SPD] meldet sich zu einer Zwi- schenfrage.)

Zu den weiteren Punkten, die wir heute hier beraten! Zum ZDF nur ganz kurz, der Punkt wurde auch schon im Ausschuss diskutiert, das ist konkret sogar eine Stärkung des bremischen Einflusses im ZDFFernsehrat. Wir werden, glaube ich, am 9. März eine Ausschusssitzung haben.

(Glocke)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Patrick Öztürk?

Aber sehr gern, Herr Präsident!

Bitte, Herr Kollege!

Meine kurze Zwischenfrage, da Sie hier gewisse Personen lobpreisen: Haben Sie sich vielleicht schon einmal angeschaut, wie

es mit der Teilnahme gewisser Personen an den Verwaltungsratssitzungen ausgesehen hat?

Ich habe niemanden gelobpreist, Herr Kollege!

Herr Kollege, eine weitere Zwischenfrage an den Abgeordneten Rohmeyer?